VwGH 2001/11/0123

VwGH2001/11/012327.9.2007

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall und Dr. Schick als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des W in W, vertreten durch Dr. Romana Zeh-Gindl, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Franz Josefs-Kai 5/10, gegen den Bescheid der Wiener Landesregierung vom 5. März 2001, Zl. MA 15-II-J 10/2000, betreffend Sozialhilfe (Sonderbedarf), zu Recht erkannt:

Normen

MRK Art6;
SHG Wr 1973 §1 Abs1;
SHG Wr 1973 §12;
SHG Wr 1973 §13 Abs4;
SHG Wr 1973 §13 Abs6;
SHG Wr 1973 §8 Abs1;
MRK Art6;
SHG Wr 1973 §1 Abs1;
SHG Wr 1973 §12;
SHG Wr 1973 §13 Abs4;
SHG Wr 1973 §13 Abs6;
SHG Wr 1973 §8 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der im Jahre 1955 geborene Beschwerdeführer steht seit mehreren Jahren im Bezug der Sozialhilfe.

Mit im Devolutionsweg ergangenem Bescheid vom 5. März 2001 gewährte die Wiener Landesregierung dem Beschwerdeführer auf Grund seines Antrages vom 24. Jänner 1999 im Hinblick auf einen von ihr angenommenen Sonderbedarf gemäß § 13 Abs. 6 des Wiener Sozialhilfegesetzes (WSHG) einmalige Zuschüsse a) in der Höhe von S 4.640,-- (entspricht: EUR 337,20) zu den Heizkosten (für Jänner bis April 1999), b) in der Höhe von S 8.000,-- (entspricht: EUR 581,38) für Bekleidung und Wäsche, c) in der Höhe von S 10.203,84 (entspricht: EUR 741,54) für den Austausch des Gasherdes und d) in der Höhe von S 3.000,-- (entspricht: EUR 218,02) für den Austausch des Türschlosses. Unter einem wurden die Anträge des Beschwerdeführers auf Ersatz von Stromkosten und Telefonkosten ebenfalls vom 24. Jänner 2001 abgewiesen.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dem Beschwerdeführer sei mit Berufungsbescheid der Wiener Landesregierung vom 13. Februar 2001 für den Zeitraum vom 12. Jänner bis zum 11. Mai 1999 unter Berücksichtigung der Mietbeihilfe für die Monate Jänner bis Mai 1999 und der Heizkostenbeihilfe für die Monate Jänner bis April 1999 eine Geldaushilfe zur Sicherung des Lebensbedarfs in der Höhe von S 23.853,59 als Richtsatzdifferenz zuerkannt worden (die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 19. Juni 2007, Zl. 2001/11/0124, als unbegründet abgewiesen). In einer Niederschrift vom 9. Jänner 2001 habe der Beschwerdeführer seinen begehrten Sonderbedarf dahingehend spezifiziert, dass seine Heizkosten von Jänner bis April 1999 monatlich ca. S 2.000,-- betragen hätten, darüber hinaus sei ein Wäschebedarf für den Winter 1999 in Höhe von S 8.000,-- geltend gemacht worden. Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten tatsächlichen Heizkosten würden in freier Beweiswürdigung aus sozialen Erwägungen für die Monate Jänner bis April 1999 mit jeweils S 2.000,--, sohin insgesamt mit S 8.000,--, angenommen, wobei allerdings die für denselben Zeitraum mit dem oben erwähnten Bescheid vom 13. Februar 2001 gewährte Heizkostenbeihilfe in Höhe von monatlich S 840,--, insgesamt also S 3.360,--, abzuziehen gewesen sei. Der geltend gemachte Sonderbedarf für Stromkosten und Telefonkosten sei hingegen durch den bei der Bemessung der Geldaushilfe herangezogenen Richtsatz gedeckt.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof in dem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:

1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des WSHG lauten (auszugsweise):

"Aufgaben und Leistungen der Sozialhilfe

§ 1. (1) Die Sozialhilfe hat jenen Menschen die Führung eines menschenwürdigen Lebens zu ermöglichen, die dazu der Hilfe der Gemeinschaft bedürfen.

...

Rechtsanspruch

§ 7. Auf die Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat der Hilfe Suchende einen Rechtsanspruch. Die Zuerkennung hat durch Bescheid zu erfolgen.

Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes

Anspruch

§ 8. (1) Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen erhält.

...

Einsatz der eigenen Mittel

§ 10. (1) Hilfe ist nur insoweit zu gewähren, als das Einkommen und das verwertbare Vermögen des Hilfe Suchenden nicht ausreichen, um den Lebensbedarf (§ 11) zu sichern.

...

Lebensbedarf

§ 11. (1) Zum Lebensbedarf gehören

1. Lebensunterhalt,

...

Lebensunterhalt

§ 12. Der Lebensunterhalt umfasst insbesondere Unterkunft, Nahrung, Bekleidung, Körperpflege, Hausrat, Beheizung, Beleuchtung, Kochfeuerung und andere persönliche Bedürfnisse. Zu den persönlichen Bedürfnissen gehört auch die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben in angemessenem Ausmaß.

Geldleistungen

§ 13. (1) Die Bemessung von Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes hat unter Anwendung von Richtsätzen zu erfolgen. Die Richtsätze sind durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen.

(2) In der Verordnung über die Festsetzung der Richtsätze sind folgende Arten von Richtsätzen vorgesehen:

1. Richtsatz für den Alleinunterstützten, 2. Richtsatz für den Hauptunterstützten, 3. Richtsatz für den Mitunterstützten.

Der in Z. 1 bezeichnete Richtsatz hat im Umfang des Abs. 3 den Lebensunterhalt eines Hilfe Suchenden zu decken, der keine mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen hat. Die in Z. 2 und 3 bezeichneten Richtsätze haben zusammen den Lebensunterhalt eines Hilfe Suchenden, seines Ehegatten oder Lebensgefährten und der sonst mit ihm in Familiengemeinschaft lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen im Umfange des Abs. 3 zu decken. Bezieht ein mit dem Hilfe Suchenden in Familiengemeinschaft lebender unterhaltsberechtigter Angehöriger von einem außerhalb der Familiengemeinschaft lebenden Dritten eine Unterhaltsleistung, die die Höhe des Richtsatzes für einen Mitunterstützten übersteigt, so ist dieser Angehörige bei der Bedarfsermittlung nicht zu berücksichtigen. Dies gilt sinngemäß auch für Lehrlingsentschädigungen oder für ein allfälliges sonstiges Einkommen dieses Angehörigen.

(3) Der Richtsatz ist so zu bemessen, dass er den monatlichen Bedarf an Nahrung, Beleuchtung, Kochfeuerung, Instandsetzung der Bekleidung, Körperpflege, Wäschereinigung sowie in angemessenem Ausmaß den Aufwand für die Pflege der Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben deckt.

(4) Der Richtsatz kann im Einzelfall überschritten werden, wenn infolge der persönlichen oder familiären Verhältnisse des Hilfe Suchenden ein erhöhter Bedarf besteht. Dies gilt insbesondere bei alten, kranken oder behinderten Menschen sowie bei Familien mit Kindern . ...

...

(6) Der nicht durch den Richtsatz gedeckte Bedarf im Rahmen des Lebensunterhaltes, insbesondere die Unterkunft, Bekleidung, Hausrat und Beheizung ist durch zusätzliche Geld- oder Sachleistungen zu decken, deren Ausmaß nach den Erfordernissen des einzelnen Falles zu bemessen ist. Bei alten oder erwerbsunfähigen Beziehern wiederkehrender monatlicher Geldleistungen zur Sicherung des Lebensbedarfes kann dieser Bedarf durch einen Zuschlag zum Richtsatz pauschal abgedeckt werden.

..."

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

2.1. Zu einzelnen in der Beschwerde angeführten Beschwerdegründen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in der Vergangenheit in verschiedenen, jeweils den Beschwerdeführer betreffenden Erkenntnissen Stellung genommen:

Zu Darlegungen des Beschwerdeführers, wonach wegen seiner "Einzel"-Situation sein Bedarf im gewährten Richtsatz nicht gedeckt sei, hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im hg. Erkenntnis vom 31. März 2003, Zl. 2002/10/0050, ausgesprochen, dass damit ein durch den Richtsatz nicht gedeckter Bedarf auf Grund der persönlichen bzw. familiären Verhältnisse im Sinne des § 13 Abs. 4 WSHG nicht dargetan wird (vgl. dazu auch die hg. Erkenntnisse vom 5. Mai 2003, Zl. 2002/10/0195, und vom 11. Juni 2003, Zl. 2002/10/0241). Ebenso wenig zeigen die Darlegungen des Beschwerdeführers eine Gesetzwidrigkeit bei der Bemessung des Richtsatzes auf.

Hinsichtlich des geltend gemachten Sonderbedarfs für Telefonkosten wird auf die hg. Erkenntnisse vom 31. März 2003, Zl. 2002/10/0050, und vom 5. Mai 2003, Zl. 2002/10/0195, hinsichtlich Strombedarfs auf das hg. Erkenntnis vom 5. Mai 2003, Zl. 2002/10/0236, - jeweils gemäß § 43 Abs. 2 VwGG - verwiesen.

Die Beschwerde bemängelt zwar die Höhe der gewährten Zusatzleistungen für Heizbedarf, es fehlt allerdings an jeglichem substanziierten Vorbringen, aus dem sich Anhaltspunkte dafür ergeben könnten, dass der Beschwerdeführer im maßgeblichen Zeitraum einen Heizbedarf gehabt hätte, dessen Finanzierung durch die mit dem angefochtenen Bescheid in Verbindung mit der gewährten Heizbeihilfe zugesprochenen Beträge nicht abgedeckt wäre.

Auch hinsichtlich des Bekleidungsbedarfs fehlt es an konkretem Vorbringen, weshalb ungeachtet der beträchtlichen Höhe der gewährten Aushilfe der Bekleidungsbedarf des Beschwerdeführers nicht in dem durch das WSHG vorgegebenen Ausmaß, nämlich einer bloßen Deckung existenzieller Grundbedürfnisse (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 31. März 2003, Zl. 2002/10/0095), gedeckt wäre.

2.2. Da schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung durch den angefochtenen Bescheid nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung abzuweisen.

2.3. In der vorliegenden Beschwerde wurden im Übrigen keine Rechts- oder Tatfragen von einer solchen Art aufgeworfen, dass deren Lösung eine mündliche Verhandlung erfordert hätte. Auch Art. 6 EMRK steht dem Absehen von einer mündlichen Verhandlung nicht entgegen. Der EGMR hat z.B. in seiner Entscheidung vom 2. September 2004, Zl. 68087/01 (Hofbauer/Österreich) unter Hinweis auf weitere Rechtsprechung (vgl. insbesondere EGMR 24. Juni 1993, Schuler-Zgraggen/Schweiz, Series A no. 263, p. 19, § 58; 25. April 2002, Zl. 64336/01, Varela Assalino/Portugal; 5. September 2002, Zl. 42057/98, Speil/Österreich) dargelegt, dass die Anforderungen von Art. 6 EMRK auch bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung oder überhaupt jeglicher Anhörung erfüllt wären, wenn das Verfahren ausschließlich rechtliche oder "technische" Fragen betrifft. Der Gerichtshof verwies im erwähnten Zusammenhang auch auf das Bedürfnis der nationalen Behörden nach zweckmäßiger und wirtschaftlicher Vorgangsweise, das angesichts der sonstigen Umstände des Falles zum Absehen von einer mündlichen Verhandlung berechtige. Hier liegt ein Fall vor, in dem das Verfahren des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich rechtliche Fragen betrifft; es ist auch nicht ersichtlich, dass von einer mündlichen Verhandlung eine weitere Klärung des Falles erwartet werden könnte (vgl. die - ebenfalls den Beschwerdeführer betreffenden - Erkenntnisse vom 22. November 2004, Zl. 2004/10/0013, oder vom 27. Februar 2006, Zl. 2004/10/0016).

Wien, am 27. September 2007

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