VwGH 2001/02/0129

VwGH2001/02/012922.3.2002

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schlegel, über die Beschwerde des JS, geboren 1980, vertreten durch Dr. Wolfgang Rainer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Schwedenplatz 2/74, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 23. April 2001, Zl. Fr 1671/00, betreffend Kostenvorschreibung gemäß § 103 Abs. 1 und 4 FrG 1997 im Zusammenhang mit einer Schubhaft, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §38;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §103 Abs1;
FrG 1997 §103 Abs4;
FrG 1997 §103;
FrG 1997 §61;
FrG 1997 §72;
VStG §53d Abs2;
VStG §54d Abs1;
AVG §38;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §103 Abs1;
FrG 1997 §103 Abs4;
FrG 1997 §103;
FrG 1997 §61;
FrG 1997 §72;
VStG §53d Abs2;
VStG §54d Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer war vom 15. September 1999 bis einschließlich 18. Februar 2000 in Schubhaft.

Mit Spruchpunkt 1. des Bescheides des unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 29. November 1999 wurde die an ihn gerichtete, auf § 72 Fremdengesetz 1997 (FrG) gestützte Beschwerde des Beschwerdeführers, soweit sie dessen Anhaltung in Schubhaft vom 15. September 1999 bis 15. November 1999 betraf, abgewiesen. In Spruchpunkt 2. dieses Bescheides wurde die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft vom 16. November 1999 bis zur Erlassung dieses Bescheides (30. November 1999) für rechtswidrig erklärt. In Spruchpunkt 3. dieses Bescheides wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Die nur gegen Punkt 3. dieses Bescheides gerichtete Beschwerde des Beschwerdeführers an den Verwaltungsgerichtshof wurde mit dem hg. Erkenntnis vom 31. März 2000, Zl. 2000/02/0007, abgewiesen.

Mit Bescheid vom 26. Jänner 2000 wies der unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich eine hinsichtlich des Anhaltungszeitraumes ab 1. Dezember 1999 erhobene Beschwerde gemäß §§ 72 f FrG als unzulässig zurück.

Mit Bescheid vom 14. Februar 2000 wies der unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich eine hinsichtlich des Anhaltungszeitraumes ab 7. Februar 2000 erhobene Beschwerde gemäß §§ 72 f FrG als unzulässig zurück.

Beide Bescheide wurden mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 2001, B 515/00, B 687/00, aufgehoben; der Beschwerdeführer war durch die beiden Bescheide im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Mit Bescheid vom 7. Februar 2000 wies der unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich eine hinsichtlich des Anhaltungszeitraumes ab 16. Jänner 2000 erhobene Beschwerde gemäß §§ 72 f FrG als unbegründet ab. Dieser Bescheid wurde mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Februar 2001, B 583/00, aufgehoben; der Beschwerdeführer war durch den Bescheid in dem durch das Bundesverfassungsgesetz BGBl. Nr. 390/1973 verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander verletzt worden. Die wesentliche Begründung dieses Erkenntnisses lautet, der unabhängige Verwaltungssenat im Land Niederösterreich habe "jegliche Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt" (nämlich hinsichtlich der Gültigkeit und Tauglichkeit des am 20. Dezember 1999 bei der Behörde eingelangten, von der Vertretungsbehörde von Gambia ausgestellten Heimreisezertifikates) "unterlassen und damit Willkür geübt".

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 28. Juni 2000 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 103 Abs. 1 und Abs. 4 FrG 1997 der Ersatz von Kosten in der Höhe von S 45.982,80, die bei der Durchsetzung des Aufenthaltsverbotes gegen ihn entstanden seien, vorgeschrieben. Der dagegen erhobenen Berufung wurde mit dem Bescheid der belangten Behörde vom 23. April 2001 keine Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

Die "Kosten für die Schubbehandlung" würden sich folgendermaßen aufgliedern:

Für die Schubhaft

"vom 15.09.1999 bis 15.11.1999 a ATS 321,20

  

gesamt

ATS

19.914,40

vom 01.12.1999 bis 31.12.1999 a ATS 321,20

  

gesamt

ATS

9.957,20

vom 01.01.2000 bis 18.02.2000 a ATS 328,80

  

gesamt

ATS

16.111,20"

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Breiten Raum widmet der Beschwerdeführer der Behauptung, er habe die Anhaltung seit 1. Dezember 1999 mit Schubhaftbeschwerden bekämpft und in diesen und im Kostenersatzverfahren die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft vorgebracht. Es liege im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides kein rechtskräftiger Abspruch über die Rechtmäßigkeit des Anhaltungszeitraumes ab 1. Dezember 1999 vor. Die belangte Behörde hätte die Vorfrage der Rechtmäßigkeit der Schubhaft auf Grund seiner Argumente so zu lösen gehabt, dass sie diesen Zeitraum der Anhaltung als rechtswidrig ansähe. Sie habe nicht begründet dargelegt, dass die Anhaltung in Schubhaft rechtmäßig erfolgt sei.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 26. Mai 2000, Zl. 99/02/0247 mwN., zum wiederholten Male dargelegt, dass die Frage einer (allfälligen) Rechtswidrigkeit der Schubhaft nicht im Zuge des Verfahrens betreffend die Kostenvorschreibung nach § 103 FrG 1997 zu prüfen ist.

Der Beschwerdeführer vermag sich somit nicht mit Erfolg gegen die Vorschreibung von Schubhaftkosten mit Argumenten wenden, die die Rechtmäßigkeit der Schubhaft betreffen.

Richtig bringt der Beschwerdeführer vor, dass die belangte Behörde die Rechtskraft der über Schubhaftbeschwerden ergangenen Bescheide zu beachten hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. Juli 1998, Zl. 98/02/0052). Dem ist die belangte Behörde im gegenständlichen Fall jedoch nachgekommen, hat sie doch die während der als rechtswidrig erkannten Schubhaft zwischen 16. November 1999 bis 30. November 1999 entstandenen Kosten nicht vorgeschrieben. Hinsichtlich des Zeitraumes 15. September 1999 bis 15. November 1999 konnte sich die belangte Behörde auf den rechtskräftigen Bescheid des unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 29. November 1999 stützen, in welchem die Schubhaft für diesen Zeitraum als rechtmäßig erkannt worden war. Den Zeitraum ab 1. Dezember 1999 betreffend hat der Verfassungsgerichtshof mit den bereits zitierten Erkenntnissen jeweils vom 27. Februar 2001 nicht die Rechtswidrigkeit der Anhaltung in Schubhaft ab 1. Dezember 1999 ausgesprochen, sondern die angefochtenen Bescheide aus verfahrensrechtlichen Gründen aufgehoben. Somit lag zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides keine die Rechtswidrigkeit der Schubhaft ab 1. Dezember 1999 aussprechende Entscheidung vor. Sollte die für die Klärung dieser Frage zuständige Behörde über die Rechtmäßigkeit der Schubhaft nachträglich anders entscheiden als von der belangten Behörde zugrunde gelegt (sie ging mit knapper Begründung von der Rechtmäßigkeit der Schubhaft zu jenen Zeiten aus, für welche die Kostenvorschreibung erfolgte), so rechtfertigt dies nach § 69 Abs. 1 Z. 3 AVG die Wiederaufnahme des Kostenvorschreibungsverfahrens.

Insoweit der Beschwerdeführer vorbringt, die belangte Behörde hätte das Verfahren bis zum Vorliegen einer rechtskräftigen Erledigung seiner Schubhaftbeschwerden auszusetzen gehabt, genügt es, darauf hinzuweisen, dass aus der Kann-Bestimmung des § 38 AVG eine Verpflichtung der Behörde zur Aussetzung des Verfahrens nicht abgeleitet werden kann (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), Seite 521, E 103, 104, wiedergegebene hg. Rechtsprechung).

Zuletzt bringt der Beschwerdeführer vor, die belangte Behörde habe sich mit seinem im Kostenvorschreibungsverfahren vorgetragenen Argument nicht beschäftigt, er habe während seiner Anhaltung in Schubhaft Arbeiten verrichtet bzw. sich dazu bereit gehalten, sodass gemäß §§ 54d Abs. 1 iVm 53d Abs. 2 VStG kein Anspruch der Vollzugsbehörde auf Ersatz von Schubhaftkosten bestehe. Mit diesem Argument zeigt der Beschwerdeführer schon deshalb keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil sich die von ihm genannten Normen ausdrücklich auf den Vollzug von Freiheitsstrafen im Rahmen der Strafvollstreckung beziehen. Die Anhaltung in Schubhaft ist jedoch keine Strafe, weshalb diese Bestimmungen im gegenständlichen Verfahren nicht anzuwenden sind.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 501/2001.

Wien, am 22. März 2002

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