VwGH 2008/22/0645

VwGH2008/22/064517.6.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl, Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des M, vertreten durch Mag. Wilfried Embacher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Ring 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 10. April 2008, Zl. 131.798/4-III/4/08, betreffend Niederlassungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §50;
EMRK Art8;
NAG 2005 §72 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §73;
NAG 2005 §81 Abs1;
NAG 2005 §82 Abs1;
NAG 2005;
VwRallg;
FrPolG 2005 §50;
EMRK Art8;
NAG 2005 §72 Abs1;
NAG 2005 §72;
NAG 2005 §73;
NAG 2005 §81 Abs1;
NAG 2005 §82 Abs1;
NAG 2005;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde, dem vorgelegten angefochtenen Bescheid und der vorgelegten Beschlussausfertigung zur hg. Zl. AW 2007/09/0028 ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer reiste am 19. August 1997 mit einer am 2. Juni 1997 für den Zweck "Student" ausgestellten Aufenthaltsbewilligung in das Bundesgebiet ein. In den Jahren 1998 bis 2003 erhielt er Aufenthaltserlaubnisse für den Zweck "Ausbildung". Die Gültigkeit der zuletzt erteilten Aufenthaltserlaubnis endete am 1. März 2004.

Am 24. Februar 2004 stellte er einen Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "jeglicher Aufenthaltszweck, § 13 Abs. 2 FrG". Der Landeshauptmann von Wien wies diesen Antrag mit Bescheid vom 4. August 2004 nach den damals geltenden Bestimmungen des Fremdengesetzes 1997 - FrG mit der Begründung ab, dass der Beschwerdeführer nicht als Schlüsselkraft anzusehen sei.

In der dagegen erhobenen Berufung verwies der Beschwerdeführer auf die Übergangsbestimmung des § 113 Abs. 5 FrG und darauf, dass er über eine Arbeitserlaubnis verfüge.

In weiterer Folge wies die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Wien mit Bescheid vom 19. Mai 2006 den Antrag auf Verlängerung der Arbeitserlaubnis ab; mit hg. Beschluss vom 2. August 2007, Zl. AW 2007/09/0028, wurde der gegen den genannten Bescheid erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid vom 10. April 2008 wies der Bundesminister für Inneres die Berufung gegen den genannten Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 4. August 2004 gemäß den §§ 12 Abs. 1, 13 Abs. 1 und Abs. 2, 26 und 41 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) sowie gemäß den §§ 2 Abs. 5 und 12 Abs. 4 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) ab.

Der Begründung des angefochtenen Bescheides ist die Rechtsauffassung zu entnehmen, dass der Beschwerdeführer, der zuletzt über eine Aufenthaltserlaubnis für den Aufenthaltszweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z 1 FrG" verfügt habe, nunmehr einen als Erstantrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung zu wertenden Antrag eingebracht habe. Da er beabsichtige, nunmehr einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachzugehen, benötige er - auf den Antragszeitpunkt bezogen - eine Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Schlüsselkraft - unselbständig, § 18 Abs. 1 Z 1 FrG" und - auf Grund des nunmehr am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen NAG - eine Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Schlüsselkraft". Es liege somit eine quotenpflichtige Zweckänderung gemäß § 26 NAG vor und es sei zu prüfen, ob diese Zweckänderung zulässig sei und die dafür erforderlichen Voraussetzungen erfüllt würden. Da der Beschwerdeführer eine berufliche Tätigkeit als Koch mit einem Gehalt von EUR 640,-- anstrebe, erfülle er in keiner Weise die Kriterien einer Schlüsselkraft im Sinn des § 2 Abs. 5 AuslBG.

Es lägen - so die belangte Behörde abschließend - auch keine humanitären Gründe für die Erteilung einer Niederlassungsbewilligung vor, weil ein langjähriger Aufenthalt im Bundesgebiet noch keinen solchen humanitären Grund darstelle.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde erwogen:

Gemäß § 81 Abs. 1 NAG sind Verfahren auf Erteilung von Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen, die bei Inkrafttreten dieses Bundesgesetzes anhängig sind, nach den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes zu Ende zu führen. Dem NAG ist weder ein Rückwirkungsverbot noch eine Regelung zu entnehmen, der zufolge auf vor dessen Inkrafttreten verwirklichte Sachverhalte etwa Bestimmungen des FrG anzuwenden wären (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. Oktober 2006, Zl. 2006/18/0282). Der Gerichtshof sprach auch bereits aus (vgl. das Erkenntnis vom 14. Juni 2007, Zl. 2007/18/0240), dass die Übergangsbestimmung des § 82 Abs. 1 NAG (erkennbar gemeint iVm § 81 Abs. 1 leg. cit.) verfassungsrechtlich unbedenklich ist.

Die belangte Behörde konnte daher zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung nur einen im NAG vorgesehenen Aufenthaltstitel gewähren. Dabei bestimmt der konkret beabsichtigte Aufenthaltszweck automatisch, welches "Verfahren" nach dem NAG zu führen ist (Kutscher/Poschalko/Schmalzl, Niederlassungs- und Aufenthaltsrecht (2006), 23).

Der Beschwerdeführer behauptet - abgesehen von der Geltendmachung humanitärer Gründe - nicht, dass er Anspruch auf einen anderen Aufenthaltstitel des NAG habe, weshalb er dadurch, dass die belangte Behörde im Rahmen des gesonderten Abspruches gemäß § 24 Abs. 4 zweiter Satz NAG (nur) die Voraussetzungen für die Niederlassungsbewilligung "Schlüsselkraft" prüfte, nicht in Rechten verletzt wurde. Gegen ihre Ansicht, dass die inhaltlichen Voraussetzungen für die Erteilung einer derartigen Niederlassungsbewilligung nicht vorhanden seien, bringt die Beschwerde nichts ins Treffen. Im Übrigen stützte die belangte Behörde die Verweigerung der Niederlassungsbewilligung "Schlüsselkraft" nicht auf das Fehlen einer "Formalvoraussetzung", wie dies die Beschwerde meint.

Nach dem Gesagten führt das Beschwerdevorbringen, dem Beschwerdeführer wäre gemäß der Übergangsbestimmung des § 113 Abs. 5 FrG schon ab 1. Jänner 2002 eine Niederlassungsbewilligung für jeglichen Aufenthaltszweck zu erteilen gewesen, mangels Anwendbarkeit dieser Bestimmung im Entscheidungszeitpunkt nicht zum Erfolg.

Weiters erachtet sich der Beschwerdeführer in seinem Recht verletzt, dass ihm gemäß § 73 Abs. 2 NAG iVm Art. 8 EMRK von Amts wegen aus humanitären Gründen eine "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" zu erteilen sei. Diesbezüglich vermag der Beschwerdeführer jedoch lediglich den inländischen Aufenthalt ab 1997 als Student und die von ihm ausgeübte zuerst selbständige und dann unselbständige Erwerbstätigkeit ins Treffen zu führen. Berücksichtigungswürdige humanitäre Gründe liegen gemäß § 72 Abs. 1 NAG "insbesondere" vor, wenn der Drittstaatsangehörige einer Gefahr gemäß § 50 FPG ausgesetzt ist. Weiters kann einem im Inland gestellten Antrag auf Erteilung einer (humanitären) Niederlassungsbewilligung bei Vorliegen solcher humanitärer Gründe stattgegeben werden, die eine rasche bzw. sofortige Familienzusammenführung zur Abwendung eines unzulässigen Eingriffs in ein durch Art. 8 EMRK geschütztes Privat- und Familienleben erfordern (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 31. März 2008, Zl. 2008/18/0094 mwN). Dass weder ein längerer inländischer Aufenthalt noch eine legale Beschäftigung einen besonders berücksichtigungswürdigen humanitären Grund darstellen, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits zur inhaltsgleichen Bestimmung des § 10 Abs. 4 FrG ausgesprochen (vgl. das Erkenntnis vom 3. Mai 2005, Zl. 2005/18/0144). Der behauptete Entzug der wirtschaftlichen Existenzgrundlage in seinem Heimatland und der Eintritt einer "existenzbedrohende(n) Lebenslage" bei Beendigung seiner inländischen Erwerbstätigkeit wurden in keiner Weise konkretisiert.

Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 17. Juni 2008

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