VwGH 2006/09/0196

VwGH2006/09/019624.5.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Händschke und Dr. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerden der EB in Wien, vertreten durch Mag. Hans Harald Lepsinger, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Paulanergasse 13/3. Stock, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien jeweils vom 7. Juni 2006, Zlen. UVS- 07/A/3/31/2006 (hg. protokolliert zu Zl. 2006/09/0196) und UVS- 07/A/3/33/2006 (hg. protokolliert zu Zl. 2006/09/0207), jeweils betreffend Bestrafung(en) nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:

Normen

AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs7;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
VStG §24;
AuslBG §28 Abs1 Z1 lita;
AuslBG §28 Abs7;
AuslBG §3 Abs1;
AVG §37;
AVG §45 Abs2;
VStG §24;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 51,50 (insgesamt EUR 103,00) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den im Instanzenzug ergangenen Bescheiden der belangten Behörde vom 7. Juni 2006 wurde die Beschwerdeführerin jeweils schuldig erkannt, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit als zur Vertretung nach außen Berufene der A GmbH gemäß § 9 Abs. 1 VStG zu verantworten, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin mit Sitz in W am 18. Mai 2004 Frau V (erstangefochtener Bescheid), und am 28. Juli 2004 Frau B und Frau M (zweitangefochtener Bescheid), jeweils näher bezeichnete tschechische bzw. slowakische Staatsangehörige als Animierdamen beschäftigt habe, ohne dass für diese Ausländerinnen eine der (näher umschriebenen) arbeitsmarktbehördlichen Bewilligungen vorgelegen sei.

Die Beschwerdeführerin habe dadurch in jedem dieser Fälle pro beschäftigter Ausländerin jeweils eine Übertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG) begangen. Es wurden jeweils gemäß § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a zweiter Strafsatz AuslBG im erstangefochtenen Bescheid eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 2.800,--, und im zweitangefochtenen Bescheid in Höhe von je EUR 2.800,-- (im Nichteinbringungsfall in allen Fällen jeweils Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt.

Die belangte Behörde gab zunächst den Akteninhalt und die Inhalte der Aussagen der in den (betreffend alle Vorfälle gemeinsam geführten) mündlichen Verhandlungen vom 26. April 2006 und 7. Juni 2006 einvernommenen Zeugen wieder. Sie führte zusammengefasst ihre Erwägungen zur Glaubwürdigkeit dieser Zeugen aus.

Die Zeugen BI (der Ehemann der Beschwerdeführerin) und G (die Barfrau) hätten im unmittelbaren Eindruck persönlich unglaubwürdig, ihre Aussagen ausweichend, konstruiert und widersprüchlich gewirkt. Sie seien erkennbar bemüht gewesen, den wahren Sachverhalt zu verschleiern, um die Beschwerdeführerin nicht zu belasten. Die Zeuginnen V und L (zwei der angetroffenen Ausländerinnen, wobei es sich bei L um die inzwischen verheiratete B handelt) hätten eingeschüchtert und instruiert, persönlich unglaubwürdig und nicht gewillt gewirkt, den wahren Sachverhalt darzustellen. Auch die erstmals in der öffentlichen mündlichen Verhandlung erhobene Behauptung, die Angaben der Ausländerinnen in den (Anmerkung: anlässlich der Amtshandlung vom 1. Oktober 2004 von den bei der Kontrolle angetroffenen Ausländerinnen ausgefüllten) Personenblättern seien auf Druck durch die Erhebungsbeamten erfolgt, habe zwischen den Zeugen B und G abgesprochen gewirkt. Die Zeugin L habe diesbezüglich instruiert und erkennbar unglaubwürdig gewirkt.

Hingegen hätten die Zeugen O, M und S (jeweils in den einzelnen Fällen amtshandelnde Organe) als unbefangen, sachlich und glaubwürdig gewirkt. Sie hätten keinen Anlass geboten, an der Wahrheit und Richtigkeit ihrer Angaben sowohl in den den Verfahren zu Grunde liegenden Anzeigen als auch in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zu zweifeln.

Die belangte Behörde begründete die Unterlassung weiterer Einvernahmen damit, dass diese Zeugen unbekannten Aufenthaltes seien und stellte jeweils folgenden Sachverhalt fest:

"Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nimmt daher auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse als erwiesen an, dass die verfahrensgegenständliche(n) Ausländerin(nen) in der M Bar als Animierdame(n) auf Basis prozentueller Beteiligung an den von Gästen konsumierten Getränken tätig war(en) und dies anlässlich der Kontrolle gegenüber den einschreitenden Organen sowohl von der/n Ausländerin(nen) als auch von der Bardame bestätigt wurde. Dabei macht es keinen Unterschied, dass die Getränkeprozente nicht von der Berufungswerberin oder ihrem Ehemann selbst, sondern von der von der A GmbH als Bardame beschäftigten Zeugin G ausbezahlt wurden. Dem Vorbringen, dass dies durch die Bardame aus eigener Tasche erfolgt sei, schenkte der Unabhängige Verwaltungssenat Wien keinen Glauben, da dies nicht nur lebensfern ist, sondern die diesbezüglichen Zeugenaussagen auch erkennbar nicht wahrheitsgemäß waren. Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien nimmt vielmehr als erwiesen an, dass die Zeugin G die, wie die Berufungswerberin in ihrer Berufung selbst ausführte, in Vertretung des Lokalbetreibers von den Kunden das Entgelt für die konsumierten Getränke kassierte, ebenso in Vertretung des Lokalbetreibers die darauf entfallenden Trinkprozente an die Ausländerinnen ausbezahlte.

Weiters ist auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse als erwiesen anzusehen, dass die, in dem Barraum in aufreizender Kleidung aufhältige(n) Frau(en) ihre Straßenkleidung und persönlichen Gegenstände in einem separierten, abgeschlossenen Personalumkleide- und Aufenthaltsraum, in einem dort befindlichen Spind, über dessen Schlüssel sie verfügte(n), aufbewahrt hatte(n)."

In rechtlicher Sicht gelangte die belangte Behörde zum Ergebnis, dass "die gebotene Gesamtbetrachtung der festgestellten Faktoren", insbesondere die Bezahlung von Provisionen für das Animieren und die Möglichkeit, dass die jungen, aufreizend bekleideten Ausländerinnen in einem Hinterzimmer einer Bar ihre Privatkleidung in einem Spind aufbewahrten, im Hinblick auf näher angeführte hg. Rechtsprechung das Vorliegen eines zumindest arbeitnehmerähnlichen Verhältnisses der Ausländerinnen zur A GmbH ergebe.

Die Beschwerdeführerin habe zumindest fahrlässig gehandelt. Dass sie die "operative Führung" des gegenständlichen Lokals ihrem Ehemann überlassen habe, vermöge sie im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG nicht zu entschuldigen, weil sie kein Vorbringen erstattet habe, dass sie sich davon überzeugt habe, dass ihr Ehemann das Lokal im Sinne des Gesetzes führe.

Es liege kein fortgesetztes Delikt vor, weil das Verhalten der Beschwerdeführerin über einen allgemeinen Entschluss, ihrem unternehmensintern beauftragten Ehemann völlig freie Hand zu lassen, wodurch sie ihm auch die Möglichkeit gegeben habe, bei sich bietender Gelegenheit eine Reihe von der GmbH zuzurechnenden Verwaltungsdelikten zu begehen, nicht hinausgehe und solches von der Beschwerdeführerin auch nicht behauptet worden sei.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden, Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machenden Beschwerden. Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Verbindung der Beschwerden auf Grund ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung über diese erwogen:

Die Beschwerdeführerin rügt in ihren im Wesentlichen inhaltsgleichen Beschwerden die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung. Ihr ist entgegenzuhalten, dass die Beweiswürdigung ein Denkprozess ist, der nur insofern einer Überprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof zugänglich ist, als es sich um die Schlüssigkeit dieses Denkvorganges handelt bzw. darum, ob die Beweisergebnisse, die in diesem Denkvorgang gewürdigt wurden, in einem ordnungsgemäßen Verfahren ermittelt worden sind. Die Schlüssigkeit der Erwägungen innerhalb der Beweiswürdigung unterliegt daher der Kontrollbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes, nicht aber deren konkrete Richtigkeit (vgl. zB. das hg. Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3. Oktober 1985, Zl. 85/02/0053). Die Beschwerdeausführungen lassen aber Zweifel an der Schlüssigkeit der von der belangten Behörde detailliert dargelegten Erwägungen zur Beweiswürdigung nicht aufkommen, insbesondere schon im Hinblick auf den Inhalt der in sich nicht stimmigen Aussagen der als unglaubwürdig erachteten Zeugen B, G, L und V - die Protokollierung dieser Aussagen wurde von der Beschwerdeführerin nicht als unrichtig gerügt - und des in den angefochtenen Bescheiden wiedergegebenen persönlichen Eindrucks, den die belangte Behörde anlässlich der Einvernahme dieser Zeugen in der mündlichen Verhandlung gewinnen konnte.

Die Beschwerdeführerin stellt eine aus den als unwahr erachteten Aussagen abgeleitete Behauptung den Ausführungen der belangten Behörde gegenüber, ohne dass dargelegt würde, aus welchen Gründen die Beweiswürdigung der belangten Behörde unschlüssig, d.h. unzureichend, widersprüchlich oder unvollständig wäre. Einer solchen Darlegung bedürfte es aber, weil die Beweiswürdigung der belangten Behörde nicht schon mit der Behauptung mit Erfolg angegriffen werden kann, dass auch ein anderes (gegenteiliges) Ergebnis schlüssig begründbar gewesen wäre.

Wenn die Beschwerdeführerin rügt, dass Frau B nicht als Zeugin einvernommen worden sei, so verkennt sie, dass es sich dabei um die in der Zwischenzeit verheiratete, einvernommene, jedoch als unglaubwürdig erachtete Zeugin L handelt. Die Rüge, Frau C und Frau M seien rechtswidriger Weise nicht einvernommen worden, erweist sich als verfehlt, weil die belangte Behörde diese Zeuginnen an den bekannten Anschriften zur Verhandlung geladen hatte, diese jedoch unbekannten Aufenthaltes waren und sich eine Adresse, an der hätte rechtsgültig zugestellt werden können, nicht ermitteln ließ. Wenn sich die Beschwerdeführerin schließlich auf eine Frau O beruft, so dürfte ihr diesbezüglich ein Fehler sowohl in der mündlichen Verhandlung als auch in der Beschwerde unterlaufen (und in Wahrheit B gemeint) sein, weil eine Frau O in den Verwaltungsakten nicht aufscheint. Sollte es sich aber tatsächlich um eine andere Person als Frau B handeln, so hat die Beschwerdeführerin weder einen konkreten Sachverhalt vorgebracht, den O hätte aussagen sollen, noch deren Adresse bekannt gegeben.

Auch die rechtliche Beurteilung der belangten Behörde ist nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die Beschwerdeführerin verkennt, dass es ihr nach der Bestimmung des § 28 Abs. 7 AuslBG, die eine Rechtsvermutung im Sinne des Vorliegens eines der Bewilligungspflicht unterliegenden Beschäftigungsverhältnisses normiert und es dem Beschuldigten im Sinne einer Beweislastumkehr überlässt, den Nachweis für das Fehlen eines solchen Beschäftigungsverhältnisses zu erbringen, oblegen gewesen wäre, glaubhaft zu machen, dass eine unberechtigte Beschäftigung nicht vorlag. Diese Glaubhaftmachung ist der Beschwerdeführerin jedoch nicht gelungen, da sie weder konkrete Umstände, aus denen auf eine selbständige Tätigkeit der Ausländerinnen hätte geschlossen werden können, noch eine Unentgeltlichkeitsvereinbarung glaubhaft gemacht hat. Dass aber die Rechtsvermutung des § 28 Abs. 7 AuslBG insbesondere dann greift, wenn Ausländer ihre persönlichen Dinge in Räumlichkeiten verwahren, zu denen Betriebsfremde keinen Zutritt haben, wie etwa in Spinden, die sich in für Betriebsfremde nicht zugänglichen Hinterzimmern befinden, hat der Verwaltungsgerichtshof schon wiederholt ausgeführt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom 15. Dezember 1999, Zl. 99/09/0078, und vom 21. September 2005, Zl. 2004/09/0083). Zu Recht hat die belangte Behörde auch die Vereinbarung von prozentuellen Provisionen für das Animieren zum Genuss von Getränken in ihre Wertung als arbeitnehmerähnliche Tätigkeit einbezogen (vgl. zB. das hg. Erkenntnis vom 14. November 2002, Zl. 99/09/0167).

Auch die Ausführungen der belangten Behörde zum Verschulden der Beschwerdeführerin entsprechen der Rechtslage. Die Beschwerdeführerin hat Kontrollmaßnahmen, die die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch von ihr beauftragte Personen hätten gewährleisten sollen, in keinem Stadium des Verwaltungsstrafverfahrens konkret dargetan. Im Sinne des § 5 Abs. 1 VStG ist im Falle von Ungehorsamsdelikten - und die Übertretung des § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a AuslBG gilt als solches (vgl. das hg. Erkenntnis vom 4. September 2006, Zl. 2003/09/0081) -

aber die Beschuldigte gehalten, initiativ alles vorzubringen, was zu ihrer Entlastung dienlich sein könnte. Es ist nicht Sache der Behörde, die Beschwerdeführerin zu einem solchen Vorbringen anzuleiten. Daran kann der nicht konkretisierte Hinweis der Beschwerdeführerin auf ihre gesundheitliche Beeinträchtigung durch eine "Kopfschussverletzung" nichts ändern.

Insofern die Beschwerdeführerin vorbringt, es läge ein fortgesetztes Delikt vor, so ist dies schon deshalb verfehlt, weil es sich bei den hier verfahrensgegenständlichen Beschäftigungszeiten um die jeweils ersten Tatzeiten handelt, betreffend derer die Behörde eine Strafe aussprach.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 24. Mai 2007

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte