Normen
FamLAG 1967 §10 Abs2;
FamLAG 1967 §10 Abs4;
FamLAG 1967 §3;
FamLAG 1967 §50y Abs2 idF 2004/I/142;
FlKonv Art1;
Rechtsstellung der Flüchtlinge Protokoll 1974;
VwRallg;
FamLAG 1967 §10 Abs2;
FamLAG 1967 §10 Abs4;
FamLAG 1967 §3;
FamLAG 1967 §50y Abs2 idF 2004/I/142;
FlKonv Art1;
Rechtsstellung der Flüchtlinge Protokoll 1974;
VwRallg;
Spruch:
Soweit der angefochtene Bescheid Familienbeihilfe für März 2003 bis einschließlich April 2004 betrifft, wird er wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben. Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von 991,20 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer ist mit seiner Gattin und seinen Kindern I., geb. 1998, R., geb. 1995, P., geb. 1994, und M., geb. 1986, am 19. März 2003 nach Österreich eingereist. Er, seine Gattin und seine Kinder haben am 19. März 2003 Asylanträge gestellt. Mit Bescheiden vom 23. März 2005 wurde den Asylanträgen gemäß § 7 Asylgesetz 1997, BGBl. I Nr. 76/1997 (AsylG) stattgegeben und gemäß § 12 AsylG festgestellt, dass den Antragstellern kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
In den Bescheiden wurde ausgeführt:
"Gemäß §7 AsylG hat die Behörde Asylwerbern auf Antrag mit Bescheid Asyl zu gewähren, wenn glaubhaft ist, dass ihnen im Herkunftsstaat Verfolgung (Artikel 1 Abschnitt A Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention) droht und keiner der in Artikel 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.
Gemäß § 12 AsylG ist die Entscheidung, mit der Fremden von Amts wegen aufgrund Asylantrages Asyl gewährt wird, mit der Feststellung zu verbinden, dass dem Fremden damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.
Das Bundesasylamt gelangt aufgrund des amtswegigen Ermittlungsverfahrens zur Ansicht, dass alle Voraussetzungen der Asylgewährung vorliegen"
Am 26. April 2005 stellte der Beschwerdeführer der Antrag auf Gewährung der Familienbeihilfe für seine Kinder ab 19. März 2003.
Das Finanzamt wies den Antrag vom 26. April 2005 auf Gewährung der Familienbeihilfe für die Zeit vom März 2003 bis Februar 2005 ab. Zur Begründung führte es aus, mit Bundesgesetz, BGBl. I Nr. 142/2004, sei § 3 Abs. 2 FLAG 1967 geändert worden. Bei der Gewährung der Familienbeihilfe seien österreichischen Staatsbürgern nun nicht mehr Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention gleichgestellt, sondern lediglich Personen ab dem Zeitpunkt, zu dem ihnen Asyl nach dem AsylG zuerkannt worden sei. Maßgeblich sei das Datum des Asylbescheides.
In der Berufung gegen diesen Bescheid beantragte der Beschwerdeführer, die Familienbeihilfe im Sinne des Antrages vom 26. April 2005 zu gewähren. § 3 Abs. 2 FLAG 1967 bestimme, dass Abs. 1 für Personen nicht gelte, denen Asyl nach dem AsylG gewährt worden sei. Im Beschwerdefall sei Asyl gewährt worden und es stehe daher für die Kinder unabhängig vom Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses im Sinne des § 3 Abs. 1 FLAG Familienbeihilfe ab dem Tag der Asylantragstellung zu. Die Asylgewährung durch die Asylbehörde bestätige lediglich die Flüchtlingseigenschaft im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention und wirke daher jedenfalls auf den Zeitpunkt der Asylantragstellung zurück. Es müsse daher auch ab dem Zeitpunkt der Asylantragstellung Familienbeihilfe gewährt werden.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Gemäß § 3 Abs. 1 FLAG 1967 hätten Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt seien und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet bezögen. Gemäß § 3 Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004, gelte Abs. 1 nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhielten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem AsylG gewährt worden sei. In Bezug auf die Familienbeihilfe seien somit nicht (mehr) Flüchtlinge im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, sondern Personen ab dem Zeitpunkt, zu dem ihnen tatsächlich Asyl nach dem AsylG zuerkannt worden sei, den österreichischen Staatsbürgern gleichgestellt. Maßgeblich sei das Datum des Asylbescheides.
Nach § 50y Abs. 2 FLAG 1967 sei § 3 Abs. 2 idF Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2004 mit 1. Mai 2004 in Kraft getreten; ausgenommen seien jene Fälle, in denen bis einschließlich des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt worden sei. Somit sei, wenn bis einschließlich des Tages der Kundmachung des Gesetzes (der 15. Dezember 2004) Asyl nach dem AsylG gewährt worden sei, aus Gründen des Vertrauensschutzes der Entscheidung über einen Anspruch auf die Familienbeihilfe die günstigere "alte" Rechtslage zugrunde zu legen gewesen. Nach der alten Rechtslage hätte Personen, denen Asyl gewährt worden sei, die Familienbeihilfe rückwirkend ab dem Monat gewährt werden können, in dem der Antrag auf Gewährung von Asyl gestellt worden sei. Im gegenständlichen Fall seien aber die Bescheide, mit denen dem Beschwerdeführer, seiner Gattin, und den Kindern gemäß § 7 AsylG Asyl gewährt worden sei, erst am 23. März 2005 ergangen. Die alte Rechtslage könne somit nicht mehr angewendet werden. Nach der Neuregelung sei aber für die Gewährung der Familienbeihilfe das Datum des Asylbescheides maßgeblich.
Der Verfassungsgerichtshof hat die Behandlung der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde mit Beschluss vom 28. November 2005, B 3295/05, abgelehnt. Er hat darauf verwiesen, dass in Anbetracht des großen Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der Gewährung familienfördernder Maßnahmen (Hinweis auf VfSlg. 8605/1979 und 14.694/1996) und der verfassungsrechtlich unbedenklichen Übergangsbestimmung die behauptete Rechtsverletzung wegen Anwendung rechtswidriger genereller Normen so wenig wahrscheinlich sei, dass die Beschwerde keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Mit Beschluss vom 26. Jänner 2006 hat der Verfassungsgerichtshof die Beschwerde gemäß Art 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 3 FLAG idF vor der mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz, BGBl. I Nr. 142/2004, vorgenommenen Änderung lautet:
"(1) Personen, die nicht österreichische Staatsbürger sind, haben nur dann Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn sie im Bundesgebiet bei einem Dienstgeber beschäftigt sind und aus dieser Beschäftigung Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit oder zufolge einer solchen Beschäftigung Bezüge aus der gesetzlichen Krankenversicherung im Bundesgebiet beziehen; kein Anspruch besteht jedoch, wenn die Beschäftigung nicht länger als drei Monate dauert. Kein Anspruch besteht außerdem, wenn die Beschäftigung gegen bestehende Vorschriften über die Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer verstößt.
(2) Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und für Flüchtlinge im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974.
(3) Ist der Elternteil, der den Haushalt überwiegend führt (§ 2a Abs. 1), nicht österreichischer Staatsbürger, genügt für dessen Anspruch auf Familienbeihilfe, wenn der andere Elternteil österreichischer Staatsbürger ist oder die Voraussetzungen nach Abs. 1 oder 2 erfüllt."
Artikel 22 des Pensionsharmonisierungsgesetzes, BGBl. I Nr. 142/2004, lautet auszugsweise:
"Änderung des Familienlastenausgleichsgesetzes 1967
Das Familienlastenausgleichsgesetz 1967, BGBl. Nr. 376, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I Nr. 110/2004, wird wie folgt geändert:
1. § 3 Abs. 2 lautet:
"(2) Abs. 1 gilt nicht für Personen, die sich seit mindestens sechzig Kalendermonaten ständig im Bundesgebiet aufhalten, sowie für Staatenlose und Personen, denen Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."
- 2. ...
- 3. ...
- 4. Nach § 50x wird folgender § 50y eingefügt:
"§ 50y.
(1) § 39j Abs. 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2004 tritt mit 1. Jänner 2005 in Kraft.
(2) Die §§ 3 Abs. 2 und 38a Abs. 3 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 142/2004 treten mit 1. Mai 2004 in Kraft. Ausgenommen sind jene Fälle, in denen bis einschließlich des Tages der Kundmachung dieses Bundesgesetzes Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt wurde."
Vor dem Verwaltungsgerichtshof bringt der Beschwerdeführer vor, nach der Genfer Flüchtlingskonvention habe die Asylgewährung lediglich deklarativen Charakter und wirke auf den Zeitpunkt der Einreise zurück. Dem Beschwerdeführer und seinen Familienangehörigen sei Asyl nach dem Asylgesetz 1997 gewährt worden. Daher seien die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 FLAG 1967 idF BGBl. I Nr. 142/2004 erfüllt, und zwar rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Einreise nach Österreich am 19. März 2003. Dem Gesetzeswortlaut sei nicht zu entnehmen, dass Asylwerbern, denen erst nach dem 15. Dezember 2004 Asyl gewährt worden sei, kein rückwirkender Anspruch auf Familienbeihilfe zukomme. Es könne nicht dem Beschwerdeführer angelastet werden, in welchem Zeitpunkt die Asylbehörden über den Asylantrag entscheiden.
Gegenständlich ist unstrittig, dass ein Fall, in dem bis zur Kundmachung des Pensionsharmonisierungsgesetzes, das ist der 15. Dezember 2004, bereits Asyl gewährt worden ist, nicht vorliegt. Auf den Beschwerdefall findet daher die Regelung des zweiten Satzes des § 50y Abs. 2 FLAG 1967 keine Anwendung.
Für den Beschwerdefall ist solcherart von Bedeutung, dass auf Grund der Regelung des ersten Satzes des § 50y Abs. 2 FLAG 1967, die mit dem Pensionsharmonisierungsgesetz vorgenommene Änderung des § 3 Abs. 2 FLAG 1967 mit 1. Mai 2004 in Kraft getreten ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist die Frage, ob für einen bestimmten Zeitraum Familienbeihilfe zusteht, anhand der rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten im Anspruchszeitraum zu beantworten (siehe die hg. Erkenntnisse vom 29. September 2004, 2000/13/0103, 24. September 2002, 96/14/0125, vom 27. März 2002, 2000/13/0104, vom 21. Februar 2001, 96/14/0139, und vom 24. Oktober 2000, 95/14/0119). Der gesetzlich festgelegte Anspruchszeitraum für die Familienbeihilfe ist, wie sich dies den Regelungen des § 10 Abs. 2 und 4 FLAG entnehmen lässt, der Monat. Das Bestehen des Familienbeihilfenanspruches für ein Kind kann somit je nach dem Eintritt von Änderungen der Sach- und/oder Rechtslage von Monat zu Monat anders zu beurteilen sein (siehe das hg. Erkenntnis vom 28. November 2001, 96/13/0076).
Aus dieser Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshof zur Frage der jeweils maßgeblichen Rechtslage ergibt sich für den Beschwerdefall:
Für die Frage, ob im Zeitraum ab Mai 2004 ein Beihilfenanspruch besteht, ist, wie sich dies aus § 50y Abs. 2 erster Satz FLAG 1967 ergibt, § 3 leg. cit. in der durch das Pensionsharmonisierungsgesetz geänderten Fassung maßgeblich, was zur Folge hat, dass der Beihilfenanspruch erst ab der tatsächlichen Asylgewährung (im Beschwerdefall März 2005) besteht. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers erweist sich die Rechtsansicht der belangten Behörde als richtig, dass die novellierte Fassung ihrem klaren Wortlaut nach für die Anspruchsvoraussetzungen der Familienbeihilfe darauf abstellt, ob tatsächlich bereits Asyl gewährt worden ist.
Für vor dem Mai 2004 liegende Zeiträume (im Beschwerdefall für den Zeitraum März 2003 bis April 2004) richtet sich der Beihilfenanspruch hingegen nach § 3 FLAG 1967 in der Fassung vor der durch das Pensionsharmonisierungsgesetz vorgenommenen Änderung, was zur Folge hat, dass auf die Eigenschaft als Flüchtlinge im Sinne des Art. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951, BGBl. Nr. 55/1955, und des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974, abzustellen ist.
Die belangte Behörde hat sohin in Bezug auf den Beihilfenanspruch für den Zeitraum März 2003 bis April 2004 die Rechtslage verkannt, indem sie auch für diesen Zeitraum darauf abgestellt hat, ob tatsächlich bereits Asyl gewährt worden ist. Der angefochtene Bescheid erweist sich daher in diesem Umfang als mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes belastet und war somit insoweit gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 8. Februar 2007
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