VwGH 2006/21/0201

VwGH2006/21/020128.2.2008

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Plankensteiner, über die Beschwerden des Ardian G und des Alban G, beide vertreten durch Mag. Dr. Thomas Nirk, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Prinz Eugen-Straße 56/7, gegen die Bescheide je der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Niederösterreich vom 24. Mai 2006, Zlen. Fr-1569/05 (betreffend den Erstbeschwerdeführer, hg. Zl. 2006/21/0201) und Fr-139/06 (betreffend den Zweitbeschwerdeführer, hg. Zl. 2006/21/0202), jeweils betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs1;
FrPolG 2005 §60 Abs2 Z1;
FrPolG 2005 §60 Abs6;
FrPolG 2005 §66;
FrPolG 2005 §86 Abs1;
EMRK Art8 Abs2;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers wird als unbegründet abgewiesen.

Der Erstbeschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der gegen den Zweitbeschwerdeführer ergangene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Zweitbeschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den zitierten, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden erließ die belangte Behörde gegen die Beschwerdeführer, Brüder und Staatsangehörige von "Serbien und Montenegro", jeweils ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot.

Der Erstbeschwerdeführer habe bereits als Strafunmündiger am 9. Mai 2000 ein fünfjähriges Mädchen vergewaltigt, wobei das Mädchen verletzt worden sei. Weiters sei er im Zeitraum von 1999 bis 2001 viermal wegen der Begehung von Eigentumsdelikten der Staatsanwaltschaft zur Anzeige gebracht worden und es sei in Folge seiner Strafunmündigkeit zu keiner gerichtlichen Verurteilung gekommen.

Er sei aber dann mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 10. Dezember 2003 wegen des Vergehens des unbefugten Gebrauches von Fahrzeugen nach dem § 136 Abs. 1 StGB, des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 2, 130 vierter Fall; 15 StGB, und des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten schweren gewerbsmäßigen Betruges nach den §§ 146, 147 Abs. 2, 148 erster Fall; 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 10 Monaten, bedingt nachgesehen auf eine Probezeit von drei Jahren, verurteilt worden. Er habe

"teils allein, teils im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Florian K. und den Strafunmündigen Rene F. und Alban G. (Bruder und Zweitbeschwerdeführer) als Mittäter am 09.03.2003 in Hinterbrühl ein Fahrzeug , das zum Antrieb mit Maschinenkraft eingerichtet ist, nämlich das Mofa des Herbert B., ohne Einwilligung des Berechtigten durch eine Fahrt nach Mödling in Gebrauch genommen".

Weiters habe er

"fremde bewegliche Sachen Nachgenannten mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen, und zwar am 09.03.2003 Verfügungsberechtigten der Firma Mediaprint Bargeld in Höhe von EUR 5.--, indem Sie eine Zeitungskassa aufbrachen; im März 2003 in Hinterbrühl Verfügungsberechtigten der Firma Billa 1 Flasche Bacardi, 4 Tafeln Schokolade und 6 Pkg. Knabernossi im Gesamtwert von EUR 19,89; im Winter 2001/02 in Baden in zumindest 13 Angriffen Verfügungsberechtigten der Firma Mediaprint Bargeld in Höhe von ca. EUR 60,- indem Sie Zeitungskassen aufbrachen. Sie haben weiters wegzunehmen versucht am 09.03.2003 in Mödling Verfügungsberechtigten der Firma Mediaprint Bargeld, indem Sie eine Zeitungskassa aufzubrechen trachteten; am 28.04.2003 in Baden Verfügungsberechtigten der Firma Baumax 4 Ketten, 1 Schlüsselanhänger, 2 Seilhaken, 2 Isolierbänder, 5 Messinghaken, 2 Paar Fahrradhandschuhe und 1 Sicherheitsschloss im Gesamtwert von EUR 69,24. Dabei haben Sie den Diebstahl in drei der genannten Fälle durch Aufbrechen eines Behältnisses und den Diebstahl durch Einbruch (§ 129 StGB) überdies in der Absicht begangen bzw. zu begehen versucht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Weiters haben Sie mit dem Vorsatz, durch das Verhalten der Getäuschten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannte durch Vorspiegelung Ihrer Zahlungsfähigkeit und - willigkeit, sohin durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen, die andere am Vermögen schädigte bzw. schädigen sollte, verleitet, und zwar am 04.04. und 05.04.2003 in Vösendorf in acht Angriffen Angestellte der Firma Media Markt zur Herausgabe von 2 DVDs, 8 Wertkartenmobiltelefone, 3 Playstation, 2 Spielkonsolen samt Zubehör, 1 Espressomaschine Saeco, 1 Funky Controller mit Rumbl und 4 B-Free Bons mit einem Gesamtschaden von EUR 2.283,79; am 04.04.2003 und 05.04.2003 in Vösendorf Angestellte der Firma Ordia-Orsay Handels GesmbH zur Herausgabe von Damenbekleidung mit einem Schaden von EUR 245, 50. Sie haben zu verleiten versucht, und zwar am 05.04.2003 in Vösendorf Angestellte der Firma Media Markt zur Herausgabe von DVDs im Wert von ca. EUR 500.-, wobei Sie den Betrug mit einem EUR 2.000,- übersteigenden Schaden und überdies gewerbsmäßig begingen bzw. zu begehen suchten."

Weiters sei der Erstbeschwerdeführer mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 5. April 2005 rechtskräftig wegen des Verbrechens des teils versuchten schweren und gewerbsmäßig begangenen Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 128 Abs. 1 Z 4, 129 Z 1, 2 und 3, 130 vierter Fall, 15 StGB sowie des Vergehens der Sachbeschädigung nach § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt worden, wobei ein Teil von 10 Monaten unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen worden sei.

"Der Verurteilung liegt zugrunde, dass Sie fremde bewegliche Sachen Nachgenannten mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, weggenommen haben, und zwar im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem zu den Tatzeitpunkten strafunmündigen Gyno Z. als Mittäter am 27.11.2004 in Baden Verfügungsberechtigten des Polytechnischen Lehrganges Bargeld in der Höhe von EUR 100.- indem Sie das Vorhangschloss zur Adventhütte aufbrachen; am 29.11.2004 in Baden Verfügungsberechtigten des ARGE Bahnhof Baden Digitalkameras, Farbdrucker, Scanner, Rechner, Arbeitskleidung und Kleinwerkzeug, indem Sie mehrere Container aufbrachen; im November 2004 in Baden Verfügungsberechtigten des ÖBB Facility Management ein Nichtraucherschild.

Allein haben Sie weggenommen im Sommer 2003 in Tribuswinkel dem Josef R. 11 Begutachtungsplanketten im Wert von EUR 10.-, Mitte August 2004 in Felixdorf der Veronika B. ein Mofa der Marke Puch Maxi im Wert von EUR 300.-, am 29.08.2004 in Baden dem Michael L. ein Mobiltelefon der Marke Motorola im Wert von EUR 300- , am 28.06.2004 in Traiskirchen dem Friedrich G. ein Mofa der Marke Puch Maxi, indem Sie die Lenkradsperre aufbrachen; in der Zeit zwischen 28. und 29.06.2004 in Baden dem Sascha F. ein Mofa der Marke Rieju PR 50 im Wert von EUR 2.000,-, indem Sie die Lenkradsperre aufbrachen; am 12.09.2004 in Traiskirchen dem Dominic Patrik G. ein Mofa der Marke Motor Hispanie, indem Sie die Lenkradsperre aufbrachen.

Sie haben mit Alban G. und Wolfgang H. im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in der Zeit zwischen 17.11. und 24.11.2004 in Baden der Waltraud B. Süßigkeiten und einen Hammer weggenommen, indem Sie den Fensterladen aufzwängten.

Sie haben mit Alban G., Wolfgang H. und dem zum Tatzeitpunkt strafunmündigen Gyno Z. im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter in der Nacht zum 29.11.2004 in Baden dem Siegfried W. eine Handkassa mit Bargeld in der Höhe von mindestens EUR 100.- und der Simone L. Bargeld in der Höhe von EUR 12.-, indem Sie die Adventhütte aufbrachen; im November 2004 in Baden in mehreren Angriffen Verfügungsberechtigten der Firma Merkur Getränke in einem nicht mehr näher festzustellenden Wert, indem Sie den Stacheldrahtzaun durchschnitten und danach in den Lagerplatz eindrangen; im November 2004 in Baden der Claudia P. eine Grillsteinplatte, einen UV-Sonnenstrahler, Blöcke sowie zwei Packungen Kerzen, im Gesamtwert von EUR 65.-, indem Sie die Tür aufbrachen; am 29.11.2004 in Bad Vöslau bislang unbekannt gebliebene Geschädigte 2 Fahrräder, indem Sie die Sperrvorrichtungen aufbrachen; in der Zeit zwischen 31.10.2004 bis 21.11.2004 im Raum Baden, Bad Vöslau und Mödling in mehreren Angriffen Verfügungsberechtigten der Fa. Media Print Bargeld indem Sie in unterschiedlicher Beteiligung Zeitungskassen aufbrachen; Sie und Alban G. haben im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter am 27.11.2004 in Baden bislang unbekannt gebliebenen Geschädigten zwei Fahrräder weggenommen, indem Sie die Sperrvorrichtungen aufbrachen. Sie, Alban G. und Bela G. im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter haben in der Zeit zwischen 03.02. und 04.02.2004 in Baden dem Wolfram Hermann H. zwei Samurai-Schwerter, Bücher und Getränke weggenommen, indem Sie eine Türe aufbrachen.

Sie und Bela G. haben im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem zum Tatzeitpunkt strafunmündigen Alban G. als Mittäter im Sommer/Herbst 2003 in Baden der Waltraud B. Süßigkeiten weggenommen, indem Sie ein Fenster aufzwängten; im Sommer/Herbst 2003 in Baden Verfügungsberechtigten der Fa. Merkur eine Kiste Bier und eine Kiste Cola, indem Sie in den Lagerplatz eindrangen; im Sommer/Herbst 2003 in Baden und Mödling Verfügungsberechtigten der Fa. Media Print Bargeld, indem Sie mindestens 20 Zeitungskassen aufbrachen.

Sie haben wegzunehmen versucht, und zwar im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem zum Tatzeitpunkt strafunmündigen Gyno Z. als Mittäter am 27.11.2004 in Baden der Katharina S. Bargeld, indem Sie die Adventhütte aufbrachen. Sie, Alban G. und Wolfgang H. haben im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem zum Tatzeitpunkt strafunmündigen Gyno Z. als Mittäter weggenommen in der Nacht zum 29.11.2004 in Baden dem Thomas M. bzw. dem Friedrich St. Bargeld, indem Sie jeweils die Adventhütten aufbrachen; am 29.11.21004 in Bad Vöslau einem bislang unbekannt gebliebenen Geschädigten Bargeld, indem Sie die Adventhütte aufzubrechen trachteten, wobei Sie den Diebstahl an Sachen in einem insgesamt EUR 3.000,-- übersteigenden Wert auch durch Aufbrechen einer Sperrvorrichtung, sowie den Diebstahl durch Einbruch (§ 129) in der Absicht begingen bzw. zu begehen suchten, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Sie und Bela G. haben im Herbst 2003 in Baden im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter fremde Sachen (ein Fahrrad eines Unbekannten) beschädigt, indem Sie es die Stiegen hinunterwarfen und die Reifen zerstachen."

Mit Schreiben vom 30. Dezember 2004 sei der Erstbeschwerdeführer vom Ergebnis der Beweisaufnahme verständigt und ihm mitgeteilt worden, dass beabsichtigt sei, gegen ihn ein Aufenthaltsverbot zu erlassen. Er habe dazu eine Stellungnahme abgegeben. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Baden vom 31. Mai 2005 sei dann ein Aufenthaltsverbot verhängt worden, wogegen er Berufung erhoben habe.

Der Erstbeschwerdeführer sei weiters mit Urteil des Landesgerichtes Wiener Neustadt vom 8. November 2005 rechtskräftig wegen des Verbrechens des Diebstahls durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Z 1 und 2 und § 12 dritter Fall StGB, des Vergehens der Hehlerei nach § 164 Abs. 2 StGB und des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden.

"Sie wurden für schuldig befunden, als Beteiligter zusammen mit Ihrem Bruder im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten M. S. als Mittäter zwischen 26.07. und 27.07.2005 in Gänserndorf fremde bewegliche Sachen (Bargeld in der Höhe von EUR 65,-) mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtsmäßig zu bereichern, dem Verfügungsberechtigten der Wüstenrot Versicherung weggenommen zu haben, indem durch ein Fenster eingestiegen wurde. Sie haben weiters Bargeld, das ein Täter aus einem Diebstahl am 02.08.2005 in Gänserndorf erlangt hat, durch Geschenkannahme an sich gebracht. Sie haben auch zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt zwischen Jänner und August 2005 in Baden in wiederholten Angriffen sich ein unbares Zahlungsmittel, nämlich die Bankomatkarte Ihrer Mutter, über die Sie nicht verfügen durften, mit dem Vorsatz verschafft, dass Sie durch deren Verwendung im Rechtsverkehr unrechtmäßig bereichert wurden. Bei der Strafbemessung wertete das Gericht als mildernd Ihre untergeordnete Funktion und dass es teilweise beim Versuch geblieben ist. Als erschwerend wurden das Zusammentreffen mehrer strafbarer Handlungen, die einschlägigen Vorstrafen und der rasche Rückfall gewertet."

Hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers verwies die belangte Behörde auf die rechtskräftige Verurteilung (ebenfalls) vom 5. April 2005 wegen teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch sowie Körperverletzung (§§ 127, 129 Z 1, 2 und 3, 130 vierter Fall, 15; 83 Abs. 1 StGB) zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von acht Monaten. Weiters sei der Zweitbeschwerdeführer - wie auch sein Bruder - am 8. November 2005 wegen teils vollendeten, teils versuchten Diebstahls durch Einbruch, teils als Beteiligter, und wegen Hehlerei (§§ 127, 129 Z 1 und 2, 12 dritter Fall, 15; 164 Abs. 2 und 4 letzter Fall StGB) zu einer Freiheitsstrafe von neun Monaten verurteilt worden, wobei sechs Monate bedingt nachgesehen worden seien. Auch hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers listete die belangte Behörde die zahlreichen Straftaten gegen fremdes Vermögen auf und auch eine strafbare Handlung gegen die körperliche Integrität anderer Personen, die er am 7. März 2005 gegenüber einer namentlich genannten Person durch Versetzen von Faustschlägen ins Gesicht und durch Fußtritte verübt habe.

Gegen den Erstbeschwerdeführer bejahte die belangte Behörde die Gefährlichkeitsprognose nach § 60 Abs. 1 FPG und führte aus, dass wegen des bereits gesetzten Verhaltens weiterhin eine Gefahr für fremdes Vermögen anzunehmen sei. Die Häufigkeit der Tathandlungen und das zu verantwortende Verhalten ließen erkennen, dass der weitere Aufenthalt des Erstbeschwerdeführers in Österreich eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit und eine tatsächliche und hinreichende schwere Gefährdung, die ein Grundinteresse der Gesellschaft (Gefahr für das fremde Vermögen bzw. Eigentum) berühre, darstelle. Der Erstbeschwerdeführer habe das 18. Lebensjahr vollendet und sei damit kein Familienangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 12 FPG. Sein (österreichischer) Stiefvater habe sein Recht auf Freizügigkeit nicht in Anspruch genommen, weshalb der Erstbeschwerdeführer kein begünstigter Drittstaatsangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 11 FPG sei.

Zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Zweitbeschwerdeführer zog die belangte Behörde die Bestimmung des § 86 Abs. 1 FPG mit der Begründung heran, dass dieser das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet habe und somit Familienangehöriger im Sinn des § 2 Abs. 4 Z 12 FPG sei. Sein Verhalten stelle eine Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit dar und es würde die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet. Sein weiterer Aufenthalt bilde eine Gefährdung eines Grundinteresses der Gesellschaft (Schutz fremden Vermögens).

Zu den persönlichen Verhältnissen der Beschwerdeführer verwies die belangte Behörde darauf, dass diese am 4. Oktober 1996 zusammen mit ihrer Mutter illegal nach Österreich gereist seien. Die Asylverfahren seien rechtskräftig abgeschlossen worden und es sei festgestellt worden, dass deren Abschiebung nach Serbien und Montenegro (früher Bundesrepublik Jugoslawien), Provinz Kosovo, gemäß § 57 Fremdengesetz 1997 zulässig sei. Gegen diesen Bescheid sei zur Zl. 2004/21/0050 eine Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof anhängig.

Die Mutter der Beschwerdeführer habe am 27. Februar 2004 einen österreichischen Staatsangehörigen geheiratet und am 28. März 2006 eine Erstniederlassungsbewilligung erhalten. Dem Zusammenleben des Erstbeschwerdeführers mit seiner Mutter und dem Stiefvater sei auf Grund seiner Volljährigkeit nur mehr ein reduziertes Gewicht beizumessen. Hinsichtlich des Zweitbeschwerdeführers sei dessen Beziehung zu seinem Stiefvater deshalb als gemindert zu gewichten, weil jener mit Urteil vom 21. Oktober 2005 wegen des Verbrechens des sexuellen Missbrauchs und Missbrauchs eines Autoritätsverhältnisses zum Nachteil des Zweitbeschwerdeführers zu einer Freiheitsstrafe von 18 Monaten verurteilt und in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen worden sei. Auch der Zweitbeschwerdeführer habe mittlerweile ein Alter erreicht, in dem er durch eigenen Erwerb den Lebensunterhalt bestreiten könnte. Hinsichtlich beider Beschwerdeführer verwies die belangte Behörde schließlich darauf, dass diese bereits als Strafunmündige strafbare Handlungen verübt hätten. Der Erstbeschwerdeführer sei zuletzt keiner Beschäftigung nachgegangen.

Bei beiden Beschwerdeführern könne das der belangten Behörde eingeräumte Ermessen nicht zu deren Gunsten ausgeübt werden und es seien die Aufenthaltsverbote auch nach § 66 (iVm § 60 Abs. 6) FPG dringend geboten und zulässig.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die gegen diese Bescheide erhobenen Beschwerden wegen des persönlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden und nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 60 Abs. 1 FPG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z 1) oder anderen im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z 2). Eine solche bestimmte Tatsache liegt nach § 60 Abs. 2 FPG (u.a.) bei einer Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Monaten, zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als sechs Monaten oder bei einer mehr als einmaligen rechtskräftigen Verurteilung wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen vor (Z 1).

§ 86 FPG lautet einschließlich der Überschrift auszugsweise:

Sonderbestimmungen für den Entzug der Aufenthaltsberechtigung und für verfahrensfreie Maßnahmen

§ 86. (1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes ihren Hauptwohnsitz ununterbrochen seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.

(2) ...

..."

Somit ist das Verhalten des bei Erlassung des angefochtenen Bescheides noch nicht einmal 16 Jahre alten minderjährigen Zweitbeschwerdeführers am Maßstab des fünften Satzes des § 86 Abs. 1 FPG zu messen.

Auch wenn trotz der Mehrdeutigkeit der Begründung des zweitangefochtenen Bescheides zu Grunde gelegt wird, dass die belangte Behörde diesen Maßstab ("nachhaltige und maßgebliche Gefährdung") angelegt hat, kann sich der Gerichtshof dem Ergebnis nicht anschließen. Es ist zwar der belangten Behörde zuzustimmen, dass der Zweitbeschwerdeführer durch sein vielfaches strafbares Verhalten dokumentiert habe, trotz Bewährungshilfe nicht gewillt zu sein, die zum Schutz (vor allem) von fremdem Vermögen aufgestellten Normen zu beachten. Es darf aber nicht übersehen werden, dass der Zweitbeschwerdeführer bei der letzten ihm vorgeworfenen Straftat (am 2. August 2005) erst wenig älter als 15 Jahre war, zu diesem Zeitpunkt das Aufenthaltsverbot in erster Instanz noch nicht erlassen war und er bei Erlassung des zweitinstanzlichen Aufenthaltsverbotes das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hatte. Weiters liegen ihm zwar vielfache Vermögensdelikte zur Last, jedoch nur ein einziges Delikt gegen die körperliche Integrität anderer Personen. Er hat auch keine Suchtgiftdelikte begangen. Somit kann das Aufenthaltsverbot gegen den Zweitbeschwerdeführer auch im Rahmen der Beurteilung nach § 66 (iVm § 60 Abs. 6) FPG nicht Bestand haben (vgl. auch das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom 22. März 2007 "Maslov gegen Österreich", NL 2007, 86).

Hingegen erweist sich das gegen den Erstbeschwerdeführer erlassene Aufenthaltsverbot als rechtmäßig. Dieser ist wegen zahlreicher Vermögensdelikte zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zehn Monaten, einer teilbedingten Freiheitsstrafe von 15 Monaten und einer unbedingten Freiheitsstrafe von sieben Monaten verurteilt worden; er hat trotz Androhung fremdenpolizeilicher Maßnahmen sein Fehlverhalten fortgesetzt.

Der Erstbeschwerdeführer bestreitet nicht seine rechtskräftigen Verurteilungen und das von der belangten Behörde festgestellte, diesen zu Grunde liegende Fehlverhalten. Davon ausgehend wurde der Tatbestand des § 60 Abs. 2 Z 1 FPG (in allen seinen Varianten) verwirklicht.

Weiters bestehen keine Bedenken gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die Prognose nach § 60 Abs. 1 FPG zu seinen Lasten aufzustellen sei und es wäre im Blick auf sein einem Besserungswillen völlig widersprechenden Fehlverhalten auch - wie von der belangten Behörde angedeutet - die einen höheren Maßstab fordernde Prognose nach § 86 Abs. 1 FPG gegen ihn zu treffen.

Gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 1 FPG ist ein Aufenthaltsverbot, würde dadurch in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK (diese Konventionsbestimmung nennt die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung, die Verhinderung von strafbaren Handlungen, den Schutz der Gesundheit und der Moral und den Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) genannten Ziele dringend geboten ist. Ein Aufenthaltsverbot darf gemäß § 60 Abs. 6 iVm § 66 Abs. 2 FPG jedenfalls dann nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung. Bei dieser Abwägung ist auf die Dauer des Aufenthaltes und das Ausmaß der Integration des Fremden oder seiner Familienangehörigen und die Intensität der familiären oder sonstigen Bindungen Bedacht zu nehmen.

Auch wenn der Erstbeschwerdeführer die ihm angelasteten Straftaten noch als Minderjähriger verübt hat, müssen die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbotes höher gewichtet werden als seine gegenläufigen Interessen. Bedeutsam ist nämlich das völlige Fehlen von integrationsbegründenden Umständen. Wegen seiner Volljährigkeit ist er auf ein Zusammenleben mit seiner Mutter nicht mehr angewiesen. Da er eine Integration in Österreich in keiner Weise geschafft hat, kommt dem Beschwerdeeinwand, er habe (auch) in seinem Heimatland keine sozialen Bindungen, keine maßgebliche Bedeutung zu.

Unter diesen Umständen ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen den Erstbeschwerdeführer im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung nach § 66 (iVm § 60 Abs. 6) FPG als zulässig zu werten und es sprechen auch keine Ermessensgesichtspunkte gegen das Aufenthaltsverbot.

Nach dem Gesagten war der den Zweitbeschwerdeführer betreffende Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben, die Beschwerde des Erstbeschwerdeführers hingegen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 28. Februar 2008

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