VwGH 2008/22/0072

VwGH2008/22/007228.8.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Perauer, über die Beschwerde des I in W, vertreten durch DDr. Wolfgang Schulter, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Marxergasse 21, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 4. April 2007, Zl. 148.343/2- III/4/06, betreffend Versagung eines Aufenthaltstitels, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §66 Abs4;
NAG 2005 §1 Abs2 Z1;
NAG 2005 §21 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;
AVG §66 Abs4;
NAG 2005 §1 Abs2 Z1;
NAG 2005 §21 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z2;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein indischer Staatsangehöriger, brachte am 9. Oktober 2006 beim Landeshauptmann von Wien einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels ein, den er mit der am 21. August 2006 erfolgten Eheschließung mit einer österreichischen Staatsbürgerin begründete.

Dieser Antrag wurde vom Landeshauptmann von Wien mit Bescheid vom 6. November 2006, Zl. MA35-9/2781214-01-7, gemäß § 1 Abs. 2 Z 1 NAG zurückgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, dass der Beschwerdeführer nach asylgesetzlichen Bestimmungen zum Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sei. Er unterliege daher nicht dem Anwendungsbereich des NAG.

In der dagegen erhobenen Berufung wurde u.a. vorgebracht, dass das Asylverfahren bereits rechtskräftig abgeschlossen sei. Die Antragszurückweisung sei somit rechtswidrig erfolgt.

Diese Berufung wurde von der belangten Behörde gemäß § 21 Abs. 1 NAG abgewiesen. Sie führte zusammengefasst aus, das den Beschwerdeführer betreffende Asylverfahren sei bereits rechtskräftig abgeschlossen und sein "vorläufiges Aufenthaltsrecht nach dem Asylgesetz beendet". Jedoch sei er zur Antragstellung im Inland und zum Abwarten der Entscheidung über den Antrag im Bundesgebiet nicht berechtigt gewesen. Sein Antrag sei aus diesem Grund abzuweisen, zumal besonders berücksichtigungswürdige humanitäre Gründe, auf Grund derer die Inlandsantragstellung hätte zugelassen werden können, nicht festgestellt worden wären.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen hat:

Prozessgegenstand einer Berufungsentscheidung nach § 66 AVG ist jene Verwaltungssache, die zunächst der Behörde erster Instanz vorlag. Hat die Unterbehörde nur prozessual entschieden, so darf die Berufungsbehörde keine Sachentscheidung treffen, weil damit der Partei in der Sachfrage eine Instanz genommen wäre (vgl. die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2, zu § 66 AVG, S. 1273 ff, angeführte hg. Rechtsprechung, sowie das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/22/0070).

Im gegenständlichen Fall wies die Behörde erster Instanz den von der Beschwerdeführerin gestellten Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels lediglich aus Formalgründen, nämlich der von ihr konstatierten Unanwendbarkeit des NAG, zurück. Demnach lag ausschließlich ein verfahrensrechtlicher Bescheid vor, mit dem eine Entscheidung in der Sache, d.h. in der Angelegenheit, die den Inhalt des Antrages bildete, abgelehnt wurde (vgl. zur Beurteilung einer Zurückweisung nach § 1 Abs. 2 Z 1 NAG als prozessuale Entscheidung den hg. Beschluss vom 4. Oktober 2006, Zl. 2006/18/0294, sowie abermals das bereits erwähnte hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2008/21/0070). Daher war die belangte Behörde als Berufungsbehörde lediglich befugt darüber zu entscheiden, ob die von der erstinstanzlichen Behörde ausgesprochene Zurückweisung als rechtmäßig anzusehen war. Dies allein bildete den Gegenstand des Berufungsverfahrens. Da die belangte Behörde hingegen den von der erstinstanzlichen Behörde herangezogenen Zurückweisungsgrund als nicht gegeben ansah und in weiterer Folge ungeachtet des Gegenstandes des Berufungsverfahrens eine inhaltliche Entscheidung traf, überschritt sie die ihr im Berufungsverfahren gesetzten Grenzen und belastete ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge ihrer Unzuständigkeit (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 2006, Zl. 2005/05/0142). Der angefochtene Bescheid war daher bereits aus diesem Grund gemäß § 42 Abs. 2 Z 2 VwGG aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333/2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil Umsatzsteuer im pauschaliert festgelegten Schriftsatzaufwand bereits enthalten und nicht gesondert zu ersetzen ist.

Wien, am 28. August 2008

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