VwGH 2006/17/0028

VwGH2006/17/002829.5.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Holeschofsky, Dr. Köhler, Dr. Zens und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, über die Beschwerde des PH in Innsbruck, vertreten durch Benko & Anker, Rechtsanwaltspartnerschaft in 6020 Innsbruck, Südtiroler Platz 4, gegen den Bescheid der Berufungskommission in Abgabensachen der Landeshauptstadt Innsbruck vom 15. Dezember 2005, Zl. I-Präs- 00479e/2005, betreffend Vorschreibung eines Gehsteigbeitrages nach dem Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Tir 1978 §16 Abs2;
BauO Tir 1978 §19 Abs8;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 1998 §1 Abs2;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 1998 §15 Abs4;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 1998 §9 Abs4;
BauO Tir 1978 §16 Abs2;
BauO Tir 1978 §19 Abs8;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 1998 §1 Abs2;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 1998 §15 Abs4;
VerkehrsaufschließungsabgabenG Tir 1998 §9 Abs4;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Die Landeshauptstadt Innsbruck hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1.1. Mit Bescheid des Stadtmagistrates Innsbruck vom 8. November 2004 wurde dem Beschwerdeführer anlässlich der Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses mit Garage auf einem näher bezeichneten Grundstück gemäß §§ 13 bis 16 Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz (im Folgenden: TVAAG) in Verbindung mit dem Beschluss des Gemeinderates vom 22. November 2002 über die Festsetzung des Gehsteigbeitrages ein Gehsteigbeitrag in der Höhe von EUR 4.930,40 vorgeschrieben.

1.2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung und brachte vor, dass die von seiner Rechtsvorgängerin auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen mit der Gemeinde zur Erschließung des gegenständlichen Bauplatzes erbrachten Aufwendungen gemäß § 15 Abs. 4 in Verbindung mit § 9 Abs. 4 TVAAG bei der Beitragsvorschreibung zu berücksichtigen seien.

Mit Berufungsvorentscheidung vom 21. Juni 2005 gab der Stadtmagistrat Innsbruck der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge. Mit Kaufvertrag vom 17. Dezember 1999 sei das damals ungeteilte Grundstück (in der Folge auch: ursprüngliches Grundstück) - durch dessen Parzellierung unter anderem der gegenständliche Bauplatz entstand - an die Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers veräußert worden. Da die Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers nach dem Kaufvertrag lediglich beabsichtigt habe, das Grundstück teilweise zu parzellieren und Einfamilienhäuser und/oder Reihenhäuser zu errichten, jedoch diesbezüglich noch kein konkretes Projekt vorgelegen sei, sei davon auszugehen, dass es keinesfalls Absicht der Vertragsparteien gewesen sei, Aufwendungen für die Verkehrserschließung des Bauplatzes privatrechtlich in Anrechnung zu bringen. Die mittlerweile vorgenommenen privaten Erschließungsmaßnahmen dienten ausschließlich der besseren Verwertung des ursprünglichen Kaufgegenstandes. Dies werde dadurch untermauert, dass die Grundparzelle in ihrer ursprünglichen Form bereits verkehrsmäßig erschlossen gewesen sei und der Stadtgemeinde Innsbruck somit kein weiteres öffentliches Interesse an einer gesonderten Aufschließung unterstellt werden könne.

1.3. Auf Grund des Vorlageantrages des Beschwerdeführers erging der angefochtene Bescheid, mit dem die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers abwies. Die belangte Behörde schloss sich zunächst vollinhaltlich der Begründung der Berufungsvorentscheidung an und führte sodann ergänzend aus, dass die Ausführungen im Kaufvertrag vom 17. Dezember 1999 reine Absichtserklärungen seien und nur zum Ziel hätten, die Stadtgemeinde Innsbruck kostenmäßig bei einer eventuellen späteren Bebauung kostenfrei zu halten. Im angeführten Kaufvertrag werde dezidiert nur von einer "beabsichtigten Parzellierung" gesprochen. Dies lasse jedenfalls den Schluss zu, dass zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zwischen der Stadtgemeinde Innsbruck und der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers noch kein bewilligungsfähiges Bauprojekt vorgelegen sei. In der Folge sei zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Rechtsvorgängerin ein Kaufvertrag mit Datum vom 3. September 2002 abgeschlossen worden. In diesem Vertragswerk seien keine Ausführungen über Erschließungskosten beziehungsweise Gehsteigabgaben zu finden, vielmehr sei ein unbebautes Grundstück Kaufgegenstand. Dies lasse darauf schließen, dass seitens der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers Aufwendungen getätigt worden seien, die ausschließlich den Nutzen gehabt hätten, das Kaufobjekt als Ganzes besser zu verwerten. Aufwendungen, die jedoch dem ausschließlichen Nutzen der Partei dienen würden, könnten nicht abgewälzt werden. Auch würde es sich im Beschwerdefall nicht um privatrechtliche Vereinbarungen mit der Gemeinde handeln, durch die Aufwendungen für die Verkehrserschließung des betreffenden Bauplatzes erbracht worden seien. Es handle sich keineswegs um einen Aufwand, den eigentlich die Stadtgemeinde Innsbruck tätigen hätte müssen. Die Grundparzelle in ihrer ursprünglichen Form sei bereits verkehrsmäßig erschlossen gewesen. Der Stadtgemeinde Innsbruck könne an einer gesonderten Erschließung der Grundparzelle kein öffentliches Interesse unterstellt werden.

1.4. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des Gesetzes vom 11. Dezember 1997 über die Erhebung von Ausgleichsabgaben sowie von Erschließungs- und Gehsteigbeiträgen (Tiroler Verkehrsaufschließungsabgabengesetz; in der Folge TVAAG), LGBl. Nr. 22/1998 , lauten auszugsweise:

"3. Abschnitt

Erschließungsbeitrag

...

§ 9

Bemessungsgrundlage und Höhe der Abgabe

...

(4) Soweit der Abgabenschuldner oder einer seiner Rechtsvorgänger auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen mit der Gemeinde Aufwendungen für die Verkehrserschließung des betreffenden Bauplatzes erbracht hat, sind diese bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages entsprechend zu berücksichtigen.

...

4. Abschnitt

Gehsteigbeitrag

§ 13

Abgabengegenstand, Gehsteigbeitragssatz

(1) Die Gemeinden werden ermächtigt,

a) im Falle des Neubaus eines Gebäudes oder der Änderung eines Gebäudes, durch die seine Baumasse vergrößert wird,

...

einen Gehsteigbeitrag zu erheben.

...

(3) Die Erhebung des Gehsteigbeitrages erfolgt durch Festlegung des Gehsteigbeitragssatzes (Abs. 4).

(4) Der Gehsteigbeitragssatz ist von der Gemeinde durch Verordnung einheitlich für das gesamte Gemeindegebiet festzulegen. Die Höhe des Gehsteigbeitragssatzes hat sich nach der von der Gemeinde für die Errichtung von Gehsteigen zu tragenden Straßenbaulast zu richten und darf 1 v. H. der durchschnittlichen Kosten für die Herstellung von einem Quadratmeter zeitgemäßer Gehsteigfläche in der Gemeinde nicht übersteigen.

§ 14

Abgabenschuldner

(1) Abgabenschuldner ist

a) im Falle des § 13 Abs. 1 lit. a der Eigentümer des Bauplatzes, auf dem der Neubau errichtet wird oder das Gebäude, dessen Baumasse vergrößert wird, besteht,

...

§ 15

Bemessungsgrundlage und Höhe der Abgabe

...

(4) § 9 Abs. 3 vierter Satz und 4, § 10 und § 11 gelten sinngemäß.

...

§ 16

Entstehen des Abgabenanspruches, Vorschreibung

(1) Der Abgabenanspruch entsteht

a) im Falle des § 13 Abs. 1 lit. a bei bewilligungspflichtigen Bauvorhaben mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung, bei anzeigepflichtigen Bauvorhaben mit dem Zeitpunkt, in dem auf Grund des § 28 Abs. 2 der Tiroler Bauordnung 1998 mit der Ausführung des angezeigten Bauvorhabens begonnen werden darf, und bei allen anderen Bauvorhaben mit dem Baubeginn;"

2.2. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen die Vorschreibung des gegenständlichen Gehsteigbeitrages, da seine Rechtsvorgängerin zur Erschließung des in Rede stehenden Bauplatzes auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung mit der Stadtgemeinde Innsbruck Aufwendungen getätigt habe und diese Aufwendungen gemäß § 9 Abs. 4 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 TVAAG anzurechnen seien.

2.3. Dieses Vorbringen erweist sich als berechtigt:

2.3.1. Eine Anrechnung von auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen erbrachten Aufwendungen auf eine Aufschließungsabgabe oder einen Erschließungsbeitrag ist dann möglich, wenn dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen ist. Nach § 9 Abs. 4 TVAAG, der gemäß § 15 Abs. 4 TVAAG sinngemäß bei der Vorschreibung des Gehsteigbeitrages anzuwenden ist, ist eine solche Anrechnung auf den Erschließungsbeitrag - dieser ist gemäß § 1 Abs. 2 leg. cit. eine ausschließliche Gemeindeabgabe - normiert (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 2003, Zl. 2002/17/0202).

Nach § 9 Abs. 4 TVAAG sind Aufwendungen, soweit der Abgabenschuldner oder einer seiner Rechtsvorgänger auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen mit der Gemeinde Aufwendungen für die Verkehrserschließung des betreffenden Bauplatzes erbracht hat, bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages entsprechend zu berücksichtigen.

2.3.2. Die belangte Behörde stellt zunächst das Vorliegen einer nach § 9 Abs. 4 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 TVAAG zu beachtenden privatrechtlichen Vereinbarung in Abrede.

Der Beschwerdeführer beruft sich diesbezüglich auf den zwischen seiner Rechtsvorgängerin und der Stadtgemeinde Innsbruck geschlossenen Kaufvertrag vom 17. Dezember 1999. Dieser Vertrag ist zweifelsohne eine privatrechtliche Vereinbarung. Er wurde zwischen der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers und der Stadtgemeinde Innsbruck geschlossen und ist daher als privatrechtliche Vereinbarung, die gemäß § 9 Abs. 4 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 TVAAG geeignet ist, eine Verpflichtung zur Anrechnung der auf seiner Grundlage erbrachten Leistungen zu begründen. Eine direkte privatrechtliche Vereinbarung zwischen dem Beschwerdeführer und der Stadtgemeinde Innsbruck ist nach § 9 Abs. 4 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 TVAAG nicht erforderlich. Entscheidend ist die zwischen der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers und der Stadtgemeinde Innsbruck getroffene Vereinbarung, weshalb der zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Rechtsvorgängerin geschlossene Vertrag außer Betracht bleiben kann.

Unter Punkt VII des Kaufvertrages vom 17. Dezember 1999 wurde Folgendes vereinbart:

"Im Hinblick auf die erforderliche Erschließung des Verkaufsobjektes gilt als vereinbart, dass diese zur Gänze auf Kosten der Käuferin und durch die Käuferin erfolgt. Die Verkäuferin sichert allenfalls im Hinblick auf die erforderlichen Genehmigungen und Bewilligungen, wie beispielsweise Rodungs-, Wasserrechts-, baurechtliche Genehmigungen zu, die Käuferin bei ihren Antragstellungen zu unterstützen, wobei die Kosten von Antragstellungen immer die Käuferin zu tragen hat.

Im Hinblick auf die Erschließungskosten sichert die Verkäuferin weiters zu, dass an der Grundstücksgrenze entsprechende Anschlussstellen vorhanden sind. Die Kosten der Einleitung wiederum hat die Käuferin zu tragen."

Gemäß Punkt V des Kaufvertrages vom 17. Dezember 1999 befand sich das Vertragsobjekt nach dem damals gültigen Flächenwidmungsplan vom 2. November 1988 im Wohn- /Aufschließungsgebiet und es wurde festgehalten, dass die Käuferin beabsichtige, das Verkaufsobjekt teilweise zu parzellieren und Einfamilien- und/oder Reihenhäuser zu errichten.

Wie sich aus dem Nachtrag zu diesem Kaufvertrag und der Aufsandungserklärung vom 16. Jänner 2003 ergibt, wurde das ursprüngliche Grundstück in parzellierter Form nachträglich zum Vertragsgegenstand erklärt und als solches an die Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers verkauft und übergeben.

Es ist daher einerseits dem Beschwerdeführer insoferne beizupflichten, als im Beschwerdefall vom Vorliegen einer privatrechtlichen Vereinbarung betreffend die Kostentragung für die verkehrsmäßige Erschließung des gegenständlichen Bauplatzes auszugehen ist. Der Kaufvertrag lässt mit hinreichender Deutlichkeit erkennen, dass nach dem Parteiwillen die Käuferin, somit die Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers, zur Tragung der Kosten für die Erschließung der neu gebildeten Grundstücksparzellen verpflichtet werden sollte. Andererseits geht auch das Argument der belangten Behörde, es habe sich bei den "Ausführungen" zur "beabsichtigten Parzellierung" im Kaufvertrag vom 17. Dezember 1999 um reine Absichtserklärungen gehandelt, ins Leere. Die Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers hat gemäß dem Kaufvertrag vom 17. Dezember 1999 die Verpflichtung zur Tragung der Kosten der Verkehrserschließung für die zunächst als "beabsichtigt" bezeichnete Parzellierung übernommen. Die Parzellierung wurde sodann auch durchgeführt, der Verkaufsgegenstand wurde der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers bereits in parzellierter Form übergeben und nach dem Kaufvertragsnachtrag vom Jänner 2003 war er in dieser Form Gegenstand des von der Stadtgemeinde Innsbruck abgeschlossenen Vertrages.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für die Frage der Anrechnung nicht entscheidend, ob auch eine über die Erbringung von Aufwendungen für die Verkehrserschließung des betreffenden Bauplatzes hinausgehende weitere Vereinbarung zwischen dem Abgabengläubiger und dem Abgabenschuldner über die Anrechnung auf den Erschließungsbeitrag getroffen wurde, weil Tatbestand der Anrechnungsvorschrift nur die auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen erbrachten Aufwendungen für die Verkehrserschließung des betreffenden Grundstückes sind und nicht auch eine Vereinbarung über die Anrechnung auf den Erschließungsbeitrag und weil die gesetzliche Bestimmung über die Anrechnung nicht durch privatrechtliche Vereinbarungen abgeändert werden kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 8. September 2003, Zl. 2002/17/0202). Für die Anrechenbarkeit der von der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers erbrachten Aufwendungen nach dem TVAAG war daher eine über die im Kaufvertrag vom 17. Dezember 1999 enthaltene hinausgehende, zusätzliche Vereinbarung über die Anrechnung der erbrachten Leistungen nicht erforderlich.

Es ist im Beschwerdefall folglich von dem Bestehen einer grundsätzlich nach § 9 Abs. 4 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 TVAAG relevanten privatrechtlichen Vereinbarung zwischen der Stadtgemeinde Innsbruck und der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers auszugehen.

Dass die Aufwendungen, zu deren Erbringung sich die Rechtsvorgängerin im Kaufvertrag vom 17. Dezember 1999 verpflichtet hatte, in der Folge von dieser auch erbracht wurden, wird nicht bestritten.

2.3.4. Nach dem Grundsatz der Zeitbezogenheit von Abgabenvorschriften ist von jener Sach- und Rechtslage auszugehen, die zum Zeitpunkt der Verwirklichung des Abgabentatbestandes gegeben war. Dieser Zeitpunkt war nach § 3 Abs. 1 Tiroler Landesabgabenordnung in Verbindung mit § 16 Abs. 1 lit. a TVAAG der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der dem Beschwerdeführer erteilten Baugenehmigung. Mit dieser wurde dem Beschwerdeführer die Errichtung eines Einfamilienwohnhauses mit Garage auf dem gegenständlichen Bauplatz bewilligt. Maßgeblich ist somit die Situation nach der Grundstücksteilung, durch die der gegenständliche Bauplatz geschaffen wurde. Die Erschließungsarbeiten der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers dienten unter anderem der Erschließung des durch die Parzellierung des ursprünglichen Grundstückes entstandenen gegenständlichen Bauplatzes.

Der Umstand, dass das ursprüngliche Grundstück zum Zeitpunkt des Abschlusses der privatrechtlichen Vereinbarung bereits erschlossen war, spielt für die Anrechnung gemäß § 9 Abs. 4 TVAAG keine Rolle. Es ist daher auch unerheblich, ob der Stadtgemeinde Innsbruck "an einer gesonderten Aufschließung der Gp." ein öffentliches Interesse unterstellt werden kann oder nicht. Das Gesetz stellt lediglich darauf ab, ob die Aufschließungsmaßnahmen auf Grund einer Vereinbarung mit der Gemeinde erfolgten oder nicht (dies muss im Übrigen selbst dann gelten, wenn es nicht zu einer Grundteilung kommt und - aus welchen Gründen immer - die Gemeinde einen privatrechtlichen Vertrag über Aufschließungsmaßnahmen betreffend ein Grundstück abschließt, welches bereits erschlossen ist; wie unter Punkt 2.3.5. näher ausgeführt wird, kommt es auf eine Aufschließungsverpflichtung der Gemeinde nicht an, sondern lediglich auf die Vereinbarung über die Durchführung und Kostentragung von Aufschließungsmaßnahmen).

Bei der Anrechnung erbrachter Aufwendungen ist nach dem Wortlaut des § 9 Abs. 4 TVAAG nicht darauf abzustellen, in wessen Eigentum die Grundstücke standen, über die die verkehrsmäßige Erschließung des Bauplatzes erfolgte. Der Beschwerdeführer begehrte zudem die Anrechnung jener Aufwendungen seiner Rechtsvorgängerin, die zwar für Aufschließungsmaßnahmen auf einer im Eigentum der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers stehenden Fläche getätigt wurden, die jedoch - jedenfalls zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entstehung des Abgabenanspruches - außerhalb des gegenständlichen Bauplatzes gelegen ist. Es kann daher im Beschwerdefall dahingestellt bleiben, ob die Rechtsauffassung der belangten Behörde zutreffend wäre, wenn es um Verkehrserschließungsmaßnahmen auf jenem Grundstück ginge, welches den Gegenstand der Abgabenvorschreibung bildet.

Es ist daher entgegen der Ansicht der belangten Behörde ohne Bedeutung, dass das ursprüngliche Grundstück vor der Parzellierung bereits verkehrsmäßig erschlossen war.

2.3.5. Die belangte Behörde vertritt zudem die Auffassung, dass die Aufwendungen der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers nicht anrechenbar seien, weil für die Gemeinde keine Verpflichtung zur verkehrsmäßigen Erschließung des gegenständlichen Bauplatzes bestanden hätte und die Erschließungsarbeiten lediglich der besseren Verwertbarkeit des Objekts gedient hätten.

Dazu ist festzuhalten, dass es auf das Bestehen einer solchen Verpflichtung nach der neuen Rechtslage gemäß § 9 Abs. 4 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 TVAAG für die Frage der Anrechenbarkeit erbrachter Eigenleistungen nicht ankommt (vgl. hingegen das zur alten Rechtslage nach der Tiroler Bauordnung 1978 ergangene hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1993, Zl. 89/17/0135). Im Gegensatz zu § 19 Abs. 8 Tiroler Bauordnung 1978, der auf § 16 Abs. 2 Tiroler Bauordnung 1978 verwies, in dem die Erschließungspflicht der Gemeinde geregelt war, enthält § 9 Abs. 4 TVAAG keinen Verweis mehr auf Bestimmungen, die die Erschließungsverpflichtung der Gemeinde behandeln würden. Nach dem TVAAG entsteht die Verpflichtung zur Entrichtung eines Erschließungsbeitrages unabhängig von den tatsächlichen Erschließungskosten für ein konkretes Gebäude und ohne Rücksicht auf eine etwaige Erschließungsverpflichtung der Gemeinde (vgl. dazu auch zur alten Rechtslage nach der Tiroler Bauordnung 1978 das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom 29. Jänner 1993, Zl. 89/17/0135). Umgekehrt ist aber nach § 9 Abs. 4 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 TVAAG auch für eine Anrechnung erbrachter Aufwendungen nicht mehr ausschlaggebend, ob die Gemeinde zur verkehrsmäßigen Erschließung verpflichtet war oder nicht. Die Ausführungen der belangten Behörde zur Erschließungsverpflichtung, die jedenfalls auch anhand der nach der Parzellierung bestehenden Situation zu beurteilen wäre, und dem an der Erschließung der (neuen) Parzellen bestehenden oder nicht bestehenden öffentlichen Interesse, gehen daher an dem Inhalt der zu beachtenden gesetzlichen Bestimmungen vorbei.

2.3.6. Dass diese Aufwendungen eventuell zu einer Wertsteigerung der aufgeschlossenen Bauplätze führten, hat keinen Einfluss auf ihre Anrechenbarkeit, sondern stellt eine typische Begleiterscheinung von von Anrainern erbrachten Eigenleistungen dar, die im Normalfall zu einer besseren Nutzbarkeit des erschlossenen Grundstücks führen. Es ist davon auszugehen, dass der Tiroler Landesgesetzgeber von diesem Umstand Kenntnis hatte.

§ 9 Abs. 4 TVAAG bedarf daher insofern keiner von der belangten Behörde implizit vorgenommenen teleologischen Reduktion (die im Übrigen seinen Anwendungsbereich drastisch einschränken dürfte). Entscheidend ist nach § 9 Abs. 4 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 TVAAG lediglich, dass auf Grund des Kaufvertrages zwischen der Stadtgemeinde Innsbruck und der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers, somit auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung, von der Rechtsvorgängerin des Beschwerdeführers Aufwendungen zur verkehrsmäßigen Erschließung des gegenständlichen Bauplatzes erbracht wurden. Diese sind daher nach § 9 Abs. 4 in Verbindung mit § 15 Abs. 4 TVAAG im Beschwerdefall bei der Vorschreibung des Gehsteigbeitrages zu berücksichtigen.

2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich somit, dass die belangte Behörde, indem sie die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet abwies, die Rechtslage verkannte und dadurch den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastete.

Der angefochtene Bescheid war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf § 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

2.6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. Mai 2006

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