VwGH 2008/08/0147

VwGH2008/08/014711.9.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des P in K, vertreten durch Dr. Anke Reisch, Rechtsanwältin in 6370 Kitzbühel, Franz Reisch-Straße 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 13. November 2007, Zl. Vd-SV-1005-1-41/3/Pr, betreffend Pflichtversicherung nach dem BSVG sowie Höhe der Beitragsgrundlage nach dem BSVG (mitbeteiligte Partei: Sozialversicherungsanstalt der Bauern in 1030 Wien, Ghegastraße 1),

Normen

ASVG §415 Abs1;
BSVG §182;
BSVG §2 Abs1 Z1;
BSVG §23 Abs1 Z1;
BSVG §23 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §35 Abs1;
ASVG §415 Abs1;
BSVG §182;
BSVG §2 Abs1 Z1;
BSVG §23 Abs1 Z1;
BSVG §23 Abs2;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §35 Abs1;

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde wird, soweit sie sich gegen die Feststellung der Pflichtversicherung richtet, zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Aus der Beschwerde und dem ihr angeschlossenen angefochtenen Bescheid ergibt sich folgender Sachverhalt:

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde durch Abweisung des vom Beschwerdeführer erhobenen Einspruchs gegen den erstinstanzlichen Bescheid der mitbeteiligten Partei festgestellt, dass die vom Beschwerdeführer in den Jahren 2001 bis 2003 ausgeübten Dienstleistungen zur Kulturpflege im ländlichen Raum und die von ihm ab dem Jahr 2002 ausgeübte Tätigkeit der Be- und Verarbeitung überwiegend eigener Naturprodukte als land(forst)wirtschaftliches Nebengewerbe unter den Tatbestand der Pflichtversicherung nach dem Bauernsozialversicherungsgesetz (BSVG) fallen (Spruchpunkt 1 des erstinstanzlichen Bescheides). Weiters hat die belangte Behörde die monatlichen Beitragsgrundlagen für die Versicherungsmonate in den Jahren 2001 bis 2005 festgesetzt (Spruchpunkt 2 des erstinstanzlichen Bescheides).

Die belangte Behörde stellte fest, dass der Beschwerdeführer einen landwirtschaftlichen Betrieb einschließlich zugepachteter Flächen auf alleinige Rechnung und Gefahr führe, wobei sie das Flächenausmaß des landwirtschaftlichen Vermögens und den daraus resultierenden Einheitswert im verfahrensgegenständlichen Zeitraum (getrennt in Eigengrund und Pachtgrund) ziffernmäßig festhielt. Der Beschwerdeführer habe in den Jahren 2001 bis 2003 Kommunaldienstleistungen, nämlich Kulturpflege im ländlichen Raum ausgeübt. Außerdem habe der Beschwerdeführer einen Teil seiner eigenen Schlachttiere zu Fleisch verarbeitet. Die Kalbinnen und Masttiere seien im eigenen Schlachtraum geschlachtet und der Schlachtkörper grob zerlegt worden. Es seien Fleischpakete zu 10 oder 20 Kilo verkauft worden, wobei ein Kilogrammpreis von EUR 7,--

inklusive Umsatzsteuer veranschlagt worden sei. Im Jahr 2002 seien 6 Tiere, im Jahr 2003 sieben Tiere und in den Jahren 2004 und 2005 jeweils fünf Tiere geschlachtet und verkauft worden. Mit 30 Kilogramm des Fleisches pro Jahr decke der Beschwerdeführer seinen Eigenbedarf, der Rest sei verkauft worden. Dadurch habe der Beschwerdeführer im Jahr 2002 Einnahmen in der Höhe von EUR 6.370,-

-, im Jahr 2003 in der Höhe von EUR 5.390,--, im Jahr 2004 Einnahmen in der Höhe von EUR 6.860,-- und im Jahr 2005 Einnahmen in der Höhe von EUR 5.110,-- erzielt. Über den Verkauf habe der Beschwerdeführer keine Aufzeichnungen geführt.

In der Folge legte die belangte Behörde die Überlegungen der Beweiswürdigung dar, welche im Hinblick auf die Einnahmen im Wesentlichen auf einer Schätzung des Betriebsprüfers der mitbeteiligten Partei beruhen; der Beschwerdeführer habe trotz mehrfacher Aufforderung die Schlachtprotokolle nicht vorgelegt.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde nach Darlegung der maßgebenden Rechtsvorschriften aus, dass der Beschwerdeführer durch die Schlachtung der Nutztiere und deren Zerteilung ein Nebengewerbe im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. a BSVG i. V.m. § 2 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 4 Z. 1 GewO 1994 betreibe. Die Zuordnung dieser Tätigkeit als ein Nebengewerbe im Sinn des § 2 Abs. 1 lit. a BSVG werde zum Einen durch das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 2006, Zl. 2004/08/0046, eindeutig festgelegt und werde vom Beschwerdeführer auch nicht bestritten. Der Einspruch des Beschwerdeführers habe sich gegen die Höhe der Bemessungsgrundlage gerichtet. Der Beschwerdeführer habe gefordert, dass von den Einnahmen aus dem Verkauf des Fleisches zumindest die dadurch entstandenen zusätzlichen Aufwendungen in Abzug zu bringen wären. Dazu sei auszuführen, dass für die Ermittlung der Beitragsgrundlage für die Be- und Verarbeitung überwiegend eigener Naturprodukte lediglich 30 % der Einnahmen heranzuziehen seien. Die Ausgaben würden somit mit 70 % der Einnahmen pauschal angesetzt. Darüber hinaus bestehe auch noch die Möglichkeit, auf Antrag die im Einkommensteuerbescheid enthaltenen Einkünfte als Beitragsgrundlage heranzuziehen. Von einer Ungleichbehandlung im Vergleich zu anderen Beitragszahlern oder einer groben Unverhältnismäßigkeit könne daher nicht die Rede sein. Weiters bringe der Beschwerdeführer vor, dass bei der Berechnung lediglich die Differenz zwischen den Einnahmen aus dem Verkauf der geschlachteten Tiere und den Einnahmen aus einem fiktiven Verkauf der lebenden Tiere herangezogen werden dürfe, da der Verwaltungsgerichtshof die Einbeziehung der Einnahmen aus der Schlachtung mit einer dadurch entstehenden Wertschöpfung begründe. Diese Ansicht werde von der belangten Behörde jedoch nicht geteilt. Durch die ausdrückliche Einbeziehung der in Betracht kommenden Nebengewerbe in das BSVG (unabhängig davon, ob diese bereits im Begriff des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes enthalten und daher schon vor dem ASRÄG "mitversichert" gewesen seien oder nicht) sollte einerseits sicher gestellt werden, dass für Landwirte keine zweite Versicherungspflicht nach dem durch das ASRÄG 1997 neu eingeführten § 2 Abs. 1 Z. 4 GSVG entstehen sollte, andererseits habe seitens des Gesetzgebers die Absicht bestanden, auch die Einkünfte aus diesen Nebenbetrieben zusätzlich zum Einheitswert in die Beitragsgrundlage nach dem BSVG einzubeziehen. Für die Berechnung der Beitragsgrundlage dieser Nebengewerbe seien nach dem Wortlaut des § 23 Abs. 4b BSVG die Einnahmen (inklusive Umsatzsteuer) aus diesen Tätigkeiten heranzuziehen. Eine andere Berechnung, insbesondere ein Abzug fiktiver Einnahmen aus dem Verkauf lebender Tiere, entspreche daher nicht der gesetzlichen Regelung. Da der Beschwerdeführer unbestritten im verfahrensgegenständlichen Zeitraum auf eigene Rechnung und Gefahr einen landwirtschaftlichen Betrieb geführt habe und die Einnahmen aus dem Fleischverkauf in den Jahren 2002 bis 2005 jeweils die Grenze von EUR 3.700,-- überschritten hätten, sei daher für diese Einnahmen eine zusätzliche Beitragsgrundlage zu bilden.

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 1 BSVG sei Grundlage für die Bemessung der Beiträge in der Kranken- und Pensionsversicherung für die gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 Pflichtversicherten bei einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, für den ein Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Vermögens gemäß den §§ 29 bis 50 Bewertungsgesetz 1955 (BewG) festgestellt werde, der Versicherungswert nach Abs. 2. Gemäß § 23 Abs. 2 BSVG sei der Versicherungswert ein Hundertsatz des Einheitswertes des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes. In der Folge legt die belangte Behörde die konkrete zahlenmäßige Berechnung der Beitragsgrundlage ausgehend von den in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen geltenden Rechtsvorschriften dar.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom 10. Juni 2008, B 2390/07, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat. Mit der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die Beschwerde beantragt die gänzliche Aufhebung des angefochtenen Bescheides, sohin also auch die Aufhebung des Spruchpunktes, mit dem die Pflichtversicherung des Beschwerdeführers in den verfahrensgegenständlichen Zeiträumen festgestellt wurde. Da gemäß § 182 BSVG i.V.m. § 415 Abs. 1 ASVG im Hinblick auf die Feststellung der Pflichtversicherung der Rechtszug an den Bundesminister für Soziales und Konsumentenschutz eröffnet ist, war die Beschwerde daher insoweit mangels Erschöpfung des Instanzenzuges wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Der Beschwerdeführer rügt als Verfahrensmangel, dass im angefochtenen Bescheid der Einheitswert zwar für die Jahre 2001 bis 2005 jeweils für Eigengrund und Pachtgrund angeführt werde, jedoch nicht ausgeführt werde, wie der Einheitswert ermittelt worden sei. Die Behörde habe aber den Sachverhalt so ausreichend zu ermitteln, dass eine erschöpfende Beurteilung möglich sei.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides auf.

Gemäß § 23 Abs. 1 Z. 1 BSVG ist Grundlage für die Bemessung der Beiträge in der Kranken- und Pensionsversicherung für die gemäß § 2 Abs. 1 Z. 1 BSVG Pflichtversicherten bei einem land(forst)wirtschaftlichen Betrieb, für den ein Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Vermögens gemäß den §§ 29 bis 50 BewG festgestellt wird, der Versicherungswert nach § 23 Abs. 2 BSVG. Gemäß § 23 Abs. 2 BSVG ist der Versicherungswert ein Hundertsatz des Einheitswertes des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes. Hiebei ist von dem zuletzt im Sinne des § 25 BewG festgestellten Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Betriebes auszugehen.

Der Beschwerdeführer macht weder geltend, dass ein Einheitswert des land(forst)wirtschaftlichen Vermögens gemäß den §§ 29 bis 50 BewG 1955 nicht festgestellt worden wäre (und die Beitragsgrundlage daher nach § 23 Abs. 4 BSVG zu berechnen gewesen wäre), noch dass die belangte Behörde den nach den gesetzlichen Bestimmungen heranzuziehenden Einheitswert falsch angenommen hätte. Vor diesem Hintergrund kommt der Verfahrensrüge keine Relevanz zu.

2. Im Hinblick auf eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes des angefochtenen Bescheides (in der Beschwerde als "Verletzung des Gesetzes in Anwendung des § 23 BSVG" bezeichnet) verweist der Beschwerdeführer zunächst auf die Begründung der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. In diesen Ausführungen wird jedoch ausschließlich die Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes in Art. 7 B-VG sowie die Verletzung des Grundsatzes auf Unverletzlichkeit des Eigentums sowie der Erwerbsausübungsfreiheit geltend gemacht, nicht aber die Verletzung in einem einfachgesetzlich gewährleisteten Recht. Für eine Prüfung, ob ein verfassungsgesetzlich gewährleistetes Recht durch den angefochtenen Bescheid verletzt wurde, ist der Verwaltungsgerichtshof jedoch nicht zuständig.

3. Weiters macht der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang geltend, dass die belangte Behörde sich bei ihrer Begründung auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. Oktober 2006, Zl. 2004/08/0046, stütze, in welchem der Verwaltungsgerichtshof die Schlachtung der Nutztiere und deren Zerteilung nicht der landwirtschaftlichen Urproduktion zuordne, sondern dem Nebengewerbe im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. a BSVG in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 4 Z. 1 Gewerbeordnung 1994. Diese Begründung könne sich nach den "den gesetzlichen Bestimmungen beizumessenden Sinnhaftigkeiten" nur auf solche Verwertungen von Vieh beziehen, die organisatorisch getrennt vom landwirtschaftlichen Betrieb erfolgten. Für solche Tätigkeiten sei auch ein eigener Einheitswert zu bilden und nur eine solche Tätigkeit sei nicht auch vom Einheitswert für den landwirtschaftlichen Betrieb mitumfasst.

Soweit sich der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang auf ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes "VwSlg. 1341013 A/91" bezieht (gemeint wohl: das Erkenntnis vom 19. März 1991, Zl. 90/08/0099, Slg. Nr. 13.410 A/1991), ist zunächst darauf hinzuweisen, dass sich dieses Erkenntnis einerseits auf eine im vorliegenden Fall nicht mehr anwendbare Rechtsgrundlage (dort für einen Beitragszeitraum in den Jahren 1986 und 1987) bezieht und andererseits auch die im vorliegenden Fall nicht relevante Frage betrifft, inwieweit ein Versicherungswert ermittelt werden kann, wenn keine organisatorische Trennung zwischen zwei land(forst)wirtschaftlichen Betrieben besteht, wobei für einen dieser Betriebe ein Einheitswert festgestellt wurde, während dies für den anderen Betrieb nicht der Fall war. Für den Beschwerdeführer ist daraus nichts zu gewinnen.

Im Übrigen ist der Beschwerdeführer auf das auch von ihm zitierte hg. Erkenntnis vom 25. Oktober 2006, Zl. 2004/08/0046, zu verweisen, in dem der Verwaltungsgerichtshof zum Ergebnis gekommen ist, dass die landwirtschaftliche (Ur)Produktion im Sinne des § 5 Abs. 1 Landarbeitsgesetz 1984 bzw. im Sinne des § 2 Abs. 3 Z. 2 Gewerbeordnung 1994 nicht auch die Schlachtung der Nutztiere und deren Zerteilung durch den Landwirt selbst umfasst; auf die nähere Begründung dieses Erkenntnisses wird gemäß § 43 Abs. 2 zweiter Satz VwGG verwiesen. In diesem Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof zudem bereits ausgesprochen, dass es für diese Beurteilung nicht auf die auch vom Beschwerdeführer angesprochenen Einkommensteuerrichtlinien (deren vom Beschwerdeführer zitierte Rz 5139 die steuerrechtliche Zuordnung der Einkünfte von Tierzucht- und Tierhaltungsbetrieben zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft im Sinne des § 21 EStG betrifft) ankommt.

Soweit sich die Beschwerde gegen die Beitragsgrundlagenfeststellungen im angefochtenen Bescheid richtete, war sie daher, da bereits ihr Inhalt erkennen ließ, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am 11. September 2008

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