Normen
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs2;
GewO 1994 §360 Abs1;
MinroG 1999 §178 Abs1;
AVG §56;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs2;
GewO 1994 §360 Abs1;
MinroG 1999 §178 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom 12. Oktober 2004 wurde die Berufung der Beschwerdeführerin gegen ein undatiertes, als "Auftrag" gemäß § 178 Abs. 1 MinroG bezeichnetes und an die Beschwerdeführerin adressiertes Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Eferding (im Folgenden: BH) mit dem Inhalt, mit sofortiger Wirkung die Fahrbewegungen von eigenen und fremden Lastkraftwägen, die zum Zu- und Abtransport von oder zu einer näher bezeichneten Schottergrube erfolgen, an Spitzentagen auf maximal 80 zu beschränken, als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde aus, mit rechtskräftigem Bescheid der BH vom 20. November 2003 sei der näher bezeichnete Gewinnungsbetriebsplan der Beschwerdeführerin unter Vorschreibung von Nebenbestimmungen genehmigt worden. Nach Punkt 1.3.1.03 dieser Nebenbestimmungen dürften an Spitzentagen maximal 40 LKW beladen werden, somit insgesamt maximal 80 Fahrbewegungen von zum Transport bestimmten Kraftfahrzeugen stattfinden. Die BH habe in dem in Rede stehenden Auftrag ihre Rechtsauffassung zu dieser Nebenbestimmung insoweit klargelegt, als daraus unzweifelhaft zu ersehen sei, dass sich die Zahl der LKW auf sämtliche Lastwagen, egal ob sie zum Bestand der Beschwerdeführerin zählen oder nicht, anzuwenden sei. Diese Beschränkung auf 80 Fahrbewegungen sei bereits mit dem Bescheid vom 20. November 2003 ausgesprochen worden.
Nach Wiedergabe der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen führte die belangte Behörde aus, der Aufbau des § 178 Abs. 1 MinroG entspreche dem des § 360 Abs. 1 GewO 1994, der wiederum expressis verbis davon handle, dass der Gewerbeausübende bzw. Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes zu verhalten sei. Erst wenn dieser Aufforderung nicht oder nicht vollständig nachgekommen werde, seien mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes erforderlichen Maßnahmen zu verfügen. Daher könne auch im Fall des § 178 Abs. 1 MinroG davon ausgegangen werden, dass das Rechtsinstrumentarium zur bloßen Erteilung eines Auftrages, einen vorschriftswidrigen Zustand binnen einer bestimmten Frist zu beheben und bei Vereitelung ein Verfahren nach VVG einzuleiten, als Verfahrensanordnung zu werten sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde als unbegründet.
Die Beschwerdeführerin erstattete eine Replik.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerdeführerin bringt gegen den angefochtenen Bescheid im Wesentlichen vor, dass ein Auftrag gemäß § 178 Abs. 1 MinroG nicht - wie von der belangten Behörde angenommen - bloß als Verfahrensanordnung, sondern als Bescheid zu qualifizieren sei. Demnach sei dagegen auch eine Berufung gemäß § 63 Abs. 2 AVG statthaft.
Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Mineralrohstoffgesetzes (MinroG), BGBl. I 1999/38, idF BGBl. I Nr. 21/2002, maßgebend:
"§ 174. (1) In Ausübung ihres Aufsichtsrechtes haben die Behörden die Einhaltung dieses Bundesgesetzes, der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen und der sonstigen von den Behörden anzuwendenden Rechtsvorschriften sowie der darauf beruhenden Anordnungen zu überwachen, besonders soweit sie
- 1. das Bergbauberechtigungswesen,
- 2. das Gewinnungsbetriebsplanwesen,
- 3. den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Personen, außer der Arbeitnehmer, und den Schutz von Sachen,
- 4. den Umweltschutz,
- 5. den Lagerstättenschutz,
- 6. den Oberflächenschutz,
- 7. die Sicherung der Oberflächennutzung nach Beendigung der Bergbautätigkeit und
8. die bergbauliche Ausbildung
betreffen.
...
V. Abschnitt
Allgemeine Anordnungsbefugnis der Behörden
§ 178. (1) Hat der Bergbauberechtigte, der Fremdunternehmer, ein durch Gericht oder Verwaltungsbehörde bestellter Verwalter (§ 143 Abs. 3), ein allfälliger Bevollmächtigter, Verantwortlicher nach § 17 Abs. 1 Z 4, § 71 Abs. 1 und § 87 Abs. 1, eine der von Fremdunternehmern nach § 134 Abs. 1 den Behörden bekanntzugebenden Personen, der Betriebsleiter oder der verantwortliche Markscheider sowie deren jeweiliger Vertreter, ein Betriebsaufseher oder sonst ein Arbeitnehmer im § 174 Abs. 1 angeführte Rechtsvorschriften außer Acht gelassen, so hat die Behörde dem Bergbauberechtigten, Fremdunternehmer oder Verwalter aufzutragen, den vorschriftswidrigen Zustand binnen angemessener Frist zu beheben. Wird diesem Auftrag nicht, nur unvollständig oder nicht zur gehörigen Zeit nachgekommen, so gilt das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991 mit der Maßgabe, dass als Vollstreckungsbehörde die Bezirksverwaltungsbehörde einzuschreiten hat."
Die im Bescheid der BH vom 20. November 2003 enthaltenen Nebenbestimmungen stellen Anordnungen gemäß § 174 Abs. 1 MinroG dar. § 178 Abs. 1 MinroG bestimmt, dass bei Außerachtlassung von Vorschriften nach § 174 Abs. 1 leg. cit. die Behörde den Auftrag zu erteilen hat, den vorschriftswidrigen Zustand binnen angemessener Frist zu beheben. Wird diesem Auftrag nicht, nur unvollständig oder nicht zur gehörigen Zeit entsprochen, gilt das Verwaltungsvollstreckungsgesetz 1991.
Demnach kommt bei einer Nichterfüllung des behördlichen Auftrages nach § 178 Abs. 1 MinroG eine Vollstreckungsmaßnahme, also etwa eine Ersatzvornahme nach § 4 VVG in Betracht. Eine solche Maßnahme setzt jedoch einen vollstreckbaren Titelbescheid voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 2001, Zl. 2000/07/0254).
Sofern die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid den Auftrag nach § 178 Abs. 1 leg. cit. deshalb als nicht gesondert bekämpfbare Verfahrensanordnung qualifiziert, weil sie den Aufbau dieser Bestimmung als dem des § 360 Abs. 1 GewO 1994 entsprechend ansieht, befindet sie sich im Irrtum. § 360 Abs. 1 GewO 1994 unterscheidet sich nämlich insofern von § 178 Abs. 1 leg. cit., als er ein stufenweises Vorgehen der Behörde vorsieht. Diese hat zunächst nach dem ersten Satz des § 360 Abs. 1 GewO den Gewerbeausübenden bzw. Anlageninhaber mittels Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes aufzufordern und erforderlichenfalls, also falls dieser Aufforderung nicht nachgekommen wird, mittels Bescheid nach dem zweiten Satz des § 360 Abs. 1 GewO 1994 die erforderlichen Maßnahmen zur Herstellung dieses Zustandes zu verfügen. Im System des § 360 Abs. 1 GewO 1994 ist also die vorangehende Verfahrensanordnung formalrechtlich die notwendige Voraussetzung zur Erlassung eines Bescheides nach dem zweiten Satz dieser Bestimmung. Auf Grund dieses Bescheides ist es der Behörde möglich, ein Verfahren nach dem VVG zur allfälligen Ersatzvornahme einzuleiten (vgl. Grabler/Stolzlechner/Wendl, GewO2, S 1272 RZ 10 zu § 360, vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 24. Mai 2006, Zl. 2006/04/0033).
Dem Wortlaut des § 178 Abs. 1 MinroG ist ein solches stufenweises Vorgehen nicht zu entnehmen. Insbesondere ordnet die letztgenannte Bestimmung - anders als § 360 Abs. 1 GewO 1994 - nicht an, dass erst im Falle der Nichtbefolgung des Auftrages ein vollstreckbarer Bescheid zu erlassen sei. Daher stellt schon ein auf § 178 Abs. 1 MinroG gestützter Auftrag der Behörde einen Bescheid und keine Verfahrensanordnung dar. Der gegenteiligen Ansicht folgend wäre es nicht möglich, im Falle der Nichtbeachtung des Auftrages ein Verwaltungsvollstreckungsverfahren einzuleiten.
Daran ändert nichts, dass der "Auftrag" der erstinstanzlichen Behörde weder eine Bezeichnung als "Bescheid" noch eine Rechtmittelbelehrung oder ein Datum enthielt, weil dies nach der hg. Rechtsprechung für den Bescheidcharakter einer behördlichen Erledigung nicht maßgeblich ist (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, § 58 AVG E2a. und E13a sowie das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1981, Zl. 2900/80).
Nach dem Vorgesagten war sohin eine Berufung gegen den verfahrensgegenständlichen Auftrag zulässig.
Indem die Behörde dies verkannte, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes, weshalb dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden. Art. 6 MRK steht dem nicht entgegen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Mehrbegehren auf Zuerkennung von Umsatzsteuer war abzuweisen, weil diese im zuerkannten Pauschbetrag bereits enthalten ist.
Wien, am 27. Juni 2007
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