VwGH 2005/21/0308

VwGH2005/21/03088.9.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gruber und die Hofräte Dr. Robl, Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Thurin, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Steiermark vom 4. Juli 2005, Zl. Fr 882/2004, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Feststellung gemäß § 75 Abs. 1 FrG, zu Recht erkannt:

Normen

AsylG 1997 §8;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs2;
AsylG 1997 §8;
AVG §68 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs1;
FrG 1997 §75 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 41,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 24. Mai 2005 wies die Bezirkshauptmannschaft Leibnitz den Antrag des Beschwerdeführers, eines türkischen Staatsangehörigen, auf Feststellung der Unzulässigkeit seiner Abschiebung in die Türkei gemäß § 75 Abs. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, als unzulässig zurück.

Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der gegen den erstinstanzlichen Bescheid gerichteten Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und begründete dies im Wesentlichen folgendermaßen:

Der Beschwerdeführer sei erstmals am 4. September 1999 in Österreich eingereist und habe am 7. September 1999 einen Asylantrag gestellt. Dieser sei - einschließlich eines Ausspruchs nach § 8 Asylgesetz 1997 - mit Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates seit 3. November 2004 zweitinstanzlich rechtskräftig abgewiesen worden.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 23. November 2004 sei der Beschwerdeführer gemäß § 33 Abs. 1 FrG ausgewiesen worden; eine dagegen erhobene Berufung sei erfolglos geblieben, der zweitinstanzliche Bescheid sei dem Beschwerdeführer am 7. März 2005 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 27. April 2005 habe er den gegenständlichen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in die Türkei gestellt.

Das nunmehrige Vorbringen des Beschwerdeführers könne nicht dazu führen, dass dadurch die in § 75 Abs. 1 FrG normierte negative Prozessvoraussetzung der entschiedenen Sache für die Fremdenbehörde beseitigt werde und könne keinesfalls eine Zuständigkeit der Fremdenbehörde zur Durchführung eines förmlichen Verfahrens gemäß § 75 FrG begründen. Ebenso wenig könne daraus eine Zuständigkeit der Fremdenbehörde zu einer allfälligen Abänderung einer vom Bundesasylamt gemäß § 8 AsylG rechtskräftig getroffenen Feststellung abgeleitet werden. Dazu komme, dass sich die Erstbehörde bei der Zurückweisung des Antrages zu Recht zusätzlich auf die Bestimmung des § 75 Abs. 2 FrG gestützt habe, weil ein solcher Feststellungsantrag nur während des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung oder eines Aufenthaltsverbotes eingebracht werden könne. Da das Ausweisungsverfahren mit Zustellung des Berufungsbescheides am 7. März 2005 rechtskräftig abgeschlossen worden sei, sei der Antrag vom 27. April 2005 auch deswegen zurückzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Der Antrag vom 27. April 2005 auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in die Türkei wurde im Wesentlichen damit begründet, dass der Beschwerdeführer in der Türkei politisch "tätig war und weiter auch ist" und deswegen inhaftiert und auch gefoltert worden wäre. Die türkischen Behörden wären durch die Asylantragstellung zusätzlich auf den Beschwerdeführer aufmerksam gemacht worden und es stünde zudem die Absolvierung des türkischen Militärdienstes längerfristig aus. Allein die Desertion vom türkischen Militärdienst nach einem längeren Aufenthalt in Österreich wäre als Grund anzuerkennen, den Betroffenen nicht mehr der Rückkehr in sein Heimatland auszusetzen.

In der Stellungnahme vom 11. Mai 2005 brachte der Beschwerdeführer vor, dass er im Asylverfahren nicht anwaltlich vertreten gewesen sei, und verwies sachbezogen auf seinen Antrag vom 27. April 2005 und darauf, dass er im Fall seiner Rückkehr in die Türkei umfangreichen Repressalien der türkischen Militärbehörden ausgesetzt wäre.

Die Berufung vom 10. Juni 2005 gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 24. Mai 2005, mit dem sein Feststellungsantrag zurückgewiesen wurde, enthält Rechts- und Verfahrensrügen, jedoch kein Sachvorbringen über eine Verfolgungssituation in der Türkei.

Eine Stellungnahme vom 14. Juni 2005 zu der von der Behörde beabsichtigten Abweisung eines Antrags auf Erteilung einer "Aufenthaltserlaubnis aus humanitären Gründen" (§ 10 Abs. 4 FrG) enthält kein neues Vorbringen zu Verfolgungsgründen, sondern im Wesentlichen die Behauptung, eine Rückkehr in die Türkei würde den Beschwerdeführer "vor das Nichts stellen".

Der belangten Behörde ist zuzustimmen, dass ein bei der Fremdenpolizeibehörde eingebrachter Antrag auf Feststellung nach § 75 Abs. 1 FrG wegen entschiedener Sache als unzulässig zurückzuweisen ist, wenn insoweit bereits eine Entscheidung der Asylbehörden nach § 8 AsylG vorliegt. Sie hat jedoch übersehen, dass die sich aus der Rechtskraft ergebenden Wirkungen eines Bescheides gemäß § 8 AsylG nur so weit reichen, als sich die für die Erlassung eines solchen Bescheides maßgebliche Sach- oder Rechtslage nicht geändert hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 15. Dezember 2004, Zl. 2001/18/0165) und dass die Kompetenz zur Abänderung eines negativen Ausspruchs der Asylbehörden nach § 8 AsylG bei Behauptung einer wesentlichen Sachverhaltsänderung den Fremdenpolizeibehörden zukommt (vgl. zuletzt das hg. Erkenntnis vom 9. Juni 2005, Zl. 2005/21/0073), wobei diesem auf eine Abänderung eines solchen Ausspruchs zielenden Antrag § 75 Abs. 2 FrG nicht entgegen steht.

Dennoch war der Beschwerde der Erfolg zu versagen, weil der nach dem Asylverfahren in Österreich verbliebene Beschwerdeführer - wie aus den oben zitierten Behauptungen zu sehen ist - im Verwaltungsverfahren kein substanzielles Vorbringen zu einer Änderung des Sachverhalts gegenüber der Tatsachengrundlage des (erst im November 2004 abgeschlossenen) Asylverfahrens hinsichtlich des Ausspruches nach § 8 AsylG erstattet hat.

Da dem angefochtenen Bescheid somit im Ergebnis die behauptete Rechtswidrigkeit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht - im Rahmen des Begehrens - auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Wien, am 8. September 2005

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