Normen
AsylG 2005 §28;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
AsylG 2005 §28;
FrPolG 2005 §76 Abs1;
FrPolG 2005 §76 Abs2 Z3;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Bangladesch, hält sich seit 2. September 2005 im Bundesgebiet auf und verfügte bis 22. Februar 2007 über eine Aufenthaltserlaubnis als Student. Wegen mangelnden Studienerfolges wurde er mit am 13. August 2007 in Rechtskraft erwachsenem zweitinstanzlichen Bescheid ausgewiesen. Am 8. Jänner 2008 stellte er einen Antrag auf internationalen Schutz.
Mit Bescheid vom selben Tag ordnete die Bezirkshauptmannschaft Baden gegen ihn gemäß § 76 Abs. 2 Z 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung gemäß § 10 AsylG 2005 und zur Sicherung der Abschiebung an. Der Beschwerdeführer wurde am selben Tag in Schubhaft genommen.
Die Bezirkshauptmannschaft Baden begründete ihren Bescheid im Wesentlichen wie folgt:
" Ad Allgemeine Feststellungen und Überlegungen:
Angesichts der Tatsache, dass bei der Verhängung der Schubhaft der Gesetzestext bei weitem kein Auslangen mehr findet, hat sich die Behörde der ersten Instanz mit den für ein diesbezügliches Verwaltungsverfahren (wie es im Grunde ja auch die Verhängung der Schubhaft ist) vorgegebenen Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes auseinandergesetzt.
Vorab wird festgestellt, dass zu erkennen ist, dass sich die Verhängung der Schubhaft mittlerweile in mehreren wissenschaftlichen Teilbereichen bewegt.
Einerseits ist nach wie vor der juristische und damit der vom Gesetzgeber vorgegebene Bereich zu berücksichtigen, wobei dieser Einerseits in keinster Weise mehr angewendet werden kann (siehe § 76 Abs. 3 mit Hinweis auf § 57 AVG) und andererseits durch den VwGH maßgeblich ergänzt wurde.
Andererseits hat der VwGH verschiedene soziologische Aspekte in die Verhängung der Schubhaft einfliesen lassen. Dies ist naturgemäß für die Behörde ein völlig neues Betätigungsfeld, da ja grundsätzlich nach Gesetzen entschieden werden muss und nicht nach soziologischen Gesichtspunkten. Es zeigt dies aber auch ganz deutlich, dass dem Problem der illegalen Migration und der damit verbundenen Bewältigung dieses Phänomens größte Bedeutung zukommt und damit auch umfangreiche Aspekt zu berücksichtigen sind.
Mehrfach hat der Verwaltungsgerichtshof darauf hingewiesen, dass nur bei mangelnder beruflicher und sozialer Verankerung ein Sicherungserfordernis besteht. Der Verwaltungsgerichtshof spricht von sozialer Verankerung, allerdings lässt sich soziologisch das Wort Verankerung nicht im Zusammenhang mit Immigranten verwenden, da diesbezüglich wohl eher von sozialer Integration bzw. Assimilation gesprochen werden muss. Es könnte sich aber auch in weiterem Sinne um die so genannte 'Migrationssoziologie' handeln.
Migration ist in der allgemeinen Soziologie eine besondere Form der horizontalen sozialen Mobilität. Die spezielle Soziologie befasst sich im Rahmen der Migrationssoziologie laut Migrationsforscherin El?in Kürsat mit Fragen wie 'Welche Phasen durchläuft ein Migrant auf der individuellen Ebene im Prozess der neuen psychischen Strukturierung, d.h. auch welche psychischen Probleme und Konflikte muss er bewältigen? Wie wirkt sich die Migration auf die Beziehung zwischen den Ehegatten, zwischen den Eltern und den Kindern, zu der Verwandtschaft im Herkunftsland und in der Einwandererkolonie?' Die Migrationssoziologie beschäftigt sich also mit Ursachen und Wirkungen der Migration. Die Ursachen der Migration erklären sich laut Forschung vornehmlich in einem Entwicklungsgefälle der verschiedenen Regionen. Zudem beschäftigt sich das Teilgebiet mit der Integration verschiedener kultureller Einflüsse in die Aufnahmegesellschaft. (s.a.:Hans-Joachim Hoffmann-Nowotny, Hartmut Esser, Michael Bommes)
Das Wort sozial (von lat. socius = gemeinsam, verbunden, verbündet) bezeichnet wechselseitige Bezüge als eine Grundbedingtheit des Zusammenlebens, insbesondere des Menschseins (der Mensch als soziales Wesen). Es taucht in mehreren Bedeutungen auf. Das Gegenwort von sozial ist unsozial oder auch asozial, welches aber vielmehr Personen beschreibt, welche am Rand der Bevölkerung stehen.
Umgangssprachlicher Gebrauch
In der Umgangssprache bedeutet sozial den Bezug einer Person auf eine oder mehrere andere Personen; dies beinhaltet die Fähigkeit (zumeist) einer Person, sich für andere zu interessieren, sich einfühlen zu können, das Wohl Anderer im Auge zu behalten (Altruismus) oder fürsorglich auch an die Allgemeinheit zu denken. Zahlreiche Abschattierungen bestehen, so zum Beispiel, gegenüber Untergebenen großmütig oder leutselig zu sein, gegenüber Unterlegenen ritterlich, gegenüber Gleich- und Nichtgleichgestellten hilfreich, höflich und taktvoll.
Asozial in diesem Sinne handelt, wem all das abgeht.
Im Christentum wird der Begriff sozial in diesem Sinne gelegentlich als zu weltlich empfunden und lieber durch 'fromm' oder 'christlich' ersetzt (vgl. das Verständnis von 'Weltfrömmigkeit' oder 'christlicher Nächstenliebe').
Fachsprachlicher Gebrauch
Die Soziologie - die 'Wissenschaft vom Sozialen' - befasst sich mit dem sozialen Handeln und Verhalten.
Politisch ist es - von der Umgangssprache her kommend, aber auch aufbauend auf politischen Lehren (zum Beispiel) auf dem Sozialismus) - eine Zielvorgabe, die einige Parteien auch im Namen führen (zum Beispiel (alphabetisch:) CSU, PDS, SPD, SPÖ). Politische Zentralprobleme oder Problemkomplexe, die über längere Zeit behandelt werden müssen, werden oft als 'Soziale Frage' bezeichnet.
In der Psychologie ist der Begriff sozial synonym zum Begriff zwischenmenschlich.
In der Biologie bezeichnet man die Kooperation zwischen Individuen als sozial
In der Volkswirtschaftslehre ist davon der statistische Begriff des Sozialproduktes abgeleitet.
Organisatorisch - meist in den 'Freien Berufen' - ist davon der Begriff von Zusammenschlüssen abgeleitet (zum Beispiel eine 'Anwaltsozietät').
Das Wort Integration (fem., von lat. integer bzw. griech. entagros = unberührt, unversehrt, ganz), zu deutsch Herstellung eines Ganzen, bezeichnet
in den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften:
allgemein den Zusammenhalt von Teilen in einem systemischen Ganzen und die dadurch erzeugte Abgrenzung von einer unstrukturierten Umgebung,
insbesondere die Einbindung von Minderheiten in die Gesellschaft, z.B. die Einbindung von Immigranten in die Gesellschaft des Gastlandes,
Integration bedeutet in der Soziologie die Wiederherstellung eines Ganzen durch Prozesse, die das Verhalten und Bewusstsein nachhaltig verändern. Integration kann einerseits zwischen einzelnen Individuen gegenüber Gruppen, andererseits zwischen Gruppen, Schichten, Kulturen und Klassen innerhalb einer Gesellschaft untereinander und weiter noch zwischen verschiedenen Gesellschaften stattfinden. Ziel jeglicher Integration ist die Herausbildung neuer sozialer Strukturen und sozialer Ordnungen.
Es handelt sich dabei nicht nur um eine reine Assimilation (völlige Anpassung) an ein bereits bestehendes 'Ganzes', sondern um die kombinatorische Schaffung eines neuen Ganzen unter Einbringung der Werte und Kultur der außen stehenden Gruppe in die neue Gesellschaft, bei Erhalt einer eigenen 'Identität' (vgl. SPECK, 1991, S.294). So könnten beispielsweise Immigranten in eine Kultur integriert werden oder aber auch Menschen mit Behinderung in das Regelschul- und Arbeitssystem. 'Integration' in diesem Sinne hat jedoch starke Züge einer politischen Zielsetzung; die widersprüchlichen Züge von gleichzeitig angestrebter Einpassung und Nichteinpassung haben eine streng soziologische Begriffsbildung zur 'Integration' bis heute (2004) erschwert.
Auch werden Assimilation und Integration begrifflich oft gleich gestellt oder miteinander verwechselt. Es handelt sich aber um zwei verschiedene Prozesse, die unterschiedliche Auswirkungen haben. 'Assimilation' ist - nach Emil Kobi - die 'allgemeine Bezeichnung für ein Ähnlichwerden aufgrund eines Angleichungs- oder Anpassungsprozesses' (Kobi, Emil E.: Was bedeutet Integration? Analyse eines Begriffs. In: EBERWEIN, 1994, S.71-79)
Demgegenüber wird laut Brockhaus Integration im soziologischen Sinn als 'Prozess der bewusstseinsmäßigen oder erzieherischen Eingliederung (...) oder ihre Anpassung an allgemein verbindliche Wert- und Handlungsmuster' definiert.'
Damit handelt es sich im Unterschied zur Unterscheidung nach Emil Kobi auch bei Integration um einen Anpassungsprozess.
Um das Verfahren komplexer zu gestalten hat der VwGH am 27.02.2007 in seiner Erkenntnis Nr. 2006/21/0311 weiteres konkretisiert.
Der Verwaltungsgerichtshof hat ausgesprochen, dass das Sicherungserfordernis nicht in einer fehlenden Ausreisewilligkeit allein begründet sein könne, sondern weitere Umstände - etwa eine mangelnde berufliche oder soziale Verankerung im Inland - vorliegen müssten, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen (vgl. das bereits genannte Erkenntnis Zl. 2006/21/0087). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei Prüfung des Sicherungsbedarfs freilich auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen.
Am 28.06.2007 stellte der VwGH fest:
Fehlende Ausreisewilligkeit eines Fremden für sich allein kann die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht rechtfertigen. Es ist nämlich in einem zweiten Schritt die Frage des Bestehens eines Sicherungsbedarfes zu prüfen, der insbesondere im Fall mangelnder sozialer Verankerung im Inland bejaht werden könnte (Hinweis E 8. September 2005, 2005/21/0301).
Und weiter:
Die in § 76 Abs. 2 FrPolG 2005 festgelegte Ermächtigung ist im Licht des Gebots der Verhältnismäßigkeit auszulegen und ist eine verfassungsrechtlich gebotene Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Sicherung des Verfahrens und der Schonung der persönlichen Freiheit des Betroffenen vorzunehmen (Hinweis VfGH E 24. Juni 2006, B 362/06). Das Sicherungserfordernis iSd § 76 Abs. 1 FrPolG 2005 kann nicht in einer fehlenden Ausreisewilligkeit allein begründet sein, sondern müssen weitere Umstände - etwa eine mangelnde berufliche oder soziale Verankerung im Inland - vorliegen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen (Hinweis E 31. August 2006, 2006/21/0087). Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei Prüfung des Sicherungsbedarfs freilich auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen.
Zur Prüfung des Sicherungserfordernisses ist auf alle Umstände des konkreten Falles Bedacht zu nehmen, um die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens, als schlüssig anzusehen. Dabei kommt insbesondere auch dem bisherigen Verhalten des Fremden Bedeutung zu (Hinweis E 27. Februar 2007, 2006/21/0311). Es muss die konkrete Situation des Asylwerbers geprüft werden, auch wenn der Fremde vorher in einem sicheren Drittland einen Asylantrag gestellt (in concreto: und diesen dann zurückgezogen) hat (Hinweis E VfGH 28. September 2004, B 292/04, VfSlg 17288). Im Fall eines Asylwerbers kann somit dem Grund für eine allfällige Weiterreise nach Österreich nach Stellung eines Asylantrags in einem anderen Land und der dabei eingeschlagenen Vorgangsweise Relevanz zukommen. Wegen der erforderlichen Bedachtnahme auf die konkrete Situation des Fremden verbietet sich jedoch ein Abstellen auf 'allgemeine Erfahrungswerte' im Umgang mit Asylwerbern (Hinweis E 28. Juni 2007, 2006/21/0051).
Die fehlende Ausreisewilligkeit kann für sich allein die Verhängung der Schubhaft zur Sicherung der Abschiebung nicht rechtfertigen. Erst dann, wenn die behördliche Prüfung die Zulässigkeit einer Abschiebung (etwa wenn der Fremde seiner Verpflichtung zur Ausreise nicht zeitgerecht nachgekommen ist; § 56 Abs. 1 Z 2 FrG 1997) ergeben hat, ist in einem zweiten Schritt die Frage zu beantworten, ob ein Sicherungsbedarf besteht. Das Sicherungserfordernis des § 61 Abs. 1 FrG 1997 bzw. § 76 Abs. 1 FrPolG 2005 muss daher in weiteren Umständen begründet sein, wofür etwa mangelnde berufliche oder soziale Verankerung im Inland in Betracht kommen (Hinweis E 8. September 2005, 2005/21/0301; E 27. Februar 2007, 2006/21/0311). Indem die belBeh allein darauf abgestellt hat, dass der Fremde nach Erlassung des rechtskräftigen Aufenthaltsverbotsbescheides Österreich nicht verlassen hat, hat sie die Rechtslage verkannt.
Von einer intensiven persönlichen Verankerung spricht der VwGH dann, wenn sich Angehörige des Fremden im Bundesgebiet befinden. (24.05.2005)
Stark ausgeprägte Integrationsmerkmale in einem Bereich - wie vorliegend angesichts der intensiven persönlichen Verankerung des Fremden der Fall - vermögen eine allfällige weniger starke Ausprägung in anderen Bereichen partiell zu kompensieren. Hier:
Die Behörde hat die persönliche Integration des Fremden als gegeben erachtet, weil er mit einer österreichischen Staatsbürgerin (die verstorben sei) verheiratet gewesen sei und seine Eltern in Österreich lebten.
Am 11.10.2000 hat der VwGH unter der Zahl 2000/01/0015 festgestellt:
Ein Fremder hat im Zeitraum vom 30. Juli 1992 bis 17. Mai 1999 bei insgesamt sechs verschiedenen Arbeitgebern gearbeitet und ist im selben Zeitraum insgesamt 13 Monate lang keiner geregelten Beschäftigung nachgegangen bzw. hat Arbeitslosengeld bezogen. Was die als Indiz für eine besondere Anpassung an die österreichischen Verhältnisse erwähnte Beschäftigungssituation des Fremden anlangt, so hat die Behörde zutreffend auf die unbestritten gebliebenen Arbeitsunterbrechungen verwiesen. Dass diese etwa bloß saisonal bedingt gewesen seien, wurde vom Fremden nicht behauptet. Auf die ins Treffen geführte Arbeitswilligkeit wiederum kommt es nicht an; maßgeblich ist im gegebenen Zusammenhang allein eine nachhaltige Verankerung am inländischen Arbeitsmarkt, welche gegenständlich (noch) nicht angenommen werden kann.
Bezüglich der sozialen Integration hat der VwGh am 30.08.2007 festgestellt, dass der Frage nach der Integration primär im Anwendungsbereich des § 76 Abs. 1 FPG Bedeutung zukommt.
Bezüglich der Schubhaft nach § 76 Abs. 2 Z 4 könne sich eine Verhängung nur durch weitere Umstände rechtfertigen, die den 'Dublin' Fall in einem besonderen Licht erscheinen lassen und von daher in einem 'erhöhten Grad' ein Untertauchen des betreffenden Fremden befürchten lassen.
So hat der VwGH am 28.06.2007 in seinem Erkenntnis mit der Zahl 2006/21/0051 folgendes festgestellt:
Die Notwendigkeit der Schubhaft kann sich daraus ergeben, dass sich der Fremde vor der Einreise in das Bundesgebiet in einem anderen Staat dem behördlichen Zugriff entzogen und hierüber nach seiner Einreise zusätzlich falsche Angaben gemacht hat.
Ad Einzellfallbezogene Prüfung bezüglich ihrer Person:
Sie wurden am heutigen Tag in Traiskirchen durch die Exekutive festgenommen. In weiterer Folge stellten Sie einen Asylantrag. Die Erhebungen haben ergeben, dass gegen Sie vor Stellung dieses Asylantrages durch die BPD Wien am 12.06.2007 eine durchsetzbare Ausweisung erlassen worden ist. Dieser Bescheid ist seit dem 13.08.2007 durchsetzbar. Es ist daher davon auszugehen dass Ihr Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen werden wird.
Begründungen gegen den weiteren Verbleib in Österreich Sie haben durch Ihr Verhalten gezeigt, dass Sie sich nicht an
die österreichischen Einreise-, Aufenthalts- und Ausreisebestimmungen gehalten haben. Da Sie angegeben haben auf keinen Fall nach Bangladesch zurückzukehren und auch angeben, dass Sie ohnedies nicht beabsichtigten in Österreich bleiben zu wollen sondern in einen anderen EU Staat weiterziehen wollen obwohl sie in Österreich um Asyl angesucht haben und auch nicht in einen anderen EU Staat reisen dürfen geht die Behörde davon aus, dass Sie in keinster Weise gewillt sind die österreichischen Gesetze zu respektieren und davon auszugehen ist, dass Sie im Falle einer negativen Asylentscheidung umgehendst untertauchen werden um sich dem behördlichen Zugriff zu entziehen.
Sicherungsgrund
Dies lässt den Schluss zu, dass sie nicht gewillt sind sich an die österreichischen Gesetze zu halten und die Behörde geht davon aus, dass sie sich im Falle einer negativen Entscheidung der Asylbehörde den Maßnahmen der Fremdenpolizeibehörde entziehen werden. Da Sie wissen, dass sie aufgrund der gegen sie ergangenen Ausweisung sich nicht in Österreich niederlassen werden können, ist der oben erwähnte Schluss zulässig und es ist zur Sicherung der Abschiebung und der Ausweisung die Schubhaft zu verhängen, da das gelindere Mittel Ihnen die oben angeführten Möglichkeiten einräumen würde und dies von der Behörde nicht gewünscht ist.
Verhinderung der Ausreise in einen anderen EU Staat Da Sie wissen, dass ihr Asylverfahren in Österreich negativ
entschieden werden wird besteht Grund zur Annahme, dass Sie sich dem Asylverfahren in Österreich entziehen werden um ihre Abschiebung nach Bangladesch zu verhindern. Es kann daher davon ausgegangen werden, dass sie versuchen werden in einen anderen EU Staat zu reisen. Dadurch würden Sie aber die Beziehungen zwischen der Republik Österreich und diesem EU Staat nachhaltig schädigen, da Österreich aufgrund internationaler Abkommen verpflichtet ist Ihre illegale Ein- und Ausreise zu unterbinden
Sicherung des Verfahrens / Verhinderung des Untertauchens
Aus den oben angeführten Gründen besteht ein dringender Sicherungsbedarf um ein geregeltes und ordentliches Asylverfahren durchführen zu können. Der Zweck der Schubhaft ist Ihr Asylverfahren in diesem Sinne zu einem rechtsgültigen Abschluss zu bringen und Sie im Fall der negativen Entscheidung raschest abschieben zu können. Es ist aber auch im Sinne der Republik Österreich Ihr Asylverfahren so schnell als möglich durchzuführen um Ihnen Klarheit über Ihren zukünftigen Rechtsstatus in der Republik Österreich zu ermöglichen.
Zur beruflichen Verankerung wird festgehalten:
Wissen über den Arbeitsmarkt
Sie haben angegeben nichts über den österreichischen Arbeitsmarkt zu wissen. Dazu stellt die Behörde fest, dass Sie sich offensichtlich vor Ihrer Einreise nicht bemühten etwas darüber zu erfahren. Dass sie sich aber bereits seit 2005 in Österreich aufhalten und nach wie vor über den österreichischen Arbeitsmarkt nichts wissen zeigt dass sie absolut Integrationsunwillig sind.
Bei Arbeitsuchenden / Wirtschaftsflüchtling Sie haben angegeben, dass Ihr einziger Einreisegrund die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in Österreich ist. Dies lässt den Schluss zu dass Sie nicht gewillt sind sich an die österreichischen Gesetze zu halten und die Behörde geht davon aus, dass Sie sich im Falle einer negativen Asyl Entscheidung dem Zugriff der Behörde entziehen werden. Da Sie wissen, dass Sie sich aufgrund dieser Angaben nicht in Österreich niederlassen werden können, ist dieser Schluss zulässig und es ist zur Sicherung der Abschiebung und der Ausweisung die Schubhaft zu verhängen, da das gelindere Mittel Ihnen die oben angeführten Möglichkeiten einräumen würde und dies von der Behörde nicht gewünscht ist. Das Asylgesetz für Ihre Schwarzarbeitsuche in Österreich zu missbrauchen wertet die Behörde als besonders verwerflich, da dies als Folgwirkung einen negativen Schatten auf Asylsuchende wirft, die im Gegensatz zu Ihnen sehr wohl Asylgründe haben.
Sie sind in keinster Weise nachhaltig am inländischen Arbeitsmarkt verankert. Anlehnend an das VwGH Erkenntnis vom 11.10.2000 sind sie so gesehen beruflich mangelhaft Verankert bzw. mangelhaft integriert.
Zur sozialen Verankerung wird folgendes
festgestellt:
Keine Integration
Sie sind in Österreich in keinster Weise sozial integriert. Sie haben keine Wohnung und auch kein Einkommen in Österreich. Sie haben keine Familie in Österreich.
Längerer illegaler Aufenthalt im Bundesgebiet - dann Asylantrag
Sie haben am heutigen Tag um Asyl angesucht. Sie sind aber aufgrund der Erhebungen und Ihren Angaben bereits seit August 2008 illegal in Österreich aufhältig. Sie haben es daher über einen längeren Zeitraum unterlassen Ihren illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet der Republik Österreich den Behörden zu melden. Ihren Angaben zur Folge heben Sie sich in der fraglichen Zeit in Wien aufgehalten. Dass Sie nicht innerhalb kurzer Zeit ab Beginn ihres illegalen Aufenthaltes einen Asylantrag stellten, zeigt, dass Sie nicht gewillt sind die Gesetze der Republik Österreich zu achten. Sie sind nicht gewillt mit den Behörden zusammenzuarbeiten und bevorzugen den illegalen Aufenthalt im Bundesgebiet. Bezüglich ihrer heutigen Asylantragstellung geht die Behörde davon aus, dass sie diesen Antrag nur deshalb stellen um sich ihren Aufenthalt bezüglich der dadurch möglichen sozialen Leistungen zu erleichtern.
Darüber hinaus wurde erhoben:
sie hatten eine Aufenthaltsbewilligung als Student und haben diese verloren da sie die Kriterien nicht erfüllen konnten. Sie sprechen nicht ansatzweise deutsch. Dies war auch der Grund warum sie keine Verlängerung mehr erhielten und zudem aus Österreich ausgewiesen worden sind. Sie haben zwar einen Meldezettel in Wien leben aber an einer anderen Adresse.
Eine rechtmäßige Beschäftigung können Sie nicht ausüben, da Sie weder im Besitze einer arbeitsmarkt- noch aufenthaltsrechtlichen Bewilligung sind. Es müssten daher für den weiteren Aufenthalt öffentliche Mittel aufgewendet werden bzw. ist der Schluss zulässig, dass Sie versuchen durch Begehung strafbarer Handlungen Ihren Unterhalt zu fristen.
Unter Gesamtwürdigung des vorliegenden Falles ist die Annahme gerechtfertigt, dass Ihr Aufenthalt in Österreich die öffentliche Ordnung, insbesondere im Hinblick auf ein geordnetes Fremdenwesen und einen geordneten Arbeitsmarkt und das wirtschaftliche Wohl des Landes gefährdet. Vor allem ist davon auszugehen, dass sie sich dem asylrechtlichen als auch dem fremdenrechtlichen Verfahren entziehen werden.
Ein Verstoß gegen das Sichtvermerksabkommen stellt eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung oder Sicherheit dar, der die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes rechtfertigen kann (siehe VwGH-Erkenntnis vom 14.12.1983, Zahl 83/01/0370).
Eine gerechtfertigte Annahme einer Gefährdung maßgebender öffentlicher Interessen liegt dann vor, wenn der Fremde den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen in der Lage ist. Will er diese Rechtsfolgen vermeiden, so liegt es an ihm, von sich aus initiativ zu beweisen, dass er über die für seinen Unterhalt erforderlichen Mittel verfügt. Aufforderungen seitens der Behörde an den Fremden, dieser Beweislast entsprechend zu handeln, sind demnach keineswegs geboten (siehe VwGH-Erkenntnis vom 24.09.1990, Zahl 90/19/0266).
Gemäß § 77 Abs. 1 FPG 2005 kann die Behörde von der Anordnung der Schubhaft Abstand nehmen, wenn sie Grund zur Annahme hat, dass der Zweck durch Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden kann. Gegen Minderjährige hat die Behörde gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn, sie hätte Grund zur Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann.
Die Anwendung gelinderer Mittel war in Ihrem Fall jedoch auszuschließen. Wie bereits oben ausgeführt, können Sie Ihren Aufenthalt in Österreich nicht legalisieren. Es ist daher die Annahme gerechtfertigt, dass Sie sich dem behördlichen Zugriff entziehen werden, um die Vollstreckung der fremdenpolizeilichen Maßnahme gegen Ihre Person zu verhindern oder zumindest erheblich zu erschweren, weshalb der Zweck der Schubhaft somit nicht erreicht werden könnte.
Die Behörde ist auf Grund des ermittelten Sachverhaltes zum Ergebnis gelangt, dass die Verhängung der Schubhaft zum Zweck der Maßnahme in einem angemessenen Verhältnis steht und im Interesse des öffentlichen Wohles dringend erforderlich und geboten ist.
Die Schubhaft war daher spruchgemäß anzuordnen."
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 22. Jänner 2008 wies die belangte Behörde die gegen diesen Bescheid und die darauf gegründete Anhaltung erhobene Schubhaftbeschwerde ab und stellte gemäß § 83 Abs. 4 FPG fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen.
Die belangte Behörde traf die Feststellung, dass der Beschwerdeführer in einer näher bezeichneten Wohnung gemeldet sei, tatsächlich jedoch in einer anderen Wohnung im selben Haus wohne. Nach seinen Angaben beabsichtige er, Österreich illegal zu verlassen, um sich in einem anderen EU-Staat niederzulassen. Zwar habe das Bundesasylamt mit Schreiben vom 15. Jänner 2008 mitgeteilt, dass dem Beschwerdeführer eine Berechtigungskarte gemäß § 51 AsylG 2005 zukomme, es sei jedoch zu erwarten, dass sein Antrag auf internationalen Schutz zurückgewiesen werde. Der Beschwerdeführer verfüge über keine berufliche oder familiäre Verankerung im Inland und er habe auch sein Studium nicht in einer Weise betrieben, dass ein sichtbarer Studienfortschritt erkennbar wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde nach Vorlage der Verwaltungsakten seitens der belangten Behörde erwogen:
Gemäß § 76 Abs. 2 Z 3 FPG kann gegen einen Fremden Schubhaft zum Zweck der Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder zur Sicherung der Abschiebung angeordnet werden, wenn gegen ihn vor Stellung des Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare Ausweisung (§§ 53 oder 54) oder ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot (§ 60) verhängt worden ist.
Angesichts der gegen den Beschwerdeführer bereits vor Stellung des Asylantrages erlassenen rechtskräftigen Ausweisung ist zwar die Ansicht der belangten Behörde gerechtfertigt, dass der genannte Schubhafttatbestand verwirklicht sei. Sie unterlag aber schon insofern einem Rechtsirrtum, als sie die Schubhaft auch nach Zulassung des Asylverfahrens am 15. Jänner 2008 als rechtmäßig wertete. Ab diesem Zeitpunkt durfte, wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 7. Februar 2008, Zl. 2006/21/0389, klargestellt hat, die Schubhaft nicht mehr auf § 76 Abs. 2 Z 3 FPG gestützt werden.
Die belangte Behörde hätte aber auch die dem Schubhaftbescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden anhaftenden Rechtswidrigkeiten aufgreifen müssen.
Zum einen verkannte diese nämlich offensichtlich, dass sie kein neues Betätigungsfeld im Bereich der Soziologie habe, sondern bei Anwendung der Gesetze Rechtsbegriffe auszulegen und einen konkreten Sachverhalt (einschließlich einer allenfalls relevanten sozialen Integration) gesetzlichen Bestimmungen zu unterstellen habe.
Zum anderen hat sich der Beschwerdeführer am 8. Jänner 2008 nach Traiskirchen begeben, dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt und wurde daraufhin in Schubhaft genommen. Es trifft somit zunächst nicht zu, dass der Beschwerdeführer nach Festnahme "in weiterer Folge" einen Asylantrag gestellt habe. Weiters lässt der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden jegliche Begründung dafür vermissen, warum der Asylantrag des Beschwerdeführers zurückgewiesen werden sollte. Der behördliche Vorwurf an den Beschwerdeführer, dieser habe sich vor seiner Einreise offensichtlich nicht bemüht, etwas über den österreichischen Arbeitsmarkt zu erfahren, berücksichtigt nicht, dass der Beschwerdeführer zum Zweck des Studiums nach Österreich einreiste. Dass er - wie im Schubhaftbescheid weiter ausgeführt - angegeben habe, sein einziger Einreisegrund sei die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in Österreich gewesen, ist aktenwidrig, was im Zusammenhang mit der im Zuge der der Schubhaftverhängung unmittelbar vorangehenden Einvernahme gestellten Frage, warum der Beschwerdeführer keiner illegalen Erwerbstätigkeit nachgehe, erneut Zweifel an der Sinnhaftigkeit der Überlegungen der Bezirkshauptmannschaft Baden aufkommen lässt. Obwohl der Beschwerdeführer auf diese Frage geantwortet hat, er habe zu arbeiten aufgehört, als er erfahren habe, dass er ohne Bewilligung nicht arbeiten dürfe, führte die Bezirkshauptmannschaft Baden in der Bescheidbegründung zudem aus, dass sie es als besonders verwerflich werte, dass der Beschwerdeführer das Asylgesetz für seine Schwarzarbeitsuche in Österreich missbrauche.
Nicht tragfähig ist die weitere Bescheidbegründung, dass es der Beschwerdeführer unterlassen habe, seinen illegalen Aufenthalt den Behörden zu melden. An anderer Stelle gestand die Behörde nämlich zu, dass der Beschwerdeführer "einen Meldezettel in Wien" habe, und lässt eine konkrete Begründung für die weitere Annahme vermissen, dass der Beschwerdeführer aber woanders lebe.
Für die Frage der Erforderlichkeit der Schubhaft ist entgegen der Meinung der erstinstanzlichen Schubhaftbehörde eine allfällige Gefährdung öffentlicher Interessen an einem geordneten Fremdenwesen, einem geordneten Arbeitsmarkt und am wirtschaftlichen Wohl des Landes nicht von Relevanz; maßgeblich ist (nur) die Verfahrenssicherung und die Sicherung einer Abschiebung, Zurückschiebung oder Durchbeförderung.
Der Gerichtshof verkennt nicht, dass der Beschwerdeführer über keine familiäre oder berufliche Integration im Bundesgebiet verfügt und bei seiner Vernehmung am 8. Jänner 2008 widersprüchliche Erklärungen zu seinen Wohnverhältnissen abgegeben hat. Auch hat er angegeben, in ein anderes EU-Land zu reisen, sollte er nicht in Österreich bleiben dürfen. Die dargestellten Mängel des Schubhaftbescheides belasteten diesen aber jedenfalls mit Rechtswidrigkeit. Auch das hat die belangte Behörde verkannt, weshalb der angefochtene Bescheid wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG zur Gänze aufzuheben war.
Die beantragte Durchführung einer Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 VwGG unterbleiben.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 19. Juni 2008
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