VwGH 2008/09/0272

VwGH2008/09/027215.10.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. Thienel und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Doblinger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerde des F S in K, vertreten durch Mag. Dr. Thomas Nirk, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz-Eugen-Straße 56/7, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 11. Juli 2008, Zl. Senat-KR-07-0020, betreffend Übertretungen des NÖ Polizeistrafgesetzes und des Sicherheitspolizeigesetzes, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art10 Abs1 Z7;
B-VG Art118 Abs3 Z3;
B-VG Art15 Abs2;
PolStG NÖ 1975 §1 litb;
SPG 1991 §81 Abs1 idF 2005/I/158;
VwGG §42 Abs2 Z1;
B-VG Art10 Abs1 Z7;
B-VG Art118 Abs3 Z3;
B-VG Art15 Abs2;
PolStG NÖ 1975 §1 litb;
SPG 1991 §81 Abs1 idF 2005/I/158;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

1. Die Beschwerde wird, insoweit sie die Bestätigung des Schuld- und Strafausspruches zu Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses bekämpft, als unbegründet abgewiesen.

2. Im Umfang der Bestätigung des Schuld- und Strafausspruches zu Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

3. Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes K vom 26. Juni 2007 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe dadurch, dass er in der Zeit vom 22. Mai 2007 bis 6. Juni 2007 auf seinem Grundstück Parzelle Nr. 799/3 im Ortsgebiet von M. im unmittelbaren Bereich einer öffentlichen Bushaltestelle, des B-Einkaufsmarktes sowie der angrenzenden Polizeiinspektion für jedermann einsehbar eine Schachtel, in welche die große Notdurft verrichtet worden sei, aufgestellt und dahinter ein Plakat mit der Aufschrift: "Innovationspreis für die weitsichtige Förderung des Wirtschaftsstandortes M. R 2007", angebracht habe, wobei es bei der Bevölkerung von M. (Schulkinder, Kunden des angrenzenden B-Marktes, Parteien, die die angrenzende Polizeiinspektion aufsuchen) zu einer erheblichen Geruchsbelästigung gekommen sei, den öffentlichen Anstand verletzt und § 1 lit. b des Niederösterreichischen Polizeistrafgesetzes übertreten (Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) sowie durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört und dadurch § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes (SPG) verletzt (Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses). Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden zwei Geldstrafen in der Höhe von jeweils 100,-- EUR (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 48 Stunden) über den Beschwerdeführer verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung, in welcher er bestritt, die Schachtel mit der Notdurft aufgestellt zu haben; dies sei vielmehr durch einen (namentlich bezeichneten) Künstler aus Andalusien erfolgt; überdies bestritt der Beschwerdeführer auch jegliche von diesem Objekt ausgehende Geruchsbelästigung.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung des Beschwerdeführers gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen und das bekämpfte erstinstanzliche Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Nach wörtlicher Wiedergabe der Angaben der in der mündlichen Berufungsverhandlung vernommenen Zeugen sowie des Beschwerdeführers, und Darstellung des Ganges des bisherigen Verwaltungsgeschehens führte die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, soweit die wiedergegebenen Aussagen der vernommenen Belastungszeugen von der Rechtfertigung des Beschwerdeführers abwichen, sei der Behörde erster Instanz zu folgen gewesen, weil nicht habe angenommen werden können, dass der Meldungsleger und der Bürgermeister der Stadtgemeinde M., die auf Grund ihrer verfahrensrechtlichen Stellung zur Wahrheit verpflichtet gewesen seien, den Beschwerdeführer unwahr hätten belasten wollen. Deren Aussagen hätten durch die Gegendarstellungen des Beschwerdeführers nicht hinreichend in Frage gestellt werden können, wenngleich zugestanden werden müsse, dass der Beschwerdeführer in den Gerichtsverfahren (gegen den Bürgermeister der Stadtgemeinde M.) in erster Instanz obsiegt habe. Hingegen habe der Beschwerdeführer seine Verantwortung frei wählen können, ohne solchen Sanktionen wie die Belastungszeugen ausgesetzt zu sein. Der Beschwerdeführer habe die Täterschaft bestritten und als unmittelbaren Täter einen namentlich genannten Fremden ins Treffen geführt. Die Berufungsbehörde sei auf Grund des gesamten Ermittlungsergebnisses, insbesondere des Verhandlungsergebnisses aber zu dem Schluss gekommen, dass der Beschwerdeführer den angelasteten Sachverhalt begangen bzw. zu verantworten habe und zwar aus folgenden Gründen (Aufzählung nach dem angefochtenen Bescheid):

a) Der Beschwerdeführer habe in seiner anfänglichen Rechtfertigung gegenüber dem Meldungsleger eingeräumt, dass seit einiger Zeit auf seinem Grundstück in M. mehrere Plakatständer mit Schriften errichtet worden seien, habe aber keine weiteren Angaben machen wollen, da zu diesem Plakat bzw. diesen Schriften noch Verfahren anhängig seien. Weiters habe er auf die Frage nach dem Karton mit den Exkrementen lediglich angegeben, dass er sich hiezu der Aussage enthalte. Dass dieser Gegenstand von einer anderen Person dort deponiert worden sei, sei hier noch nicht behauptet worden. Weiters sei der Beschwerdeführer auch nicht damit einverstanden gewesen, dass bezüglich der aufgestellten Schriften ein graphologisches Gutachten eingeholt werde.

b) Bei einer Gesamtbetrachtung des Sachverhaltes, insbesondere in Anbetracht der dokumentierten Texte auf den Transparenten wie "Innovationspreis für die weitsichtige Förderung des Wirtschaftsstandortes M. R 2007" oder "Weil der Bürgermeister irrtümlich eine falsche Baulandbestätigung ausstellte, wurden hier drei wertvolle Arbeitsplätze verhindert, dafür setzte er ohne Rechtsgrundlage einen Lichtmast auf mein Grundstück", und im Hinblick auf die Rechtfertigung des Beschwerdeführers in der Verhandlung ergäbe sich der zwingende Schluss, dass die - unbestritten - zur gleichen Zeit gemeinsam aufgestellten Transparente und das inkriminierte Exkrement durch den Beschwerdeführer selbst oder über dessen Veranlassung deponiert und während der gesamten angelasteten Tatzeit dort belassen worden seien.

c) Wenngleich keine unmittelbaren Zeugen für das Deponieren dieser Gegenstände am Tatort bekannt geworden seien, so sei aus den "o.a." Gründen auf die Täterschaft des Beschwerdeführers zu schließen. Überdies sei dieser Verdacht auch durch die Aussage insbesondere des Bürgermeisters der Stadtgemeinde M. erhärtet worden.

d) Auch die Tatsache, dass die inkriminierten Gegenstände auf dem Privatgrund des Beschwerdeführers deponiert gewesen seien und er sich dagegen nicht verwahrt habe, bekräftige die "o.a." Annahme seiner Täterschaft.

e) Die später gewählte Rechtfertigung, ein namentlich genannter Fremder hätte das inkriminierte Exkrement dort deponiert, vermöge nicht zu überzeugen, weil der Beschwerdeführer hiezu im gesamten Verfahren, insbesondere in der Berufungsverhandlung nur unergiebige Angaben habe tätigen können oder wollen und zur Mitwirkung an der Ausforschung dieser Person keinerlei Bereitschaft gezeigt habe.

f) Die im Rechtsmittelverfahren vorgebrachten Argumente, es könne sich um Hundeexkremente gehandelt haben, vermöge nicht zu überzeugen, weil das inkriminierte Exkrement mit den Transparenten aus den "o.a." Gründen im Zusammenhang gestanden sei. Dem Einwand, es könne sich um eine Attrappe gehandelt haben, stünden die Zeugenaussagen der "o.a." Beamten (Geruchsbelästigung, Fliegenbefall) entgegen.

Bei diesem Ermittlungsergebnis erübrige sich auch die Einholung eines graphologischen Gutachtens und die Untersuchung der inkriminierten Exkremente auf ihre Beschaffenheit. Für einen objektiven Betrachter erscheine nämlich das seinem Aussehen nach unbestrittene, auf den im Akt erliegenden Fotokopien ersichtliche Exkrement jedenfalls ekelerregend, gleichgültig ob es sich dabei um ein menschliches, tierisches Exkrement oder eine Attrappe handle. Wenngleich dieses in einer niedrigen Schachtel am Privatgrund des Beschwerdeführers deponiert gewesen sei, habe es durch unbeteiligte Personen (vorbeigehende Passanten, Kinder, Fahrgäste, Billa-Kunden und dergleichen) vom öffentlichen Grund aus zweifelsfrei als ein "Exkrement" erkannt werden können, sohin sei ein Belästigungseffekt in der Öffentlichkeit zweifelsfrei gegeben gewesen, der zur Erfüllung der Tatbestandselemente der Anstandsverletzung und der Ordnungsstörung gefordert werde. Dieser Belästigungseffekt sei insbesondere deshalb gegeben gewesen, da ein unmittelbarer räumlicher Zusammenhang mit den Transparenten vorgelegen sei und somit das dort deponierte Exkrement nicht als ein beabsichtigt (gemeint: unbeabsichtigt) bzw. zufällig dort gelassenes tierisches oder von einem Kleinkind stammendes Exkrement zu erkennen gewesen sei. Für den objektiven Betrachter sei somit ein Belästigungseffekt jedenfalls vorgelegen, der sich an einem öffentlichen Ort ergeben habe, wenngleich das Exkrement auf Privatgrund gelegen sei. Das dem Beschwerdeführer angelastete Fehlverhalten widerspreche den allgemein anerkannten Grundsätzen der Schicklichkeit in der Öffentlichkeit. Er habe dadurch aber auch an einem öffentlichen Ort einen Zustand geschaffen, wie er geordneten Verhältnissen der Öffentlichkeit widerspreche, sein besonders rücksichtsloses Verhalten sei objektiv geeignet gewesen, Ärgernis zu erregen und habe auch bei unbeteiligten Personen Ärgernis erregt. Öffentlichkeit sei zweifellos gegeben gewesen, da die Wahrnehmung des inkriminierten Gegenstandes durch Unbeteiligte vom frei zugänglichen öffentlichen Ort aus erfolgt sei, nämlich vom Gehsteig aus. Unter Verweis auf § 5 VStG sei dem Beschwerdeführer zumindest Fahrlässigkeit vorzuwerfen. Aus der Tatsache, dass nicht sofort nach dem Deponieren des inkriminierten Gegenstandes durch die in der Nähe etablierte Polizei eingeschritten worden sei, lasse sich für den Beschwerdeführer nichts gewinnen, da aus einer aus welchen Gründen immer erfolgten Duldung eines rechtswidrigen Verhaltens kein Rechtfertigungs- oder Entschuldigungsgrund abgeleitet werden könne. Auch wenn der Beschwerdeführer in den gegen die Stadtgemeinde M. bzw. deren Bürgermeister gerichteten mehreren Gerichtsverfahren obsiegt habe, könne ihm daraus nicht das Recht zur Selbsthilfe oder Selbstjustiz durch öffentliches Anprangern des Verfahrensgegners in der inkriminierten Art und Weise zugestanden werden. Ein vermutetes rechtswidriges Handeln anderer Personen dürfe nicht durch ein eigenes rechtswidriges Handeln beantwortet werden, sondern hätte der Beschwerdeführer nur exekutive bzw. behördliche Hilfe in Anspruch nehmen dürfen.

Im Übrigen legte die belangte Behörde ihre Strafbemessungsgründe dar.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in welcher die Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften sowie die Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in welcher sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 81 Abs. 1 des Sicherheitspolizeigesetzes, BGBl. Nr. 566/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 158/2005, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 218,-- EUR zu bestrafen, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu zwei Wochen verhängt werden.

Gemäß § 1 lit. b des Niederösterreichischen Polizeistrafgesetzes (NÖ PolStG) begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 1.000,-- EUR zu bestrafen, wer den öffentlichen Anstand verletzt.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften macht der Beschwerdeführer im Wesentlichen Begründungsmängel des angefochtenen Bescheides geltend. Die belangte Behörde habe die unbegründete Tatsachenbehauptung aufgestellt, dass es bei der Bevölkerung von M. (Schulkindern, Kunden des angrenzenden Billa-Marktes, Parteien, die die angrenzende Polizeiinspektion aufgesucht hätten) zu einer starken Geruchsbelästigung gekommen sei. Entsprechende Beweisergebnisse lägen jedoch nicht vor, zumal der Meldungsleger anlässlich seiner Einvernahme deponiert habe, dass die in Rede stehende Schachtel mit dem Exkrement bereits einige Wochen vorher schon Gegenstand interner Gespräche in der Polizeiinspektion gewesen sei, jedoch keine Veranlassung gesehen worden sei, aus eigenem Antrieb mit Anzeige vorzugehen. Er habe im Verfahren immer bestritten, dass es zu einer wahrnehmbaren Geruchsbelästigung gekommen sei. Die belangte Behörde habe sich auch mit seinem Vorbringen, es habe sich dabei um ein Kunstwerk eines ausländischen Künstlers gehandelt, nicht auseinandergesetzt. Auch habe sich die Behörde nicht mit seiner Behauptung auseinandergesetzt, dieses Exkrement sei getrocknet und mit Klarlack überzogen gewesen, sodass es zu einer Geruchsemission gar nicht hätte kommen können. Des Weiteren habe sie auch die Angabe des Meldungslegers unberücksichtigt gelassen, der ausgesagt habe, der inkriminierte Gegenstand habe etwa 2 m vom Fahrbahnrand entfernt gelegen, über diese Entfernung ohne Betreten des Privatgrundes des Beschwerdeführers sei dieses vermutliche Exkrement jedoch nicht zu riechen gewesen.

Unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit des Inhaltes macht der Beschwerdeführer geltend, die belangte Behörde habe es unterlassen "offensichtliche Widersprüche" in den Angaben des Beschwerdeführers aufzulösen. Eine Subsumtion unter die herangezogenen Normen sei jedenfalls inhaltlich rechtswidrig.

Die Beschwerde ist teilweise berechtigt.

Insoweit der Beschwerdeführer seine Täterschaft bestreitet, ist vorweg klar zu stellen, dass der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 26. Februar 2009, Zl. 2008/09/0007, mwN) nicht bedeutet, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Dies schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten standhält, auf ihre Richtigkeit hin zu beurteilen, d. h. sie mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 25. Mai 2005, Zl. 2003/08/0233, mwN).

Im Ergebnis kann unter verständiger Würdigung aller relevanter Umstände dieses Falles nicht bezweifelt werden, dass der Beschwerdeführer für die Aufstellung und Belassung des gegenständlichen Objekts auf seinem Grund verantwortlich ist und verwaltungsstrafrechtlich dafür einzustehen hat. Denn dass - und dies hat die belangte Behörde richtig erkannt - die hinter dem inkriminierten Objekt aufgestellte Tafel mit dem Text "Innovationspreis für die weitsichtige Förderung des Wirtschaftsstandortes M. R 2007" mit diesem Objekt in Bezug stand, war für jedermann ebenso unzweifelhaft wie die Zielrichtung der darin zum Ausdruck gebrachten Kritik.

Insoweit die belangte Behörde diese aus den oben dargelegten Gründen als erwiesen anzusehende Tathandlung des Beschwerdeführers unter die Bestimmung des § 1 lit. b NÖ PolStrG subsumierte, ist ihr auch zu folgen. Nach dieser Bestimmung ist zu bestrafen, wer den öffentliche Anstand verletzt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wird der Tatbestand der Verletzung des öffentlichen Anstandes durch ein Verhalten erfüllt, das mit den allgemeinen Grundsätzen der Schicklichkeit nicht im Einklang steht und das einen groben Verstoß gegen diejenigen Pflichten darstellt, die jedermann in der Öffentlichkeit zu beachten hat. Bei der Beurteilung der Verletzung jener Formen des äußeren Verhaltens, die nach Auffassung gesitteter Menschen der Würde des Menschen als sittlicher Person bei jedem Heraustreten aus dem Privatleben in die Öffentlichkeit entsprechen, ist ein objektiver Maßstab anzulegen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 19. Oktober 2005, Zl. 2003/09/0074, und vom 30. September 1985, Zl. 85/10/0120, samt der dort angeführten Vorjudikatur). Dass das Aufstellen von Exkrementen auf einem der Öffentlichkeit zumindest einsehbaren Platz diesen Kriterien nicht entspricht, liegt auf der Hand und muss nicht näher erläutert werden. Der Beschwerdeführer hat daher durch die ihm vorgeworfene Tathandlung den öffentlichen Anstand verletzt. Auf eine tatsächliche oder nur behauptete Geruchsbelästigung kommt es dabei nicht an, weil diese nicht Tatbestandsmerkmal ist.

Auf das Vorliegen eines Rechtfertigungsgrundes hat sich der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde nicht berufen. Diese war daher, was den Schuldvorwurf hinsichtlich der Übertretung des § 1 lit. b NÖ PolStrG (Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses) anbelangt, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Angesichts des in § 1 lit. b NÖ PolStrG normierten Strafrahmens von EUR 1.000,-- erscheint die zu Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses verhängte, nur ein Zehntel der Höchststrafe ausmachende Strafe auch angemessen; ein Ermessensmissbrauch wird in der Beschwerde auch nicht geltend gemacht.

Insoweit die inkriminierte Tathandlung jedoch auch (kumulativ) unter die Bestimmung des § 81 Abs. 1 SPG subsumiert wurde (Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses), erweist sich der angefochtene Bescheid als nicht mit der Rechtslage im Einklang stehend.

Die Bestimmungen des SPG stützen sich auf den Kompetenztatbestand des Art. 10 Abs. 1 Z. 7 B-VG. Dieser weist die "Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit einschließlich der ersten allgemeinen Hilfeleistung ..." in Gesetzgebung und Vollziehung dem Bund zu, nimmt aber ausdrücklich die "örtliche Sicherheitspolizei" davon aus.

Nach Art. 15 Abs. 2 B-VG gehört zur örtlichen Sicherheitspolizei jener Teil der Sicherheitspolizei, der im ausschließlichen oder überwiegenden Interesse der in der Gemeinde verkörperten örtlichen Gemeinschaft gelegen und geeignet ist, durch die Gemeinschaft innerhalb ihrer örtlichen Grenzen besorgt zu werden. Als Beispiele für solche Angelegenheiten wurden mit der B-VG-Nov 1974 (BGBl. Nr. 444) u.a. die Wahrung des öffentlichen Anstandes in diese Bestimmung aufgenommen. Zur gesetzlichen Regelung der örtlichen Sicherheitspolizei ist somit der Landesgesetzgeber zuständig (vgl. die diversen "Landespolizeistrafgesetze"), während die Vollziehung - mit Ausnahme der Durchführung eines Strafverfahrens - nach Art. 118 Abs. 3 Z 3 B-VG in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde fällt.

Zum Wesen einer Ordnungsstörung im Sinne des § 81 Abs. 1 SPG gehört, dass am konkreten Zustand der öffentlichen Ordnung durch das Verhalten des Beschuldigten eine Änderung eingetreten ist. Soweit die behauptete Störung der öffentlichen Ordnung nach § 81 Abs. 1 SPG aber in einem Verhalten besteht, das - wie hier - zweifelsfrei ausschließlich als Verletzung des öffentlichen Anstandes zu qualifizieren ist, und sich demgemäß die Störung der öffentlichen Ordnung in dieser Anstandsverletzung erschöpft, fehlt dem Bund die Kompetenz, ein solches Verhalten unter Strafe zu stellen. Ein derartiges Verhalten unterfällt daher - soweit es nicht überdies zu Störungen der öffentlichen Ordnung geführt hat, die über das durch die bloße Anstandsverletzung zwangsläufig verursachte Aufsehen hinausgeht - ausschließlich den nach landespolizeilichen Vorschriften bestehenden Strafbestimmungen hierüber (vgl. das hg. Erkenntnis vom 6. September 2007, Zl. 2005/09/0168, mwN).

Im vorliegenden Fall erschöpfte sich die dem Beschwerdeführer zum Vorwurf gemachte Tathandlung nach dem Spruch der Behörde erster Instanz in dem Aufstellen einer Schachtel, in welche die große Notdurft verrichtet worden sei, und Anbringen eines Plakates dahinter mit der Aufschrift: "Innovationspreis für die weitsichtige Förderung des Wirtschaftsstandortes M. R 2007". Damit unterfiel dieses Verhalten nicht neben der landespolizeilichen auch der bundesgesetzlichen Regelung des § 81 Abs. 1 SPG. Dies hat die belangte Behörde verkannt.

Aus diesem Grunde war der angefochtene Bescheid im Umfange der Bestätigung des Schuld- und Strafausspruches zu Spruchpunkt 2. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am 15. Oktober 2009

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