VwGH 2004/18/0182

VwGH2004/18/018229.11.2006

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Eisner, über die Beschwerde des SO, geboren 1975, vertreten durch Dr. Andreas Nödl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Salztorgasse 2, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 15. März 2004, Zl. SD 338/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrPolG 2005 §46 Abs3;
FrPolG 2005 §60;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
FrPolG 2005 §46 Abs3;
FrPolG 2005 §60;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 51,50 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 15. März 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 des Fremdengesetzes - FrG, BGBl. I Nr. 75/1997, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen sowie gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung einer Berufung ausgeschlossen.

Der Beschwerdeführer, dessen Identität auf Grund fehlender Dokumente nicht nachgewiesen sei, sei am 5. Juli 2002 illegal nach Österreich gelangt und habe am selben Tag beim Bundesasylamt - Außenstelle Eisenstadt einen Asylantrag gestellt, der im Instanzenzug vom unabhängigen Bundesasylsenat am 12. November 2003 gemäß § 7 Asylgesetz 1997 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Der Beschwerdeführer habe zwar während seines Asylverfahrens über eine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz verfügt. Seit dessen rechtskräftigem negativen Abschluss halte er sich aber unrechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer sei am 1. März 2004 von Beamten der Bundespolizeidirektion Wien wegen des Verdachts des unrechtmäßigen Aufenthaltes im Bundesgebiet gemäß § 110 Abs. 3 FrG festgenommen worden. Der Beschwerdeführer habe bei seiner Anhaltung EUR 31,05 und $ 1,-- bei sich gehabt. Dieser Geldbetrag sei zur Bestreitung des Unterhaltes, selbst für einen nur kurzen Aufenthalt im Bundesgebiet, nicht ausreichend. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer in Wien bereits zweimal, am 12. Juni 2003 sowie am 18. Dezember 2003, wegen des Verdachts der Entwendung angezeigt worden sei. Es sei daher vom Nichtvorhandensein der erforderlichen Mittel zum Unterhalt des Beschwerdeführers auszugehen. Der Beschwerdeführer, der im erstinstanzlichen Verfahren angegeben habe, weder über Vermögen noch über ein Einkommen zu verfügen und ohne Beschäftigung zu sein, sei somit weiterhin als mittellos anzusehen, weshalb der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei. Die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers sowie sein unrechtmäßiger Aufenthalt beeinträchtigten die öffentliche Ordnung in hohem Maß, sodass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - (auch) im Grund des § 36 Abs. 1 FrG als gerechtfertigt erweise.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Während seines Aufenthaltes im Bundesgebiet habe er an verschiedenen Adressen Unterkunft genommen, ohne polizeilich gemeldet zu sein. Seine Familie lebe in Nigeria. In Österreich verfüge er über keinerlei familiäre Bindungen. Auf Grund seines mehr als eineinhalbjährigen inländischen Aufenthaltes sei jedoch von einem mit der vorliegenden Maßnahme verbundenen relevanten Eingriff in sein Privatleben auszugehen. Dessen ungeachtet sei die Erlassung der vorliegenden Maßnahme zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele als dringend geboten zu erachten.

Der Befolgung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften durch den Normadressaten komme aus der Sicht des Schutzes und der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) ein sehr hoher Stellenwert zu. Gegen diese Regelung habe der Beschwerdeführer, der seinen unrechtmäßigen Aufenthalt trotz des rechtskräftigen Abschlusses seines Asylverfahrens fortgesetzt habe, in gravierender Weise verstoßen. Seine Mittellosigkeit beeinträchtigte die öffentliche Ordnung zusätzlich, sodass das Aufenthaltsverbot im Grund des § 37 Abs. 1 FrG zulässig sei, zumal der Beschwerdeführer auch keine familiären Bindungen im Bundesgebiet aufweise.

Hinsichtlich der nach § 37 Abs. 2 FrG erforderlichen Interessenabwägung sei auf den bisherigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen. Gleichzeitig sei aber zu berücksichtigen, dass einer daraus ableitbaren Integration insofern kein entscheidendes Gewicht zukomme, als der Beschwerdeführer lediglich während seines anhängigen Asylverfahrens vorläufig zum Aufenthalt in Österreich berechtigt gewesen sei und sein Asylantrag letztlich gemäß § 7 Asylgesetz 1997 abgewiesen worden sei. Das private Interesse des Beschwerdeführers trete gegenüber den hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen an der Beendigung seines Aufenthalts in Österreich in den Hintergrund. Die Auswirkungen der vorliegenden Maßnahme auf seine Lebenssituation wögen nicht schwerer als die gegenläufigen öffentlichen Interessen und damit die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von dieser Maßnahme. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes erweise sich somit auch gemäß § 37 Abs. 2 FrG als zulässig.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er besitze kein Reisedokument und keine Einreiseberechtigung in ein anderes Land, sei zu erwidern, dass mit dem Aufenthaltsverbot nicht ausgesprochen werde, dass der Beschwerdeführer in ein bestimmtes Land auszureisen habe oder dass er abgeschoben werde.

Auf Grund der erheblichen Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers könne von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes auch nicht im Rahmen des der Behörde zustehenden Ermessens Abstand genommen werden. Dies umso weniger, als der Beschwerdeführer unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhältig sei und der Aufrechterhaltung eines geordneten Fremdenwesens ein sehr hoher Stellenwert zukomme.

Was die Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes betreffe, so erscheine die von der Erstbehörde vorgenommene Befristung gerechtfertigt. In Anbetracht des aufgezeigten Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers einerseits und seiner aktenkundigen Lebenssituation andererseits könne ein Wegfall des für die Erlassung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Grundes, nämlich der Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch den Aufenthalt des Berufungswerbers im Bundesgebiet, nicht vor Verstreichen des festgesetzten Zeitraumes erwartet werden.

Ebenso zutreffend habe die Erstbehörde einer Berufung die aufschiebende Wirkung aberkannt. Die Mittellosigkeit des Beschwerdeführers berge die Gefahr in sich, dass er seinen Lebensunterhalt durch strafbares Verhalten oder unrechtmäßige Beschäftigung zu finanzieren trachte. Es könne daher kein Zweifel bestehen, dass die vorzeitige Vollstreckung des Aufenthaltsverbotes im Interesse des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten sei.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm jedoch von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 MRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z. 2).

Nach § 36 Abs. 2 leg. cit. hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 insbesondere zu gelten, wenn ein Fremder (Z. 7) den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag, es sei denn, er wäre rechtmäßig zur Arbeitsaufnahme eingereist und innerhalb des letzten Jahres im Inland mehr als sechs Monate einer erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen.

2.1. Der Beschwerdeführer wendet sich nicht gegen die Feststellungen im angefochtenen Bescheid, dass er den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermochte. Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei, begegnet keinen Bedenken. Auch die Feststellung der belangten Behörde, dass das Asylverfahren des Beschwerdeführers am 12. November 2003 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden sei und sich der Beschwerdeführer seitdem unrechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, bleibt in der Beschwerde unbestritten.

2.2. Auf Grund der mit der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers verbundenen Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung und der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft, kann auch die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

3. Gegen die - nicht bekämpfte - Auffassung der belangten Behörde, dass das Aufenthaltsverbot auch im Grund des § 37 FrG zulässig sei, besteht aus den zutreffenden Gründen des angefochtenen Bescheides keine Bedenken.

4. Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, er verfüge über kein Reisedokument und keine Einreiseberechtigung in ein anderes Land und er könne daher gar nicht ausreisen, ist zu erwidern, dass diesem Umstand mit einem Abschiebungsaufschub gemäß § 46 Abs. 3 FPG Rechnung zu tragen wäre, er aber im Übrigen der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht entgegen stünde. Ob dem Beschwerdeführer eine etwaige Nichtbefolgung seines Aufenthaltsverbotes vorgeworfen werden kann, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens.

5. Für die belangte Behörde bestand auch keine Veranlassung, von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zukommenden Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen, sind doch weder aus der Beschwerde noch aus dem angefochtenen Bescheid besondere Umstände ersichtlich, die für eine derartige Ermessensübung sprächen.

6. Durch den von der belangten Behörde bestätigten Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung wurde der Beschwerdeführer schon deshalb nicht in Rechten verletzt, weil er nicht behauptet, während des anhängigen Berufungsverfahrens abgeschoben worden zu sein (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 7. September 2004, Zl. 2004/18/0250).

7. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

8. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.

Wien, am 29. November 2006

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