VwGH 2005/04/0086

VwGH2005/04/008612.12.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Bayjones, Dr. Grünstäudl und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schenk, über die Beschwerde

1. der MM und 2. des AM, beide in K und vertreten durch Dr. Klaus Reisch und Dr. Anke Reisch, Rechtsanwälte in 6370 Kitzbühel, Franz-Reisch-Straße 11a/Alfons-Petzold-Weg 3, gegen den Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 19. November 2004, Zl. BMWA-556.100/5040-IV/5/2004, betreffend zwangsweise Einräumung von Dienstbarkeiten gemäß § 57 Gaswirtschaftsgesetz (mitbeteiligte Partei: T - E T GmbH in I, vertreten durch Dr. Heinz Knoflach, Dr. Eckart Söllner, Dr. Erik R. Kroker und Dr. Simon Tonini, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Schmerlingstraße 2), zu Recht erkannt:

Normen

EnergiewirtschaftsG 1935 §11;
EnergiewirtschaftsG 1935 §4;
GWG 2000 §3 Z1;
GWG 2000 §4 Abs1 Z2;
GWG 2000 §4 Abs1 Z3;
GWG 2000 §4 Abs2;
GWG 2000 §47 Abs3;
GWG 2000 §57 Abs1;
GWG 2000 §57;
EnergiewirtschaftsG 1935 §11;
EnergiewirtschaftsG 1935 §4;
GWG 2000 §3 Z1;
GWG 2000 §4 Abs1 Z2;
GWG 2000 §4 Abs1 Z3;
GWG 2000 §4 Abs2;
GWG 2000 §47 Abs3;
GWG 2000 §57 Abs1;
GWG 2000 §57;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit vom 19. November 2004 wurde in Spruchpunkt I. wie folgt abgesprochen (Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):

"Aufgrund des Antrages der mitbeteiligten Partei vom 31. Juli 2002 werden gemäß §§ 57, 58 iVm §§ 70, 78 des Bundesgesetzes, mit dem Neuregelungen auf dem Gebiet der Erdgaswirtschaft erlassen werden (Gaswirtschaftsgesetz - GWG), BGBl. I Nr. 148/2002, zu Gunsten der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 14. Jänner 2003, Zl. IIIa1- E 45.028/12 nach Maßgabe des mit Genehmigungsvermerk versehenen Einreichprojektes vom 11. November 2002, GZ I 137/AD-0907/Rev.O, bewilligten Erdgasflächenversorgungsleitung da90 PN1 im Bereich S und zu Lasten der im Eigentum der Erstbeschwerdeführerin (Anteil 192/328) und des Zweitbeschwerdeführers (Anteil 136/328), stehenden Grundstücke Nr. 274 und 277, EZ 396, Grundbuch 82107 K L, folgende Dienstbarkeitsrechte zwangsweise eingeräumt:

Gegenstand und Umfang der Dienstbarkeiten:

Die mitbeteiligte Partei hat das Recht:

a) auf den Grundstücken Nr. 274 und 277, EZ 396, Grundbuch 82107 K L, die Leitung in einem Servitutsstreifen von 1 m (0,5 m beiderseits der Leitungsachse) auf der mit Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 14. Jänner 2003, Zl. IIIa1-

E 45.028/12, genehmigten Trasse in dem in der Natur vorhandenen Weg zu verlegen,

b) diese Anlage zu betreiben, zu überprüfen,

instandzuhalten, im Rahmen der erteilten Bewilligung zu erneuern und umzubauen, und zu diesem Zwecke die Grundstücke Nr. 274 und 277, EZ 396, Grundbuch 82107 K L, im Wegbereich durch die hiezu bestellten oder beauftragten Personen zu betreten und zu befahren sowie Baustoffe und Baugeräte an- und abzutransportieren,

c) für den Bau auf den Grundstücken Nr. 274 und 277, EZ 396, Grundbuch 82107 K L, einen Arbeitsstreifen in der Breite des in der Natur vorhandenen Weges zeitlich auf die Dauer der Bauarbeiten beschränkt, sowohl für sich selbst als auch für die mit der Ausführung der Bauarbeiten beauftragten Unternehmen nützen zu können.

Die Beschwerdeführer sind verpflichtet

d) die mitbeteiligte Partei von beabsichtigten

Arbeiten auf den Grundstücken Nr. 274 und 277, EZ 396, Grundbuch 82107 K L, im Wegbereich so zeitgerecht zu verständigen, dass von der mitbeteiligten Partei (auf ihre eigenen Kosten) eine entsprechende Sicherheitsaufsicht beigestellt werden kann."

Mit Spruchpunkt II. wies die belangte Behörde den Antrag der Beschwerdeführer, das Enteignungsansuchen der mitbeteiligten Partei "zurückzuweisen, in eventu abzuweisen, als rechtlich und sachlich unbegründet" ab.

Begründend führt die belangte Behörde im Wesentlichen aus, im vorliegenden Fall sei der konkrete Bedarf gegeben, da die Errichtung der gegenständlichen Erdgasleitung im öffentlichen Interesse liege. Die von der mitbeteiligten Partei in Aussicht genommenen Enteignungsobjekte seien jedenfalls geeignet, diesen konkreten Bedarf zu decken, da die rechtskräftig genehmigte Leitungstrasse über sie verlaufe. Es sei unmöglich, den konkreten Bedarf anders als durch Enteignung zu decken, da mit den Grundeigentümern keine privatrechtliche Einigung über die Einräumung der für die privatrechtliche Absicherung der gegenständlichen Erdgasleitung notwendigen Dienstbarkeitsrechte zu Stande gekommen sei, wodurch die "gaswegerechtliche" Bewilligung der Leitung nach den Bestimmungen des GWG erst notwendig geworden sei.

Mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. September 2003 liege für das gegenständliche Erdgasleitungsprojekt eine rechtskräftige gasrechtliche Baubewilligung (gemäß § 45, § 47 Abs. 2 sowie §§ 71, 72 GWG iVm § 60 Abs. 2 Z. 2 GWG) vor, in der die Leitungsanlage u.a. hinsichtlich ihrer Dimension, aber auch bezüglich ihrer Trasse festgelegt worden sei. Ein Abweichen von der rechtskräftig genehmigten Trasse sei im Enteignungsverfahren nicht möglich, da Gegenstand dieses Verfahrens lediglich die Einräumung der erforderlichen Dienstbarkeitsrechte und die Festsetzung der angemessenen Entschädigung sei. Wollte man die genehmigte Trasse nicht bloß geringfügig ändern, wobei die Führung der Trasse über neue Grundstücke bereits ex lege niemals geringfügig sein könne, bedürfte dieser Vorgang einer neuerlichen Genehmigung, jedenfalls aber eines ergänzenden Baubewilligungsverfahrens.

Die Realisierung des Projektes durch die mitbeteiligte Partei erfolge in Erfüllung des öffentlichen Auftrages im Sinne der §§ 4, 5 GWG und liege daher dem Grunde nach im öffentlichen Interesse. Die gegenständliche Erdgasleitung diene - entgegen der Darstellung der Beschwerdeführer - keineswegs bloß zu Heizzwecken, sondern der Versorgung mit Erdgas. Aber auch bei einer Versorgungstätigkeit, die nur Heizzwecken diene, handle es sich grundsätzlich um eine im öffentlichen Interesse liegende "öffentliche Versorgung". Das öffentliche Interesse an Energieversorgung durch Erdgas bestehe nicht nur zu Gunsten derjenigen Personen, die noch über keine Energieversorgung bzw. Heizung verfügten. Auch eine Differenzierung danach, ob das jeweils zu versorgende Objekt ganzjährig bewohnt werde bzw. welche Gasmengen abgenommen würden, sei nicht zulässig. Das Argument der Beschwerdeführer, wonach ein öffentliches Interesse an Versorgung mit dem umweltschonenden Primärenergieträger Erdgas im vorliegenden Fall nicht gegeben sei, da das primär zu versorgende Objekt bereits mit einer Ölheizung ausgestattet sei und überdies nicht ganzjährig bewohnt werde, könne daher nicht verfangen. Wenn die Beschwerdeführer monierten, dass mit der gegenständlichen Gasleitungsanlage zwar vorläufig nur ein Haus versorgt werden solle, die Dimension aber so gewählt worden sei, um auch noch weitere Objekte erschließen zu können, so sei dazu zu bemerken, dass für einen Grundeigentümer die auftretende Belastung bzw. Gefährdung nur von der Dimension oder allenfalls von der Druckstufe der Leitung, aber nicht von der Anzahl der versorgten Endabnehmer abhänge.

Auch die Höhe einer allfälligen Entschädigung für die Grundinanspruchnahme habe sich nach den geltenden Entschädigungsgrundsätzen immer nur am "Wert des Genommenen", d.h. am tatsächlich für den Grundeigentümer eingetretenen Schaden, keinesfalls aber an der über die Leitung transportierten Erdgasmenge zu orientieren. Der Schaden für den betroffenen Grundeigentümer bestehe im einzuhaltenden Dienstbarkeitsstreifen mit einer Breite von 1 m, auf dem die mitbeteiligte Partei die zwangsweise Einräumung des Rechts anstrebe, die gegenständliche Leitung "da90" (dh Außendurchmesser 9 cm) zu errichten, zu betreiben und instandzuhalten. Der 1 m breite Dienstbarkeitsstreifen fiele allerdings auch für eine noch kleiner dimensionierte Leitung nicht weniger breit aus. Daher komme es zu keinem zusätzlichen Eingriff in die subjektiv-öffentlichen Rechte der Beschwerdeführer dadurch, dass die gegenständliche Leitungsanlage vorausschauend nicht nur für ein einziges Haus bzw. für einen einzigen Haushalt dimensioniert worden sei, sondern auch dem weiteren Ausbau der Flächenversorgung diene. Vielmehr entspreche es gerade dem vom Verfassungsgerichtshof vorgegebenen Grundsatz, wonach nur im unbedingt notwendigen Ausmaß in fremdes Eigentum eingegriffen werden dürfe, wenn möglichst viele Objekte aus einer einzigen, von Anfang an ausreichend dimensionierten Leitung versorgt würden und nicht für jedes zu versorgende Objekt eine neue Erdgasleitung errichtet bzw. für jeden neu hinzukommenden Gasanschluss eine Leitungserweiterung mit den damit einhergehenden Belästigungen für die betroffenen Anrainer vorgenommen werden müsse. Aus dem vom Amt der Tiroler Landesregierung übermittelten Planmaterial sei kein "zur Verfügung stehendes" öffentliches Gut im Sinne des § 57 GWG erkennbar, über das die Erschließung des primär zu versorgenden Objekts, ausgehend von der bestehenden Erdgasleitung, unter Beachtung der Vorgaben der §§ 4 und 5 GWG möglich wäre.

Von der Erstbehörde sei auch die nach Maßgabe der technischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Möglichkeiten vom Gesetz vorrangig vorgesehene Inanspruchnahme öffentlichen Gutes im Zuge einer Variantenprüfung geprüft worden. Die neben der gegenständlichen, rechtskräftig bewilligten Trasse sonst in Frage kommenden Varianten seien von der Erstbehörde im Einklang mit den gesetzlichen Grundlagen mit dem Ziel untersucht worden, festzustellen, ob für die Leitungsverlegung auch öffentliches Gut zur Verfügung stehe, da in diesem Fall die Enteignung privater Grundstücke nicht zulässig wäre. Die Erstbehörde sei dabei zu dem nachvollziehbaren Schluss gekommen, dass zum einen eine Trassenführung ausschließlich auf öffentlichem Gut nicht möglich sei, und dass zum anderen die bereits rechtskräftig genehmigte, dem Verfahren zu Grunde liegende Trasse die kürzeste bzw. wirtschaftlich vorteilhafteste Lösung darstelle. Die Erstbehörde sei bei der Beurteilung der vom Sachverständigen angegebenen Kosten für die grundsätzlich in Frage kommenden Trassenvarianten zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Relationen zwischen den zu erwartenden Projektskosten nachvollziehbar und schlüssig festgestellt worden seien. Die diesbezüglichen Darlegungen des Sachverständigen, denen die Beschwerdeführer nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten seien, seien in ihrem Ergebnis nicht unschlüssig. Selbst wenn man vergleichbare Verlegungsbedingungen unterstellen wollte - was zumindest hinsichtlich der geprüften Variante 3 offenbar nicht zutreffe -, würden sich bei den drei in Frage kommenden Varianten Trassenlängen von 260 m, 253 m und 122 m ergeben. Schon auf Grund dieser Tatsache müsse der Wirtschaftlichkeitsvergleich im Sinne der §§ 4 und 5 GWG deutlich zu Gunsten der eingereichten Trasse mit einer Länge von ca. 33 m ausfallen.

2. Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof (VfGH). Mit Beschluss des VfGH vom 1. März 2005, B 5/05-4, wurde die Behandlung der Beschwerde ablehnt und die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

3. In der vor dem Verwaltungsgerichtshof ergänzten Beschwerde beantragen die Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

4. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete - ebenso wie die mitbeteiligte Partei - eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Rechtslage:

Die im Beschwerdefall (gemäß § 76a Abs. 1 GWG) maßgeblichen Bestimmungen des Gaswirtschaftsgesetzes, BGBl. I Nr. 121/2000 idF BGBl. I Nr. 148/2002 (GWG), lauten:

"Ziele

§ 3. Ziel dieses Bundesgesetzes ist es,

1. der österreichischen Bevölkerung und Wirtschaft

Erdgas umweltfreundlich, kostengünstig, ausreichend und sicher und in hoher Qualität zur Verfügung zu stellen und dessen effizienten Einsatz, insbesondere auch bei der Umwandlung von Strom und Wärme, zu gewährleisten;

...

Gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen

§ 4. (1) Den Netzbetreibern werden nachstehende gemeinwirtschaftliche Verpflichtungen im Allgemeininteresse auferlegt:

...

2. der Abschluss von privatrechtlichen Verträgen mit

Endverbrauchern über den Anschluss an ihre Erdgasleitungsanlagen (Allgemeine Anschlusspflicht);

3. die Erreichung der im § 3 angeführten Ziele mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln;

...

(2) Netzbetreiber haben die bestmögliche Erfüllung der ihnen gemäß Abs.1 im Allgemeininteresse auferlegten Verpflichtungen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln anzustreben.

...

Genehmigung von Erdgasleitungsanlagen

§ 47. (1) Erdgasleitungsanlagen dürfen unbeschadet der Bestimmung des § 44 Abs. 3 nur mit Genehmigung der Behörde errichtet, erweitert, geändert und betrieben werden.

...

(3) Die Genehmigung einer Erdgasleitungsanlage ist zu versagen, wenn die Errichtung, Erweiterung oder Änderung der Anlage mit den Zielen des § 3 unvereinbar ist oder einen Netzbetreiber daran hindern würde, die ihm auferlegten gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen gemäß § 4 zu erfüllen und diese Versagungsgründe nicht durch die Vorschreibung von Auflagen beseitigt werden können. Die Energie-Control Kommission hat über Antrag eines Netzbetreibers das Vorliegen zumindest eines dieser Versagungsgründe innerhalb von zwei Monaten ab Einlangen des Antrags bescheidmäßig festzustellen. Der antragstellende Netzbetreiber hat das Vorliegen dieser Versagungsgründe nachzuweisen. Bis zur Entscheidung der Energie-Control Kommission hat die Behörde das Genehmigungsverfahren gemäß § 38 AVG auszusetzen.

(4) Eine Versagung gemäß Abs. 3 ist unzulässig, wenn die Erdgasleitungsanlage ausschließlich zur Versorgung eines einzigen Endverbrauchers errichtet und betrieben wird.

...

Enteignung

Enteignungsvoraussetzung

§ 57. (1) Eine Enteignung durch die Entziehung oder die Beschränkung von Grundeigentum oder Rechten ist zulässig, wenn dies für die Errichtung der Fern- oder Verteilerleitung erforderlich und im öffentlichen Interesse gelegen ist. Ein öffentliches Interesse liegt jedenfalls nicht vor, wenn bereits eine Erdgasleitungsanlage in dem betreffenden Gebiet rechtmäßig besteht oder in Planung ist und die bestehenden oder geplanten Kapazitäten nicht ausgelastet sind. Der Bewilligungswerber ist verpflichtet, für die Trassenführung der Erdgasleitungsanlage nach Möglichkeit öffentliches Gut vorzusehen, es sei denn, der Bewilligungswerber hat bereits vor Antragstellung mit allen betroffenen privaten Grundstückseigentümern Vereinbarungen über die Trassenführung geschlossen und dies der Behörde nachgewiesen. Erst wenn öffentliches Gut in dem betreffenden Gebiet nicht zur Verfügung steht, können private Grundstücke für die Erdgasleitungsanlage enteignet werden.

(2) Die Enteignung umfasst:

1. die Einräumung von Dienstbarkeiten an unbeweglichen

Sachen;

2. die Abtretung von Eigentum an Grundstücken;

3. die Abtretung, Einschränkung oder Aufhebung anderer

dinglicher Rechte an unbeweglichen Sachen und solcher Rechte, deren Ausübung an einen bestimmten Ort gebunden ist.

(3) Von der im Abs. 2 Z 2 angeführten Maßnahme darf nur in jenen Fällen Gebrauch gemacht werden, wenn die übrigen im Abs. 2 angeführten Maßnahmen nicht ausreichen.

..."

2. Nach § 57 Abs. 1 erster Satz GWG ist eine Enteignung nur zulässig, wenn sie für die Errichtung der Fern- oder Verteilerleitung erforderlich und im öffentlichen Interesse gelegen ist.

3. Zur Erforderlichkeit nach § 57 Abs. 1 GWG:

Die Beschwerdeführer wenden in ihrer Beschwerdeergänzung gegen den angefochtenen Bescheid ein, nach den Grundsätzen des Enteignungsrechtes dürfe eine Enteignung nur in dem unbedingt für den beabsichtigten Zweck erforderlichen Umfange erfolgen. Im Beschwerdefall sei die Enteignung aber für eine Gasleitung von solcher Dimension erfolgt, die derzeit noch überhaupt nicht gebraucht werde und für die auch gar nicht fest stehe, ob und in welchem Umfang bzw. für wen sie gebraucht werde.

Die Beschwerdeführer bestreiten nicht, dass im Beschwerdefall mit Bescheid der belangten Behörde vom 24. September 2003 bereits eine diesbezügliche rechtskräftige gasrechtliche Genehmigung vorliegt. Insoweit sie vorbringen, gegen diesen Bescheid "behänge" eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, ist darauf zu verweisen, dass diese mit hg. Erkenntnis vom 6. April 2005, Zl. 2003/04/0173, als unbegründet abgewiesen worden ist.

Die von den Beschwerdeführern unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit nach § 57 Abs. 1 GWG in Zweifel gezogene Dimension der Erdgasleitung war bereits Gegenstand der rechtskräftig erteilten gasrechtlichen Genehmigung (vgl. insbesondere die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 14. Jänner 2003 enthaltene Projektsbeschreibung). Schon von daher gehen die Einwände der Beschwerdeführer gegen die Erforderlichkeit dieser Dimension der Erdgasleitung - nach den unbestrittenen Feststellungen des angefochtenen Bescheides 9 cm Außendurchmesser - fehl. Im Übrigen hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid zutreffend ausgeführt, dass der 1 m breite Dienstbarkeitsstreifen auch für eine kleiner dimensionierte Leitung nicht weniger breit ausfallen würde.

Die in § 57 Abs. 1 dritter und vierter Satz GWG vorgesehene Prüfung von Trassenvarianten hat die belangte Behörde nach den unbestrittenen Feststellungen im angefochtenen Bescheid vorgenommen.

Die Beschwerdeführer bestreiten auch nicht die im angefochtenen Bescheid enthaltenen Feststellungen, dass im Beschwerdefall trotz ernsthafter Bemühungen der mitbeteiligten Partei keine privatrechtlichen Benützungsverträge mit den Beschwerdeführern abgeschlossen werden konnten (vgl. insoweit zum Erfordernis von ernsthaften Bemühungen die Erläuterungen zu § 57 GWG in RV 66 BlgNR XXI. GP).

4. Zum öffentlichen Interesse nach § 57 Abs. 1 GWG:

Die Beschwerdeführer bringen gegen den angefochtenen Bescheid weiters vor, im Beschwerdefall sei das gemäß § 57 Abs. 1 GWG erforderliche öffentliche Interesse nicht gegeben. So benötige das Haus, welches durch die gegenständliche Gasleitung versorgt werden solle, keine Heizung, da es bereits über eine Ölheizung verfüge. Mit Sicherheit bestehe kein öffentliches Interesse am Austausch einer Ölheizung gegen eine Gasheizung. Auch sei dafür der Energieverbrauch zu untergeordnet. Zudem solle vorliegend kein ganzjährig bewohntes Haus mit Erdgas versorgt werden, sondern ein solches, das nur als Ferienwohnung benützt werde.

Gemäß § 3 Z. 1 GWG besteht ein öffentliches Interesse an der umweltfreundlichen, kostengünstigen, ausreichenden sowie sicheren Versorgung der österreichischen Bevölkerung und Wirtschaft mit Erdgas in hoher Qualität. Den Netzbetreibern werden in diesem Sinne durch § 4 GWG u. a. die gemeinwirtschaftliche Verpflichtung der allgemeinen Anschlusspflicht (§ 4 Abs. 1 Z 2 GWG) und der Erreichung der im § 3 GWG angeführten Ziele mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln (§ 4 Abs. 1 Z 3 GWG) im Allgemeininteresse (§ 4 Abs. 2 GWG) auferlegt. Diese solcherart vom Gesetzgeber normierten öffentlichen Interessen sind gemäß § 47 Abs. 3 GWG bei der Genehmigung einer Erdgasleitungsanlage zu berücksichtigen, der die Unvereinbarkeit des Projektes mit diesen öffentlichen Interessen als Versagungsgrund normiert. Insoweit sprechen auch die Erläuterungen zu § 57 GWG (RV 66 BlgNR XXI. GP) die Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung des antragstellenden Unternehmens als den angestrebten Zweck einer Enteignung an.

Im Beschwerdefall dient die gegenständliche Erdgasleitungsanlage der rechtskräftigen gasrechtlichen Genehmigung zufolge der Versorgung "von Kunden im Bereich Stockerdörfl", also einer Mehrheit von Endverbrauchern und somit dem öffentlichen Interesse der Versorgung der Bevölkerung mit Erdgas nach § 3 Z 1 GWG bzw. der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung der mitbeteiligten Partei nach § 4 Abs. 1 Z 2 und 3 GWG. Daher ist es auch ohne Belang, ob das vorerst zu versorgende Haus - wie von den Beschwerdeführern vorgebracht - bereits über eine Heizmöglichkeit verfügt oder nicht ganzjährig bewohnt werde, da dies an dem durch die rechtskräftige gasrechtliche Genehmigung verbindlich festgelegten öffentlichen Interesse der Versorgung auch von anderen Endverbrauchern iS des § 3 Z 1 GWG nichts zu ändern vermag (vgl. idS die zur Rechtslage nach den §§ 4 und 11 EnWG ergangenen hg. Erkenntnisse vom 2. Juni 2004, Zl. 2002/04/0028 bzw. Zlen. 2002/04/0060 bis 0062, mwN).

Dass im Beschwerdefall in dem betreffenden Gebiet bereits eine Erdgasleitungsanlage rechtmäßig besteht oder in Planung ist und die bestehenden oder geplanten Kapazitäten nicht ausgelastet sind, sodass gemäß § 57 Abs. 1 zweiter Satz GWG ein öffentliches Interesse dennoch nicht vorliegt, haben die Beschwerdeführer nicht vorgebracht. Auch im angefochtenen Bescheid findet sich hiefür kein Anhaltspunkt.

5. Da sich die Beschwerde sohin als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 12. Dezember 2007

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