VwGH 2007/18/0244

VwGH2007/18/02442.10.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des J O N in W, geboren am 2. Jänner 1979, vertreten durch Edward W. Daigneault, Solicitor in 1170 Wien, Hernalser Gürtel 47/4 (Einvernehmensanwalt: Dr. Herbert Kaspar, Rechtsanwalt in Wien), gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien vom 13. April 2007, Zl. SD 1556/05, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §36;
FrG 1997 §44;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z6;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §36;
FrG 1997 §44;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z2;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z6;
FrPolG 2005 §65 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion Wien (der belangten Behörde) vom 13. April 2007 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 87 iVm § 86 Abs. 1 und § 60 Abs. 2 Z. 1, 2 und 6 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, ein für die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Laut den unbestätigten Angaben des Beschwerdeführers sei dieser am 13. Juni 2002 illegal nach Österreich gelangt und habe am 1. Juli 2002 einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 4. Juni 2004 unter gleichzeitiger Feststellung, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria zulässig sei, abgewiesen worden sei. Die von ihm dagegen erhobene Berufung habe er am 10. September 2004 zurückgezogen, sodass der erstinstanzliche Asylbescheid in Rechtskraft erwachsen und die vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz (1997) erloschen sei.

Am 21. Juli 2002 habe sich der Beschwerdeführer im Zuge einer fremdenrechtlichen Identitätskontrolle mit einem auf seine nigerianische Identität lautenden Reisepass ausgewiesen. In der Folge seien bei ihm ein ghanaischer Reisepass, lautend auf A, geboren am 13. Dezember 1977, und zwei auf denselben Namen lautende spanische Ausweiskarten vorgefunden worden. Der Beschwerdeführer habe eingestanden, dass die beiden spanischen Dokumente Fälschungen wären, der ghanaische Reisepass aber echt wäre und einem "Unbekannten" gehörte. Er hätte sich die gefälschten Dokumente deshalb besorgt, damit er in Österreich arbeiten könnte.

Eine kriminaltechnische Untersuchung habe den ghanaischen Reisepass als echt befunden. Die spanische Identitätskarte habe sich als einfache Farbkopie und die vermeintliche spanische Aufenthaltsberechtigungskarte als Ausdruck mit einem Tintenstrahldrucker (mit Rechtschreibfehlern), sohin beide Dokumente als plumpe Totalfälschungen erwiesen.

Da der Beschwerdeführer im Zuge des von der Erstbehörde (Bundespolizeidirektion Wien) eingeleiteten Aufenthaltsverbotsverfahrens keine ausreichenden Mittel zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes habe vorweisen können, habe die Erstbehörde gegen ihn mit Bescheid vom 24. Juli 2002 wegen Mittellosigkeit (§ 36 Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes 1997 - FrG) ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, welches in Rechtskraft erwachsen sei.

Der Beschwerdeführer sei am 24. Juli 2002 von der Erstbehörde wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes rechtskräftig bestraft worden und auch in der Folge seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen. Vielmehr habe er am 8. Juli 2004 die österreichische Staatsbürgerin S. geheiratet und daraufhin am 16. Juli 2004 bei der Erstbehörde einen von seiner österreichischen Ehegattin abgeleiteten Erstantrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels zum Zweck "Familiengemeinschaft mit Österreicher" beantragt. Sodann habe er am "24. Juli 2002" (richtig: 10. September 2004) einen Antrag auf Aufhebung des genannten Aufenthaltsverbotes gestellt. Beide Anträge seien mit Bescheid der Erstbehörde vom 9. November 2004 abgewiesen worden.

Am 20. Dezember 2002 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens nach § 27 Abs. 1 und 2 Z. 2 (erster Fall) Suchtmittelgesetz - SMG zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden, weil er am 20. September 2002 in Wien einem Suchtgiftabnehmer in der Absicht, sich dadurch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, drei Kugeln Kokain und vier Kugeln Heroin zum Preis von EUR 60,-- verkauft habe.

Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid vom 5. August 2005 habe der Bundesminister für Inneres das genannte, wegen Mittellosigkeit des Beschwerdeführers erlassene Aufenthaltsverbot gemäß § 44 FrG aufgehoben, zumal nach dessen Ansicht die Voraussetzung der Mittellosigkeit nicht mehr vorgelegen sei.

Mit Bescheid vom 3. August 2005 habe die Erstbehörde gegen den Beschwerdeführer das nunmehr gegenständliche Aufenthaltsverbot erlassen, wogegen der Beschwerdeführer die Berufung erhoben habe. Auch während des Verfahrens sei er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen, weshalb er von der Erstbehörde mit Bescheid vom 3. August 2005 (rechtskräftig mit 18. August 2005) neuerlich wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes bestraft worden sei.

Wie sich später herausgestellt habe, sei der Beschwerdeführer am 23. März 2003 vom Landesgericht für Strafsachen Graz wegen des Vergehens der Fälschung besonders geschützter Urkunden nach § 223 Abs. 3, § 224 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt worden, weil er am 9. März 2003 in F einen total gefälschten, auf einen anderen Namen lautenden portugiesischen Reisepass durch Vorweisen gegenüber den ihn kontrollierenden Beamten bei der Grenzkontrollstelle Flughafen Graz im Rechtsverkehr zum Beweis einer falschen Identität gebraucht habe.

Begründend führte die belangte Behörde weiter aus, dass der Beschwerdeführer als Ehegatte einer nicht freizügigkeitsberechtigten österreichischen Staatsbürgerin Familienangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z. 12 FPG sei. Da seine Ehegattin ihr Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch genommen habe, sei er kein begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z. 11 leg. cit. Es sei daher die belangte Behörde gemäß § 9 Abs. 1 Z. 2 leg. cit. zur Entscheidung über die Berufung zuständig.

Auf Grund der Verurteilung des Beschwerdeführers nach dem SMG sei der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 1 FPG erfüllt. Zu dem Umstand, dass sich der Beschwerdeführer total gefälschte spanische Identitätsdokumente besorgt habe, um hier im Bundesgebiet einer ihm nicht erlaubten Erwerbstätigkeit nachzugehen, komme noch, dass er anlässlich einer Grenzkontrolle sich als EU-Bürger ausgegeben habe, um innerhalb des EU-Raumes einer ungehinderten Reisetätigkeit nachgehen zu können, sodass auch der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 6 FPG erfüllt sei. Zudem weise er zwei rechtskräftige schwerwiegende Verwaltungsübertretungen wegen des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet auf, weshalb auch der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z. 2 FPG erfüllt sei.

Abgesehen davon, dass das seiner gerichtlichen Verurteilung nach dem SMG zugrundeliegende Fehlverhalten keineswegs so lange zurückliege, dass auf Grund des seither verstrichenen Zeitraumes eine ausreichende Minderung der von ihm ausgehenden Gefahr angenommen werden könne, sei der Suchtgiftkriminalität eine Wiederholungsgefahr geradezu wesensimmanent. Der Beschwerdeführer habe durch seinen gewerbsmäßigen Suchtgifthandel und die geradezu beharrliche Ignoranz der für ihn maßgebenden fremdenrechtlichen Vorschriften seine außergewöhnliche Gefährlichkeit für die Gesellschaft zum Ausdruck gebracht, was ein Grundinteresse der Gesellschaft insoweit berühre, als die Gutheißung dieses Verhaltens eine große und manifeste Gefahr für das Leben und die Gesundheit von Menschen sowie die Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens darstelle.

Auf Grund dieses Fehlverhaltens des Beschwerdeführers werde die öffentliche Ordnung und Sicherheit in höchstem Maß gefährdet, sodass sich die in § 60 Abs. 1 FPG bzw. § 86 Abs. 1 leg. cit. umschriebene Annahme als gerechtfertigt erweise.

Der Beschwerdeführer sei seit 8. Juni 2004 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und mit dieser im gemeinsamen Haushalt wohnhaft. Auf Grund seines bisher erst vierjährigen, jedoch seit der Rückziehung der Berufung im Asylverfahren am 10. September 2004 "rechtmäßigen" (offensichtlich gemeint: unrechtmäßigen) inländischen Aufenthaltes sowie seiner beruflichen Situation sei von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privat- und Familienleben auszugehen gewesen. Dessen ungeachtet sei diese Maßnahme im Grund des § 66 Abs. 1 FPG zulässig. Im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit der Suchtgiftkriminalität sei die Erlassung des Aufenthaltsverbotes zur Erreichung von in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen, hier: zur Verhinderung weiterer strafbarer Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und zur Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens, dringend geboten. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers verdeutliche mehr als augenfällig, dass er offenbar nicht in der Lage oder gewillt sei, die österreichischen Rechtsvorschriften einzuhalten. Eine Verhaltensprognose könne bereits in Ansehung des der Suchtgiftverurteilung zugrunde liegenden gewerbsmäßigen Fehlverhaltens und der geradezu beharrlichen Ignoranz der für ihn maßgeblichen fremdenrechtlichen Bestimmungen für ihn nicht günstig ausfallen.

Bei der nach § 66 Abs. 2 FPG erforderlichen Interessenabwägung sei zu berücksichtigen, dass einer allfälligen, aus dem bisherigen Aufenthalt des Beschwerdeführers ableitbaren Integration kein entscheidendes Gewicht zukomme, weil die für jegliche Integration erforderliche soziale Komponente durch sein strafbares Verhalten erheblich beeinträchtigt werde. Seit Anfang 2004 sei er oftmals als Taglöhner beim Magistrat der Stadt Wien beschäftigt gewesen. Seit 25. März 2007 sei er Arbeitslosengeldbezieher. Angesichts des oben dargestellten gravierenden Fehlverhaltens, das er teils vor und teils während seines unrechtmäßigen weiteren Aufenthaltes im Bundesgebiet auch nach Erlassung des erstinstanzlichen Aufenthaltsverbotes gesetzt habe, mache er damit, dass der Unterhalt gesichert wäre, keinen Umstand geltend, welcher seine persönlichen Interessen so gewichtig erscheinen ließe, dass diese schwerer wögen als das durch sein Fehlverhalten massiv beeinträchtigte öffentliche Interesse. Das Gewicht seiner Eheschließung nach Erlassung des ursprünglichen Aufenthaltsverbotes sei dadurch relativiert, dass er nicht darauf habe bauen dürfen, sich während der Gültigkeitsdauer dieses für die Dauer von fünf Jahren befristeten Aufenthaltsverbotes mit seiner Ehegattin in Österreich niederlassen zu dürfen.

Angesichts des dargestellten Gesamt(fehl)verhaltens des Beschwerdeführers und im Hinblick auf die Art und Schwere der ihm zu Last liegenden Straftaten habe von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden können.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, sah jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift ab.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die Beschwerde bringt vor, im Hinblick darauf, dass der Bundesminister für Inneres mit am 8. August 2005 zugestelltem Bescheid vom 6. (richtig: 5.) August 2005 dem Antrag des Beschwerdeführers auf Aufhebung des am 24. Juli 2002 erlassenen Aufenthaltsverbotes gemäß § 44 FrG stattgegeben und das Aufenthaltsverbot aufgehoben habe, sei damit auch das mit (erstinstanzlichem) Bescheid vom 3. August 2005 erlassene Aufenthaltsverbot aufgehoben worden, weil bei einer Entscheidung über den Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes darüber abgesprochen werde, ob im Zeitpunkt der Erlassung diese Entscheidung die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes noch vorlägen. Die belangte Behörde hätte daher mit dem vorliegend angefochtenen Bescheid über das ohnehin bereits aufgehobene Aufenthaltsverbot (vom 3. August 2005) nicht mehr inhaltlich absprechen dürfen und hätte die dagegen erhobene Berufung zurückweisen müssen.

Ferner seien im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheides des Bundesministers für Inneres (vom 5. August 2005) die beiden Verwaltungsstrafen nach dem FrG (vom 24. Juli 2002 und 3. August 2005) bekannt gewesen und könne die Verurteilung wegen des im Jahr 2003 vorgezeigten verfälschten Dokumentes ein Aufenthaltsverbot im Sinn des § 86 Abs. 1 FPG nicht begründen, weil der Beschwerdeführer in Anbetracht seiner Eheschließung und der seit 17. September 2004 rechtmäßig ausgeübten Beschäftigung bei einem näher genannten Unternehmen für die Gesellschaft nicht mehr gefährlich sei. Die belangte Behörde habe zufolge der zuvor erfolgten Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes durch den Bundesminister für Inneres de facto ein Aufenthaltsverbot neu erlassen und sei als Berufungsbehörde gemäß § 9 Abs. 2 Z. 2 leg. cit. für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht zuständig gewesen.

2. Dazu ist Folgendes auszuführen:

2.1. Aus dem genannten Bescheid vom 5. August 2005, dessen Spruch und Begründung als Einheit anzusehen sind (vgl. in diesem Zusammenhang etwa die in Hauer/Leukauf, Verwaltungsverfahren6 zu § 59 Abs. 1 AVG E 9d und 11b zitierte hg. Judikatur) geht hervor, dass damit gemäß § 44 FrG das mit Bescheid der Erstbehörde vom 24. Juli 2002 gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 FrG erlassene, auf die Dauer von fünf Jahren befristete Aufenthaltsverbot aufgehoben wurde, weil die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt hatten, weggefallen waren. Aus diesem aufhebenden Bescheid ist jedoch nicht abzuleiten, dass damit auch das mit erstinstanzlichem Bescheid vom 3. August 2005 erlassene, für die Dauer von zehn Jahren befristete Aufenthaltsverbot aufgehoben werden sollte. Da dieses mit Bescheid vom 3. August 2005 erlassene Aufenthaltsverbot somit vom genannten, nach § 44 FrG erlassenen Aufhebungsbescheid nicht berührt wurde, war die belangte Behörde - entgegen der Beschwerdeansicht - dafür zuständig, über die gegen den Aufenthaltsverbotsbescheid vom 3. August 2005 erhobene Berufung abzusprechen.

2.2. Dennoch führt das oben wiedergegebene Beschwerdevorbringen die Beschwerde zum Erfolg.

Gemäß der bei Erlassung des genannten Bescheides vom 5. August 2005 anzuwendenden Bestimmung des § 44 FrG - wie auch nach der im Wesentlichen gleichen, am 1. Jänner 2006 in Kraft getretenen Bestimmung des § 65 Abs. 1 FPG - ist ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt haben, weggefallen sind.

Nach der hg. Judikatur kann ein solcher Antrag nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbotes die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert haben, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbotes eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen ist. Bei dieser Beurteilung ist maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose dergestalt (weiterhin) zu treffen ist, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes erforderlich ist, um eine von Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbotes zulässig ist. Darüber hinaus hat die Behörde auch bei dieser Entscheidung das ihr eingeräumte Ermessen zu üben. Bei der Entscheidung über die Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes kann die Rechtmäßigkeit des Bescheides, mit dem das Aufenthaltsverbot erlassen wurde, nicht mehr überprüft werden (vgl. etwa die Erkenntnisse vom 25. April 2002, Zl. 2000/21/0071, mwN, zur Rechtslage nach dem FrG und vom 22. April 2008, Zl. 2006/18/0362, mwN, zur Rechtslage nach dem FPG).

Aus dem dargelegten Prüfungsumfang ergibt sich, dass bei einer Entscheidung über den Antrag auf Aufhebung eines Aufenthaltsverbotes darüber abgesprochen wird, ob im Zeitpunkt der Erlassung dieser Entscheidung die Voraussetzungen für die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes nach den §§ 36 ff FrG bzw. §§ 60 ff FPG noch vorliegen. Mit dem einem Aufhebungsantrag stattgebenden Bescheid wird somit zum Ausdruck gebracht, dass diese Voraussetzungen nicht (mehr) gegeben sind. Demnach entfaltet dieser Bescheid insoweit Bindungswirkung, als eine gegenteilige Entscheidung, also die neuerliche Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, nur bei einer wesentlichen Sachverhaltsänderung (oder einer maßgeblichen Änderung der Rechtslage) getroffen werden darf (vgl. dazu nochmals das vorzitierte Erkenntnis, Zl. 2000/21/0070, mwN).

Im vorliegenden Fall waren nach Ausweis der Verwaltungsakten im Zeitpunkt der Erlassung des genannten Bescheides des Bundesministers für Inneres vom 5. August 2005 den Fremdenpolizeibehörden die obgenannte Verurteilung des Beschwerdeführers vom 20. Dezember 2002 nach dem SMG, seine falschen Angaben gegenüber österreichischen Organwaltern im Jahr 2002, seine Bestrafung vom 24. Juli 2002 wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes (vgl. etwa den Bescheid der Erstbehörde vom 9. November 2004, womit der Aufhebungsantrag des Beschwerdeführers abgewiesen worden war) und auch der Vorwurf, dass er am 13. März 2003 bei einer Grenzkontrolle am Flughafen Graz im Besitz eines gefälschten Reisedokuments war (vgl. dazu etwa den in den Verwaltungsakten enthaltenen Auszug aus dem kriminalpolizeilichen Aktenindex des Bundesministeriums für Inneres vom 29. November 2004; ferner den AV vom 7. Juni 2005, wonach wegen dieses Vorwurfes vom "LG Graz" am 23. April 2003 eine "bedingte Verurteilung" erfolgt sei), bekannt.

3. Im Hinblick darauf, dass die Fremdenpolizeibehörden im Zeitpunkt der Erlassung des genannten Bescheides vom 5. August 2005 in Kenntnis von nahezu dem gesamten, dem mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid erlassenen Aufenthaltsverbot zugrunde liegenden Fehlverhalten des Beschwerdeführers gewesen sind und die belangte Behörde den nunmehr angefochtenen Bescheid fast zur Gänze nicht auf - seit der Erlassung des genannten Bescheides vom 5. August 2005 eingetretene - Sachverhaltsänderungen gestützt hat, belastete sie ihren Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war (vgl. dazu nochmals das vorzitierte Erkenntnis Zl. 2000/21/0070, mwN).

4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 2. Oktober 2008

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