Normen
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §102 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §12 Abs4;
WRG 1959 §32 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
WRG 1959 §5 Abs2;
AVG §8;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §102 Abs1;
WRG 1959 §12 Abs2;
WRG 1959 §12 Abs4;
WRG 1959 §32 Abs1;
WRG 1959 §32 Abs2 litc;
WRG 1959 §5 Abs2;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom 24. Juli 2007 erteilte die Bezirkshauptmannschaft I (BH) der mitbeteiligten Partei die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb der Anlage zur Versickerung der Niederschlagswässer bei einer neu zu errichteten Wohnhausanlage in A. Unter anderem ist dabei die Versickerung von insgesamt 44 l/s Regenwasser aus Verkehrsflächen und sonstigen Flächen in zwei Rasenmulden vorgesehen. Die nördliche Sickermulde ist entlang der Grundgrenze zu den Grundstücken Nr. 1679/13 und 1679/14, die im Eigentum des Beschwerdeführers stehen, situiert.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer, der dem Verfahren bis dahin nicht beigezogen war, Berufung und wies auf die Beeinträchtigung seiner Grundstücke durch Vernässung hin.
Die belangte Behörde holte im Berufungsverfahren ein Gutachten des wasserbautechnischen Amtssachverständigen vom 19. November 2007 ein. Demnach sei festzuhalten, dass durch die Geneigtheit der Grundstücke des Beschwerdeführers ein Abfluss von Hangwasser bei Starkregen oberflächlich gegeben sein werde, und dieses früher wahrscheinlich ungehindert auf das südliche, vormals unverbaute Grundstück habe austreten können (Veränderung der natürlichen Abflussverhältnisse). Bezüglich der von der Versickerungsanlage ausgehenden Staunässe im Boden werde angemerkt, dass durch den Bodenaustausch unterhalb der Mulde einer Versickerung in tiefere Bodenschichten gegeben sein werde und dies eine eher entwässernde Wirkung für von Norden kommendes Hangwasser haben werde. Die Beantwortung der Frage, ob ein künftiger biologischer Landbau auf den Grundstücken des Beschwerdeführers durch die Versickerung beeinträchtigt werden könnte, müsste von einem Sachverständigen für Landwirtschaft beantwortet werden.
Zu diesem Gutachten bezog der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 20. September 2007 Stellung und forderte unter anderem in Bezug auf den von ihm geplanten biologischen Obstanbau die Beiziehung eines Sachverständigen für Landwirtschaft. Er wies neuerlich darauf hin, dass die geplanten Maßnahmen eine Durchfeuchtung oder Vernässung seiner Liegenschaft zur Folge hätten, wodurch in sein Nachbarschaftsrecht eingegriffen werde.
Der Projektant DI Dr. St. wies in einer Stellungnahme vom 23. Dezember 2007 u.a. auf die projektsgemäße Ausführung der Sickermulden und darauf hin, dass im Bereich der tiefsten Stellen zudem Versickerungsbirnen unter der Straße errichtet worden seien, sodass hier eine über den erforderlichen Rechenwert hinausgehende Sickerleistung vorhanden sei.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 4. Februar 2008 wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers mangels Parteistellung als unzulässig zurück und führte dazu aus:
"Auf Seite 10 des Einreichprojektes ist die Ausgestaltung der Versickerungsmulde Nord dargestellt (auch planlich). Daraus geht hervor, dass ein Bodenaustausch vorgesehen ist, der das zu versickernde Wasser in eine größere Tiefe ableitet und damit einen Nässestau verhindert.
Diese Versickerungsmulden wurden projektsgemäß ausgeführt. Im Bereich der tiefsten Stellen wurden zudem Versickerungsbirnen unter der Straße errichtet, sodass hier eine über den erforderlichen Rechenwert hinausgehende Sickerleistung vorhanden ist.
Diese Ausführungen stützen sich auf die Angaben im Einreichprojekt sowie die Ausführungen der (mitbeteiligten Partei) vom 8. November 2007 und des (Projektanten) vom 23. Dezember 2007.
Der (Beschwerdeführer) wiederholte dazu in seinem am 25. Jänner 2008 bei der (belangten Behörde) eingelangten Schriftsatz lediglich die Behauptung, das Ableiten des Oberflächenwassers vom Objekt und der Straße weg nach Norden führe zu einer Durchfeuchtung oder Vernässung der in seinem Eigentum stehenden Liegenschaften. Mit den Angaben im Einreichprojekt und insbesondere den konkreten Ausführungen des (Projektanten) vom 23. Dezember 2007 setzte sich der Berufungswerber nicht auseinander.
Das Vorbringen des (Beschwerdeführers) ist rechtlich dahingehend zu qualifizieren, dass er die Verletzung seines Grundeigentums und damit eines bestehenden Rechts im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 vorbringt. Die mit dem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 24. Juli 2007, Zahl 2-1133/4- 2007-W, wasserrechtlich bewilligte Versickerung führt zu keinem Einwirken von Sickerwässern auf im Eigentum des (Beschwerdeführers) stehenden Grundstücken. Der Berufungswerber wird daher auch nicht in seinen bestehenden Rechten verletzt. Damit erübrigt sich die Einholung des vom (Beschwerdeführer) geforderten Gutachtens eines landwirtschaftlichen Sachverständigen.
Das gegenständliche Vorhaben verletzt kein bestehendes Recht des (Beschwerdeführers) im Sinne des § 12 WRG 1959. Folglich kommt ihm die Stellung als Partei im Sinne des § 102 Abs. 1 lit. b WRG 1959 nicht zu. Mangels Parteistellung war die Berufung (des Beschwerdeführers) als unzulässig zurückzuweisen."
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Folgende Bestimmungen des WRG 1959 sind entscheidungsrelevant:
"§ 12. (1) Das Maß und die Art der zu bewilligenden Wasserbenutzung ist derart zu bestimmen, dass das öffentliche Interesse (§ 105) nicht beeinträchtigt und bestehende Rechte nicht verletzt werden.
(2) Als bestehende Rechte im Sinne des Abs. 1 sind rechtmäßig geübte Wassernutzungen mit Ausnahme des Gemeingebrauches (§ 8), Nutzungsbefugnisse nach § 5 Abs. 2 und das Grundeigentum anzusehen.
(...)
§ 32. (1) Einwirkungen auf Gewässer, die unmittelbar oder mittelbar deren Beschaffenheit (§ 30 Abs. 3) beeinträchtigen, sind nur nach wasserrechtlicher Bewilligung zulässig. Bloß geringfügige Einwirkungen, insbesondere der Gemeingebrauch (§ 8) sowie die ordnungsgemäße land- und forstwirtschaftliche Bodennutzung (Abs. 8), gelten bis zum Beweis des Gegenteils nicht als Beeinträchtigung.
(2) Nach Maßgabe des Abs. 1 bedürfen einer Bewilligung insbesondere
(...)
c) Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird,
(...)
(6) Auf Einwirkungen, Maßnahmen und Anlagen, die nach Abs. 1 bis 4 bewilligt werden, finden die für Wasserbenutzungen (Wasserbenutzungsanlagen) geltenden Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sinngemäß Anwendung.
(...)
§ 102. (1) Parteien sind:
(...)
b) diejenigen, die zu einer Leistung, Duldung oder Unterlassung verpflichtet werden sollen oder deren Rechte (§ 12 Abs. 2) sonst berührt werden, sowie die Fischereiberechtigten (§ 15 Abs. 1) und die Nutzungsberechtigten im Sinne des Grundsatzgesetzes 1951 über die Behandlung der Wald- und Weidenutzungsrechte sowie besonderer Felddienstbarkeiten, BGBl. Nr. 103, sowie diejenigen, die einen Widerstreit (§§ 17, 109) geltend machen;"
Nach § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 bedürfen der Bewilligung im Sinne des Abs. 1 jedenfalls Maßnahmen, die zur Folge haben, dass durch Eindringen (Versickern) von Stoffen in den Boden das Grundwasser verunreinigt wird. So stellt die großflächige Verrieselung von Straßenoberflächenwässern auf Wiesen eine bewilligungspflichtige Maßnahme nach § 32 Abs. 2 lit. c WRG 1959 dar. Eine solche Einwirkung kann nicht als geringfügig im Sinne des § 32 Abs. 1 WRG 1959 bezeichnet werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. April 1996, 93/07/0082). Dies gilt ohne Zweifel auch für die hier verfahrensgegenständliche Versickerung.
Nach der ständigen Rechtsprechung kommt Personen, die eine Verletzung wasserrechtlich geschützter Rechte nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 durch das von ihnen bekämpfte Vorhaben geltend machen, Parteistellung im Verfahren dann zu, wenn die Berührung ihrer geltend gemachten Rechte durch die projektsgemäße Ausübung des mit der behördlichen Bewilligung verliehenen Rechtes der Sachlage nach nicht auszuschließen ist. Ob eine Beeinträchtigung von Rechten tatsächlich stattfindet, ist Gegenstand des Verfahrens, vermag jedoch die Parteieigenschaft einer Person nicht zu berühren (vgl. unter vielen das hg. Erkenntnis vom 17. Mai 2001, 2001/07/0030, mwN).
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer von unmittelbar an eine Versickerungsmulde angrenzenden Grundstücken. Er hat im Verfahren eine Verletzung seines Eigentumsrechtes als eines nach § 12 Abs. 2 WRG 1959 wasserrechtlich geschützten Rechtes insofern geltend gemacht, als es zu einer qualitativen Beeinträchtigung des Grundwassers und zu einer Verschlechterung der Bodenbeschaffenheit als Folge der durch die Ausführung des Projektes eintretenden Vernässung kommen könnte.
Eine Parteistellung der "Grundwassereigentümer" in einem Wasserrechtsverfahren zur Bewilligung eines Projektes mit möglichen Auswirkungen auf das Grundwasser ist zu bejahen, wenn die Möglichkeit besteht, dass das betroffene Grundstück nicht mehr auf die bisher geübte Art benutzbar bleibt, aber auch dann, wenn zwar von vornherein feststeht, dass das Grundstück auch bei Verwirklichung des Projektes auf die bisher geübte Art benutzbar bleiben wird, aber die Möglichkeit besteht, dass eine Verschlechterung der Bodenbeschaffenheit eintritt. Besteht jedoch auch diese Möglichkeit von vornherein nicht, dann kommt dem Grundeigentümer aus dem Titel eines möglichen Zugriffs auf sein Grundwasser auch keine Parteistellung zu (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. März 2002, 2001/07/0169).
Die Möglichkeit einer Beeinträchtigung des Grundwassers kann dem Grundeigentümer grundsätzlich Parteistellung im Wasserrechtsverfahren verschaffen, auch wenn er das Grundwasser nicht nützt. Davon zu unterscheiden ist allerdings die Frage, welche Einwirkung auf das Grundwasser dem Grundstückseigentümer das Recht gibt, die Abweisung des Konsensbegehrens zu verlangen. Eine mögliche Verunreinigung des Grundwassers verschafft dem betroffenen Grundeigentümer Parteistellung und damit auch die Möglichkeit, sich erfolgreich gegen das Wasserbauvorhaben zur Wehr zu setzen (vgl. u.a. die hg. Erkenntnisse vom 8. Juli 2004, 2003/07/0090, und vom 2. Oktober 1997, 97/07/0072).
Die Bezugnahme auf die "projektsgemäße Ausübung des mit der behördlichen Bewilligung verliehenen Rechtes" in der Rechtsprechung bedeutet nicht, dass Parteistellung nicht besteht, wenn durch Auflagen im Bewilligungsbescheid eine Beeinträchtigung von Rechten verhindert werden kann. Eine solche Auffassung verbietet sich schon deshalb, weil damit den Inhabern von Rechten im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 unmöglich gemacht würde, die Einhaltung dieser Auflagen geltend zu machen. Parteistellung besteht demnach immer dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass vom zur Bewilligung eingereichten Projekt im Falle seiner Bewilligung und Verwirklichung ohne entsprechende Auflagen Beeinträchtigungen von Rechten im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG ausgingen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 2. Oktober 1997, 97/07/0072).
Im vorliegenden Fall ist der fachkundigen Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen zu entnehmen, dass "durch die Geneigtheit der Grundstücke des Beschwerdeführers ein Abfluss von Hangwasser bei Starkregen oberflächlich gegeben sein werde, und dieses früher wahrscheinlich ungehindert auf das südliche, vormals unverbaute Grundstück habe austreten können (Veränderung der natürlichen Abflussverhältnisse)." Bereits daraus ergibt sich, dass es durch das Projekt zu einer Veränderung der bisherigen Situation auf den Grundstücken des Beschwerdeführers durch die nicht mehr ungehinderte Abflussmöglichkeit von Hangwasser kommt und daher nicht auszuschließen ist, dass von dem zur Bewilligung eingereichten Projekt im Falle seiner Bewilligung und Verwirklichung ohne entsprechende Auflagen Beeinträchtigungen von Rechten im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 (hier: des Grundeigentums des Beschwerdeführers) ausgingen. Es ist daher davon auszugehen, dass eine Berührung der geltend gemachten Rechte des Beschwerdeführers im Sinne der oben wiedergegebenen Rechtsprechung gegeben ist.
Da bereits die potenzielle Beeinträchtigung von Rechten im Sinne des § 12 Abs. 2 WRG 1959 ausreicht, um die Parteistellung zu begründen, und diese nicht davon abhängig ist, dass tatsächlich in geschützte Rechte eingegriffen wird, besitzt der Beschwerdeführer im Verfahren Parteistellung (vgl. das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2001, 2001/07/0077).
Ob eine Beeinträchtigung dieser Rechte tatsächlich stattfindet oder ob die vorgesehenen Maßnahmen wie Bodenaustausch, Versickerungsbirnen etc. eine Beeinträchtigung dieser Rechte wirksam hintan halten können, ist Gegenstand des wasserrechtlichen Bewilligungsverfahrens, an dem der Beschwerdeführer aber als Partei mit den entsprechenden Parteirechten teilnehmen kann.
Weil die Behörde dies verkannte und die Berufung des Beschwerdeführers mangels Parteistellung zurückwies, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Von der Durchführung der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am 29. Jänner 2009
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