VwGH 2006/06/0331

VwGH2006/06/033125.9.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fritz, über die Beschwerde des Mag. HB in W, vertreten durch den zum Verfahrenshelfer bestellten Mag. Sebastian Lesigang, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Wagramer Straße 19, gegen die Bescheide der Vollzugskammer beim Oberlandesgericht Wien (beide) vom 27. Juli 2006, 1 Vk 116/06 (protokolliert zu 2006/06/0331), bzw. 1 Vk 110/06 (protokolliert zu Zl. 2006/06/0332), betreffend Antrag auf Gewährung von Tischbesuch in der Untersuchungshaft, zu Recht erkannt:

Normen

StPO §183 Abs1;
StPO §188 Abs1;
StPO §188 Abs3;
StVG §153 ;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;
StPO §183 Abs1;
StPO §188 Abs1;
StPO §188 Abs3;
StVG §153 ;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z2;

 

Spruch:

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde jeweils ein Ansuchen des Beschwerdeführers, der sich zurzeit im Landesgericht für Strafsachen Wien in Untersuchungshaft befindet, betreffend die Gewährung eines sogenannten Tischbesuches bzw. einmal auch betreffend die Besuchsdauer zurückgewiesen. Dies wurde in den angefochtenen Bescheiden zusammengefasst jeweils damit begründet, dass nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Hinweis auf das Erkenntnis vom 26. Juli 2001, Zl. 98/20/0209) die Bestimmungen des StVG ein subjektiv-öffentliches Recht auf die Art der Durchführung des Besuchsrechtes, insbesondere auch den Empfang eines Tischbesuches, nicht einräumten.

In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 183 Abs. 1 StPO sind auf die Anhaltung in Untersuchungshaft die Bestimmungen des Strafvollzugsgesetzes über den Vollzug von Freiheitsstrafen, deren Strafzeit achtzehn Monate nicht übersteigt, dem Sinne nach anzuwenden, es sei denn, dass in dieser Strafprozessordnung etwas Besonderes bestimmt ist.

Gemäß § 188 Abs. 1 StPO stehen die Entscheidung darüber, mit welchen Personen die Untersuchungshäftlinge schriftlich verkehren und telefonieren und welche Besuche sie empfangen dürfen, die Überwachung des Briefverkehrs, der Telefongespräche und der Besuche sowie alle übrigen Anordnungen und Entscheidungen, die sich auf den Verkehr der Untersuchungshäftlinge mit der Außenwelt (§§ 86 bis 100 StVG) beziehen, mit Ausnahme der Überwachung der Paketsendungen, dem Untersuchungsrichter zu.

Im Übrigen stehen gemäß § 188 Abs. 3 StPO alle Anordnungen und Entscheidungen hinsichtlich der Anhaltung in Untersuchungshaft dem Anstaltsleiter oder den von diesem dazu bestellten Vollzugsbediensteten zu.

Gemäß § 153 StVG gelten für den Vollzug von Freiheitsstrafen, deren Strafzeit achtzehn Monate nicht übersteigt, die §§ 131 bis 133 und 147 bis 152 dem Sinne nach, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt wird.

Bei den verfahrensgegenständlichen Entscheidungen über die Anträge des Beschwerdeführers auf Gewährung eines Tischbesuches bzw. einmal auch auf eine Besuchsdauer von einer Stunde handelt es sich um Entscheidungen, die sich auf den Verkehr der Untersuchungshäftlinge mit der Außenwelt beziehen, bzw. die die Überwachung eines Besuches in der Strafanstalt betreffen. Dem Leiter der Justizanstalt kam daher in dieser Angelegenheit keine Zuständigkeit zu. Die belangte Behörde hätte daher rechtens die Entscheidungen der Anstaltsleitung vom 12. Juli 2006 bzw. vom 19. Juni 2006 wegen Unzuständigkeit aufheben müssen. Die Unzuständigkeit der Anstaltsleitung für eine Entscheidung in erster Instanz stellt für die belangte Behörde, die über das erhobene Rechtsmittel jedenfalls zu entscheiden hatte, formell gesehen eine Rechtswidrigkeit des Inhaltes dar (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1986, VwSlg. Nr. 12.006/A).

Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich im Rahmen des konkreten Begehrens auf die §§ 47 ff VwGG (insbesondere § 52) i. V.m. der Verordnung, BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. September 2007

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