VwGH 2005/10/0084

VwGH2005/10/008429.1.2009

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Köhler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, in der Beschwerdesache des M-Schulvereins in Wien, vertreten durch ploil krepp & partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Stadiongasse 4, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 30. März 2005, Zl. BMBWK-32.046/0018-III/3/2005, betreffend Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes für das Schuljahr 2004/05, den Beschluss gefasst:

Normen

PrivSchG 1962 §14 Abs2;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
PrivSchG 1962 §14 Abs2;
VwGG §33 Abs1;
VwGG §34 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird für gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Der beschwerdeführende Verein hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei für die Unterstufe (5. und 6. Schulstufe) und die Mittelstufe (7. bis 9. Schulstufe) der von ihr betriebenen Schule das Öffentlichkeitsrecht für das Schuljahr 2004/05 verliehen.

Hingegen wurde der Antrag, für die Oberstufe (10. bis 12. Schulstufe) der gegenständlichen Schule das Öffentlichkeitsrecht für das Schuljahr 2004/05 zu verleihen, abgewiesen.

Gegen diesen Bescheid, soweit damit der Antrag der beschwerdeführenden Partei betreffend die Oberstufe (10. bis 12. Schulstufe) abgewiesen wird, richtet sich die vorliegende Beschwerde. Es werden inhaltliche Rechtswidrigkeit und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Mit Schreiben vom 10. November 2008 teilte der Verwaltungsgerichtshof den Parteien seine vorläufige Rechtsauffassung mit, dass es der belangten Behörde nach allfälliger Aufhebung des angefochtenen Bescheides mangels gesetzlicher Grundlage verwehrt sei, das Öffentlichkeitsrecht (antragsgemäß) für in der Vergangenheit gelegene Schuljahre zu verleihen.

Die belangte Behörde verwies daraufhin in einem Schreiben vom 20. November 2008 darauf, dass die Schule, für welche die Verleihung des Öffentlichkeitsrechts für die Schuljahre 2003/2004 bzw. 2004/05 abgelehnt worden sei, seit Ablauf des Schuljahres 2006/07 vom beschwerdeführenden Schulerhalter nicht mehr geführt werde und das Recht auf Führung dieser Schule daher gemäß § 8 Abs. 1 lit. c Privatschulgesetz erloschen sei. Statt dessen sei mit dem Schuljahr 2007/08 eine "neue Privatschule" vom selben Schulerhalter an einem anderen Standort errichtet worden, welche - nunmehr auf Antrag des Schulerhalters - auf Grundlage exakt jenes Organisationsstatutes geführt werde, welches das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur seinerzeit für die alte Schule zum Teil genehmigt, zum Teil erlassen habe (vgl. zu dieser Problematik das oben genannte hg. Erkenntnis vom 3. Oktober 2008). Schließlich wird darauf hingewiesen, dass in der Praxis das Öffentlichkeitsrecht auch für bereits abgelaufene Schuljahre verliehen werde.

Der beschwerdeführende Verein teilte in einer Stellungnahme vom 10. Dezember 2008 mit, dass er sich gegen die Annahme der Gegenstandslosigkeit der Beschwerde ausspreche, weil diesfalls das Öffentlichkeitsrecht versagende Bescheide de facto keiner Überprüfung zugänglich wären.

2. Der Verwaltungsgerichtshof bleibt bei der im oben genannten Schreiben geäußerten Rechtsauffassung, dass die Verleihung des Öffentlichkeitsrechts für in der Vergangenheit gelegene Schuljahre nicht möglich wäre.

Das Gesetz enthält keine Grundlage dafür, die mit dem Öffentlichkeitsrecht verbundene Rechtsgestaltung rückwirkend vorzunehmen.

§ 33 Abs. 1 VwGG ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht nur auf Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt auch dann vor, wenn auf andere Weise als durch formelle Klaglosstellung das rechtliche Interesse an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes weggefallen ist (vgl. beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom 22. Mai 1990, Zl. 89/08/0143, oder vom 22. Oktober 1991, Zl. 90/08/0115).

Die gesetzlichen Vorschriften über die Verwaltungsgerichtsbarkeit gewähren einer Partei nämlich nicht den Anspruch auf die Feststellung der Gesetzwidrigkeit von Bescheiden, sondern den Anspruch auf Aufhebung gesetzwidriger Bescheide, die - im Zeitpunkt der Entscheidung weiterhin - in die Rechtssphäre der Partei eingreifen (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom 3. November 2008, Zl. 2005/10/0214, mit weiteren Nachweisen). Im vorliegenden Fall könnte auch eine Aufhebung des angefochtenen Bescheids die Rechtsstellung des beschwerdeführenden Vereins nicht verbessern, weil angesichts der gesetzlichen Regelung kein Anspruch des beschwerdeführenden Vereins besteht, die mit der Verleihung des Öffentlichkeitsrechts verbundene Rechtsgestaltung rückwirkend vorzunehmen.

Die Beschwerde war daher für gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen.

3. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff , insbesondere § 58 Abs. 2 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Gemäß § 58 Abs. 2 erster Halbsatz VwGG ist der Wegfall des Rechtsschutzinteresses bei der Entscheidung über die Kosten nicht zu berücksichtigen; würde die Entscheidung über die Kosten einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern, so ist gemäß Abs. 2 zweiter Halbsatz darüber nach freier Überzeugung zu entscheiden. Ein solcher Fall liegt hier im Hinblick auf die nachfolgenden Überlegungen nicht vor, sodass gemäß § 58 Abs. 2 erster Halbsatz vorzugehen war.

Bei der gegenständlichen Schule handelt es sich um eine Privatschule, die keiner öffentlichen Schulart entspricht (Statutschule). Für die Verleihung des Öffentlichkeitsrechtes an eine solche Schule müssen die in § 14 Abs. 2 PrivSchG genannten Voraussetzungen kumulativ vorliegen. Bereits bei Fehlen einer der in § 14 Abs. 2 PrivSchG genannten Voraussetzungen darf das Öffentlichkeitsrecht nicht verliehen werden.

Im Beschwerdefall ist das mit Bescheid der belangten Behörde vom 27. Oktober 2004 erlassene Organisationsstatut maßgeblich. Nach dem Spruch dieses Bescheides wurde dieses für die Jahre ab dem Schuljahr 2004/2005 festgelegt. Dem Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde gegen den Bescheid vom 27. Oktober 2004 (protokolliert zur hg. Zl. 2004/10/0233) wurde mit hg. Beschluss vom 13. Mai 2005, Zl. AW 2004/10/0046, nicht stattgegeben. Für das gegenständliche Schuljahr (und die darauffolgenden Schuljahre) konnte die belangte Behörde daher das Organisationsstatut vom 27. Oktober 2004 zu Grunde legen.

Die belangte Behörde ist weiters zu Recht davon ausgegangen, dass jedenfalls die in § 14 Abs. 2 lit. b PrivSchG aufgezählten Anforderungen von der gegenständlichen Schule in der 10. bis 12. Schulstufe für das in Rede stehende Schuljahr insofern nicht erfüllt wurden, als einerseits der Lehrplan hinsichtlich Inhalt und Niveau des vermittelten Lehrstoffs und andererseits die Lehrer und die Ausstattung der gegenständlichen Schule nicht dem von der belangten Behörde mit Bescheid vom 27. Oktober 2004 genehmigten Organisationsstatut entsprachen (Punkt 9 des Organisationsstatuts).

Im angefochtenen Bescheid wird unter Hinweis auf Expertenberichte aus diversen Fächern für die 10. bis 12. Schulstufe nachvollziehbar festgestellt, dass der Unterricht in diesen Schulstufen hinsichtlich Inhalt und Niveau durchgehend nicht einmal der Orientierung nach mit den sich aus dem Lehrplan für allgemein bildende höhere Schulen ergebenden Anforderungen in Einklang zu bringen ist.

Dasselbe gilt für die verwendeten Arbeitsmaterialien, die entgegen Punkt 8 des Organisationsstatuts nicht ausreichen, um den Schülern einen dem Lehrplan entsprechenden Lehrstoff zu vermitteln.

Zutreffend war auch die Beurteilung, dass die Lehrbefähigung von an der gegenständlichen Schule verwendeten Lehrern entgegen dem Organisationsstatut nicht § 5 Abs. 4 PrivSchG entspricht.

Aus der Stellungnahme der beschwerdeführenden Partei selbst ergibt sich, dass zumindest im Pflichtgegenstand "Leibeserziehung" Lehrkräfte zum Einsatz kommen, die nicht über die entsprechende "AHS-Lehramtsprüfung" verfügen. Nach dem Statut müssten gemäß Punkt 4 aber alle verwendeten unterrichtenden Lehrer die Lehrbefähigung für die betreffende oder eine verwandte Schulart oder eine sonstige geeignete Befähigung nachweisen können.

Somit war für die 10. bis 12. Schulstufe auch im Schuljahr 2004/05 Punkt 4 des maßgeblichen Organisationsstatuts vom 27. Oktober 2004 nicht erfüllt.

Die Beschwerde wäre daher als unbegründet abzuweisen gewesen. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGG waren dem Bund daher ungeachtet der Einstellung des Beschwerdeverfahrens Kosten zuzusprechen.

Wien, am 29. Jänner 2009

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte