VwGH 2008/18/0782

VwGH2008/18/078224.9.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des D B in W, geboren am 4. April 1992, vertreten durch Dr. Christof Dunst, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rathausstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. November 2008, Zl. E1/264.722/2007, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
EMRK Art8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §63 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs1;
FrPolG 2005 §66 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
EMRK Art8;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 20. November 2008 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen serbischen Staatsangehörigen, gemäß § 60 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 iVm § 63 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Der Beschwerdeführer habe sich seit seiner Geburt in W durchgehend im Bundesgebiet aufgehalten und verfüge seit 3. Februar 2000 über eine unbefristete Niederlassungsbewilligung für "jeglichen Aufenthaltszweck".

Am 29. August 2006 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen schweren Raubes gemäß den §§ 142 Abs. 1 und 143 zweiter Fall Strafgesetzbuch (StGB), des Raubes gemäß § 142 Abs. 1 StGB und der versuchten Nötigung gemäß §§ 15 und 105 Abs. 1 StGB zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Aus dem Urteil gehe hervor, dass sich der Beschwerdeführer in einer Gruppe teils Strafunmündiger, Jugendlicher und junger Erwachsener befunden und mit diesen über einen längeren Zeitraum Raubüberfälle vorwiegend in Schnellbahnen bzw. Schnellbahnstationen begangen habe, wobei der Beschwerdeführer dabei überwiegend als "Rädelsführer" aufgetreten sei, somit die Personen ausgewählt habe, die beraubt werden sollten, und diese auch angesprochen habe. Nach Erreichen der Strafmündigkeit habe der Beschwerdeführer sein bisheriges Verhalten fortgesetzt und zwischen 5. und 29. April 2006 (dem Tag seiner Festnahme) gemeinsam mit Komplizen in einer Vielzahl von Angriffen Opfer zur Herausgabe von Mobiltelefonen, Bargeld, iPods, MP3-Playern oder Zigaretten aufgefordert, wobei er die Opfer - einmal sogar durch Vorhalt eines Springmessers - bedroht, mit der Faust geschlagen, einmal unter Verwendung eines Schlagringes zu schlagen versucht und einmal mit dem Fuß in deren Genitalien getreten habe. Drei Personen habe er durch gefährliche Drohungen zu nötigen versucht, die Erstattung einer Anzeige zu unterlassen.

Unter Hinweis auf die §§ 60 Abs. 1, Abs. 2 Z. 1, 56, 51 und 66 FPG führte die belangte Behörde weiter aus, es könne kein Zweifel daran bestehen, dass im vorliegenden Fall die Voraussetzungen zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes vorlägen. Zum einen sei auf Grund der schwerwiegenden Verurteilung des Beschwerdeführers der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt. Zum anderen gefährde das dargestellte Gesamt(fehl)verhalten des Beschwerdeführers die öffentliche Ordnung und Sicherheit in höchstem Maße, sodass sich (auch) die in § 60 Abs. 1 FPG umschriebene Annahme als gerechtfertigt erweise.

In einem solchen Fall könne ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn dem nicht die Bestimmungen der §§ 56, 51 und 66 FPG entgegenstünden.

Der Beschwerdeführer sei am 4. April 1992 in W geboren worden und habe fünf Jahre Volksschule und drei Jahre Sonderschule absolviert. Die letzten eineinhalb Jahre vor seiner Festnahme am 29. April 2006 hätte er zwar die Schule besuchen sollen, habe dies jedoch nicht getan. Laut den Berufungsausführungen habe der Beschwerdeführer gemeinsam mit seinen Eltern und seinen Geschwistern an einer näher genannten Adresse in W gelebt. Einer Personeninformation sei jedoch zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt von April 2004 bis April 2005 fünfmal abgängig gewesen sei, wobei er bereits im Jahr 2005 nicht mehr bei seinen Eltern gelebt habe, sondern in einer Wohngemeinschaft der Magistratsabteilung 11. Im Hinblick auf seinen seit seiner Geburt durchgehenden Aufenthalt in Österreich sowie seine familiären Bindungen sei jedenfalls nicht von der Hand zu weisen, dass mit der vorliegenden aufenthaltsbeendenden Maßnahme ein beträchtlicher Eingriff in sein Privat- und Familienleben vorliege. Dessen ungeachtet sei aber die Zulässigkeit dieser Maßnahme im Grunde des § 66 Abs. 1 FPG zu bejahen. Angesichts der der Verurteilung des Beschwerdeführers zu Grunde liegenden Straftaten und der darin zum Ausdruck kommenden Missachtung des Eigentums Dritter und insbesondere der körperlichen Integrität Dritter sei das Aufenthaltsverbot gegen ihn zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit sowie zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 EMRK) als dringend geboten zu erachten. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, es sei davon auszugehen, dass infolge der Verbüßung der Freiheitsstrafe und der damit verbundenen Resozialisierung eine weitere Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit nicht mehr anzunehmen sei, müsse entgegengehalten werden, dass das für seine Verurteilung ausschlaggebende Fehlverhalten noch nicht so lange zurückliege, um auf Grund des seither verstrichenen Zeitraumes eine wesentliche Verringerung der von ihm ausgehenden Gefahr für die besagten öffentlichen Interessen im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides annehmen zu können. Abgesehen davon befinde sich der Beschwerdeführer seit Begehung der Straftaten durchgehend in Haft und habe damit sein Verhalten unter Lebensumständen außerhalb der Haft noch gar nicht unter Beweis stellen können.

Eine positive Verhaltensprognose sei für den Beschwerdeführer im Hinblick auf die Vielzahl der Raubüberfälle sowie die Schwere seiner strafbaren Tathandlungen derzeit keinesfalls möglich, auch nicht bezogen auf den in der Zukunft liegenden Zeitpunkt der Haftentlassung.

Im Rahmen der Interessenabwägung gemäß § 66 Abs. 2 FPG sei zu berücksichtigen, dass die aus dem seit seiner Geburt in Österreich durchgehenden Aufenthalt im Bundesgebiet und den privaten Interessen ableitbare Integration des Beschwerdeführers in der für sie wesentlichen sozialen Komponente durch die begangenen Straftaten eine ganz erhebliche Minderung erfahren habe. Den - solcherart verminderten - persönlichen Interessen des Beschwerdeführers stünden die hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen an der Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen sowie am Schutz des Eigentums und der körperlichen Integrität anderer gegenüber. Bei der Abwägung dieser Interessenlagen gelange die belangte Behörde zu der Auffassung, dass die Auswirkungen des Aufenthaltsverbotes auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers keinesfalls schwerer wögen als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme. Angesichts des öffentlichen Interesses an der Beendigung seines Aufenthaltes müssten daher die mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Auswirkungen auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie von ihm in Kauf genommen werden.

Die aufenthaltsverfestigenden Bestimmungen der §§ 56 und 61 FPG kämen auf den Beschwerdeführer auf Grund seiner Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zweieinhalb Jahren nicht zum Tragen.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass keine besonderen zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände vorlägen, habe die belangte Behörde von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des ihr zustehenden Ermessens Abstand nehmen können. Bei einer rechtskräftigen Verurteilung wegen einer in § 55 Abs. 3 Z. 1 FPG genannten strafbaren Handlung wäre eine auf einer Ermessenserwägung beruhende Abstandnahme von der Verhängung des Aufenthaltsverbotes offensichtlich nicht im Sinn des Gesetzes gelegen.

Die Erstbehörde habe zutreffend die vorliegende Maßnahme auf unbestimmte Zeit ausgesprochen. Der Beschwerdeführer habe bereits im strafunmündigen Alter in einer Gruppe als "Rädelsführer" über einen längeren Zeitraum Raubüberfälle begangen. Nach der Erreichung der Strafmündigkeit habe er sein Verhalten fortgesetzt. Bei einem Raubüberfall habe er sogar ein Springmesser verwendet und damit das Tatopfer bedroht. Bei einem weiteren Raubüberfall habe der Beschwerdeführer einen Schlagring zur Unterstreichung seiner verbalen Drohung verwendet. Angesichts dieses Fehlverhaltens einerseits und seiner dargelegten persönlichen Lebensumstände andererseits könne der Erstbehörde nicht entgegengetreten werden, dass der Zeitpunkt des Wegfalls des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung von maßgebenden öffentlichen Interessen, derzeit nicht vorhergesehen werden könne.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde blieb die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt sei, unbekämpft. Im Hinblick auf die unbestrittene rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers begegnet diese Beurteilung keinen Bedenken.

2.1. Die Beschwerde bekämpft den angefochtenen Bescheid unter dem Blickwinkel der Ermessensübung gemäß § 60 Abs. 1 FPG und bringt vor, die belangte Behörde habe die persönlichen, sozialen und familiären Verhältnisse des Beschwerdeführers nicht ausreichend gewürdigt bzw. berücksichtigt. Dem Umstand, dass der Beschwerdeführer seit seiner Geburt durchgehend im Bundesgebiet aufhältig sei sowie dass sich seine gesamte Familie hier aufhalte, sei nicht das notwendige Gewicht beigemessen worden. Ferner habe der Europäische Gerichtshof (für Menschenrechte) in diesem Zusammenhang judiziert, dass das Alter der betroffenen Person besonders zu berücksichtigen sei.

2.2. Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass grundsätzlich auch gegen einen straffälligen Migranten zweiter Generation ein Aufenthaltsverbot erlassen werden kann, wenn angesichts der Umstände des Falls und der Schwere der begangenen Straftaten der mit dieser Maßnahme verbundene Eingriff in das Privat- und Familienleben im Sinn des Art. 8 EMRK verhältnismäßig ist (vgl. das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom 28. Juni 2007, Kaya gegen Deutschland, NL 2007, 144). Dem steht auch die Minderjährigkeit eines solchen Fremden nicht entgegen.

Mit der Zulässigkeit der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegenüber minderjährigen Straftätern hat sich der EGMR eingehend im Urteil im Fall Maslov gegen Österreich (vom 23. Juni 2008, Nr. 1638/03) auseinandergesetzt. Maslov habe im Alter von 14 und 15 Jahren Delikte begangen, die mit einer Ausnahme nicht gewalttätiger Natur gewesen seien, und sei dafür zu einer 18- monatigen Freiheitsstrafe (13 Monate bedingt), das zweite Mal zu einer 15-monatigen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Die Taten stellten - so der EGMR - Akte jugendlicher Delinquenz dar. Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides habe Maslov nach seinem Gefängnisaufenthalt noch eineinhalb Jahre in Österreich gelebt, ohne rückfällig geworden zu sein. Weiters habe er seine hauptsächlichen sozialen, kulturellen, sprachlichen und familiären Bindungen in Österreich, wo alle seine Verwandten lebten, es bestünden keine bewiesenen Bindungen zu seinem Herkunftsland Bulgarien. Bei Ausweisungsmaßnahmen gegen jugendliche Täter umfasse die Verantwortung für das beste Interesse des Kindes auch die Verpflichtung zur Erreichung der Wiederintegration. Eine Ausweisung eines jugendlichen Täters müsse der letzte Ausweg sein. Der Gerichtshof sehe wenig Spielraum für die Rechtfertigung der Ausweisung eines verfestigten Einwanderers wegen überwiegend nicht gewalttätiger Delikte, die dieser als Jugendlicher begangen habe.

2.3. Im Rahmen ihrer Beurteilung nach § 66 Abs. 1 und 2 FPG hat die belangte Behörde den Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet seit seiner Geburt sowie seine Schulzeit berücksichtigt. Zutreffend hat sie jedoch darauf hingewiesen, dass der Beschwerdeführer seiner Schulpflicht nicht vollständig nachgekommen ist, zwischen seinem 12. und 13. Lebensjahr insgesamt fünfmal abgängig war und im Jahr 2005 in einer Wohngemeinschaft der Magistratsabteilung 11 - und nicht bei seinen Eltern - gelebt hat. Später dürfte er - laut Berufungsvorbringen - wieder mit seinen Eltern und Geschwistern zusammengelebt haben. Demnach scheinen die familiären Bindungen des Beschwerdeführers zu seiner Familie - trotz seines Alters bei Erlassen des angefochtenen Bescheides von etwa 16 1/2 Jahren - nicht stark ausgeprägt zu sein. Dennoch ist die belangte Behörde - zutreffend - von einem beträchtlichen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ausgegangen. Dem steht gegenüber, dass er in einer Vielzahl von - gewalttätigen - Angriffen sowohl das Eigentum als auch die körperliche Integrität Dritter missachtet hat, wodurch er gegen das große öffentliche Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen und dem Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit verstoßen hat. Dass der Beschwerdeführer einen "positiven Wandel vollzogen" habe, konnte er noch nicht unter Beweis stellen, da er sich bis zur Erlassung des angefochtenen Bescheides in Haft befunden hat. In Haft verbrachte Zeiten können jedoch nicht als solche des Wohlverhaltens angesehen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Juli 2009, Zl. 2009/18/0203).

2.4. Die Beschwerde bringt weiters vor, detaillierte Feststellungen über die für das Ausmaß der Integration des Beschwerdeführers und seiner Familie bedeutsame Umstände seien nicht getroffen worden, und macht damit einen Verfahrensmangel geltend. Im Herkunftsland des Beschwerdeführers sei eine familiäre Struktur im weitesten Sinn nicht vorhanden. Die Sachverhaltsfeststellungen - vor allem hinsichtlich des sozialen und familiären Umfeldes des Beschwerdeführers - und die darauf basierende Begründung im angefochtenen Bescheid, insbesondere ob der Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers durch das Aufenthaltsverbot "in einer demokratischen Gesellschaft" notwendig sei, wobei u.a. auch "die Festigkeit der gesellschaftlichen, kulturellen und familiären Bindungen mit dem Bestimmungsland zu berücksichtigen" wäre, seien nicht ausreichend.

2.5. Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass der Beschwerdeführer seit seiner Geburt in Österreich lebt, nach wie vor minderjährig ist und sich auch seine Kernfamilie im Bundesgebiet aufhält, fehlen nähere Feststellungen dazu, ob der Beschwerdeführer die Sprache seines Heimatlandes beherrscht und noch familiäre und soziale Beziehungen zu Serbien hat. Diesem Verfahrensmangel kann die Relevanz nicht abgesprochen werden, weil nicht völlig ausgeschlossen erscheint, dass das fehlende Vertrautsein mit Kultur und Sprache des Ziellandes ein solches Gewicht haben könnte, dass selbst im Fall eines - wie hier - beträchtlichen öffentlichen Interesses an der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes ein solches - bei isolierter Betrachtung des bisherigen Fehlverhaltens - unverhältnismäßig im Sinn des Art. 8 EMRK sein könnte.

3. Darüber hinaus erscheint eine in dieser Hinsicht verbreiterte Entscheidungsgrundlage auch zur Überprüfung der festgesetzten unbefristeten Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes (vgl. etwa das Urteil des EGMR vom 22. April 2004, NL 2004, S. 87 - Radovanovic gegen Österreich) als erforderlich.

4. Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt erweist sich daher als in einem wesentlichen Punkt ergänzungsbedürftig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben war.

5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am 24. September 2009

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