VwGH 2000/20/0155

VwGH2000/20/01558.6.2000

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Baur, Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Hohenecker, über die Beschwerde des GB in G, vertreten durch Dr. Herwig Ernst, Rechtsanwalt in 2100 Korneuburg, Hauptplatz 32, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 9. März 2000, Zl. Wa-102/99, betreffend Entziehung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Normen

WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;
WaffG 1996 §25 Abs2;
WaffG 1996 §25 Abs3;
WaffG 1996 §8 Abs1 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem angefochtenen Bescheid ergibt sich nachstehender entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Wien-Umgebung vom 6. Oktober 1999, mit dem dem Beschwerdeführer der ihm am 13. Februar 1995 ausgestellte Waffenpass 138191 entzogen worden war, keine Folge gegeben.

Die belangte Behörde stützte die Entziehung des Waffenpasses auf die (unstrittige) Feststellung, dass der Beschwerdeführer sein Flobertgewehr mit Zielfernrohr neben der Pumpgun seiner Ehefrau hinter der unversperrt gehaltenen Schlafzimmertür frei zugänglich an die Wand gelehnt aufbewahrt habe. In dem Haus des Beschwerdeführers befänden sich seine beiden mj. Kinder, die einen ungehinderten Zugang zu den Waffen des Beschwerdeführers und seiner Ehegattin gehabt hätten. Damit komme eine Einstellung des Beschwerdeführers zum Vorschein, die der von der Rechtsprechung geforderten Verlässlichkeit nicht entspreche:

"Von einer Person, die in einem Haushalt, in dem sich mj. Kinder befinden, einen derart grob fahrlässigen Umgang mit einer Schusswaffe zeigt, von dem ist auch in Zukunft zu erwarten, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese unsorgfältig verwahren wird".

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, ihn aus diesen Gründen aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber erwogen:

Gemäß § 25 Abs. 2 Waffengesetz 1996 - WaffG, BGBl. I Nr. 12/1997, hat die Behörde insbesondere die Verlässlichkeit des Inhabers einer waffenrechtlichen Urkunde zu überprüfen, wenn Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Berechtigte nicht (mehr) waffenrechtlich verlässlich ist. Ergibt sich, dass der Berechtigte nicht (mehr) verlässlich ist, so hat die Behörde gemäß § 25 Abs. 3 leg. cit. die waffenrechtlichen Urkunden zu entziehen. Unter welchen Voraussetzungen die Behörde vom Fortbestand der (waffenrechtlichen) Verlässlichkeit auszugehen hat und wann diese zu verneinen ist, ergibt sich aus § 8 WaffG. Ein Mensch ist danach als verlässlich im Sinne des Waffengesetzes anzusehen, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird (§ 8 Abs. 1 Z 2 WaffG).

Bei Auslegung des Begriffes der sorgfältigen Verwahrung im Sinne des § 8 Abs. 1 Z 2 leg. cit. ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes ein strenger Maßstab anzulegen. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 7. Mai 1998, Zl. 98/20/0083).

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung weiters die Auffassung, dass die Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwahrung auch gegenüber Personen im privaten Nahebereich besteht, wobei darauf abzustellen sei, ob diese Personen zur Waffe jederzeit und ohne Notwendigkeit der Überwindung eines Hindernisses Zugang haben (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 17. Juni 1999, Zl. 99/20/0158). Dies Grundsätze gelten vorliegendenfalls in erhöhtem Maße, wenn im gemeinsamen Haushalt mj. Kinder leben.

Der Beschwerdeführer macht unter dem Gesichtspunkt einer Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend, die belangte Behörde habe entscheidungswesentliche Umstände nicht festgestellt, es seien nämlich im angefochtenen Bescheid keine Feststellungen dazu getroffen worden, ob

"die Gefahr bringende Verwendung des Flobertgewehres möglich gewesen wäre oder nicht. Es wurde nicht festgestellt, ob das Flobertgewehr geladen war oder nicht, es wurde weiters nicht festgestellt, wo sich die dazugehörige Munition befunden hat, wie diese Munition aufbewahrt wurde, ob andere Personen Zutritt zu dieser Munition gehabt hätten oder nicht, ob andere Personen in der Lage gewesen wären, an diese Munition zu gelangen und in weiterer Folge das Flobertgewehr zu laden und dieses zu verwenden, es wurde weiters auch nicht festgestellt, welche Personen überhaupt Zutritt zum Aufbewahrungsort des Flobertgewehres haben."

Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer damit nicht dartut, welche konkreten Feststellungen die belangte Behörde im Falle der Vermeidung der behaupteten Verfahrensfehler hätte treffen können, die zu einem anderen Bescheid geführt hätten, liegt diesen Beschwerdeausführungen die nicht zutreffende Rechtsansicht zugrunde, ein ungehinderter Zugang zu Waffen auch für mj. Kinder würde die waffenrechtliche Verlässlichkeit des Besitzers nicht beeinträchtigen, wenn die Waffen ungeladen seien. Dazu hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 26. Februar 1992, Zl. 91/01/0191, mit weiteren Judikaturnachweisen ausgesprochen, dass diesem Argument entgegenzuhalten sei, dass der Gebrauch von dem Zugriff zugänglichen Waffen durch Unbefugte nicht dadurch verhindert werde, dass die Waffen ungeladen oder durch Entfernen etwa des Magazins nicht gebrauchsfähig seien. Denn der ungehinderte Zugriff zu den Waffen ermöglicht es dritten Personen, diese an sich zu nehmen und durch Laden bzw. Ergänzung fehlender Teile verwendungsfähig zu machen.

Die belangte Behörde hat bei der Beurteilung der waffenrechtlichen Verlässlichkeit des Beschwerdeführers zutreffend als nachteilig hervorgehoben, dass er offensichtlich auch keine Veranlassung sah, seine Ehegattin dazu anzuhalten, die neben seinem Flobertgewehr aufbewahrte Pumpgun ordnungsgemäß zu verwahren.

Demgemäß lagen die Voraussetzungen für eine Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde des Beschwerdeführers gemäß den §§ 25 Abs. 3, 8 Abs. 1 Z. 2 WaffG vor, was sich bereits aus dem Inhalt der Beschwerde in Verbindung mit dem vorgelegten Bescheid ergibt, weshalb die Beschwerde gemäß § 35 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen war.

Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 8. Juni 2000

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