Normen
StbG 1949 §2 Z1;
StbG 1949 §3 Abs1;
StbG 1949 §2 Z1;
StbG 1949 §3 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer wurde 1963 in Wien als eheliches Kind der D A und des L A geboren. L A und D A haben am 13. April 1962 (vor dem Standesamt Wien-Währing) die Ehe geschlossen. D A, die Mutter des Beschwerdeführers, war im Zeitpunkt der Geburt des Beschwerdeführers österreichische Staatsbürgerin. Der am 25. August 1937 in Engerau (Slowakei) geborene Vater des Beschwerdeführers, L A, flüchtete im Zuge der ungarischen Revolution 1956 nach Österreich, er beantragte die Gewährung von Asyl und wurde in Österreich 1958 als Konventionsflüchtling anerkannt.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 27. August 2003 stellte die belangte Behörde gemäß §§ 39 und 42 Abs. 3 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 (StbG) von Amts wegen fest, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft weder kraft Abstammung im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 2 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1949 (StbG 1949), BGBl. Nr. 276, noch auf andere Art erworben habe; er sei nicht österreichischer Staatsbürger.
Die belangte Behörde legte ihrer Entscheidung zu Grunde, L A (Vater des Beschwerdeführers) habe im Asylverfahren angegeben, ungarischer Staatsbürger und am 25. November 1956 von Ungarn aus (letzter Wohnsitz in Köbleny) nach Österreich geflüchtet zu sein. Der Bestätigung des slowakischen Innenministeriums vom 16. Oktober 2002 sei zu entnehmen, dass der in der Slowakei (in Engerau) geborene L A in der Stadtbürgerschaftsevidenz der slowakischen Republik nicht aufscheine; gleichzeitig werde darin festgestellt, dass L A mit Dekret des Präsidenten Nr. 33/1945 Slg. "über die Regelung der tschechoslowakischen Staatsbürgerschaft von Personen deutscher und ungarischer Nationalität" die tschechoslowakische Staatsangehörigkeit verloren habe.
Das ungarische Innenministerium (Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftsamt) habe mit Schreiben vom 7. Jänner 2003 bestätigt, dass L A am 3. April 1941 die ungarische Staatsangehörigkeit durch Wiedereinbürgerung erworben, diese zu keiner Zeit verloren und bis zu seinem Ableben (am 5. Mai 1993) besessen habe. Es habe weiter mitgeteilt, dass der Beschwerdeführer dadurch die ungarische Staatsangehörigkeit durch Geburt kraft Abstammung nach dem Vater erworben habe; er könne beim ungarischen Konsulat in Wien die Ausstellung eines ungarischen Reisepasses beantragen. Im Zeitpunkt der Geburt des Beschwerdeführers sei L A weder österreichischer Staatsbürger noch staatenlos gewesen, sodass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft gemäß § 3 Abs. 1 StbG 1949 nicht habe erwerben können. Die Bestimmung des § 7 Abs. 1 StbG, die (auf Grund der StbG-Novelle 1983) am 1. September 1983 in Kraft getreten sei, wirke nicht auf vorher geborene Kinder zurück. Der Beschwerdeführer habe aus Art. I des Staatsbürgerschafts-Übergangsrechts 1985 (St-ÜR 1985) keinen Nutzen ziehen können, weil er am maßgeblichen Stichtag (1. September 1983) das 19. Lebensjahr bereits vollendet gehabt habe. Die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführte Judikatur (des Obersten Gerichtshofes) sei zum Begriff der "Staatenlosigkeit im ARÜG" (Auslandsrenten-Übernahmegesetz) ergangen; sie sei für die vorliegend anzuwendenden staatsbürgerschaftsrechtlichen Bestimmungen nicht relevant. Der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (Erkenntnis vom 3. Dezember 1997, Zl. 96/01/0511) sei zu entnehmen, dass die Flüchtlingseigenschaft nicht als Staatenlosigkeit im Sinne des StbG anzusehen sei.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:
§ 3 Abs. 1 StbG 1949 lautete vom 19. Juli 1949 bis zum Außerkrafttreten des StbG 1949 am 30. Juni 1965 wie folgt:
"§ 3. (1) Nicht eigenberechtigte eheliche Kinder erwerben die Staatsbürgerschaft nach dem Vater. Ist der Vater staatenlos, so erwirbt das Kind die Staatsbürgerschaft, wenn die Mutter die Staatsbürgerschaft besitzt. Nicht eigenberechtigte uneheliche Kinder erwerben die Staatsbürgerschaft nach der Mutter. Werden uneheliche Kinder legitimiert, so erwerben sie die Staatsbürgerschaft nach dem Vater."
Im vorliegenden Fall ist unstrittig, dass der Beschwerdeführer gemäß § 3 Abs. 1 StbG 1949 nur dann österreichischer Staatsbürger wäre, wenn im Zeitpunkt seiner Geburt sein Vater staatenlos gewesen wäre.
Die belangte Behörde ging auf Grund der Auskunft des ungarischen Innenministeriums (vom 7. Jänner 2003) davon aus, dass der Vater (L A) im Zeitpunkt der Geburt des Beschwerdeführers ungarischer Staatsbürger gewesen sei.
In der Beschwerde wird unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht, die beiden Bestätigungen mit amtlichem Charakter (des slowakischen Innenministeriums vom 16. Oktober 2002 und des ungarischen Innenministeriums vom 7. Jänner 2003) seien "widersprüchlich". Mit der ungarischen Auskunft habe die belangte Behörde sich nicht auseinander gesetzt. Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens sei darin gelegen, dass die belangte Behörde in der Anfrage den ungarischen Behörden eine Antwort bereits vorgegeben bzw. eine "falsche Frage" gestellt habe.
Die in der Beschwerde behaupteten Verfahrensfehler liegen nicht vor. Das slowakische Innenministerium bestätigte - entgegen der unrichtigen Behauptung des Beschwerdeführers - nicht, dass "M A, geboren am 25.08.1937 in Bratislava-Petrzalka" staatenlos gewesen sei, sondern dass diese Person in der Staatsbürgerschaftsevidenz der slowakischen Republik nicht aufscheine. Es trifft - entgegen der Darstellung der Beschwerde - nicht zu, dass der genannten Bestätigung zu entnehmen sei, der Vater des Beschwerdeführers sei aus dem Grund staatenlos gewesen, weil er "die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft" 1945 verloren habe. Darüber, ob L A (im Zeitpunkt der Geburt des Beschwerdeführers) eine andere als die tschechoslowakische bzw. die slowakische Staatsbürgerschaft besessen hat, trifft die Bestätigung des slowakischen Innenministeriums keine Aussage. Sie steht daher mit der Auskunft des ungarischen Innenministeriums (vom 7. Jänner 2003), dass L A am 3. April 1941 durch Wiedereinbürgerung die ungarische Staatsangehörigkeit erworben habe, nicht im Widerspruch.
Insoweit der Beschwerdeführer geltend macht, die Anfrage an die ungarischen Behörden sei "falsch" bzw. habe diese Anfrage eine Antwort bereits "vorgegeben", bleibt diese Rüge inhaltsleer (substanzlos). Worin eine "Unrichtigkeit" der Anfrage bzw. der Auskunft der ungarischen Behörde konkret gelegen sein soll, stellt die Beschwerde nicht dar. Dass L A am 25. August 1937 in Engerau (Bezirk Bratislava, Slowakei) geboren wurde, war in der Anfrage ohnedies angeführt. Ob L A als "ungarischer Staatsbürger" oder - wie die Beschwerde ins Treffen führt - als "Angehöriger der ungarischen Minderheit in der Tschechoslowakei" in der Anfrage hätte bezeichnet werden sollen, ist nicht entscheidend, wurde die angefragte ungarische Behörde doch allein dadurch nicht gehindert, den staatsbürgerschaftsrechtlichen Status des L A richtig (und umfassend) darzustellen, bzw. wurde sie dadurch auch daran nicht gehindert, die Anfrage etwa dahingehend zu beantworten, L A sei nicht (oder niemals) ungarischer Staatsbürger gewesen. Über welche "Dokumente oder sonstigen Unterlagen" betreffend den L A die ungarischen Behörden nicht verfügt hätten, legt der Beschwerdeführer nicht näher dar. Seiner Beschwerde ist nicht zu entnehmen, warum diese "Dokumente oder sonstige Unterlagen" erforderlich gewesen wären, bzw. warum deshalb die Auskunft unrichtig sei. L A hatte vor seiner Einreise nach Österreich (zuletzt) jedenfalls in Köbleny (in Ungarn) einen Wohnsitz und er flüchtete (nicht von der Slowakei sondern) von Ungarn nach Österreich.
Dem Beschwerdeführer gelingt es (insgesamt betrachtet) somit nicht, begründete Bedenken dagegen zu wecken, dass die belangte Behörde die im angefochtenen Bescheid getroffene Feststellung, L A sei im Zeitpunkt der Geburt des Beschwerdeführers ungarischer Staatsbürger gewesen, auf die eingeholte Bestätigung des ungarischen Innenministeriums stützte.
Davon ausgehend begegnen der dem bekämpften Bescheid zu Grunde liegende Rechtsansicht keine Bedenken.
Das StbG 1949 unterschied nicht zwischen verschiedenen Formen der Staatenlosigkeit. Eine Person galt dann als staatenlos, wenn sie weder die österreichische Staatsbürgerschaft noch eine andere Staatsangehörigkeit besaß. Wer eine fremde Staatsangehörigkeit rechtswirksam (nach den Vorschriften des betreffenden Staates) erworben hatte, konnte nicht staatenlos sein. Lediglich völkerrechtswidrige Einbürgerungen wurden als unbeachtlich angesehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 22. November 2005, Zl. 2004/01/0596). Dass der Erwerb der ungarischen Staatsbürgerschaft durch den Vater des Beschwerdeführers dem Völkerrecht widersprach (völkerrechtswidrig war) ist nicht erkennbar und wird auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet.
Der Vater des Beschwerdeführers war im Zeitpunkt der Geburt des Beschwerdeführers daher nicht staatenlos. Mit dem Hinweis, sein Vater sei aus Ungarn geflüchtet und danach als Konventionsflüchtling anerkannt worden, zeigt der Beschwerdeführer keinen Sachverhalt bzw. Tatbestand auf, der zum Verlust der ungarischen Staatsbürgerschaft seines Vaters geführt hätte.
Die (zur Feststellung der Staatsangehörigkeit eines ungarischen Staatsbürgers) zuständige ungarische Behörde bestätigte, dass L A (Vater des Beschwerdeführers) die ungarische Staatsangehörigkeit zu keiner Zeit verloren und bis zu seinem Ableben besessen hat. Die dagegen ins Treffen geführte Judikatur des Obersten Gerichtshofes (Urteil vom 16. Juni 1992, 10 Ob S 362/91; vgl. insoweit ferner das in der Beschwerde nicht genannte hg. Erkenntnis vom 27. Juli 2001, Zl. 95/08/0034, und die darin angegebene Judikatur) vermag der Beschwerde nicht zum Erfolg zu verhelfen. Sie lässt nämlich unberücksichtigt, dass es für einen allfälligen (nach der ins Treffen geführten Judikatur angenommenen) Verlust der Staatsbürgerschaft entscheidend auch darauf ankäme, ob dem Vater des Beschwerdeführers die Entlassung aus der ungarischen Staatsbürgerschaft (aus nicht zu billigenden Gründen) verweigert wurde, oder ob eine Antragstellung des L A auf Entlassung aus der ungarischen Staatsbürgerschaft offensichtlich aussichtslos gewesen wäre.
Die belangte Behörde hat im angefochtenen Bescheid (unbestritten) festgestellt, dass der Vater des Beschwerdeführers sich in eigenen Angaben weiterhin als "ungarischer Staatsbürger" bezeichnete. Dass L A nach seiner Flucht (von Ungarn) nach Österreich bzw. seiner Anerkennung als Konventionsflüchtling eine Entlassung aus der ungarischen Staatsbürgerschaft jemals anstrebte (begehrte), ist nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten nicht hervorgekommen; derartiges wurde im Verwaltungsverfahren und auch in der Beschwerde vom Beschwerdeführer nicht einmal behauptet.
Fehlt im vorliegenden Fall aber eine sachverhaltsmäßige Grundlage dafür, der Heimatstaat des Vaters des Beschwerdeführers habe ihm die Entlassung aus der (ungarischen) Staatsbürgerschaft verweigert, dann hätte selbst nach der von der Beschwerde ins Treffen geführten Judikatur ein Verlust der ungarischen Staatsbürgerschaft des L A nicht eintreten können. Es kann daher auch unbeantwortet bleiben, ob die im Zusammenhang mit der Geltung des § 2 Abs. 1 ARÜG zum Verlust einer ausländischen Staatsbürgerschaft dargelegten Grundsätze vorliegend in einem Verfahren betreffend die Feststellung der Staatsbürgerschaft heranzuziehen wären.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003 Wien, am 13. Oktober 2006
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