Normen
FSG 1997 §24 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
FSG 1997 §24 Abs4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 19. April 2006 wurde der Beschwerdeführer in Erledigung seiner Vorstellung gegen den Mandatsbescheid vom 10. März 2006 gemäß § 24 Abs. 4 FSG aufgefordert, sich innerhalb von zwei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides zum Zwecke der Überprüfung, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B noch gegeben seien, von einem Amtsarzt untersuchen zu lassen. In der Begründung verwies die Erstbehörde darauf, dass der Beschwerdeführer in der Vergangenheit verbotene Suchtmittel konsumiert habe. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bregenz vom 4. August 2005 sei seine Lenkberechtigung unter der Auflage von Kontrolluntersuchungen eingeschränkt worden. Er habe in der Folge eine fachärztliche Stellungnahme vom 6. Feber 2006 vorgelegt, aus der hervorgehe, dass beim Beschwerdeführer derzeit unter der Voraussetzung einer anhaltenden Drogenabstinenz eine uneingeschränkte Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klasse B bestehe. Aus dem "Ende des Schreibens vom 06.02.2006" ergebe sich, dass nach wie vor die Gefahr regelmäßigen Suchtmittelkonsums bestehe.
Der dagegen erhobenen Berufung gab die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid keine Folge und bestätigte den Erstbescheid. In der Begründung verwies die belangte Behörde auf die Ausführungen im erstinstanzlichen Bescheid und hob hervor, beim Beschwerdeführer sei die Gefahr regelmäßigen Suchtmittelkonsums nach wie vor gegeben, "welcher nur durch eine weitere Untersuchung begegnet werden" könne.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des FSG lauten (auszugsweise):
"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung
§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:
...
3. gesundheitlich geeignet sind, ein Kraftfahrzeug zu lenken (§§ 8 und 9),
...
Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung
Allgemeines
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
- 1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder
- 2. die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken.
...
(4) Bestehen Bedenken, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind, ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen. Bei Bedenken hinsichtlich der fachlichen Befähigung ist ein Gutachten gemäß § 10 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung zu entziehen. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.
..."
Die im Beschwerdefall einschlägigen Bestimmungen der FSG-GV lauten (auszugsweise):
"Allgemeine Bestimmungen über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen
§ 3. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen einer bestimmten Fahrzeugklasse im Sinne des § 8 FSG gesundheitlich geeignet gilt, wer für das sichere Beherrschen dieser Kraftfahrzeuge und das Einhalten der für das Lenken dieser Kraftfahrzeuge geltenden Vorschriften
1. die nötige körperliche und psychische Gesundheit besitzt,
...
Um die gesundheitliche Eignung nachzuweisen, ist der Behörde ein ärztliches Gutachten gemäß § 8 Abs. 1 oder 2 FSG vorzulegen.
...
Gesundheit
§ 5. (1) Als zum Lenken von Kraftfahrzeugen hinreichend gesund gilt eine Person, bei der keine der folgenden Krankheiten festgestellt wurde:
...
4. schwere psychische Erkrankungen gemäß § 13 sowie:
- a) Alkoholabhängigkeit oder
- b) andere Abhängigkeiten, die das sichere Beherrschen des Kraftfahrzeuges und das Einhalten der für das Lenken des Kraftfahrzeuges geltenden Vorschriften beeinträchtigen könnten,
...
Alkohol, Sucht- und Arzneimittel
§ 14. (1) Personen, die von Alkohol, einem Sucht- oder Arzneimittel abhängig sind oder den Konsum dieser Mittel nicht so weit einschränken können, dass sie beim Lenken eines Kraftfahrzeuges nicht beeinträchtigt sind, darf, soweit nicht Abs. 4 anzuwenden ist, eine Lenkberechtigung weder erteilt noch belassen werden. Personen, bei denen der Verdacht einer Alkohol-, Suchtmittel- oder Arzneimittelabhängigkeit besteht, haben eine fachärztliche psychiatrische Stellungnahme beizubringen.
...
(5) Personen, die alkohol-, suchtmittel- oder arzneimittelabhängig waren oder damit gehäuften Missbrauch begangen haben, ist nach einer befürwortenden fachärztlichen Stellungnahme und unter der Auflage ärztlicher Kontrolluntersuchungen eine Lenkberechtigung der Gruppe 1 zu erteilen oder wiederzuerteilen."
Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in ständiger Judikatur die Auffassung, Voraussetzung für die Erlassung eines Aufforderungsbescheides nach § 24 Abs. 4 FSG seien begründete Bedenken in der Richtung, dass der Inhaber einer Lenkberechtigung die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen derjenigen Klassen, die von seiner Lenkberechtigung erfasst werden, nicht mehr besitzt. Hierbei gehe es zwar noch nicht darum, konkrete Umstände zu ermitteln, aus denen bereits mit Sicherheit auf das Fehlen einer Erteilungsvoraussetzung geschlossen werden kann, es müssten aber genügend begründete Bedenken in dieser Richtung bestehen, die die Prüfung des Vorliegens solcher Umstände geboten erscheinen lassen. Im Zusammenhang mit einem Suchtmittelkonsum des Inhabers einer Lenkberechtigung wäre ein Aufforderungsbescheid rechtens, wenn ausreichende Anhaltspunkte für den Verdacht bestünden, dem Betreffenden fehle infolge Suchtmittelabhängigkeit (oder wegen Fehlens der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung) die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 13. Dezember 2005, Zl. 2005/11/0191, mwN).
Ferner hat der Verwaltungsgerichtshof im zitierten Erkenntnis auf seine Rechtsprechung hingewiesen, wonach ein Aufforderungsbescheid nur dann zulässig sei, wenn im Zeitpunkt seiner Erlassung (im Fall einer Berufungsentscheidung im Zeitpunkt der Erlassung des Berufungsbescheides) von Seiten der Behörde (nach wie vor) begründete Bedenken bestehen.
Daher ist entscheidend, dass die belangte Behörde ohne konkrete eigene Sachverhaltsfeststellungen von den Ausführungen der erstinstanzlichen Behörde ausging, es bestehe beim Beschwerdeführer nach wie vor die Gefahr "regelmäßigen Suchtgiftkonsums". Auch die erstinstanzliche Behörde präzisierte dies nicht näher, verwies aber auf das "Ende" der fachärztlichen Stellungnahme vom 6. Feber 2006.
In dieser Stellungnahme heißt es auszugsweise wie folgt:
" ...
Führerscheinsituation:
Den FS hätte der Untersuchte (im Folgenden U. genannt) seit 1/2 a; keine Delikte mit Alkohol oder Drogen, eine Geschwindigkeitsübertretung; Kontrollen: 29.8., 26.9., 24.10., 28.11, und am 22.12.05, der letzte Termin aber vergeblich, da die Beraterin nicht da gewesen und er vor verschlossenen Türen gestanden sei. Ein letzter Termin erfolgte am 1.2.06, die THC-Kontrolle im Harn waren jeweils negativ.
...
Beurteilung:
Der U. macht bei Z. n. schädlichem Cannabisgebrauch (F12.1) einen stabilen Eindruck. Er sei seit über 1/2 a clean, gibt sich hinsichtlich sämtlicher illegaler Drogen abstinenzmotiviert und hat die erforderlichen Kontrollen verlässlich durchgeführt. Es gibt keine Hinweise auf ein Rezidiv.
Er hat unter Beweis gestellt, dass er ohne regelmäßigen THC-Konsum zurecht kommen kann und erscheint durchaus geordnet und ist offensichtlich psychosozial integriert. Zwingende Hinweise auf Verschlechterungstendenz bestehen nicht. Daher besteht derzeit keine Indikation für laufende Kontrollen oder eine fachärztliche Nachuntersuchung mehr.
Psychiatrische Stellungnahme hinsichtlich Lenkeignung
Bei Herrn ... (dem Beschwerdeführer) besteht derzeit unter der Voraussetzung einer anhaltenden Drogenabstinenz eine uneingeschränkte Eignung zum Lenken von KFZ der FS-Klasse(n) B."
Daraus ergibt sich jedenfalls, dass der Beschwerdeführer zumindest bereits seit August 2005 keinen Suchtmittelkonsum aufweist, weil seit damals die in der Stellungnahme erwähnten häufigen Suchtmittelkontrollen "jeweils negativ" waren.
Die belangte Behörde hat somit offensichtlich die Auffassung vertreten, sie könne den Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs. 4 FSG auf ein Konsumverhalten des Beschwerdeführers stützen, das (bezogen auf den Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides im August 2006) bereits etwa ein Jahr davor geendet hatte. Diese Auffassung steht mit der zitierten Judikatur nicht im Einklang (vgl. etwa auch das hg. Erkenntnis vom 22. Feber 2007, Zl. 2004/11/0004). Davon abgesehen hat die belangte Behörde aber auch nicht schlüssig dargelegt, aus welchen Erwägungen sie - als Voraussetzung der in Rede stehenden Aufforderung nach der oben beschriebenen Judikatur - den Verdacht auf eine aktuelle Suchtmittelabhängigkeit (oder auf die fehlende Bereitschaft zur Verkehrsanpassung) des Beschwerdeführers hegen müsse. Wie bereits erwähnt, finden sich weder im erstinstanzlichen noch im angefochtenen Bescheid Feststellungen, wann - und wie häufig - der Beschwerdeführer zuletzt Suchtmittel konsumiert hat. Auch aus der Stellungnahme des Facharztes vom 6. Feber 2006 ergeben sich keine Hinweise oder ein Verdacht auf eine aktuelle Suchtmittelabhängigkeit, sondern im Gegenteil wird darin darauf verwiesen, dass "keine Indikation für laufende Kontrollen oder eine fachärztliche Nachuntersuchung mehr" bestehe. Auch damit lässt sich somit die gegenständliche Aufforderung nicht begründen.
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 27. September 2007
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