VwGH 2002/07/0051

VwGH2002/07/005124.2.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Kante, über die Beschwerde 1.) des Josef E und

2.) der Verlassenschaft nach Hermine E, beide in W, beide vertreten durch Dr. Hansjörg Zink, Dr. Georg Petzer, Dr. Herbert Marschitz und Dr. Peter Petzer, Rechtsanwälte in 6330 Kufstein, Unterer Stadtplatz 24, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 26. Jänner 2001, Zl. IIIa1-14.007/10, betreffend Erlöschen eines Wasserbenutzungsrechtes, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §1002;
ABGB §1175;
ABGB §1201;
ABGB §1206;
ABGB §1207;
AVG §39 Abs2;
AVG §8;
AVG §9;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litc;
WRG 1959 §27;
WRG 1959 §29 Abs1;
WRG 1959 §29 Abs3;
WRG 1959 §29;
ABGB §1002;
ABGB §1175;
ABGB §1201;
ABGB §1206;
ABGB §1207;
AVG §39 Abs2;
AVG §8;
AVG §9;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §102 Abs1 litc;
WRG 1959 §27;
WRG 1959 §29 Abs1;
WRG 1959 §29 Abs3;
WRG 1959 §29;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat den beschwerdeführenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

I.

Im Wasserbuch für den politischen Bezirk K scheint unter Postzahl 393 die folgende Eintragung auf:

"Name des Gewässers: 2 Quellen zum Hausbach ....

Art der Wasserbenützung: Wasserleitung und Wasserkraftanlage

.....

Name Wohnort (Firma, Sitz) des Berechtigten: Peter B, Hauswirt, Josef W, F, Thomas G, L, und Leonhard E, K, in WHaus am W-boden.

Urkunden und behördliche Entscheidungen: Bewilligung Entscheidung v. 12.11.1917 .... Kollaudier. Erkenntnis v.

14.11.1919 ....

Dauer der wasserrechtlichen Bewilligung: nicht befristet

Zweck der Anlagen: Versorgung mit Trinkwasser und Nutzwasser

und Erzeugung von elektr. Strom zur Beleuchtung für den W Haus

...."

Mit Eingabe vom 30. Juni 1992 stellte Hubert W namens der

Wasserinteressentschaft "H Quellen" bei der Bezirkshauptmannschaft

K (BH) den Antrag auf Feststellung, dass die Eintragung des

Berechtigten Leonhard E im Wasserbuch (Postzahl 393) nur

hinsichtlich der Berechtigung zum Strombezug erfolgt sei.

Mit dem im Devolutionsweg ergangenen Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol (LH) vom 13. August 1998 wurde gemäß § 29 Abs. 1 des Wasserrechtsgesetzes 1959 - WRG 1959 festgestellt, dass das unter Wasserbuch Postzahl 393 eingetragene Wasserbenutzungsrecht des Erstbeschwerdeführers und der Hermine E (Rechtsvorgängerin der zweitbeschwerdeführenden Partei), nämlich der Bezug von Trink- und Nutzwasser von den H Quellen infolge Nichtausführung des Anlagenteiles der Wasserversorgungsanlage auf ihren Grundstücken gemäß § 27 Abs. 1 lit. a leg. cit. erloschen sei, und weiters gemäß § 29 Abs. 3 leg. cit. festgestellt, dass die Vorschreibung letztmaliger Vorkehrungen aus diesem Grunde nicht erforderlich sei.

Dieser Bescheid wurde auf Grund der vom Erstbeschwerdeführer und Hermine E als Rechtsnachfolger von Leonhard E erhobenen Berufung mit Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 12. November 1998 gemäß § 66 Abs. 4 AVG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes ersatzlos behoben. In der Begründung dieses Bescheides führte der Bundesminister u.a. aus, dass der obgenannte Antrag vom 30. Juni 1992 nicht auf eine Löschung einer Eintragung im Wasserbuch und damit des Wasserbenutzungsrechtes gerichtet gewesen sei, sondern auf die Feststellung, dass dieses seinerzeit nur die Berechtigung zum Bezug elektrischer Energie betroffen habe. Auf Grund der klaren Aktenlage (Wasserbuch) wäre dieser Antrag abzuweisen bzw. die Wasserbucheintragung bescheidmäßig festzustellen gewesen. Anzumerken sei allerdings, dass auf Grund der von der BH vorgelegten Akten vermutet werden könne, dass der Erlöschenstatbestand gemäß § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 vorliege. Diesbezüglich werde von der zuständigen Behörde ein Verfahren gemäß § 29 Abs. 1 leg. cit. durchzuführen sein.

Mit Bescheid des LH vom 14. Dezember 1998 wurde der genannte Feststellungsantrag vom 30. Juni 1992 als unbegründet abgewiesen und festgestellt, dass im Wasserbuch für den Bezirk K unter Postzahl 393 Leonhard E auch als Berechtigter für die Trink- und Nutzwasserversorgungsanlage des Weilers "H" eingetragen sei.

Mit Schriftsatz vom 11. Dezember 1998 hatten 15 (von den beschwerdeführenden Parteien verschiedene) Personen bei der BH den Antrag gestellt, diese möge feststellen, dass das im Wasserbuch des Verwaltungsbezirkes K zu PZ 393 eingetragene Wasserbenutzungsrecht zum Betrieb einer Trink- und Nutzwasserversorgungsanlage hinsichtlich des Berechtigten Leonhard E, K, sohin das hinsichtlich des Anwesens "K" eingetragene Wasserbenutzungsrecht gemäß § 27 WRG 1959 idgF erloschen sei. Dieser Antrag wurde im Wesentlichen damit begründet, dass im Wasserbuch ein Übereinkommen vom 25. Jänner 1919 erliege, woraus sich eindeutig ergebe, dass Josef (offensichtlich gemeint: Leonhard) E, K, nur an der Wasserkraftanlage beteiligt gewesen sei, aber kein Haus-, Trink- und Tränkewasserrecht besessen habe. Auch aus dem dem Bescheid vom 12. November 1917 zu Grunde liegenden technischen Bericht zum Projekt "Wasserleitung W Haus" ergebe sich lediglich, dass die Wasserversorgung für die drei Gehöfte L, P und F aus den H Quellen erfolge und der Besitzer des D-Guts Georg A das frei abfließende Überwasser wieder sammle und seinem Haus zuführe. Im Schreiben der Antragsgegner (des Erstbeschwerdeführers und der Hermine E) vom 23. Mai 1990 an die BH werde zugestanden, dass zum Hof "K" keine Wasserleitung bestehe, und in der Verhandlung vom 18. August 1993 hätten die Antragsgegner erklärt, "dass eben dieses Wasserbenutzungsrecht (Trink- und Nutzwasser) nie ausgenützt wurde". Auch sei in dieser Verhandlung festgehalten worden, dass keine Anlagenteile zum Anwesen K bestünden. Wenn man davon ausgehen sollte, dass auf Grund der Eintragung im Wasserbuch den Antragsgegnern ein Wasserbezugsrecht zukomme, sei dieses gemäß § 27 Abs. 1 WRG 1959, insbesondere im Hinblick auf dessen lit. g, erloschen.

Die beschwerdeführenden Parteien sprachen sich mit Schriftsatz vom 22. Juli 1999 gegen diesen Antrag aus. Die obgenannte Eintragung im Wasserbuch sei auf Grund des rechtskräftigen Bescheides (der BH) vom 12. November 1917 erfolgt, und es sei den Berechtigten das Recht eingeräumt worden, den Wasserbedarf für Haus und Hof aus den Quellen für sich und ihre Rechtsnachfolger abzudecken. Laut dem Kollaudierungsbescheid vom 14. November 1919 sei die Anlage projektsgemäß ausgeführt worden. Das Amt der Tiroler Landesregierung, Kulturbauamt K, habe mit Schreiben vom 14. Februar 1990 an Ort und Stelle festgestellt, dass die heutige Leitung mit der im Jahr 1917 bewilligten Wasserleitung identisch sei. Die Anlage bestehe daher noch zur Gänze wie im Bescheid aus dem Jahr 1917 bewilligt. Die Zuleitung zu den Häusern sei kein Bestandteil der Anlage. Zwar habe keine Leitung von der Anlage zum "K-hof" bestanden, diese sei jedoch wiederholt von der Familie E verlangt worden, und es sei die Herstellung letztendlich daran gescheitert, dass die Mitberechtigten mit dem Leitungsdurchmesser nicht einverstanden gewesen seien. Der Erstbeschwerdeführer und Hermine E hätten niemals auf ein Wasserrecht verzichtet. Da für die Versorgung des bewirtschafteten K-hofes fließendes Wasser unumgänglich sei, werde voraussichtlich im Herbst eine Wasserleitung zu den H Quellen gelegt. Auch könne keine Rede davon sein, dass das Wasserrecht nicht ausgeübt worden sei, bestehe doch die Anlage und würden derzeit von der H Quelle zwei Höfe, ein Gasthaus und etliche Einfamilienhäuser versorgt.

Die BH führte am 7. September 1999 über den Antrag vom 11. Dezember 1998 eine mündliche Verhandlung an Ort und Stelle durch.

Mit Bescheid vom 12. Oktober 1999 traf die BH folgenden Ausspruch:

"1. Gemäß § 29 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 idgF wird festgestellt, dass das im Wasserbuch des Verwaltungsbezirkes K unter Postzahl 393 eingetragene Wasserbenutzungsrecht des Herrn Leonhard E, Rechtsnachfolger Herr Josef E und die Verlassenschaft nach Frau Hermine E, hinsichtlich des Bezuges von Trink- und Nutzwasser aus den zwei Quellen zum Hausbach südlich der Kapelle in W Haus auf Gst. 897 W zur Versorgung des Anwesen 'K' auf Bpn. 182 und 183/1 KG W gemäß § 27 Abs. 1 lit. g iVm § 27 Abs. 6 Wasserrechtsgesetz 1959 erloschen ist.

2. Gemäß § 27 Abs. 6 WRG wird festgestellt, dass das Wasserbenutzungsrecht hinsichtlich der übrigen im Wasserbuch eingetragenen Wasserberechtigten, nämlich Herrn Peter B, H, Herrn Josef W, F, und Herrn Thomas G, L, aufrecht bleibt.

3. Gemäß § 29 Abs. 1 WRG wird festgestellt, dass letztmalige Vorkehrungen aus Anlass des Erlöschens nicht erforderlich sind."

Begründend führte die BH dazu (u.a.) aus, im Kollaudierungsbescheid der BH vom 14. November 1919 sei festgestellt worden, dass die Anlage projektsgemäß und im Allgemeinen den gestellten Bedingungen entsprechend ausgeführt worden sei. Es seien lediglich einige Mängel festgestellt worden, die den Bereich der Quellfassung und der Quellstube beträfen. Bei der Kollaudierungsverhandlung habe Georg Anker vorgebracht, dass Leonhard E an der Wasserleitung rechtlich nicht beteiligt sei und daher kein elektrisches Licht aus der Anlage bekommen dürfe. Die Besitzer der Wasserleitungsanlage hätten jedoch erklärt, auf diese Forderung nicht eingehen zu können. Da der Wasserrechtsakt laut Auskunft des Landesarchivs in Verstoß geraten sei und sich kein Hinweis darauf ergebe, dass eine Wasserleitung von der Anlage Hauserer Quellen zum Anwesen des Leonhard E nicht bestanden habe, müsse angenommen werden, dass eine derartige Leitung im Zeitpunkt der Kollaudierungsverhandlung existiert habe. Bei dem am 7. September 1999 durchgeführten Lokalaugenschein sei vom Erstbeschwerdeführer vorgebracht worden, dass - entgegen den Ausführungen der Antragsteller - in einem zwischen Anna G, Peter G, Thomas G, Josef W und Leonhard E abgeschlossenen Übereinkommen vom 25. Jänner 1919 auch der K-hof als mit Hausversorgungswasser versorgtes Gut angeführt sei. Der Erstbeschwerdeführer habe weiters erklärt, dass zumindest seit dem Jahr 1940 kein Anschluss des K-hofes an die Trinkwasserversorgungsanlage H Quellen bestanden habe. Es müsse daher ein Wegfall oder eine Zerstörung der Wasserleitung zum Kochhof erfolgt sein. Da durch den Wegfall oder die Zerstörung der zur Wasserbenutzung nötigen Vorrichtungen die Unterbrechung der Wasserbenutzung über drei Jahre gedauert habe, dieser Zustand jedoch nur einen Teil der Wasserversorgungsanlage betreffe, sei spruchgemäß zu entscheiden.

Die beschwerdeführenden Parteien erhoben gegen diesen Bescheid in Ansehung der Spruchpunkte 1. und 3. die Berufung vom 29. Oktober 1999 und brachten darin im Wesentlichen vor, dass das Wasserbenutzungsrecht nicht davon abhängig sei, ob der jeweils Berechtigte eine Leitung von der Wasseranlage habe, und die Zuleitung zu den Häusern kein Bestandteil der Anlage sei. Da weder Teile der Anlage noch die zur Wasserbenützung nötige Vorrichtung zerstört worden oder weggefallen seien, sei der Erlöschenstatbestand des § 27 Abs. 1 lit. g WRG 1959 nicht erfüllt. Entgegen der im erstinstanzlichen Bescheid getroffenen diesbezüglichen Feststellung deute nichts darauf hin , dass jemals eine Leitung zum K-hof oder von Anfang an eine Wasserleitung zu den anderen Wasserberechtigten bestanden habe, zumal im Kollaudierungsbescheid eine solche Leitung nicht erwähnt worden wäre und (auch) die anderen Hauszuleitungen darin nicht erwähnt seien, dies eben deshalb, weil sie keinen Teil der Anlage bildeten. Die Versorgung eines Hofs mit Wasser setze auch nicht notwendig das Vorhandensein einer Leitung voraus, und es sei in den letzten Jahrhunderten sicher das Gegenteil die Regel gewesen. Dass im Kollaudierungszeitpunkt eine Hofzuleitung bestanden habe, sei von den beschwerdeführenden Parteien nicht behauptet worden. Tatsache sei jedenfalls, dass das Kulturbauamt K laut Schreiben vom 14. April 1990 an Ort und Stelle festgestellt habe, dass die heutige Leitung mit der im Jahr 1917 bewilligten Wasserleitung identisch sei. Ferner bildeten die im Bescheid (offensichtlich gemeint: Bewilligungsbescheid vom 12. November 1917) genannten "Konsorten" zur Nutzung des Wassers eine Gemeinschaft bürgerlichen Rechts, welche Rechtspersönlichkeit habe. Die einzelnen Wasserberechtigten übten das Wasserbenutzungsrecht im Namen aller Berechtigten aus. Durch die bestehenden Anlagen würden derzeit zwei Höfe, ein Gasthaus und etliche Einfamilienhäuser von der Hauserer Quelle versorgt, und es verhindere bereits eine Nutzung durch einen Berechtigten die Verjährung des Rechts gegenüber den anderen in der Gemeinschaft.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 26. Jänner 2001 traf der LH folgenden Ausspruch:

  1. "1. Der Berufung wird keine Folge gegeben.
  2. 2. Aus Anlass der Berufung wird der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides abgeändert und hat zu lauten wie folgt:

    '1. .... gemäß § 27 Abs. 1 lit. f iVm § 27 Abs. 6 Wasserrechtsgesetz 1959 erloschen ist.'"

    Begründend führte der LH nach Wiedergabe des Berufungsvorbringens aus, dass im Wasserbuch für den Bezirk K Peter B, H, Josef W, F, Thomas G, L, und Leonhard E, K, gemeinsam als Wasserberechtigte eingetragen seien und die Erhaltung der Anlage allen Berechtigten gemeinsam obliege, sodass es sich um eine gemeinsame Wasserversorgungsanlage dieser Personen handle. Das Wasserbenutzungsrecht sei gemäß § 22 WRG 1959 mit den Liegenschaften H, F, L und K verbunden und bilde sohin einen Teil der jeweiligen Liegenschaft. Bei derartigen Berechtigungen trete der Rechtsnachfolger im Eigentum in die Rechtsstellung des Berechtigten ein, und es bildeten demnach die nunmehr Berechtigten eine nicht rechtsfähige ideelle Miteigentumsgemeinschaft, die ausschließlich Partei sei. Den beschwerdeführenden Parteien als Rechtsnachfolgern eines Mitgliedes der Miteigentumsgemeinschaft komme im gegenständlichen Feststellungsverfahren keine Parteistellung zu, und es seien diese lediglich Beteiligte des Verfahrens, weil letztmalige Vorkehrungen, die eine Parteistellung der davon Berührten begründen könnten, nicht vorgeschrieben worden seien. Da die Miteigentumsgemeinschaft als solche nicht rechtsfähig sei und nur durch alle ihre Mitglieder rechtswirksame Erklärungen abgeben könne, bedürfe die Erhebung einer Berufung ebenfalls der Zustimmung aller Mitglieder. Dass die beschwerdeführenden Parteien von den übrigen Mitgliedern zur Erhebung der Berufung bevollmächtigt worden seien, sei nicht hervorgekommen. Die beschwerdeführenden Parteien seien sohin nicht berufungslegitimiert.

    Nach eigenem Bekunden der beschwerdeführenden Parteien sei deren Anwesen nie aus der gegenständlichen Wasserversorgungsanlage versorgt worden, weil die dafür erforderliche Leitung nicht ausgeführt worden sei. Somit liege der Erlöschenstatbestand nach § 27 Abs. 1 lit. f iVm § 27 Abs. 6 WRG 1959 vor, weil der gegenständliche Anlagenteil nicht innerhalb der im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid bestimmten Fertigstellungsfrist errichtet worden sei. Der Ansicht der beschwerdeführenden Parteien, dass die gegenständliche Wasserleitung eine Hauswasserleitung darstelle, welche keinen Bestandteil der Wasserversorgungsanlage bilde, könne aus folgendem Grund nicht gefolgt werden: Richtig sei, dass wasserrechtliche Bewilligungen für Wasserversorgungsanlagen die Hausanschlussleitungen im Regelfall nicht umfassten. Dies treffe auf jene Verfahren zu, in denen ein Antragsteller - sei es eine natürliche oder eine juristische Person - auftrete, welcher auch mehrere andere Personen mit Wasser versorgen wolle. Anders stelle es sich jedoch in Fällen wie dem gegenständlichen dar. Träten mehrere Personen als Antragsteller auf, so umfasse die ihnen gemeinsam erteilte Bewilligung auch all jene Anlagenteile, die zur Ausübung der Bewilligung durch den einzelnen Berechtigten erforderlich seien. Somit sei von der seinerzeitigen wasserrechtlichen Bewilligung auch die Zuleitung zum Anwesen K umfasst, weil der Mitberechtigte das Wasserbenutzungsrecht ohne diese Zuleitung nicht habe ausüben können. Auch könne dem Vorbringen, wonach die Nutzung auch nur eines einzelnen Berechtigten die Verjährung gegenüber den anderen in der Gemeinschaft verhindere, nicht gefolgt werden. Zwar sei im wasserrechtlichen Bewilligungsbescheid keine mengenmäßige Aufteilung des Wasserbenutzungsrechtes auf die einzelnen Berechtigten vorgenommen worden. Das Ausmaß des dem einzelnen Berechtigten zustehenden Wassers ergebe sich jedoch zwangsläufig aus den Dimensionen der zu den einzelnen Anwesen führenden Leitungen. Somit übe jeder Berechtigte sein Wasserbenutzungsrecht für sich aus und sei für die beschwerdeführenden Parteien auch damit nichts gewonnen.

    Gegen diesen Bescheid erhoben die beschwerdeführenden Parteien zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der diese nach Ablehnung ihrer Behandlung dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat (Beschluss vom 25. Februar 2002, B 385/01- 8). Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren begehren die beschwerdeführenden Parteien, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, in eventu Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

    Der LH legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

    II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der LH sah in Bezug auf das den beschwerdeführenden Parteien als Rechtsnachfolgern des im Wasserbuch für den Bezirk K unter Postzahl 393 als Berechtigten eingetragenen Leonhard E eingeräumte Wasserbenutzungsrecht (lediglich) den Erlöschenstatbestand des § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 als verwirklicht an und vertrat darüber hinaus die Auffassung, dass den beschwerdeführenden Parteien keine Parteistellung und somit keine Berufungslegitimation zukomme, weil das mit den Liegenschaften der im Wasserbuch angeführten Wasserbenutzungsberechtigten bzw. deren Rechtsnachfolger verbundene Recht an der gemeinsamen Wasserversorgungsanlage nur diesen gemeinsam, die eine nicht rechtsfähige ideelle Miteigentumsgemeinschaft bildeten und nur gemeinsam rechtswirksame Erklärungen abgeben und eine Berufung erheben könnten, zukomme.

Zu Recht wendet sich die Beschwerde gegen diese Beurteilung.

§ 27 Abs. 1 lit. f, § 29 Abs. 1 und 3 und § 102 Abs. 1 lit. c

WRG 1959 in der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides geltenden und daher maßgeblichen Fassung haben folgenden Wortlaut:

"§ 27. (1) Wasserbenutzungsrechte erlöschen:

...

f) durch Unterlassung der Inangriffnahme des Baues oder der Fertigstellung der bewilligten Anlagen binnen der im Bewilligungsbescheide hiezu bestimmten oder nachträglich verlängerten Frist;

...

§ 29. (1) Den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde festzustellen und hiebei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat.

...

(3) Ist die weitere Erhaltung einer Anlage nach Erlöschen des Wasserbenutzungsrechtes im öffentlichen Interesse, insbesondere zum Schutze, zur Abwehr oder zur Pflege der Gewässer erforderlich, so können die öffentlichen Körperschaften (Bund, Länder, Gemeinden, Gemeindeverbände und Wasserverbände), wenn dagegen die Erhaltung nur im Interesse von Beteiligten wünschenswert erscheint, diese Beteiligten von dem bisher Berechtigten die Überlassung der vorhandenen Wasserbauten, soweit dies notwendig ist, ohne Entgelt verlangen. Dabei hat jene Körperschaft den Vorzug, die mit den bisher Wasserberechtigten einen Vertrag, betreffend die Übernahme dieser Anlagen, abgeschlossen hat. Die weitere Erhaltung und die Leistung der erst künftig fällig werdenden Entschädigungen für etwa aufrecht bleibende Zwangsrechte (§ 70 Abs. 1) obliegt denjenigen, denen die Anlage überlassen wurde.

§ 102. (1) Parteien sind:

...

c) im Verfahren über die Auflassung von Wasseranlagen oder über das Erlöschen von Wasserrechten die im § 29 Abs. 1 und 3 genannten Personen;"

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt Parteistellung im Hinblick auf die (deklarative) Feststellung des Erlöschenstatbestandes nur dem bisher Berechtigten, daher dem Träger der bei Eintritt des Erlöschenstatbestandes bestehenden Wasserberechtigung, nicht jedoch den anderen in § 29 WRG 1959 genannten Personen zu und hat außer dem bisher Berechtigten niemand rechtlichen Einfluss auf die Feststellung des Eintrittes eines Erlöschensfalles. Diese anderen Personen - also andere Wasserberechtigte und Anrainer (§ 29 Abs. 1 leg. cit.) und an der Erhaltung der Anlage interessierte Beteiligte (§ 29 Abs. 3 leg. cit.) - können stets nur die Beeinträchtigung ihrer Rechte unter dem Gesichtspunkt von Vorkehrungen beim Erlöschen von Wasserbenutzungsrechten (wovon § 29 leg. cit. handelt) geltend machen (vgl. etwa die in Kaan/Braumüller, Handbuch Wasserrecht, zu § 29 WRG E 41 ff zitierte Rechtsprechung; ferner etwa die hg. Erkenntnisse vom 29. Juni 2000, Zl. 99/07/0154, und vom 18. September 2002, Zl. 98/07/0112, mwN).

Den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes hat gemäß § 29 Abs. 1 leg. cit. die zur Bewilligung zuständige Wasserrechtsbehörde von Amts wegen festzustellen. Ungeachtet der Amtswegigkeit dieses Verfahrens ist jedoch ein subjektivöffentliches Recht des scheidenden Wasserberechtigten auf behördlichen Abspruch nach § 29 leg. cit. zu bejahen (vgl. etwa die in Kaan/Braumüller, aaO, zu § 29 WRG E 71 und 73 zitierte hg. Judikatur).

Die österreichischen Gesellschaftsformen sind geschlossen, was zunächst zur Folge hat, dass im Wege der Privatautonomie keine neue Gesellschaftsform erfunden werden kann. Zum Typenkatalog der österreichischen Gesellschaftsformen gehören auch die Realgemeinschaften, bei denen die Mitgliedschaft zu ihnen mit Liegenschaftseigentum verbunden ist und auf deren Rechtsverhältnisse, wenn sie keine eigene Rechtspersönlichkeit haben, die Bestimmungen des bürgerlichen Rechtes über die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft nach den §§ 1175 ff ABGB sinngemäß anzuwenden sind (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Juli 1999, Zl. 97/07/0077, mit Hinweis auf Kastner/Doralt/Novotny, Grundriss des österreichischen Gesellschaftsrechts5, 23 f).

Im vorliegenden Fall ist unter Zugrundelegung der im angefochtenen Bescheid getroffenen - von der Beschwerde unbekämpft gebliebenen - Annahme, dass die Rechtsnachfolger der obgenannten, im Wasserbuch eingetragenen Berechtigten eine Miteigentümergemeinschaft bilden, davon auszugehen, dass diese Rechtsnachfolger in Ansehung des im Wasserbuch eingetragenen Rechtes an der darin genannten Wasserversorgungsanlage eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden. Träger einer solchen Gemeinschaft, die weder rechts- noch parteifähig ist, sind nur ihre Mitglieder, denen es im Außenverhältnis damit auch freisteht, das ihnen als Mitgliedern eingeräumte Recht selbstständig geltend zu machen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1995, Zl. 94/07/0124).

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Erlöschen des im Wasserbuch eingetragenen Wasserbenutzungsrechtes nur im Umfang des den beschwerdeführenden Parteien als Rechtsnachfolgern von Leonhard E eingeräumten Wasserbenutzungsrechtes festgestellt. Auf dem Boden der vorzitierten Rechtsprechung kam den beschwerdeführenden Parteien als bisher Berechtigten im Sinn des § 29 Abs. 1 WRG 1959 (vgl. dazu etwa die in Kaan/Braumüller, aaO, zu § 29 WRG E 9 zitierte hg. Judikatur), somit als scheidenden Berechtigten, Parteistellung zu und waren diese - entgegen der Ansicht des LH - zur Erhebung der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid legitimiert.

Auch die weitere Ansicht des LH, dass der Erlöschenstatbestand des § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 verwirklicht sei, kann nicht geteilt werden.

Der obzitierten Eintragung im Wasserbuch liegt u.a. der Kollaudierungsbescheid vom 14. November 1919 zu Grunde. Eine - jeweils gleichlautende - Kopie dieses Bescheides (wie auch eine Kopie des Bescheides vom 12. November 1917) wurde sowohl im Verwaltungsverfahren mit dem obzitierten Feststellungsantrag vom 11. Dezember 1998 als auch mit der gegenständlichen Beschwerde vorgelegt. Laut dem Bescheid vom 14. November 1919 wurde die mit Bescheid vom 12. November 1917 bewilligte Anlage projektsgemäß und im Allgemeinen den gestellten Bedingungen entsprechend bis auf folgende Mängel hergestellt:

"1. Die zur Verhinderung des Jaucheabflusses oberhalb der Quelle II geforderte wasserdichte Mauer wurde nicht hergestellt und ist daher bis Ende Juni 1920 zu errichten. (....)

2. Der um den Hochbehälter (Sammelschacht) errichtete Zaun ist derart umzuändern, dass er genau die Betonmauer umgrenzt, wobei mit Rücksicht auf die Zuleitung des Wassers in Röhren die im Umkreis von 20 m verlangte Umzäunung unterbleiben kann.

3. Zur Abhaltung des Eintrittes des Oberflächenwassers in den Hochbehälter ist um die Öffnung ein im Mittel 20 cm hoher und 10 cm starker Betonmauerkranz in der Weise auszuführen, dass er durch einen in der Richtung des Hanges schiefgelagerten und um eine horizontale Achse drehbaren, über das Mauerwerk hinausreichenden Deckel abgeschlossen wird. Der Deckel ist zur Herstellung der Undurchlässigkeit an der Oberfläche mit Blech zu verkleiden.

Die unter 2. bis 3. geforderten Herstellungen sind ebenfalls spätestens bis Ende Juni 1920 auszuführen, worauf die Anzeige anher zu machen ist."

Zu Recht macht die Beschwerde geltend, dass unter Zugrundelegung dieses Kollaudierungsbescheides nicht davon ausgegangen werden kann, dass die wasserrechtlich bewilligte Wasserleitung für das Anwesen der beschwerdeführenden Parteien mangels einer Zuleitung dorthin nicht hergestellt worden sei und deshalb der Erlöschenstatbestand nach § 27 Abs. 1 lit. f WRG 1959 eingetreten sei.

Da somit der LH die Rechtslage verkannt hat, war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Kostenmehrbegehren war abzuweisen, weil die von den beschwerdeführenden Parteien angesprochene Umsatzsteuer bereits mit dem pauschaliert festgelegten Schriftsatzaufwand abgegolten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 2004, Zl. 2003/07/0158).

Wien, am 24. Februar 2005

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