VwGH 2007/21/0458

VwGH2007/21/045830.4.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Kühnberg, über die Beschwerde des C, vertreten durch Dr. Reinhold Lingner, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Lederergasse 27, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich vom 22. Juni 2007, Zl. St 129/07, betreffend Kostenvorschreibung nach § 113 Abs. 1 FPG im Zusammenhang mit Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §68 Abs1;
FrG 1993 §79 Abs1;
FrG 1997 §103 Abs1;
FrG 1997 §73;
FrPolG 2005 §113 Abs1;
FrPolG 2005 §76;
FrPolGDV 2005 §10 Abs2;
StVG §32 Abs2;
StVG §52 Abs1 lite;
VStG §54d Abs2;
VwRallg;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
FrG 1993 §79 Abs1;
FrG 1997 §103 Abs1;
FrG 1997 §73;
FrPolG 2005 §113 Abs1;
FrPolG 2005 §76;
FrPolGDV 2005 §10 Abs2;
StVG §32 Abs2;
StVG §52 Abs1 lite;
VStG §54d Abs2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 27. November 2006 wurde über den Beschwerdeführer, einen Staatsangehörigen des Libanon, die Schubhaft verhängt, die beginnend mit diesem Tag bis 29. Jänner 2007 im Polizeianhaltezentrum der Bundespolizeidirektion Linz vollzogen wurde.

Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land schrieb dem Beschwerdeführer sodann mit Bescheid vom 15. März 2007 die (im Spruch näher aufgeschlüsselten) Kosten für die Anhaltung in Schubhaft und Arztbehandlungskosten im Gesamtbetrag von EUR 1.830,86 zur Zahlung vor. Diese Ersatzpflicht stützte die Erstbehörde auf § 113 Abs. 1 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, wonach vom Fremden unter anderem die Kosten der Vollziehung der Schubhaft zu ersetzen sind. Gemäß § 10 Abs. 2 der Fremdenpolizeigesetz-Durchführungsverordnung, BGBl. II Nr. 450/2005 (FPG-DV), sei als Beitrag der Kosten des Vollzuges der Schubhaft für jeden angefangenen Tag jener Betrag zu entrichten, den Verwaltungsverwahrungshäftlinge für den Vollzug von Verwaltungsfreiheitsstrafen zu entrichten hätten. Aus dem Spruch des erstinstanzlichen Bescheides ergibt sich in Verbindung mit seiner Begründung, dass dem Beschwerdeführer für den auf das Jahr 2006 entfallenden Zeitraum von 35 Tagen ein Tagessatz von EUR 26,76, insgesamt daher EUR 936,60, und für 29 Tage im Jänner 2007 ein Tagessatz von EUR 27,52, zusammen also EUR 798,08, vorgeschrieben wurde. Weiters wurden dem Beschwerdeführer Behandlungskosten des Polizeiärztlichen Dienstes für eine Harnuntersuchung in der Höhe von EUR 96,18 verrechnet. Die diesbezügliche Ersatzpflicht ergebe sich - so lässt sich aus der Wiedergabe dieser Gesetzesstelle im Bescheid der Erstbehörde schließen - aus § 10 Abs. 1 Z 3 FPG-DV, wonach als Kosten der Vollziehung der Schubhaft auch die Kosten für medizinische Versorgung während der Schubhaft in Betracht kommen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer eine von ihm selbst verfasste Berufung, in der nur die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft geltend gemacht wurde. Dazu verwies der Beschwerdeführer vor allem darauf, dass er mit einer in Österreich lebenden deutschen Staatsangehörigen verheiratet und sein Asylverfahren zugelassen worden sei.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof bekämpften Bescheid vom 22. Juni 2007 gab die Sicherheitsdirektion für das Bundesland Oberösterreich (die belangte Behörde) dieser Berufung keine Folge. In der Begründung schloss sich die belangte Behörde nach zusammengefasster Darstellung des Verfahrensganges und Wiedergabe der oben genannten Rechtsgrundlagen vollinhaltlich den "erstinstanzlichen Ausführungen" an. Dem Berufungsvorbringen hielt die belangte Behörde entgegen, dieses Verfahren diene nicht dazu, die Rechtmäßigkeit der Schubhaft zu überprüfen; dazu sei der unabhängige Verwaltungssenat berufen. Eine Feststellung dahingehend, dass die über den Beschwerdeführer verhängte Schubhaft rechtswidrig gewesen wäre, liege jedoch nicht vor.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Die von den Administrativbehörden herangezogenen Rechtsgrundlagen - § 113 Abs. 1 FPG und § 10 Abs. 1 und 2 FPG-DV, die jeweils mit "Kosten" überschrieben sind - lauten:

"§ 113. (1) Kosten, die der Behörde oder dem Bund bei der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes, der Ausweisung oder der Zurückschiebung entstehen, sowie die Kosten der Vollziehung der Schubhaft, einschließlich der Aufwendungen für den Einsatz gelinderer Mittel und der Dolmetschkosten, sind von dem Fremden zu ersetzen.

§ 10. (1) Als Kosten, die der Behörde oder dem Bund bei der Durchsetzung eines Aufenthaltsverbotes, einer Ausweisung oder Zurückschiebung oder bei der Vollziehung der Schubhaft entstehen (§ 113 Abs. 1 FPG), kommen insbesondere in Betracht:

1. Kosten für die Benützung von Verkehrsmittel (z.B. Bahn-, Bus- oder Flugticket);

2. Kosten für die Begleitung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes;

  1. 3. Kosten für medizinische Versorgung während der Schubhaft und
  2. 4. Kosten für Sachaufwendungen (z.B. Verpflegung).

(2) Als Beitrag zu Kosten des Vollzuges der Schubhaft (§ 113 Abs. 1 FPG) ist für jeden angefangenen Tag jener Betrag zu entrichten, den Verwaltungsverwahrungshäftlinge für den Vollzug von Verwaltungsfreiheitsstrafen zu entrichten haben. Als Beitrag zu den Kosten der Unterkunft in von der Behörde bestimmten Räumen ist für jeden angefangenen Tag jener Betrag zu entrichten, den die Behörde hiefür aufzuwenden hat."

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung bereits wiederholt dargelegt, dass die Frage einer (allfälligen) Rechtswidrigkeit der Schubhaft nicht im Zuge des Verfahrens betreffend die Kostenvorschreibung nach den Fremdengesetzen zu prüfen ist. Die diesbezüglichen, zunächst auf der Basis des FrG 1993 angestellten Überlegungen, die auch auf die insofern unverändert gebliebene Gesetzeslage nach dem FrG 1997 übertragen wurden (vgl. zum Ganzen das Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zl. 99/02/0247, mwN, und daran anschließend etwa das Erkenntnis vom 22. März 2002, Zl. 2001/02/0129), haben mangels maßgeblicher Änderungen auch für die aktuelle Rechtslage des FPG weiterhin ihre Gültigkeit.

Die umfangreichen Ausführungen in der Beschwerde, mit denen - wie schon in der Berufung - die Unzulässigkeit der gegen den Beschwerdeführer vollzogenen Schubhaft aufgezeigt werden soll, sind daher nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit der Auferlegung von Schubhaftkosten darzutun. Das gilt auch hinsichtlich der Kosten für die während der Anhaltung in Schubhaft durch einen beigezogenen Facharzt vorgenommene Harnuntersuchung, die - wie schon von der Erstbehörde zutreffend erkannt - gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 FPG-DV auch vom Fremden zu ersetzende Kosten im Sinne des § 113 Abs. 1 FPG sind (vgl. in diesem Zusammenhang auch das Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/21/0418).

Richtig ist zwar, dass bei der Vorschreibung von Schubhaftkosten die Rechtskraft der über Schubhaftbeschwerden ergangenen Bescheide zu beachten ist (vgl. etwa das schon genannte Erkenntnis vom 22. März 2002, Zl. 2001/02/0129, mwN), und es entspricht auch der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass der Ersatz von Kosten der Vollziehung der Schubhaft nicht für einen Zeitraum vorgeschrieben werden darf, für den durch einen (über Schubhaftbeschwerde des Fremden ergangenen) Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates die Rechtswidrigkeit der Schubhaft festgestellt wurde (vgl. etwa das Erkenntnis vom 29. April 2004, Zl. 2001/02/0188). Auch diese zur früheren Rechtslage entwickelten Rechtssätze sind für die Kostenersatzpflicht nach § 113 Abs. 1 FPG aufrecht zu erhalten. Im Zeitpunkt der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides lag aber (noch) keine die Rechtswidrigkeit der Schubhaft (rechtskräftig) aussprechende Entscheidung vor, sodass daraus für den vorliegenden Fall nichts zu gewinnen ist. Eine solche Feststellung ist erst mit dem Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom 22. November 2007 ergangen.

In den weiteren Ausführungen kritisiert die Beschwerde, die Behörden hätten es unterlassen, den Berechnungsmodus für die Höhe der vorgeschriebenen Kosten nachvollziehbar darzulegen. Den als Rechtsgrundlage herangezogenen Bestimmungen könnten die unterschiedlichen Tagessätze für die Schubhaftkosten nicht entnommen werden.

Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, dass im erstinstanzlichen Bescheid zwar eine Aufschlüsselung der vorgeschriebenen Beträge vorgenommen, die Rechtsgrundlagen für die Ermittlung der Höhe der Tagessätze jedoch nicht offengelegt wurden. Zu einer entsprechenden Ergänzung im bekämpften Bescheid sah sich die belangte Behörde offenbar deshalb nicht veranlasst, weil der Beschwerdeführer in der Berufung die Höhe der vorgeschriebenen Kosten weder bestritten noch ihre mangelnde Nachvollziehbarkeit geltend gemacht hatte. Nun wird in der Beschwerde aber ohnehin erkannt, dass sich § 10 Abs. 2 FPG-DV auf § 54d Abs. 2 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 (VStG) bezieht, wonach für jeden Hafttag ein Beitrag zu den Kosten des Vollzuges in der im § 32 Abs. 2 zweiter Fall des Strafvollzugsgesetzes (StVG) vorgesehenen Höhe zu leisten ist. Gemäß der zuletzt genannte Bestimmung beträgt der Beitrag zu den Kosten des Strafvollzuges "das Vierfache der Arbeitsvergütung je Arbeitsstunde in der höchsten Vergütungsstufe (§ 52 Abs. 1) für jeden Tag der Strafzeit". Die erwähnte höchste Arbeitsvergütung war nach § 52 Abs. 1 lit. e StVG (unter Bedachtnahme auf die Verordnungen der Bundesministerin für Justiz vom 29. Dezember 2005, BGBl. II Nr. 468/2005, und vom 22. Dezember 2006, BGBl. II Nr. 506/2006, jeweils über die Höhe der Arbeitsvergütung der Strafgefangenen) für das Jahr 2006 mit EUR 6,69 und für das Jahr 2007 mit EUR 6,88 festgesetzt. Das Vierfache dieser Beträge ergibt den dem Beschwerdeführer für den auf das Jahr 2006 entfallenden Zeitraum der Anhaltung vorgeschriebenen Tagessatz von EUR 26,76 und den für Jänner 2007 berechneten Tagessatz von EUR 27,52. Die Höhe der dem Beschwerdeführer auferlegten Schubhaftkosten entspricht somit dem Gesetz, sodass die Beschwerde die Relevanz des geltend gemachten Begründungsmangels nicht darzutun vermag.

Entgegen der - offenbar durch eine missverständliche Spruchformulierung im angefochtenen Bescheid veranlassten - Meinung des Beschwerdeführers, wurde für die ärztliche Behandlung des Beschwerdeführers keine "Tagesgebühr" vorgeschrieben. Vielmehr handelt es sich bei diesen Kosten um das dem Polizeiärztlichen Dienst der Bundespolizeidirektion Linz vom behandelnden Facharzt - laut seiner im Akt erliegenden Aufstellung: nach der Honorarordnung der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter ("BVA-Tarif") - in Rechnung gestellte Honorar für die beim Beschwerdeführer durchgeführte Harnuntersuchung. Gegen dessen Höhe wurde aber weder in der Berufung noch in der Beschwerde ein Einwand erhoben.

Da die Beschwerde somit keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen vermochte, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 30. April 2009

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