VwGH 2005/07/0177

VwGH2005/07/017727.4.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde 1. der S-Wasserwerksgenossenschaft in H und 2. der E GmbH in S, beide vertreten durch Lansky, Ganzger & Partner, Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Rotenturmstraße 29/9, diese vertreten durch Mag. Caroline Pestal, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rotenturmstraße 29/9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 31. Oktober 2005, Zl. WA1-W-42224/001-2005, betreffend Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes (mitbeteiligte Partei: N-Gesellschaft mbH in W, vertreten durch Dr. Peter Lessky, Rechtsanwalt in 1080 Wien, Landesgerichtsstraße 7),

Normen

AVG §39 Abs2;
AVG §42 Abs1;
AVG §42;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs4;
AVG §8;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §102 Abs1 litc;
WRG 1959 §103 Abs1;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §111 Abs3;
WRG 1959 §29 Abs1;
WRG 1959 §29 Abs3;
WRG 1959 §29;
AVG §39 Abs2;
AVG §42 Abs1;
AVG §42;
AVG §59 Abs1;
AVG §63 Abs1;
AVG §63 Abs4;
AVG §8;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litb;
WRG 1959 §102 Abs1 litc;
WRG 1959 §103 Abs1;
WRG 1959 §111 Abs1;
WRG 1959 §111 Abs3;
WRG 1959 §29 Abs1;
WRG 1959 §29 Abs3;
WRG 1959 §29;

 

Spruch:

1. den Beschluss gefasst:

Die Beschwerde der erstbeschwerdeführenden Partei wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Auf Grund der Beschwerde der zweitbeschwerdeführenden Partei wird der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Die erstbeschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Der Bund hat der zweitbeschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom 13. Juni 2005 suchte die mitbeteiligte Partei beim Magistrat der Stadt S (Magistrat) um "wasserrechtliche Genehmigung der Stilllegung des Kleinwasserkraftwerkes M - Mühle" sowie geringfügiger baulicher Änderungen im Bereich des M-baches auf den Grundstücken 1646/1 und 269/6 der KG S laut den beiliegenden Einreichunterlagen an.

Diese Einreichunterlagen umfassen auch einen Technischen Bericht, der im Punkt 2.4. eine Beschreibung der geplanten letztmaligen Vorkehrungen und im Punkt 8 "Vorkehrungen für den weiteren Betrieb des gegenständlichen Werkskanalabschnittes und der verbleibenden Ausrüstungen" enthält.

Bei der vom Magistrat am 20. Juli 2005 durchgeführten mündlichen Verhandlung gab der wasserbautechnische Amtssachverständige folgende Stellungnahme ab:

Aus Gründen der Schalltechnik verzichte die bisherige Wasserberechtigte (die mitbeteiligte Partei) auf die Ausnutzung der unter Postzahl 24 im Wasserbuch eingetragenen Wasserkraftanlage am linken T-kanal. Im Wesentlichen würden die zur Gewinnung von elektrischer Energie benötigten Anlagenteile wie Turbine samt Regelung sowie Getriebe und Generator ausgebaut. Der Turbinenrechen sowie Turbinen- und Grundablassschütz und Gegengewichtsstauklappe beim Leerschuss blieben erhalten.

Beabsichtigt sei, die vorhandenen Teile aus Beton im Bereich der ausgebauten Turbine auf Beschädigungen zu überprüfen und erforderlichenfalls zu sanieren.

Vorhanden sei auch eine nachvollziehbare hydraulische Berechnung, die zeige, dass es im Wesentlichen im Oberwasser zu einer geringfügigen Wasserspiegelabsenkung, verbunden mit einer Fließgeschwindigkeitserhöhung, komme. Im Unterwasser gebe es keine Änderungen bei den hydraulischen Parametern. Ein Einfluss auf Ober- bzw. Unterlieger sei auszuschließen. Mit der Erniedrigung des Höhenunterschiedes zwischen Ober- und Unterwasser werde tendenziell der ursprüngliche Zustand am Gewässer erreicht.

Der Lokalaugenschein habe gezeigt, dass sich derzeit sowohl das Krafthaus als auch der Bereich des Werkskanals in einem Zustand befänden, der keinen Sanierungsbedarf bzw. die Nachholung von Instandhaltungsverpflichtungen erforderten.

Nachdem die bisherige Wasserberechtigte auch weiterhin Mitglied der Wasserwerksgenossenschaft bleibe und sich verpflichte, den bisherigen räumlichen Zuständigkeitsbereich zu erhalten, schienen aus wasserbautechnischer Sicht keine letztmaligen Vorkehrungen erforderlich. Zweckmäßig wäre es jedoch, einen Ausführungsbericht nach Abschluss der Arbeiten, ausgestellt von einem Fachkundigen, zur Kontrolle einzufordern.

Unter der Rubrik "Stellungnahme des Vertreters der S Wasserwerksgenossenschaft und der E" findet sich in der Verhandlungsschrift folgende Erklärung:

"Bei Erfüllung und Einhaltung des technischen Berichtes von Herrn DI R unter Punkt 8. Vorkehrungen für den weiteren Betrieb des gegenständlichen Werkskanalabschnittes und der verbleibenden Ausrüstungen, besteht von der S-Wasserwerksgenossenschaft und der E kein Einwand gegen die Erlöschung des Wasserrechtes. Der Konsenswerber verpflichtet sich mindestens 30 Jahre Mitglied bei der S-Wasserwerksgenossenschaft zu bleiben."

Mit Bescheid vom 8. August 2005 erklärte der Magistrat unter Spruchabschnitt I die mit Bescheid vom 16. Jänner 1931 unbefristet erteilte wasserrechtliche Bewilligung für den Betrieb des Kleinwasserkraftwerkes "M - Mühle" im Bereich des M-baches auf den Grundstücken 1646/1 und 269/6 der KG S, eingetragen unter der Postzahl 24 des Wasserbuches für die Stadt S, gemäß § 27 Abs. 1 lit. a des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) für erloschen.

Spruchabschnitt II dieses Bescheides lautet:

"Gem. § 29 Abs. 1 WRG 1991 wird festgestellt, dass nach Maßgabe der mit Hinweis auf diesen Bescheid versehenen Einreichunterlagen und der unter I. angeführten Kosten letztmalige Vorkehrungen nicht erforderlich sind.

Die (mitbeteiligte Partei) verpflichtet sich 30 Jahre Mitglied bei der S-Wasserwerksgenossenschaft zu bleiben."

Spruchabschnitt III. enthält die Vorschreibung von Kommissionsgebühren und Barauslagen.

Gegen diesen Bescheid, und zwar "gegen Pkt. II. 2. Absatz", erhob die mitbeteiligte Partei Berufung. Sie machte geltend, sie habe sich nicht verpflichtet, 30 Jahre Mitglied bei der S-Wasserwerksgenossenschaft zu bleiben und ersuche daher, den entsprechenden Passus ersatzlos zu streichen.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 31. Oktober 2005 gab die belangte Behörde der Berufung der mitbeteiligten Partei Folge und behob im Spruchabschnitt II des erstinstanzlichen Bescheides den Satz "Die (mitbeteiligte Partei) verpflichtet sich, 30 Jahre Mitglied bei der S-Wasserwerksgenossenschaft zu bleiben", ersatzlos.

In der Begründung heißt es, es sei rechtmäßig, wenn die Berufungsbehörde die Beurkundung eines Übereinkommens ersatzlos behebe, sofern kein Antrag der Beteiligten zur Beurkundung vorliege.

Aus dem Verfahrensakt gehe nicht hervor, dass eine Beurkundung der Verpflichtung der mitbeteiligten Partei, mindestens 30 Jahre lang Mitglied bei der S-Wasserwerksgenossenschaft zu bleiben, beantragt worden sei.

Diese Verpflichtung sei vom Vertreter der S-Wasserwerksgenossenschaft und der E in der mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2005 gefordert worden. Die mitbeteiligte Partei habe keine gleichlautende Erklärung abgegeben. Es liege daher kein beurkundungsfähiges Übereinkommen im Sinne des § 111 Abs. 3 WRG 1959 vor. Hinsichtlich der Regelung von Verpflichtungen, die den bisherigen Berechtigten aus welchem Titel auch immer auferlegt würden, besage das Gesetz nichts, sodass die Wasserrechtsbehörde weder berechtigt noch verpflichtet sein könne, über den Fortbestand oder Nichtfortbestand solcher Verpflichtungen abzusprechen. Der bekämpfte zweite Satz des Spruchabschnittes II des erstinstanzlichen Bescheides sei daher zu beheben gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die erstbeschwerdeführende Partei bringt vor, Zweck der S-Wasserwerksgenossenschaft sei ihrer Satzung zufolge die Errichtung und Erhaltung von Wasserbauten zur Ausnutzung des Flusswassers der T zum Betriebe der am linksseitigen T-bach zwischen dem Wehr P und der Gerichtsbezirksgrenze S - H liegenden Werke, die geregelte Zuführung des Betriebswassers zu diesen Werken und die Regulierung und Erhaltung des linksseitigen T-baches sowie der P-Wehranlage.

Da sich das Kraftwerk der mitbeteiligten Partei am linksseitigen T-bach befinde, sei die erstbeschwerdeführende Partei zur Wahrung dieser Rechte - ihrer eigenen und jener der weiteren Mitglieder der Genossenschaft - und Zwecke zur Erlöschensverhandlung geladen worden.

Die erstbeschwerdeführende Partei verfolge damit wasserwirtschaftlich bedeutsame Zielsetzungen im Sinne des § 73 Abs. 1 WRG 1959, was nach dem auch für Wassergenossenschaften anzuwendenden § 94 Abs. 5 WRG 1959 dazu führe, dass sie berechtigt sei, diese Interessen im wasserrechtlichen Verfahren zu vertreten.

Die Parteistellung der erstbeschwerdeführenden Partei ergebe sich auch aus § 29 Abs. 1 und 3 WRG 1959.

Die erstbeschwerdeführende Partei habe ihre Parteistellung auch durch Teilnahme an der Verhandlung und entsprechende Antragstellung gewahrt. Sie habe in der Verhandlung darauf hingewiesen, dass sie dem Erlöschen nur unter Voraussetzung der Einhaltung der von der mitbeteiligten Partei selbst beantragten Vorkehrungen und Bedingungen zustimme.

Die zweitbeschwerdeführende Partei bringt vor, sie sei Oberliegerin des Kleinkraftwerks "M - Mühle" und Eigentümerin jener Grundstücke, auf welchen sich ihre Kraftwerke befänden. Ihre Parteirechte seien dadurch dokumentiert, dass die mangelnden Vorkehrungen an der unterliegenden Anlage und an dem unterliegenden Werksbachabschnitt gravierende negative Auswirkungen auf den Betrieb der oberliegenden Kraftwerke hätten. Ohne den Werkskanalabschnitt bzw. ohne eine geregelte Erhaltung desselben werde der Betrieb ihrer Kraftwerke verunmöglicht.

Beide beschwerdeführenden Parteien bringen hinsichtlich ihrer Parteistellung im wasserrechtlichen Verfahren noch vor, diese Parteistellung stünde ihnen auch aus dem Titel des § 29 Abs. 3 WRG 1959 zu. Weiters würden ihre durch das WRG 1959 geschützten Interessen durch den angefochtenen Bescheid verletzt. Dies ergebe sich auch aus einem mittlerweile vor dem Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft anhängigen Verfahren nach § 21a WRG 1959, in welchem auf dem Kaskadeneffekt einer Betriebsstillegung eines Kraftwerks hingewiesen worden sei.

In der Sache bringen die beschwerdeführenden Parteien vor, die Aufhebung des Spruchabschnittes II letzter Satz des erstinstanzlichen Bescheides durch den angefochtenen Bescheid habe bewirkt, dass das Wasserrecht der mitbeteiligten Partei ohne Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen für erloschen erklärt werde. Die belangte Behörde hätte aber entweder selbst die von der mitbeteiligten Partei beantragten Vorkehrungen vorschreiben oder die Angelegenheit zur Vorschreibung derartiger Vorkehrungen an die Erstbehörde zurückverweisen müssen. Die nachträgliche Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen sei nicht mehr möglich.

Die Tatsache, dass Vorkehrungen anlässlich der Feststellung des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes erforderlich seien, habe die mitbeteiligte Partei selbst durch ihr Einreichoperat dokumentiert. Diese Notwendigkeit ergebe sich auch aus § 29 WRG 1959 sowie aus dem Verhandlungsergebnis vom 20. Juli 2005.

Zu verweisen sei auch auf die fachkundige Stellungnahme des wasserbautechnischen Amtssachverständigen in der mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2005, wonach letztmalige Vorkehrungen nur deswegen nicht erforderlich seien, weil die mitbeteiligte Partei erklärt habe, auch weiterhin Mitglied der Wasserwerksgenossenschaft zu bleiben und sich verpflichte, den bisherigen räumlichen Zuständigkeitsbereich zu erhalten.

Für den weiteren Bestand, die Erhaltung oder auch den Nichtbestand der Anlage seien Anordnungen im Sinne des § 29 WRG 1959 notwendig, weil es durch einen Verbleib der Anlage zu deren Verfall und zu nachteiligen Auswirkungen insbesondere auf die von der erstbeschwerdeführenden Partei zu wahrenden rechtlichen Interessen und auf die Rechte beider beschwerdeführenden Parteien kommen würde.

Der angefochtene Bescheid sei aber auch deswegen rechtswidrig, weil die mitbeteiligte Partei das Verhandlungsergebnis zustimmend zur Kenntnis genommen habe. Sie habe daher notwendige Erlöschungsvorkehrungen nicht nur selbst beantragt, sondern ihnen auch noch ausdrücklich zugestimmt und auch ihren Verbleib in der Wasserwerksgenossenschaft zustimmend zur Kenntnis genommen.

Die Zustimmung der mitbeteiligten Partei zum Verhandlungsergebnis sei ein im Vorhinein abgegebener Rechtsmittelverzicht.

Die von der mitbeteiligten Partei zugestandene weitere Erhaltung des zur Anlage gehörigen linken T-baches ergebe sich auch aus Punkt 8 des technischen Berichtes des DI R.

Auf Grund des inneren Zusammenhanges zwischen Satz 1 und Satz 2 des Spruchabschnittes II habe Satz 1 nicht in Rechtskraft erwachsen können. Der von der belangten Behörde behobene Satz im erstinstanzlichen Bescheid sei nicht anders zu werten, als dass für einen befristeten Zeitraum noch Erhaltungspflichten für die mitbeteiligte Partei vorgeschrieben worden seien. Die gänzliche Behebung dieses Satzes, ohne dass die belangte Behörde entweder selbst letztmalige Vorkehrungen vorschreibe oder die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides an die Erstbehörde zurückverweise, sei rechtswidrig.

Unrichtig sei auch, dass kein Antrag auf Beurkundung des Verbleibes in der Wasserwerksgenossenschaft vorliege. Der Verbleib der mitbeteiligten Partei ergebe sich nämlich auch aus Punkt 8 des technischen Berichtes.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Die mitbeteiligte Partei hat ebenfalls eine Gegenschrift erstattet und darin auch die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die erstbeschwerdeführende Partei stützt ihre Parteistellung im verwaltungsbehördlichen Verfahren und offenbar auch ihre Beschwerdelegitimation im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof auf § 94 Abs. 5 WRG 1959 in Verbindung mit § 73 leg. cit. § 94 Abs. 5 WRG 1959 lautet:

"Allgemeine Befugnisse von Wasserverbänden

§ 94. (1) ....

(5) Die Wahrung satzungsgemäßer, in § 73 Abs. 1 genannter Verbandszwecke stellt ein rechtliches Interesse des Wasserverbandes dar. Der Verband ist berechtigt, dieses Interesse in Verfahren, deren Gegenstand den Verbandszweck beeinträchtigen könnte, als Partei wahrzunehmen, Anträge zu stellen und Rechtsmittel einschließlich Beschwerde an den Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof zu ergreifen."

§ 94 WRG gilt ausdrücklich nur für Wasserverbände. Um einen solchen handelt es sich bei der erstbeschwerdeführenden Partei nicht. Aus § 94 Abs. 5 leg. cit. ist daher für ihre Beschwerdelegitimation nichts zu gewinnen.

Das Verfahren zur Feststellung des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes und zur Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen ist im § 29 WRG 1959 geregelt. Dieser lautet auszugsweise:

"Vorkehrungen bei Erlöschen von Wasserbenutzungsrechten.

§ 29. (1) Den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.

(2) .......

(3) Ist die weitere Erhaltung einer Anlage nach Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutze, zur Abwehr oder zur Pflege der Gewässer erforderlich, so können die öffentlichen Körperschaften (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und Wasserverbände), wenn dagegen die Erhaltung nur im Interesse von Beteiligten wünschenswert erscheint, diese Beteiligten von dem bisher Berechtigten die Überlassung der vorhandenen Wasserbauten, soweit dies notwendig ist, ohne Entgelt verlangen. Dabei hat jene Körperschaft den Vorzug, die mit den bisher Wasserberechtigten einen Vertrag, betreffend die Übernahme dieser Anlagen abgeschlossen hat. Die weitere Erhaltung und die Leistung der erst künftig fällig werdenden Entschädigungen für etwa aufrecht bleibende Zwangsrechte (§ 70 Abs. 1) obliegt denjenigen, denen die Anlage überlassen wurde".

Nach § 102 Abs. 1 lit. c WRG 1959 haben im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen Parteistellung.

Die Parteistellung eines Beteiligten im Sinne des § 29 Abs. 3 WRG 1959 wird erst durch die Antragstellung auf Überlassung der Anlage begründet (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 20. Juli 1995, 95/07/0051, VwSlg 14.293/A).

Einen solchen Antrag haben weder die erst- noch die zweitbeschwerdeführende Partei gestellt. Aus § 29 Abs. 3 WRG können sie daher ihre Parteistellung im Verfahren nicht ableiten.

Dass die erstbeschwerdeführende Partei Wasserrechte oder Grundstücke besitzt, die durch das gegenständliche Verfahren berührt werden könnten, lässt sich der Beschwerde nicht entnehmen. Sie ist weder ein "anderer Wasserberechtigter" noch ein "Anrainer" im Sinne des § 29 Abs. 1 WRG 1959. Ihr kam daher im Verfahren zur Feststellung des Erlöschens des Wasserbenutzungsrechtes und zur Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen keine Parteistellung zu. Damit aber kann sie der angefochtene Bescheid auch nicht in ihren Rechten verletzen, weshalb ihre Beschwerde gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG in einem nach § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen war.

Die Zweitbeschwerdeführerin ist Inhaberin eines Wasserbenutzungsrechtes und zwar ist sie Oberliegerin der "M - Mühle", also jenes Wasserkraftwerkes, welches auf der Grundlage des mit Bescheid des Magistrates vom 8. August 2005 für erloschen erklärten Wasserbenutzungsrechtes betrieben wurde. Dass sie durch die Stilllegung dieses Kraftwerkes bei Unterbleiben letztmaliger Vorkehrungen in ihren Rechten berührt werden kann, ist nicht von der Hand zu weisen. Sie hatte daher Parteistellung im Verwaltungsverfahren.

Unzutreffend ist die Auffassung der zweitbeschwerdeführenden Partei, es liege ein Rechtsmittelverzicht der mitbeteiligten Partei vor, weshalb die belangte Behörde in eine inhaltliche Behandlung ihrer Berufung gar nicht habe eintreten dürfen.

Ein Rechtsmittelverzicht ist nach § 63 Abs. 4 AVG erst nach der Zustellung oder Verkündung des Bescheides zulässig und muss außerdem ausdrücklich erklärt werden. Die vor der Erlassung des Bescheides in der mündlichen Verhandlung abgegebene Erklärung, das Verhandlungsergebnis zustimmend zur Kenntnis zu nehmen, stellt keinen solchen Rechtsmittelverzicht dar. Diese Erklärung führte auch nicht dazu, dass es der mitbeteiligten Partei an einem Rechtschutzinteresse fehlte und sie daher keinen Anspruch mehr auf eine inhaltliche Behandlung ihrer Berufung hatte.

Die belangte Behörde meint in der Gegenschrift, die zweitbeschwerdeführende Partei habe bei der mündlichen Verhandlung der Erstbehörde keine Einwendungen erhoben; sie habe dadurch die Parteistellung verloren und sei daher auch nicht zur Beschwerdeführung vor dem Verwaltungsgerichtshof berechtigt.

Sieht bereits das zur Bewilligung beantragte Projekt, welches Gegenstand der mündlichen Verhandlung ist, Vorkehrungen vor, um eine Beeinträchtigung fremder Rechte hintanzuhalten, dann bedarf es keiner Einwendungen der Inhaber fremder Rechte. Weicht der Bewilligungsbescheid - sei es der erstinstanzliche, sei es der Berufungsbescheid - vom Projekt in einer den Rechten einer Partei nachteiligen Weise ab, dann ist sie trotz unterbliebener Einwendungen in einem solchen Fall nicht gehindert, diesen Bescheid zu bekämpfen.

Das Verfahren nach § 29 WRG ist allerdings kein Bewilligungsverfahren, dem ein Projekt zugrunde zu legen ist. Dieses Verfahren ist von Amts wegen durchzuführen. Ungeachtet der Amtswegigkeit ist jedoch ein subjektiv-öffentliches Recht des scheidenden Wasserberechtigten auf behördlichen Abspruch nach § 29 WRG 1959 zu bejahen (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. Februar 2005, 2002/07/0051). Daraus folgt, dass ihm auch das Recht zusteht, einen Antrag auf Durchführung eines solchen Verfahrens einzubringen. Nichts spricht dagegen, dass der Antragsteller seinem Antrag auch ein "Projekt" mit Vorschlägen für letztmalige Vorkehrungen anschließt, wie dies auch im Beschwerdefall geschehen ist.

Die Erstbehörde hat in der Verhandlungskundmachung auf die Einreichunterlagen der mitbeteiligten Partei verwiesen und diese damit zum Gegenstand der Verhandlung gemacht.

Diese Einreichunterlagen sehen in Punkt 2.4. letztmalige Vorkehrungen und in Punkt 8. die weitere Erhaltung des Werkskanales durch die mitbeteiligte Partei vor. Punkt 8. lautet:

"8. Vorkehrungen für den weiteren Betrieb des gegenständlichen Werkskanalabschnittes und der verbleibenden Ausrüstungen:

Der gegenständliche Abschnitt wird in einer Länge von 680 m vom bisherigen Konsensinhaber und Mitglied der Wasserwerksgenossenschaft S, dem (mitbeteiligte Partei) erhalten.

Das facheinschlägig tätige Unternehmen Ö-GesmbH ist - wie schon bisher - mit der Wartung der verbleibenden maschinellen und elektrotechnischen Anlagenteile betraut."

Die zweitbeschwerdeführende Partei hat bei der Verhandlung erklärt, bei Erfüllung und Einhaltung des Punktes 8 des technischen Berichtes, den die mitbeteiligte Partei vorgelegt hat, bestehe kein Einwand "gegen die Erlöschung des Wasserrechtes".

Demnach sah bereits das "Projekt" der mitbeteiligten Partei Vorkehrungen vor, die nach Auffassung der zweitbeschwerdeführenden Partei geeignet waren, eine Verletzung ihrer Rechte hintanzuhalten. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes letztmalige Vorkehrungen nur bestimmte und befristet aufgetragene Maßnahmen, nicht jedoch die dauernde Erhaltung einer Anlage auftragen können (vgl. das Erkenntnis vom 25. Oktober 1994, 93/07/0049, VwSlgNF 14.151/A). Diese Rechtsprechung betrifft nur die Frage, welche Maßnahmen dem scheidenden Wasserberechtigten von Amts wegen aufgetragen werden können. Schlägt der Wasserberechtigte selbst dauernde Erhaltungsmaßnahmen vor, ist die Behörde zwar nicht an diese Vorschläge gebunden; sie können aber, wenn sie geeignet sind, die Zielsetzungen des § 29 WRG zu erfüllen, Eingang in den auf Grund dieser Bestimmung zu erlassenden Bescheid finden; dies insbesondere auch, wenn sie Teil eines Übereinkommens im Sinne des § 111 Abs. 3 WRG 1959 werden.

Sahen aber die den Verhandlungsgegenstand bildenden Einreichunterlagen der mitbeteiligten Partei Maßnahmen vor, die geeignet waren, eine Beeinträchtigung der Rechte der zweitbeschwerdeführenden Partei zu verhindern, dann musste diese auch keine Einwendungen erheben. Es braucht daher nicht untersucht werden, ob die Stellungnahme der zweitbeschwerdeführenden Partei bei der mündlichen Verhandlung als Einwendung anzusehen ist. Das Recht, einen Bescheid, der den zum Verhandlungsgegenstand gemachten Einreichunterlagen nicht entsprach, zu bekämpfen, ging der zweitbeschwerdeführenden Partei auch dann nicht verloren, wenn ihre Stellungnahme nicht als Einwendung zu werten wäre.

Spruchabschnitt II des erstinstanzlichen Bescheides in seiner ursprünglichen Fassung vor der Änderung durch den angefochtenen Bescheid enthielt keine den Rechten der zweitbeschwerdeführenden Partei abträgliche Abweichungen von den Vorschlägen in den Einreichunterlagen.

Dieser Bescheidspruch ist zwar so gestaltet, dass nicht ohne weiteres erkennbar ist, was damit gemeint ist. Unter Zuhilfenahme der Begründung lässt sich sein Inhalt aber doch ermitteln.

In der Begründung gibt die Erstbehörde die Ausführungen des wasserbautechnischen Amtssachverständigen wieder, dass aus wasserbautechnischer Sicht keine letztmaligen Vorkehrungen erforderlich seien, nachdem die mitbeteiligte Partei auch weiterhin Mitglied der Wasserwerksgenossenschaft bleibe und sich verpflichte, den "bisherigen räumlichen Zuständigkeitsbereich" zu erhalten.

Aus der Übernahme dieser Ausführungen des Amtssachverständigen in die Begründung ihres Bescheides und dem Verweis auf die Einreichunterlagen im Spruchabschnitt II erhellt, dass die Erstbehörde von der Annahme ausging, dass sich letztmalige Vorkehrungen erübrigten, wenn die mitbeteiligte Partei die in ihren Einreichunterlagen unter Punkt 8 vorgesehene weitere Erhaltung der dort bezeichneten Gewässerstrecke im Rahmen einer weiter aufrecht bleibenden Mitgliedschaft bei der Wasserwerksgenossenschaft übernehme. Die Verpflichtung zur weiteren Erhaltung der Gewässerstrecke entsprechend den Einreichunterlagen wird demnach als mit dem Weiterbestand der Mitgliedschaft in der Wasserwerksgenossenschaft verbunden angesehen. Vor diesem Hintergrund wird auch der Inhalt des Spruchabschnittes II des erstinstanzlichen Bescheides verständlich. Mit diesem Spruchabschnitt verpflichtete die Erstbehörde die mitbeteiligte Partei, im Rahmen einer weiteren Mitgliedschaft bei der Wasserwerksgenossenschaft die im Punkt 8 des Einreichoperates vorgesehene weitere Erhaltung der Gewässerstrecke zu übernehmen.

Die belangte Behörde hat jenen Teil dieses Spruchabschnittes II aufgehoben, der die Verpflichtung der mitbeteiligten Partei zum Verbleib in der Wasserwerksgenossenschaft betrifft.

Zwar hatte die zweitbeschwerdeführende Partei keinen Anspruch darauf, dass die mitbeteiligte Partei Mitglied der Wasserwerksgenossenschaft blieb, da es hiefür keine Rechtsgrundlage gibt; insofern erfolgte die Aufhebung dieses Ausspruches zu Recht. Entgegen der Auffassung der zweitbeschwerdeführenden Partei hat sich die mitbeteiligte Partei weder in ihren Einreichunterlagen noch in der mündlichen Verhandlung verpflichtet, weiterhin Mitglied der Wasserwerksgenossenschaft zu bleiben. Es braucht daher auch nicht untersucht werden, welche Bedeutung eine solche Verpflichtung gehabt hätte.

Die teilweise Aufhebung des Spruchabschnittes II bewirkt aber, dass der Inhalt des verbleibenden Teiles völlig unklar wird. Aus ihm kann nicht mehr abgeleitet werden, dass die mitbeteiligte Partei zur weiteren Erhaltung der Gewässerstrecke verpflichtet ist, wie dies in ihren Einreichunterlagen vorgesehen war.

Die zweitbeschwerdeführende Partei macht nun geltend, wenn keine Verpflichtung der mitbeteiligten Partei zur weiteren Erhaltung des Werkskanales bestehe, hätten letztmalige Vorkehrungen vorgeschrieben werden müssen, da sonst ihre wasserrechtlich geschützten Rechte verletzt würden. Diese Behauptung ist ohne entsprechende gegenteilige Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht zu widerlegen. Mit der Frage, ob der durch den angefochtenen Bescheid bewirkte Entfall der Verpflichtung der mitbeteiligten Partei zur weiteren Erhaltung des Werkskanales nachteilige Auswirkungen für wasserrechtlich geschützte Rechte der zweitbeschwerdeführenden Partei verbunden sind, hat sich die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid nicht auseinandergesetzt und diesen dadurch mit einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet.

Aus den dargestellten Gründen erweist sich der angefochtene Bescheid als rechtswidrig infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit b und c VwGG aufzuheben war.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf die §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Kostenersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 27. April 2006

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