VwGH 89/17/0135

VwGH89/17/013529.1.1993

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kirschner und die Hofräte Dr. Kramer, Dr. Puck, Dr. Gruber und Dr. Höfinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Schidlof, über die Beschwerde des Abwasserverbandes XY in S, vertreten durch Dr. J, Rechtsanwalt in Z, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 29. September 1988, Zl. Ib-8395/1-1988, betreffend Vorschreibung eines Erschließungsbeitrages gemäß § 19 der Tiroler Bauordnung 1978 (mitbeteiligte Partei: Gemeinde S, vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in I, zu Recht erkannt:

Normen

BauO Tir 1978 §16 Abs1;
BauO Tir 1978 §16 Abs2;
BauO Tir 1978 §17;
BauO Tir 1978 §19 Abs1;
BauO Tir 1978 §19 Abs2;
BauO Tir 1978 §19 Abs3;
BauO Tir 1978 §19 Abs8;
BauO Tir 1978 §19;
BauO Tir 1978 §20 Abs4;
BauO Tir 1978 §3 Abs9;
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
LAG §5 Abs1;
StGG Art2;
VwRallg;
BauO Tir 1978 §16 Abs1;
BauO Tir 1978 §16 Abs2;
BauO Tir 1978 §17;
BauO Tir 1978 §19 Abs1;
BauO Tir 1978 §19 Abs2;
BauO Tir 1978 §19 Abs3;
BauO Tir 1978 §19 Abs8;
BauO Tir 1978 §19;
BauO Tir 1978 §20 Abs4;
BauO Tir 1978 §3 Abs9;
BauRallg;
B-VG Art7 Abs1;
LAG §5 Abs1;
StGG Art2;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von S 3.035,-- und der mitbeteiligten Gemeinde S Aufwendungen in der Höhe von S 11.360,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Am 24. November 1983 schloß die beschwerdeführende Partei mit der mitbeteiligten Gemeinde eine Vereinbarung ab, aus deren Punkt I sich ergibt, daß die beschwerdeführende Partei beabsichtige, in der mitbeteiligten Gemeinde die erforderlichen Anlagen zur Beseitigung und Reinigung der im Verbandsgebiet anfallenden Abwässer zu errichten und zu betreiben. Gemäß Punkt II/4 dieser Vereinbarung werde die beschwerdeführende Partei die Erschließung des Kläranlagenareals mit Straßen, Wasser, Strom etc. auf eigene Kosten vornehmen. Sollten beim Bau oder Betrieb der Kläranlage öffentliche Gemeindewege benützt und beschädigt werden, dann würden sie von der beschwerdeführenden Partei instandgesetzt werden (außerordentliche Benützung von Gemeindestraßen im Sinne des § 36 des Tiroler Straßengesetzes).

1.2. Mit Bescheid vom 28. Oktober 1986 erteilte der

Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der

beschwerdeführenden Partei die baubehördliche Bewilligung zur

Errichtung einer Abwasserreinigungsanlage auf im einzelnen

genannten Grundparzellen der KG S, bestehend aus

Betriebsgebäude samt Garagen und Werkstättengebäude,

2 Faultürmen, Gasbehälter, Zentralgebäude, Becken im Gelände

usw. Aus dem Bescheid ergibt sich, daß die Grundstücke als

Sonderfläche im Freiland "regionale Abwasserreinigungsanlage"

gewidmet seien. Der Vertreter der mitbeteiligten Gemeinde

stimmte dem Bauvorhaben unter folgenden Auflagen zu: "... 4.

Durch das Dorf dürfen während des Baues und des Betriebes der

Anlage keine Schwerfahrzeuge (über 2 t) fahren. 5. Die

Gemeinde ... beantragt eine Verbreiterung des Wirtschaftsweges

von der Unterführung in Richtung Westen auf 6 m. Die Einbindung östlich der Betriebstankstelle in einen neu zu schaffenden Verkehrsknoten zwischen der B n1 und L n2 laut dem vorliegenden Plan, Projekt 915, ist anzustreben."

1.3. Mit Bescheid vom 29. August 1987 schrieb der Bürgermeister der mitbeteiligten Gemeinde der beschwerdeführenden Partei für das mit Baubewilligungsbescheid vom 28. Oktober 1986 bewilligte und inzwischen begonnene Bauvorhaben einen Erschließungsbeitrag in der Höhe von S 2,577.408,-- zur Zahlung vor. Auf dem Bescheidvordruck ist als Rechtsgrundlage (noch) der § 19 der Tiroler Bauordnung, LGBl. Nr. 42/1974, angeführt.

Die beschwerdeführende Partei erhob Berufung und machte im Hinblick auf die Vereinbarung vom 24. November 1983 die Nichtberücksichtigung von Aufwendungen für Anlagen zur Verkehrserschließung nach § 19 Abs. 8 der Tiroler Bauordnung geltend. Die Kosten für die Errichtung der Zufahrt (unter anderem für den Ausbau des Gemeindeweges von 3 auf 6 m Breite) betrügen laut Anbot einer namentlich genannten Baufirma S 1,337.000,--. Die Aufwendungen für die Verbreiterung der Zufahrtsstraße Gp. Nr. 970 KG S seien bis zum Zeitpunkt der Vorschreibung der Erschließungskosten nicht erbracht worden. Daran treffe jedoch die beschwerdeführende Partei kein Verschulden.

1.3. Mit Bescheid vom 28. Juni 1988 wies der Gemeindevorstand der mitbeteiligten Gemeinde diese Berufung als unbegründet ab. Nach § 19 Abs. 8 der Tiroler Bauordnung könnten Aufwendungen zur Verkehrserschließung nur dann in Ansatz gebracht werden, wenn sie zum Zeitpunkt der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages bereits erbracht worden seien. Künftige Aufwendungen seien nicht zu berücksichtigen.

Die beschwerdeführende Partei erhob Vorstellung, in der sie wiederum geltend machte, daß der derzeit bestehende Gemeindeweg von ca. 3 m Breite verbreitert und ausgebaut werden solle. Die voraussichtlichen Herstellungskosten betrügen S 1,650.000,--. Im Zeitpunkt der Bescheiderlassung vom 28. Juni 1988 seien Aufwendungen zur Errichtung der Verkehrserschließungsanlagen bereits erbracht worden; im Zuge der Baumaßnahmen zur Errichtung der Kreuzung im Bereich der Landesstraße seien im Juni 1988 Bauarbeiten zur Verbreiterung des Gemeindeweges mit Zustimmung des Grundeigentümers, betreffend die Grundinanspruchnahme, getätigt worden. Weitere Maßnahmen zur Verkehrserschließung seien im Gange.

1.4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 29. September 1988 wies die Tiroler Landesregierung diese Vorstellung als unbegründet ab. Nach der Begründung dieses Bescheides habe die beschwerdeführende Partei in der am 24. November 1983 mit der Gemeinde abgeschlossenen privatrechtlichen Vereinbarung die Verpflichtung übernommen, die Erschließung des Kläranlagenareals unter anderem mit Straßen vorzunehmen. Auf Wunsch der mitbeteiligten Gemeinde sollte der bestehende Gemeindeweg von 3 auf 6 m verbreitert werden, um in der Folge eine geeignete Zufahrtsstraße zur Anlage bilden zu können. Die Ausführung dieser Verbreiterung habe sich verzögert, da sich dem gleichzeitig notwendigen Ausbau der Kreuzung des Gemeindeweges mit der Tiroler Straße B n1 und der R-Landesstraße Hindernisse in den Weg gestellt hätten. Wohl habe noch im Juni 1988, somit noch vor der Erlassung des Berufungsbescheides vom 28. Juni 1988, mit den Bauarbeiten begonnen werden können. Abrechnungen oder gar Zahlungen seien jedoch noch keine erfolgt. Aufwendungen für Anlagen zur Verkehrserschließung könnten erst dann als erbracht gelten, wenn im Vermögen des im Sinne des § 19 Abs. 8 der Tiroler Bauordnung 1978, Anlage zur Wiederverlautbarungskundmachung LGBl. Nr. 43/1978 (im folgenden: Tir BauO 1978), Verpflichteten eine entsprechende Minderung eingetreten sei. Eine solche Minderung trete erst mit der Bezahlung der für die Herstellung des neuen Straßenkörpers erforderlichen Planungen und Bauarbeiten ein (Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 21. Februar 1979, Zl. 670/78).

1.5. Gegen diesen Bescheid erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerde vor dem Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte mit Beschluß vom 13. Juni 1989, B 1828/88, die Behandlung dieser Beschwerde ab. Antragsgemäß wurde die Beschwerde dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

1.6. In ihrer Beschwerdeergänzung vor dem Verwaltungsgerichtshof macht die Beschwerdeführerin Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend. Sie erachtet sich dadurch in ihren Rechten verletzt, daß ihr, gestützt auf § 19 Tir BauO 1978, Erschließungskostenbeiträge in der Höhe von S 2,577.408,-- vorgeschrieben worden seien.

1.7. Die Tiroler Landesregierung legte die Verwaltungsakten vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Gemeinde eine Gegenschrift.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1.1. Die Beschwerde wendet sich unter dem Gesichtspunkt der inhaltlichen Rechtswidrigkeit dagegen, daß der beschwerdeführenden Partei Erschließungskosten für die gesamte Fläche der Liegenschaften und nicht nur für den tatsächlich verbauten Teil der Parzellen vorgeschrieben worden seien. Der Bauplatzanteil im Sinne des § 19 Abs. 3 Tir BauO 1978 könne nur jene Fläche sein, die tatsächlich verbaut worden sei.

Weiters sei nicht geprüft worden, ob nicht § 20 Abs. 4 Tir BauO 1978 auf die beschwerdeführende Partei anzuwenden gewesen wäre, zumal diese das gesamte N-Tal, T-Tal, A-Tal sowie einen Teil des F-Tales von Abwässern entsorge und Klärschlamm erzeuge. Dieser Klärschlamm werde für landwirtschaftliche Betriebe verwendet. Die beschwerdeführende Partei könne durchaus unter "§ 20 (4) subsummiert werden".

2.1.2. Gemäß § 3 Abs. 1 der Tiroler Landesabgabenordnung, LGBl. Nr. 34/1984, entsteht der Abgabenanspruch, sobald der Tatbestand verwirklicht ist, an den die Abgabenvorschrift die Abgabepflicht knüpft. Im Hinblick auf die Zeitpunktbezogenheit des hier in Rede stehenden Interessentenbeitrages (Erschließungskostenbeitrages) ist die in diesem Zeitpunkt der Tatbestandsverwirklichung geltende Rechtslage anzuwenden. Dies ist hier die Tir BauO 1978 und nicht die auf dem Formular des erstinstanzlichen Bescheides ausgewiesene Bauordnung aus dem Jahr 1974.

§ 19 Abs. 1 Tir BauO 1978 in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 10/1989 lautet auszugsweise:

"(1) Mit dem Eintritt der Rechtskraft der Baubewilligung für den Neu- oder Zubau eines Gebäudes entsteht für den Eigentümer des Bauplatzes, auf den sich die Baubewilligung bezieht, die Verpflichtung, der Gemeinde einen Beitrag zu den Kosten der Verkehrserschließung (Erschließungsbeitrag) zu leisten.

(2) Der Erschließungsbeitrag ist die Summe des Bauplatzanteiles (Abs. 3) und des Baumassenanteiles (Abs. 4).

(3) Der Bauplatzanteil ist das Produkt aus der Fläche des Bauplatzes in Quadratmetern und dem Einheitssatz nach Abs. 5.

(4) ..."

§ 20 Abs. 4 leg. cit. lautet:

"(4) Soweit es sich um landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude oder -gebäudeteile handelt, ist die nach den Abs. 1 bis 3 zu errechnende Baumasse nur mit der Hälfte in Anrechnung zu bringen."

2.1.3. Wie sich aus § 19 Abs. 3 Tir BauO 1978, wonach der Bauplatzanteil das Produkt aus der Fläche des Bauplatzes in Quadratmetern und dem Einheitssatz nach Abs. 5 ist, klar ergibt, stellt das Gesetz auf die Fläche des "Bauplatzes in Quadratmetern" ab. Unter "Bauplatz" ist aber nach der Begriffsbestimmung des § 3 Abs. 9 Tir BauO 1978 ein Grundstück im Bauland oder in einer Sonderfläche im Freiland, auf dem die Errichtung eines Gebäudes nach diesem Gesetz zulässig ist, zu verstehen. Es ist daher dem Bauplatzanteil die gesamte Fläche des Bauplatzes und nicht nur der "bebaute Teil des Baugrundstückes", wie die beschwerdeführende Partei meint, bei der Berechnung des Erschließungsbeitrages zugrunde zu legen.

2.1.4. Der Umstand, daß in der von der beschwerdeführenden Partei betriebenen Zentralkläranlage auch Klärschlamm anfällt, der - im Falle seiner Eignung - auch der Landwirtschaft zugeführt werden kann, ist entgegen der Auffassung der beschwerdeführenden Partei nicht geeignet, die in die Berechnung des Erschließungsbeitrages einbezogenen Betriebsgebäude und -anlagen als landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude oder Wirtschaftsgebäudeteile im Sinne der Begünstigungsvorschrift des § 20 Abs. 4 Tir BauO 1978 zu subsumieren. Darunter sind vielmehr ausschließlich die einem landwirtschaftlichen Betrieb - und zwar dessen landwirtschaftlicher Produktion (also nicht Wohnzwecken) im Sinne des § 5 Abs. 1 des Landarbeitsgesetzes 1984, BGBl. Nr. 287/1984 - dienenden Gebäude und Gebäudeteile zu verstehen. Dazu kommt, daß die in Rede stehende Abwasserreinigungsanlage nicht ausschließlich zur Reinigung landwirtschaftlicher Abwässer bestimmt ist. Im übrigen wird bemerkt, daß die Behauptung des Vorliegens von Betriebsmerkmalen, die für die Qualifikation der Gebäude und Anlagen als "landwirtschaftliche Wirtschaftsgebäude oder -gebäudeteile" ins Treffen geführt werden, erstmals in der Beschwerde erfolgt ist und diesem Beschwerdeeinwand daher insofern auch das im verwaltungsgerichtlichen Verfahren geltende Neuerungsverbot (§ 41 VwGG) entgegensteht.

2.2.1. In der Beschwerde wird als inhaltliche Rechtswidrigkeit weiters geltend gemacht, die Auslegung der belangten Behörde, Aufwendungen für Anlagen zur Verkehrserschließung könnten erst dann als erbracht gelten, wenn im Vermögen des Verpflichteten nach § 19 Abs. 8 Tir BauO 1978 eine entsprechende Minderung eingetreten sei, entspreche "zwar einem eher ungeschickt formulierten Gesetzeswortlaut". Diese Bestimmung könne allerdings nur so verstanden werden, daß sie dann zum Tragen komme, wenn die Verpflichtung zur Verkehrserschließung privatrechtlich vereinbart worden sei. Daß mit den Bauarbeiten noch nicht begonnen worden sei, sei irrelevant, da auf Grund der Vereinbarung ein zivilrechtlich klagbarer Anspruch der Gemeinde gegenüber der beschwerdeführenden Partei auf Durchführung dieser Arbeiten bestehe. Als Verfahrensmangel wird in diesem Zusammenhang gerügt, die Gemeindeabgabenbehörden hätten nicht berücksichtigt, daß sich die beschwerdeführende Partei zur Herstellung sämtlicher Maßnahmen, "die einer allfälligen Erschließung zugrundeliegen können", verpflichtet habe, und hätten nicht überprüft, "inwieweit die bereits vereinbarten Erschließungskostenbeiträge gemäß § 19 (8) TBO zur tatsächlichen Erschließung der Baufläche im Freiland der Beschwerdeführerin notwendig sind, vorgeschrieben hätten allenfalls darüber hinausgehende Kosten werden können". Erwähnt werde, daß die mitbeteiligte Gemeinde keinerlei Verpflichtung habe, irgendwelche Erschließungen zugunsten der beschwerdeführenden Partei durchzuführen.

2.2.2. Gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz Tir BauO 1978 ist die verkehrsmäßige Erschließung der im Flächenwidmungsplan als Bauland ausgewiesenen Fläche Aufgabe der Gemeinde. Nach § 16 Abs. 2 leg. cit. besteht die Verpflichtung nach Abs. 1 erster Satz nicht ... für jene Teile des Baulandes, für deren Erschließung privatrechtliche Vereinbarungen mit der Gemeinde bestehen.

§ 17 Tir BauO 1978 lautet:

"Die Eigentümer von Bauplätzen haben die Verpflichtung, für die von der Gemeinde durchzuführende verkehrsmäßige Erschließung Leistungen zu erbringen (Erschließungslasten). Die Erschließungslasten umfassen die Grundabtretung für öffentliche Verkehrsflächen und die Leistung von Erschließungsbeiträgen."

§ 19 Abs. 7 und 8 Tir BauO 1978 in der Fassung vor der Novelle LGBl. Nr. 10/1989 lauten:

"(7) Der Erschließungsbeitrag ist nach Baubeginn mit Bescheid vorzuschreiben. Der Berechnung des Erschließungsbeitrages ist der im Zeitpunkt des Eintrittes der Rechtskraft der Baubewilligung geltende Einheitssatz (Abs. 5) zugrunde zu legen.

(8) Soweit auf Grund privatrechtlicher Vereinbarungen mit der Gemeinde (§ 16 Abs. 2) vom Eigentümer des Bauplatzes oder von einem seiner Rechtsvorgänger Aufwendungen für Anlagen zur Verkehrserschließung bereits erbracht worden sind, sind diese Aufwendungen bei der Vorschreibung des Erschließungsbeitrages entsprechend zu berücksichtigen."

2.2.3. Bevor auf die Frage der Berücksichtigung allenfalls von der beschwerdeführenden Partei bereits erbrachter Aufwendungen für die Verkehrserschließung im Sinne des § 19 Abs. 8 Tir BauO 1978 eingegangen wird, ist im Hinblick auf den geltend gemachten Beschwerdepunkt, der sich gegen die Abgabenvorschreibung in ihrer gesamten Höhe wendet, zunächst zu prüfen, ob die Baubewilligung für die auf einer Sonderfläche im Freiland, die durch einen Gemeindeweg verkehrsmäßig erschlossen ist, zu errichtenden Gebäude der beschwerdeführenden Partei überhaupt die Pflicht zur Leistung eines Erschließungsbeitrages auszulösen vermochte. Diese Frage ist zu bejahen.

Abgabepflichtig ist gemäß § 19 Abs. 1 Tir BauO 1978 der "Eigentümer des Bauplatzes, auf den sich die Baubewilligung bezieht". Unter "Bauplatz" auch im Sinne dieser Bestimmung ist gemäß § 3 Abs. 9 Tir BauO 1978 "ein Grundstück im Bauland oder in einer Sonderfläche im Freiland, auf dem die Errichtung eines Gebäudes nach diesem Gesetz zulässig ist", zu verstehen. Auf eben diesen Bauplatzbegriff verweist auch § 17 Tir BauO 1978, demzufolge die Eigentümer von "Bauplätzen" die Verpflichtung haben, für die von der Gemeinde durchzuführende verkehrsmäßige Erschließung Leistungen zu erbringen (Erschließungslasten). Als Ergebnis dieser Wortinterpretation ist daher festzuhalten, daß auch den Eigentümer eines Bauplatzes außerhalb des Baulandes, also in einer Sonderfläche im Freiland, die Erschließungsbeitragspflicht im Sinne der §§ 17 und 19 Tir BauO 1978 trifft - dies ungeachtet des Umstandes, daß sein Bauplatz, weil außerhalb des Baulandes gelegen, nicht in einem Gebiet liegt, zu dessen verkehrsmäßiger Erschließung die Gemeinde gemäß § 16 Abs. 1 Tir BauO 1978 gesetzlich verpflichtet ist. Dieses Auslegungsergebnis wird durch die Entstehungsgeschichte der Regelung der Tir BauO 1978 eindeutig gestützt. Nach der Tir BauO LGBl. Nr. 42/1974 bezog sich die Erschließungsbeitragspflicht nach § 19 Abs. 1 nur auf "Bauplätze im Bauland"; als "Bauplatz" wurde überdies im damaligen § 3 Abs. 9 "ein Grundstück im Bauland" definiert, das zur Errichtung von Gebäuden geeignet ist. Der räumliche Bereich, in dem sich der die Erschließungsbeitragspflicht auslösende Bauplatz befinden mußte, stimmte somit nach der damaligen Regelung aus dem Jahr 1974 mit jenem überein, für den die Gemeinde die Pflicht zur verkehrsmäßigen Erschließung traf (und auch heute noch trifft). Diese Entsprechung wurde durch die 1. Bauordnungsnovelle LGBl. Nr. 37/1978 gelöst. Im § 19 Abs. 1 Tir BauO in der Fassung der 1. Novelle wurden die Worte "im Bauland" gestrichen, der § 3 Abs. 9 leg. cit. erhielt die vorhin wiedergegebene Fassung, derzufolge Bauplätze nicht nur Grundstücke im Bauland, sondern auch solche in Sonderflächen im Freiland sind. Diese Fassung liegt auch der Wiederverlautbarung LGBl. Nr. 43/1978 zugrunde. Es sollten daher auch Eigentümer von Bauplätzen auf Sonderflächen im Freiland der Beitragspflicht zu den Kosten der von der Gemeinde durchzuführenden verkehrsmäßigen Erschließung (§ 17 in Verbindung mit § 16 Abs. 1 erster Satz leg. cit.) unterworfen werden.

Bedenken gegen die Sachlichkeit dieser Regelung sind nicht entstanden. Bei Interessentenbeiträgen muß nämlich die Abgabepflicht nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit den dem Einzelnen erwachsenden Vorteilen bestehen; die Aufteilung muß nur nach irgendwelchen sachlichen bzw. objektiven Kriterien gerechtfertigt sein (Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 27. Juni 1986, Slg. Nr. 10.947). Wenn nun der Landesgesetzgeber davon ausging, daß auch auf Sonderflächen im Freiland verwirklichte Vorhaben in aller Regel verkehrsmäßige Auswirkungen haben werden, die den verkehrsmäßigen Auswirkungen von Vorhaben im Bauland vergleichbar sind, so ist dies nicht offenkundig verfehlt. Im Hinblick auf den auch durch solche Bauvorhaben induzierten Verkehr, dem die Gemeinde durch Erschließungsmaßnahmen Rechnung zu tragen hat, begegnet es keinen sachlichen Bedenken, auch Eigentümer von Bauplätzen auf Sonderflächen im Freiland zu einem Beitrag zu den Kosten der Verkehrserschließung zu verhalten.

2.2.4. Im übrigen wird an die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes erinnert, wonach es keineswegs Aufgabe des Erschließungsbeitrages ist, nur die jeweils aus der Erstellung der verkehrsmäßigen Verbindung eines bestimmten Bauplatzes mit den bereits vorhandenen öffentlichen Verkehrsflächen entstehenden Kosten zu decken, und daß es nach der Konstruktion des Erschließungsbeitrages nach § 19 Tir BauO 1978 auf die tatsächlichen Erschließungskosten für ein konkretes Gebäude nicht ankommt (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1991, Zl. 88/17/0223, die weitere dort zitierte Rechtsprechung, sowie das hg. Erkenntnis vom 18. Dezember 1992, Zl. 89/17/0148).

2.2.5. Was nun die Berücksichtigung von Aufwendungen der beschwerdeführenden Partei für Anlagen zur Verkehrserschließung im Sinne des § 19 Abs. 8 Tir BauO 1978 anlangt, erweist sich ihre Rechtsauffassung schon deswegen als unzutreffend, weil die dort genannten privatrechtlichen Vereinbarungen wegen der Bezugnahme des § 19 Abs. 8 auf § 16 Abs. 2 leg. cit. nur Vereinbarungen sein können, deren Gegenstand die Verkehrserschließung IM BAULAND ist (vgl. bereits das hg. Erkenntnis vom 22. Februar 1991, Zl. 88/17/0223). Nur dort, wo die verkehrsmäßige Erschließung des Baulandes, die gemäß § 16 Abs. 1 erster Satz Tir BauO 1978 eine PFLICHTaufgabe der Gemeinde bildet, von einem Privaten auf Grund einer privatrechtlichen Vereinbarung übernommen wurde, können hiefür erbrachte Aufwendungen gemäß § 19 Abs. 8 Tir BauO 1978 bei der Abgabenvorschreibung Berücksichtigung finden. Die Erbringung von privaten Aufwendungen für die verkehrsmäßige Erschließung von Bauplätzen, die außerhalb des Pflichtaufgabenbereiches der Gemeinde, was die Verkehrserschließung anlangt, liegen, bedeutet hingegen keine Ersparnis der Gemeinde an gebotenen finanziellen Aufwendungen, die eine Anrechnung rechtfertigen könnte. Bedenken gegen die Sachlichkeit der in diesem Zusammenhang angewendeten Rechtsvorschriften sind daher aus Anlaß des Beschwerdefalles nicht entstanden.

Bei diesem Ergebnis war es entbehrlich, auf den Beschwerdeeinwand einzugehen, die belangte Behörde habe verkannt, daß für die Anwendung des § 19 Abs. 8 Tir BauO 1978 die tatsächliche Erbringung von Aufschließungsaufwendungen unmaßgeblich sei und diese Anrechnungsvorschrift vielmehr schon dann zum Tragen komme, wenn nur die Verpflichtung des Privaten zur Verkehrsaufschließung privatrechtlich vereinbart worden sei. Diese Frage brauchte im Hinblick auf die vorhin dargestellte Unanwendbarkeit der Berücksichtigungsvorschrift des § 19 Abs. 8 Tir BauO 1978 auf den vorliegenden Fall von Erschließungsleistungen außerhalb des Baulandes nicht geprüft zu werden.

Die belangte Behörde hat daher die Rechtslage nicht verkannt, wenn sie die Pflicht der Gemeindeabgabenbehörden zur Berücksichtigung der von der beschwerdeführenden Partei geltend gemachten, vereinbarten Aufwendungen für Verkehrserschließungsmaßnahmen im Hinblick auf den Regelungsinhalt des § 19 Abs. 8 Tir BauO 1978 verneinte.

2.4. Aus den dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß die beschwerdeführende Partei durch den angefochtenen Bescheid in ihren Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.

Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

2.5. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 sowie 48 Abs. 3 Z. 1 und 2 VwGG in Verbindung mit Art. I Z. 4, 5 und 7 sowie Art. III Abs. 2 der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 104/1991. Mit dem Schriftsatzaufwandpauschale ist der Aufwand für den gesamten Schriftverkehr des Beschwerdeverfahrens abgegolten. Ersatz der Umsatzsteuer war der mitbeteiligten Partei nicht zuzusprechen, da dieser bereits im Schriftsatzaufwandpauschale berücksichtigt ist.

2.6. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

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