VwGH 2007/05/0097

VwGH2007/05/009724.6.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Pallitsch, Dr. Handstanger, Dr. Hinterwirth und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde 1. der Gemeinde W, 2. der Ä, 3. des R, und 4. des H, die beiden letzteren in Werndorf, alle vertreten durch Dr. Dieter Neger, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Sackstraße 21, gegen den Bescheid des Umweltsenats vom 8. März 2007, Zl. US 9B/2005/8-431, betreffend UVP für 380 kV Leitung Steiermark (mitbeteiligte Parteien: 1. Verbund-Austrian Power Grid AG in Wien, 2. S GmbH in G, beide vertreten durch Onz Onz Kraemmer Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), zu Recht erkannt:

Normen

GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §77 Abs2;
UVPG 2000 §17 Abs1;
UVPG 2000 §17 Abs2 Z2 litc;
GewO 1994 §74 Abs2 Z2;
GewO 1994 §77 Abs2;
UVPG 2000 §17 Abs1;
UVPG 2000 §17 Abs2 Z2 litc;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 und den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Vorauszuschicken ist, dass die vorliegende Beschwerde ursprünglich von acht beschwerdeführenden Parteien eingebracht wurde. Die beschwerdeführenden Parteien A in W, Dr. P in S, G in S und Mag. C in E (ursprünglich die Dritt- bis Sechstbeschwerdeführer), haben mittlerweile die Beschwerde zurückgezogen, weshalb der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 29. Jänner 2008, Zl. 2007/05/0097-9, die Beschwerde dieser beschwerdeführenden Parteien als gegenstandslos erklärte und das Verfahren bezüglich dieser Beschwerdeführer einstellte.

2. Die erstmitbeteiligte Partei plant den Lückenschluss des österreichischen Hochspannungsnetzes zwischen dem Umspannwerk Südburgenland in der Gemeinde Rotenturm an der Pinka im Bezirk Oberwart im Burgenland und dem Umspannwerk Kainachtal in der Gemeinde Zwaring im Bezirk Graz-Umgebung in der Steiermark. Das von den mitbeteiligten Parteien sowie der Burgenländischen Elektrizitätswirtschafts AG (BEWAG in Eisenstadt) zur Erteilung der Genehmigung nach § 17 Abs. 1 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G) eingereichte Vorhaben der "380 kV-Steiermarkleitung" umfasst die Errichtung und den Betrieb einer bundesländergrenzenüberschreitenden 380 kV-Starkstromleitung, soweit sich diese auf das Landesgebiet der Steiermark erstreckt, sowie die Errichtung und den Betrieb sämtlicher im Rahmen dieses Vorhabens vorgesehener Anlagen auf der Spannungsebene 110 kV. Das insgesamt über 97,778 km geplante Vorhaben erstreckt sich in der Steiermark über 81,106 km. Die 110 kV-Leitung wird über eine Länge von insgesamt rund 44,8 km mitgeführt, 32 km der bestehenden 110 kV-Leitungen der zweitmitbeteiligten Partei werden abgetragen. Die mitgeführten Leitungen werden in das vorhandene und bestehen bleibende 110 kV-Leitungsnetz der zweitmitbeteiligten Partei eingebaut; vorgesehen ist weiters die Errichtung und der Betrieb eines Umspannwerkes in der Gemeinde Hofstätten.

Der Trassenverlauf im vorliegend relevanten Bereich wurde im hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2007/05/0101, dargestellt. Auf diese Entscheidung wird diesbezüglich - sowie auch für die weiteren Ausführungen im vorliegenden Erkenntnis - gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen. Bei der Erstbeschwerdeführerin handelt es sich um eine Standortgemeinde, die im Verfahren ihre Parteistellung wahrte und Einwendungen erhob. Letzteres gilt auch für die Zweit- und den Drittbeschwerdeführer, die Eigentümer von Grundstücken sind, die vom vorliegenden Vorhaben in Anspruch genommen werden. Der Viertbeschwerdeführer ist Pächter einer von der Leitung überspannten Liegenschaft, auf der er ein Sportfischerzentrum samt Gasthausbetrieb betreibt und auf der sich regelmäßig vorübergehend Personen (zum Angeln, Entspannen und Konsumieren von Speisen und Getränken) aufhalten; auch dieser Beschwerdeführer hat Einwendungen erhoben (vgl. § 19 Abs. 1 Z. 1 des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000 (UVP-G 2000)).

Mit Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom 21. März 2005 wurden der erstmitbeteiligten Partei gemäß § 17 Abs. 1 UVP-G die Genehmigung zur Errichtung und dem Betrieb der 380 kV-Steiermarkleitung und der zweitmitbeteiligten Partei (zur ungeteilten Hand mit der erstmitbeteiligten Partei) die Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb sämtlicher im Rahmen des Vorhabens 380 kV-Steiermarkleitung vorgesehener Anlagen auf der Spannungsebene 110 kV unter Vorbehalt des Erwerbs der zur Ausführung des Vorhabens allenfalls erforderlichen Zwangsrechte und unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen erteilt. Im Spruchpunkt I.3. wurde insbesondere ergänzend auf den im Einvernehmen mit der Steiermärkischen Landesregierung zu erlassenden erstinstanzlichen Bescheid der Burgenländischen Landesregierung verwiesen.

Die Behörde erster Instanz kam in der Begründung ihres Bescheides zusammenfassend zum Ergebnis, dass das Vorhaben umweltverträglich sei. Den Einwendungen sei durch die vorgeschriebenen Auflagen und Befristungen entsprochen worden. Insbesondere auf Grund des Umstandes, dass auf Grund der gewählten Trassenführung bei den jeweils nächstgelegenen Wohnhäusern der Beurteilungswert von 1 µT eingehalten werde, sei eine Gesundheitsgefährdung von Menschen oder eine unzumutbare Belästigung von Nachbarn durch elektromagnetische Felder (EMF) auszuschließen. Gleiches gelte auf Grund der Konfiguration der Leitung und der Abstände zur Wohnbebauung hinsichtlich der Lärmbelastung. Die Eingriffe in Biotope und Ökosysteme sowie in den Forst seien in der Bauphase teilweise erheblich, würden jedoch im Zeitablauf durch die von den mitbeteiligten Parteien verpflichtend vorzunehmenden Ausgleichsmaßnahmen gemildert und schließlich weitestgehend ausgeglichen. Es verbleibe der unbestreitbare und abschnittsweise sehr erhebliche Eingriff in das Landschaftsbild. Dieser sei jedoch auf Grund des besonderen und dringlichen Bedarfs an der Leitung nach den Ergebnissen der vorgenommenen Gesamtbewertung hinzunehmen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Spruchpunkt I. insofern geändert, als der Einleitungssatz dieses Spruchpunktes eine neue (insbesondere einen in der Folge eingeschränkten Änderungsantrag der mitbeteiligten Parteien im Berufungsverfahren berücksichtigende) Fassung erhielt und der Entfall des Spruchpunktes I.3. vorgesehen wurde. Die im Spruchpunkt III. des erstinstanzlichen Bescheides vorgeschriebenen Auflagen wurden teilweise abgeändert; teilweise wurden Auflagen neu gefasst.

Die beschwerdeführenden Parteien lasteten dem angefochtenen Bescheid Rechtswidrigkeit des Inhaltes und (in eventu) Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften an.

Die belangte Behörde erstattete ebenso wie die mitbeteiligten Parteien eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen, wobei die belangte Behörde den Ersatz des Schriftsatzaufwandes beantragte.

Die beschwerdeführenden Parteien übermittelten dem Verwaltungsgerichtshof in der Folge noch weitere Schriftsätze.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Das eingehende Vorbringen der Beschwerdeführer, wonach die Abwägung gegenüber einer Verkabelung - insbesondere einer Teilverkabelung in sensiblen Teilbereichen - seitens der Behörde nicht dem UVP-G 2000 entspreche, erweist sich aus den im hg. Erkenntnis Zl. 2007/05/0101 angeführten Erwägungen (vgl. Punkt II.16.) als nicht zielführend. Damit kann auch mit dem Argument, eine Teilverkabelung würde hinsichtlich des Landschaftsschutzgebietes 31 (bezüglich dessen der Amtssachverständige für den Landschaftsschutz Dipl. Ing. Kolb den Eingriff als "nicht umweltverträglich" bezeichnet habe) die Umweltverträglichkeit erhöhen, nichts gewonnen werden; zur genannten Beurteilung des Amtssachverständigen ist weiters auf Punkt II.14.2. des zitierten Erkenntnisses hinzuweisen, wonach diese vom Sachverständigen vorgenommene Stellungnahme eine rechtliche Beurteilung nicht zu ersetzen vermag.

2. Auch bezüglich des von den Beschwerdeführern angesichts des zu errichtenden 850 MW-Gaskombinationskraftwerkes Mellach für die lokale Energieversorgung nicht gegebenen Bedarfes an der Steiermarkleitung ist auf das genannte Erkenntnis zu verweisen (vgl. Punkt II.15.), wonach dieser Gesichtspunkt die von der Behörde getroffene Beurteilung nicht zu entkräften vermag.

3. Die Beschwerdeführer meinen, dass bezüglich des von der belangten Behörde beigezogenen humanmedizinischen Sachverständigen

o. Univ.-Prof. Dr. Neuberger nicht alles vermieden worden sei, was den Anschein der Parteilichkeit dieses Sachverständigen begründen kann. Näher wird dazu Folgendes ausgeführt:

"Der nichtamtliche medizinische Sachverständige befleißigt sich nicht nur einer ganz offensichtlich parteilichen Diktion, tut darüber hinaus nicht nur durch Sachverständigenbeweise belegte Gegenvorbringen anderer Parteien auf schnoddrige Art ab, schreckt hiebei nicht nur vor Beleidigungen und Diskriminierungen von Gegen-Sachverständigen zurück, sondern findet es nicht einmal der Mühe wert, seine Sachverständigenäußerungen, die jeden Mindestanspruch an ein Sachverständigengutachten vermissen lassen, zu begründen.

Vielmehr bescheidet sich der SV mit 'schwadronierenden' Äußerungen, die jeden wissenschaftlichen Rückhalt vermissen lassen. Diese Gegebenheiten belasten den angefochtenen Bescheid, abgesehen von den aufgezeigten materiellen Rechtswidrigkeiten, mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit."

Mit diesem nicht weiter substantiierten, sich in pauschalen Vorwürfen erschöpfenden Vorbringen werden aber weder außerhalb der Sache liegende unsachliche Motive des Sachverständigen noch das Vorliegen einer Befangenheit dem Anschein nach (vgl. dazu auch Punkt II.7.2. des Erkenntnisses Zl. 2007/05/0101) konkretisiert, weshalb der vorliegende Einwand keinen Erfolg haben kann.

4. Wenn bezüglich des vom Viertbeschwerdeführer betriebenen Sportfischerzentrums (zusammengefasst) geltend gemacht wird, dass die Leitung "quer über die Fischteiche führen" solle, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass - wie im Erkenntnis Zl. 2007/05/0101 ausgeführt (vgl. Punkt II.10.4.) - auf Grund des humanmedizinischen Gutachtens in der Nähe der Leitung oder darunter für Tätigkeiten im Freien Gesundheitsgefährdungen (außer für das Schwimmen im Teich während eines Gewitters) nicht bestehen. Inwiefern "schon aus Sicherheitsgründen ein Befischen der im Leitungsbereich gelegenen Fischteiche zumindest durch Publikum (auf Grund der tatsächlichen Gefährdung durch die stromführenden Leiterseile und wegen der unzweifelhaften Verkehrssicherungspflichten des Viertbeschwerdeführers) verunmöglicht sein" sollte, wird in der Beschwerde nicht näher dargestellt. Damit erscheint nicht unmittelbar einsichtig, dass jedenfalls einige Meter über dem Boden über die Teiche verlaufende Seile jedes Befischen verhindern, weshalb diese Behauptung keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen vermag. Derart geht auch der daran anschließende Hinweis auf die mit der behaupteten "Verunmöglichung" einhergehende "Eigentumsvernichtung" fehl.

5.1. Zum Fragenbereich von Störfällen wird im angefochtenen Bescheid ausgeführt (vgl. S. 169 f), dass von den Betreibern das "(n-1)-Kriterium" einzuhalten ist, um einen störungsfreien Betrieb des Netzes zu gewährleisten. Dieses dem Stand der Technik entsprechende Kriterium "ist ein Sicherheitsstandard, auf den sich die europäischen Netzbetreiber in einem multilateralen Abkommen geeinigt haben, und der im 'UCTE Operational Handbook' festgelegt ist. Seine Einhaltung garantiert, dass der maximale Dauerstrom im Normalbetrieb nicht überschritten wird. Kommt es infolge einer Störung zu einer Ausschaltung eines der beiden Systeme der Leitung, so kann das verbleibende intakte System für die Dauer des kurzzeitig 'gestörten Betriebes' - regelmäßig handelt es sich um wenige Minuten - oberhalb des maximalen Dauerstroms, im Extremfall mit dem thermischen Grenzstrom, belastet werden. Zu einer solchen Überschreitung kommt es allerdings nur dann, wenn die Leitung vor der Störung hoch belastet war und die automatische Wiedereinschaltung ... binnen Sekunden nicht funktioniert hat."

Dieses Kriterium "besagt also, dass in allen Betriebssituationen der Ausfall eines Betriebsmittels (z.B. eines Stromkreises einer Leitung) in den benachbarten Netzbereichen weder zu einer Einschränkung der Funktion noch zu einer Versorgungsunterbrechung

führen darf. ... 'Ein Netz soll so ausgestaltet sein, dass es

jederzeit den Ausfall einer (beliebigen) Leitung ... zu verkraften

vermag. ...' ". § 9 Abs. 1 Z. 2 des Energie-Regulierungsbehördengesetzes (E-RBG) verpflichte die Energie-Control GmbH als Regulierungsbehörde, in Zusammenarbeit mit den Betreibern von Stromnetzen technische und organisatorische Regeln für Betreiber und Benutzer von Netzen zu erarbeiten und diesen zur Verfügung zu stellen. Diese - abgekürzt als TOR bezeichneten - Regeln stellten ein mehrteiliges und umfassendes nationales technisches Regelwerk dar, das - entsprechend dem schon genannten "UCTE Operational Handbook" Anordnungen betreffend "Gestörter Betrieb", "Normalbetrieb", "(n-1)-Kriterien, (n-1)-Sicherheit" sowie die Verpflichtung zur Einhaltung des (n-1)-Kriteriums enthalte.

5.2. Gegen diese Ausführungen erhebt die Beschwerde keinen Einwand. Sie meint indes, die belangte Behörde hätte "zur wesentlichen Frage, ob das (n-1)-Kriterium im Fall einer Verkabelung einhaltbar" sei, ihre Auffassung auf das auf Seite 170 des bekämpften Bescheides angeführte "Gutachten der TU Graz, Institut für elektrische Anlagen, zur technischen Beurteilung des Einreichsprojekts SteiermarkKABEL ... Februar 2007, S 12, unter Berufung auf das Operational Handbook der UCTE und die TOR" gestützt, ohne bezüglich dieses Gutachtens Parteiengehör zu gewähren.

5.3. Dazu ist Folgendes festzuhalten: Wenn die belangte Behörde im Anschluss an die Passagen betreffend die Frage, ob das (n-1)-Kriterium im Fall einer Verkabelung einhaltbar sei ausführt, dass "Demnach ... nach einer Störung ein (n-1)-sicherer Zustand so schnell wie möglich wieder herzustellen" sei, um zu vermeiden, "dass ein weiterer Netzfehler zu einer Gefährdung der Versorgungssicherheit führt", und dabei (in einem Klammerausdruck) auf das besagte Gutachten verweist, hat sie ihrer Entscheidung nicht dieses Gutachten, sondern die dafür im Bescheid als maßgeblich herausgestellten TOR (die dem in Rede stehenden Handbook folgen) zu Grunde gelegt; wenn dazu das genannte Gutachten erwähnt wird, handelt es sich um einen zusätzlichen Hinweis, der offenbar in der Absicht erfolgte, anzugeben, dass die von der Behörde eingeschlagene Sichtweise auch in einem Gutachten aus dem Bereich der TU Graz eingenommen wurde. Zu diesem im vorliegenden Zusammenhang damit nicht entscheidungswesentlichen Gutachten Parteiengehör zu gewähren, war daher nicht erforderlich.

6.1. In der Beschwerde wird ausgeführt, dass die Beschwerdeführer bezüglich unzulässiger Schallimmissionen "das Gutachten des TÜV Wels vom 26.05.2006" vorgelegt hätten, auf das weder die Behörde noch der von dieser beigezogene nichtamtliche schalltechnische Sachverständige Ing. Wagner ausreichend eingegangen sei. Die von den Beschwerdeführern vorgebrachte, aber nicht gewürdigte Problemstellung betreffe "u.a. als unzumutbar und gesundheitsschädigend befürchtete Schallimmissionen bei hoher Luftfeuchtigkeit". Diesbezüglich sei seitens des Sachverständigen und der belangten Behörde sinngemäß ausgeführt worden, dass erhöhte Koronageräusche bei Regen durch erhöhte Schallentwicklung durch den Regen selbst egalisiert würden. Diese Tatsache möge bei Regen zutreffen, nicht jedoch bei - gerade im Raum Werndorf - sehr häufigen Nebelwetterlagen. Bei diesen herrsche ebenfalls hohe Luftfeuchtigkeit, die Schallkulisse des Regens fehle jedoch. Die diesbezügliche Problematik betreffe die Liegenschaft P, die Betriebswohnung R, das Sportfischerzentrum des Viertbeschwerdeführers sowie die Liegenschaft der Zweitbeschwerdeführerin, auf der widmungsgemäß betriebsnotwendiges Wohnen zulässig sei.

6.2. Zunächst ist festzuhalten, dass es sich - wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten (vgl. den Schriftsatz der Beschwerdeführer vom 4. Juli 2006, SZ 204 des Berufungsverfahrens) ergibt - bei der angesprochenen "Stellungnahme und Gutachten" des "TÜV Wels" um eine vom "TÜV Österreich" mit einer Adresse in Thalheim bei Wels erstellte Unterlage handelt.

Da im Verfahren vor der Erstbehörde "auf der Seite der Antragstellerinnen (mitbeteiligten Parteien) und der Projektsgegner (Beschwerdeführer) mit divergierenden Sachverständigenaussagen" "jeweils Privatgutachter" einander gegenüberstanden, wurde nach der Bescheidbegründung (vgl. S. 183 ff) die Erstbehörde iSd § 66 Abs. 1 erster Fall AVG von der belangten Behörde beauftragt, einen Amtssachverständigen mit der Begutachtung des Beweisthemas in der Lärmfrage (darunter auch der divergierenden Privatgutachten) zu betrauen. Da der Amtssachverständige zwischenzeitlich in den Ruhestand getreten sei, sei Ing. Fritz Wagner, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger, bestellt worden. Dieser habe auf Grund seines fachlich fundierten, schlüssigen, vollständigen, widerspruchsfreien und auf persönlicher Wahrnehmung (von Koronageräuschen am 26. und 27. Juli 2006) beruhenden Gutachtens (insbesondere) die Beurteilung der Koronageräusche im Erstbescheid als zutreffend bewertet. Auf der Grundlage des schalltechnischen Gutachtens dieses Sachverständigen habe der humanmedizinische Sachverständige o. Univ.-Prof. Dr. Neuberger eine unzumutbare Lärmbelästigung ausgeschlossen. Für die Betriebsphase sei auch bei den nächsten Anrainern nur mit selten hörbaren Koronageräuschen zu rechnen. Dieses bei nasser Witterung, ohne Regen, Wind und sonstigen Naturgeräuschen wahrnehmbare Knistern würde zwar nachts im Freien hörbar sein, lasse aber bei den prognostizierten Pegeln in den Schlafzimmern der nächsten Anrainer keinerlei Schlafstörungen erwarten; für die Bauphase müssten jedoch die Auflagen 16 bis 20 des angefochtenen Bescheides eingehalten werden. Da es somit überhaupt zu keiner oder nur zu einer ganz geringfügigen Lärmbelästigung komme, sei die gegenläufige Auffassung in den Berufungen im Grunde des § 17 Abs. 2 Z. 2 lit. c UVP-G 2000 iVm §§ 74 Abs. 2 Z. 2 und 77 Abs. 2 GewO 1994 unbegründet. Die belangte Behörde wies in diesem Zusammenhang auch darauf hin, dass diese Ausführungen durch die Ergänzungen zum Umweltverträglichkeitsgutachten aus dem Dezember 2006 (Punkt 4.1.1.3. sowie 5.2.1.4.) bestätigt würden und verwies (zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen) auf diese Ergänzung. In Punkt

5.2.1.4. der Ergänzung zum Umweltverträglichkeitsgutachten aus dem Dezember 2006 (vgl. Seite 77) wird zu den Stellungnahmen der (u.a. vom Beschwerdeführervertreter vertretenen) "Gemeinde Werndorf und weiterer acht Parteien" ausgeführt, dass bereits in der Stellungnahme des Sachverständigen vom 2. August 2006 "die im Gutachten des TÜV-Österreich vom 26.05.2006 im Punkt 5. (Gutachterlicher Schluss) zusammengefasst aufgezählten Aspekte in den Schriftsatz der schalltechnischen Stellungnahme vom 02.08.2006 übernommen und anschließend beurteilt" worden seien, weshalb eine Gutachtensergänzung nicht erforderlich gewesen sei. Unter Punkt

4.1.1.3. dieser Ergänzung wird (unter Angabe der Pegelwerte) insbesondere festgehalten, dass infolge der "Projektänderung Werndorf" der Vergleich der durch die Steiermarkleitung maximal zu erwartenden Schallimmissionspegel mit dem niedrigsten in diesem Bereich gemessenen Basispegel zeige, dass die maximalen spezifischen Schallimmissionen der Steiermarkleitung um 9 dB bis 14 dB darunter lägen und damit eine praktische Beeinflussung nicht möglich sei. Für die Betriebsphase sei auch bei den nächsten Anrainern nur mit seltenen Koronageräuschen zu rechnen, wobei bei nasser Witterung ohne Regen, Wind und sonstige Nebengeräusche ein wahrnehmbares Knistern nachts im Freien hörbar sein werde, das aber (auch unter Berücksichtigung seiner besonderen Geräuschcharakteristik) bei den prognostizierten Pegeln in den Schlafzimmern der nächsten Anrainer keinerlei Schlafstörungen erwarten lasse. In sehr leiser Umgebung werde die Gesamtbelastung (Ist-Zustand + Koronageräusch) am Ohr des Schläfers (bei ganz geöffneten Fenstern) deutlich unter der von der WHO angegebenen Schwelle von 30 dB liegen und bei höheren Ausgangswerten werde das neu hinzukommende Koronageräusch nicht hörbar sein. Andere (psychische, zentralnervöse, vegetative und aurale) Gesundheitsstörungen durch Lärm würden erst bei höheren Beurteilungspegel auftreten und seien daher ebenfalls auszuschließen. Durch den Betrieb der Steiermarkleitung werde es somit zu keinen unzumutbaren Lärmbelästigungen kommen.

Auf dem Boden dieser nachvollziehbaren Ausführungen ist nicht zu erkennen, dass die Beurteilung der belangten Behörde, dass die Aussagen des genannten Sachverständigen (auch betreffend die in der Beschwerde angesprochenen "häufigen Nebelwetterlage" mit hoher Luftfeuchtigkeit bei Fehlen der Schallkulisse des Regens) schlüssig seien, unzutreffend wären.

7.1. Bezüglich des Vorbringens betreffend die humanmedizinische Verträglichkeit von elektromagnetischen Feldern ist zunächst auf das schon zitierte hg. Erkenntnis Zl. 2007/05/0101 hinzuweisen, aus dem sich ergibt, dass die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid den Wert von 100 µT (für 50 Hz-Felder) als Immissionsgrenzwert zugrunde legte und vorliegend schon als Projektbestandteil ein anlagebezogener Emissionsgrenzwert (Vorsorgewert) von 1 µT für projektgemäß maximalen Strom bei der nächsten Wohnbebauung "(24 h-Mittel)" bei gleichzeitiger Orientierung an einem Mittelwert von 0,2 µT zum Ansatz brachte (vgl. Punkt II.10. 2. u. 3. des genannten Erkenntnisses). Aus diesem Erkenntnis ergibt sich auch, dass es (entgegen der Beschwerde) nicht erforderlich war, diesen Vorsorgewert in der Form einer gesonderten Auflage vorzuschreiben.

7.2. Die Beschwerdeführer wenden sich nicht ausdrücklich gegen den dem angefochtenen Bescheid zugrunde gelegten Vorsorgewert. Die Beschwerde geht offenbar auch davon aus, dass jedenfalls aus Gründen der sonstigen Gesundheitsgefährdung ein Wert von maximal 2 µT einzuhalten wäre. Sie bringt indes vor, dass hinsichtlich der Liegenschaft P, die belangte Behörde nicht vom "maximal beaufschlagten Emissionspunkt ausgegangen" sei. Die Maximalbelastung der magnetischen Flussdichte auf diesem Grundstück sei nämlich nicht, wie im angefochtenen Bescheid (vgl. Seite 229) ausgeführt, mit 1,66 µT, sondern vielmehr mit 2,5 µT zu veranschlagen. Dies habe der Amtssachverständige für Elektrotechnik in seiner Stellungnahme vom 24. November 2006 "(zu SZ (Subzahl) 358, Beilage 6 im Berufungsverfahren)" auf dem genannten Grundstück festgestellt. Die Maximalbelastung von 2,5 µT entspreche dem der Begründung des angefochtenen Bescheides zugrunde gelegten maximalen Dauerstrom "Normalbetrieb B". Dies ergebe sich, die Feststellung des Amtssachverständigen für Elektrotechnik unterstreichend, auch aus Diagramm 5 des von diesem Sachverständigen in SZ 211 des Berufungsverfahrens zitierten, von den Beschwerdeführern zu SZ 180 des Berufungsverfahrens vorgelegten Gutachtens der Technischen Universität Graz, Versuchsanstalt für Hochspannungstechnik Graz GmbH, vom 5. Mai 2006. Die damit dort gegebene Immission sei nach den Feststellungen des medizinischen Sachverständigen als gesundheitsgefährdend anzusehen.

7.3. Dazu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten in der "Zusammenfassung und Bewertung der Überprüfung" in dem genannten Gutachten vom 5. Mai 2006 (Seite 13) ausgeführt wird, dass "die von der APG (der erstmitbeteiligten Partei) im Oktober 2005 eingereichte Projektänderung zur Umweltverträglichkeitserklärung betreffend Bereich Sondermast 17 (Liegenschaften P und R) ... hinsichtlich der dort angegebenen magnetischen Fehlverläufe anhand zur Verfügung gestellter Unterlagen überprüft" worden sei. "Die Überprüfung erfolgte durch Berechnung der magnetischen Felder nach der Methode der finiten Elemente FEM und ergab, dass die von der APG angegebenen Feldverläufe richtig sind und somit bestätigt werden können."

Damit ergibt sich auch aus diesem Gutachten, dass bei dem dem Projektändungsantrag zugrunde gelegten (näher spezifizierten) "Normalbetrieb A" nicht der in der Beschwerde genannte Wert, sondern der im angefochtenen Bescheid genannte Wert anzunehmen ist. Zu diesem von den mitbeteiligten Parteien angenommenen Betrieb führt der elektrotechnische Amtssachverständige in seiner "Stellungnahme" vom 7. Juli 2006 zu SZ 211 des Berufungsverfahrens (auf die auch die Beschwerde verweist) aus, dass die diesbezügliche "Feldstärke-Berechnung ... auf der ungünstigen Annahme, dass die Lastflüsse sowohl der beiden 380-kV-Systeme als auch des mitgeführten 110-kV-Systems gleichgerichtet sind", basiere; dieser Aussage wird von Beschwerdeseite nicht konkret widersprochen. Im Gutachten der Technischen Universität Graz vom 5. Mai 2006 wird zudem festgehalten, dass u.a. auch "die Ergebnisse" des im Diagramm 5 dargestellten Feldverlaufs nicht Gegenstand der Bewertung im Rahmen dieses Gutachtens seien.

In der im angefochtenen Bescheid herangezogenen Stellungnahme des Amtssachverständigen für Elektrotechnik vom 24. November 2006 (Beilage 6 der SZ 358 des Berufungsverfahrens) wird nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten (lediglich) auf den Wert von 2,5 µT im Zusammenhang mit der Urkundenvorlage seitens der Beschwerdeführer (zu SZ 343 des Berufungsverfahrens) vom 10. November 2006 (in der insbesondere ein auf das Gutachten vom 5. Mai 2006 aufbauendes Vorbringen erstattet wird) auf den "Normalbetrieb B" - einen im Gutachten vom 5. Mai 2006 (vgl. dazu S. 3) angenommenen, vom "Normalbetrieb A" unterschiedenen "Lastfall" - hingewiesen und ausgeführt, dass (wie auch im Gutachten festgehalten) betreffend "den Normalbetrieb B" "technische Maßnahmen wie aktive Kompensation mit Kompensationsspulen oder Abschirmung durch ferromagnetische Materialien eingesetzt werden könnten."

Ungeachtet dessen hat nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten der medizinische Sachverständige in seinem Schreiben vom 25. Februar 2007 an die belangte Behörde mitgeteilt, dass seiner medizinischen Beurteilung die höchst belasteten Punkte zugrunde gelegen seien.

7.4. Was die in der Beschwerde erwähnten "elektrotechnischen vorgeschriebenen Sicherheitsabstände" für die Bebauung von Liegenschaften im "Leitungsnahbereich" betrifft, wird nicht konkret dargetan, inwiefern die Einhaltung dieser Abstände für den Fall einer Bebauung des gesamten "Baugebiet P" nicht möglich sein sollte. Vor diesem Hintergrund und unter Hinweis auf die Ausführungen im zitierten Erkenntnis Zl. 2007/05/0101 (vgl. insbesondere Punkt II.10.2.) kann nicht gesagt werden, dass die Beschwerde eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides bezüglich der Liegenschaften P und R dargetan hat, die zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führte.

7.5. Entgegen der Beschwerde ist es für die Frage der rechtlichen Beurteilungen im Zusammenhang mit der Notwendigkeit der Einhaltung des Vorsorgegrenzwertes nicht unerheblich, ob im Fall der Betriebswohnung R eine Baubewilligung sowie eine Benützungsbewilligung gegeben ist. Die Beschwerde tritt den Ausführungen im angefochtenen Bescheid, dass für diese Wohnung keine Baubewilligung gegeben ist, nicht entgegen und räumt ferner ein, dass eine Benützungsbewilligung nicht vorliegt. Diesbezüglich wird auf das schon zitierte Erkenntnis Zl. 2007/05/0101 verwiesen.

7.6. Die Beschwerdeführer rügen auch, dass die "zwei Expertisen der Hosan GmbH" vom 23. Mai 2006 und vom 3. Juli 2007 (in denen unter anderem auch zellpathophysiologische Wirkungen und eiweißfunktionale Wirkungen durch EMF-Immissionen als wesentliches, negatives Einflusskriterium erkannt würden), von der Behörde sowie vom medizinischen Sachverständigen schlicht negiert worden seien. Auf diese Expertisen wurde jedoch in der Ergänzung zum Umweltverträglichkeitsgutachten aus dem Dezember 2006 (das infolge der umfangreichen Ergänzung des Ermittlungsverfahrens erforderlich war (vgl. den bekämpften Bescheid S. 38) und auf der der angefochtene Bescheid aufbaut (vgl. insbesondere seine S. 47 f)) eingegangen und begründet, weshalb aus humanmedizinischer Sicht diesbezüglich eine Ergänzung des vor der Erstbehörde erstatteten Gutachtens nicht für erforderlich erachtet wurde (Seite 71). Ungeachtet dessen ist (der Vollständigkeit halber) anzumerken, dass der medizinische Sachverständige nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten auch in seinem schon genannten Schreiben vom 25. Februar 2007 der belangten Behörde mitteilte, dass er "alle in den gutachtlichen Stellungnahmen der Hellemann/Hosan GmbH ... aufgeworfenen inhaltlichen Fragen" bereits vor der Erstbehörde in seinem Gutachten, seinen ergänzenden Stellungnahmen sowie in der Verhandlung beantwortet habe. Derart ist auch nicht erkennbar, dass ein ausdrücklicher Hinweis auf diese Expertisen in der Begründung des angefochtenen Bescheids zu einem anderen Bescheid geführt hätte.

8. Die vorliegende Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

9. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am 24. Juni 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte