VwGH 2007/16/0039

VwGH2007/16/003929.3.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Höfinger, Dr. Köller, Dr. Thoma und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pfau, in der Beschwerdesache der ID in R, vertreten durch Puttinger, Vogl & Partner, Rechtsanwälte in 4910 Ried im Innkreis, Claudistraße 5, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Linz, vom 5. Jänner 2005, Zl. RV/0550-L/03, betreffend Erbschaftssteuer, zu Recht erkannt:

Normen

B-VG Art140 Abs7;
ErbStG §1 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
B-VG Art140 Abs7;
ErbStG §1 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z1;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am 28. September 1990 schlossen AD als Übergeberin und deren Sohn und dessen Ehegattin, die Beschwerdeführerin, als Übernehmer einen Übergabevertrag auf den Todesfall in Form eines Notariatsaktes.

Mit Schreiben vom 31. Jänner 2003 teilte die Beschwerdeführerin der Abgabenbehörde mit, dass ihre Schwiegermutter am 14. Jänner 2003 verstorben sei.

Mit Bescheid vom 11. Juli 2003 wurde für die Beschwerdeführerin im Hinblick auf den Erwerb von Todes wegen nach AD die Erbschaftssteuer mit EUR 2.292,76 festgesetzt.

In ihrer dagegen erhobenen Berufung brachte die Beschwerdeführerin vor, bei dem gegenständlichen Rechtserwerb handle es sich nicht um eine Schenkung auf den Todesfall nach § 2 Abs. 1 Z 2 ErbStG, sondern um eine Übergabe auf den Todesfall. Der Steuerbemessung sei der damalige dreifache Einheitswert der Liegenschaft zu Grunde zu legen. Unter Berücksichtigung eines Freibetrages von EUR 6.000,-- ergebe sich somit eine Bemessungsgrundlage für die Schenkungssteuer in Höhe von EUR 839,37. Die Schenkungssteuer betrage somit EUR 67,15.

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde ausgeführt, es seien alle Voraussetzungen für die Annahme einer Schenkung auf den Todesfall (in der Form eines Notariatsakes, der von der Beschwerdeführerin unterzeichnet worden sei, und in dem ein grundbücherlich gesichertes Belastungs- und Veräußerungsverbot enthalten gewesen sei) erfüllt. Die Beschwerdeführerin habe das Vorliegen einer Schenkung auf den Todesfall zwar bestritten, gegen das Vorliegen der tatbestandsmäßigen Voraussetzungen jedoch keinen Einwand erhoben.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. Die Beschwerdeführerin erachtet sich u. a. in ihrem Recht auf Festsetzung von Erbschaftssteuer auf Basis einer Bemessungsgrundlage von EUR 3.826,23 im Sinne der §§ 18 ff sowie auf Nichtfestsetzung von Erbschaftssteuer im Ausmaß von EUR 2.292,76 verletzt.

Mit Beschluss vom 25. Jänner 2007, A 2007/0002-1, stellte der Verwaltungsgerichtshof im Beschwerdefall gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, die Z 1 des § 1 Abs. 1 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955, BGBl. 141, mit der Wortfolge "1. der Erwerb von Todes wegen," als verfassungswidrig aufzuheben.

Mit Erkenntnis vom 7. März 2007, G 54/06-15 u.a., hob der Verfassungsgerichtshof auch aus Anlass des vorliegenden Beschwerdefalles § 1 Abs. 1 Z 1 des Bundesgesetzes vom 30. Juni 1955 betreffend die Erhebung einer Erbschafts- und Schenkungssteuer (Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz 1955), BGBl. 141, als verfassungswidrig auf.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Ist ein Gesetz wegen Verfassungswidrigkeit aufgehoben worden oder hat der Verfassungsgerichtshof gemäß Abs. 4 ausgesprochen, dass ein Gesetz verfassungswidrig war, so sind gemäß Art. 140 Abs. 7 B-VG alle Gerichte und Verwaltungsbehörden an den Spruch des Verfassungsgerichtshofes gebunden. Auf die vor der Aufhebung verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles ist jedoch das Gesetz weiterhin anzuwenden, sofern der Verfassungsgerichtshof nicht in seinem aufhebenden Erkenntnis anderes ausspricht. Hat der Verfassungsgerichtshof in seinem aufhebenden Erkenntnis eine Frist gemäß Abs. 5 gesetzt, so ist das Gesetz auf alle bis zum Ablauf dieser Frist verwirklichten Tatbestände mit Ausnahme des Anlassfalles anzuwenden.

Der Beschwerdefall bildet einen Anlassfall für den verfassungsgerichtlichen Ausspruch, dass die angewendete und vom Verwaltungsgerichtshof anzuwendende Gesetzesstelle verfassungswidrig war.

Dadurch, dass die belangte Behörde den angefochtenen Abgabenbescheid auf diese die Abgabenvorschreibung tragende Gesetzesstelle gestützt hat, belastete sie diesen mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes.

Der angefochtene Bescheid waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 29. März 2007

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte