Normen
AsylG 1997 §21;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
AsylG 1997 §21;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
EMRK Art8 Abs2;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 9. September 2005 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 1 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 57, ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.
Der Beschwerdeführer sei am 9. Oktober 2003 unter Umgehung der Grenzkontrolle nach Österreich gelangt und habe am selben Tag beim Bundesasylamt einen Asylantrag gestellt, der erstinstanzlich unter gleichzeitiger Feststellung der Zulässigkeit der Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Nigeria abgewiesen worden sei. Das Asylverfahren sei derzeit beim unabhängigen Bundesasylsenat anhängig. Der Beschwerdeführer sei seit 26. August 2003 im Besitz einer vorläufigen Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz.
Am 26. April 2004 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen des Vergehens der versuchten schweren Körperverletzung nach § 15, § 83 Abs. 1, § 84 Abs. 2 Z. 4 StGB sowie wegen des Vergehens des versuchten Widerstandes gegen die Staatsgewalt nach § 15, § 269 Abs. 1 StGB zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Er habe am 8. Februar 2004 eine weibliche Sicherheitsbeamtin, die eine Personenkontrolle durchführen habe wollen, in den linken Zeigefinger zu beißen und sohin während der Vollziehung ihrer Aufgaben vorsätzlich am Körper zu verletzen versucht. Er habe einen Polizeibeamten, der im Begriff gestanden sei, ihn wegen des genannten versuchten Vergehens festzunehmen, mit Gewalt (nämlich durch das Versetzen mehrerer Stöße mit dem Ellbogen in den Brustbereich) an dieser Amtshandlung zu hindern versucht. Im Hinblick auf dieses Fehlverhalten habe die Bundespolizeidirektion Wien mit Bescheid vom 29. Juli 2004 ein mit zehn Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen, welches mit Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. Jänner 2005 (richtig 24. Jänner 2005) - mit einer Gültigkeitsdauer von fünf Jahren - bestätigt worden sei. Eine dagegen eingebrachte Beschwerde sei mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 18. März 2005 (hg. Zl. 2005/18/0085) als unbegründet abgewiesen worden.
Das rechtskräftige Aufenthaltsverbot habe den Beschwerdeführer nicht davon abhalten können, neuerlich straffällig zu werden. Er sei vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 27. Juni 2005 wegen des teils versuchten, teils vollendeten Vergehens nach § 27 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 2 (erster Fall) SMG, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten, davon acht Monate bedingt, verurteilt worden. Er habe im Zeitraum von April 2005 bis Anfang Juni 2005 einem namentlich genannten Arbeitnehmer in zumindest 15 Angriffen insgesamt ca. 7,5 Gramm Heroin sowie seit März 2005 an unbekannte Abnehmer eine Menge von ca. 8 bis 10 Kugeln Heroin und Kokain verkauft. Am 5. Juni 2005 habe er versucht, zwei mit Kokain gefüllte Kugeln um EUR 40,-- an einen verdeckten Ermittler der Bundespolizeidirektion Wien zu verkaufen. Er habe in der Absicht gehandelt, sich durch seine Straftaten eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei erfüllt. Angesichts des Fehlverhaltens des Beschwerdeführers lägen die Voraussetzungen des § 36 Abs. 1 FrG - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 leg. cit. - vor. Der seit der Tatbegehung verstrichene Zeitraum von nicht einmal drei Monaten sei zu kurz, um auf einen Wegfall oder auch nur eine entscheidungswesentliche Reduzierung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung schließen zu können. Die Zeit der Anhaltung in Gerichtshaft könne nicht als Zeit des Wohlverhaltens gewertet werden.
Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Familiäre bzw. berufliche Bindungen zum Bundesgebiet seien nicht behauptet worden. Selbst wenn man von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in sein Privatleben ausginge, wäre die Zulässigkeit der Maßnahme im Grund des § 37 FrG zu bejahen. In Ermangelung besonderer für den Beschwerdeführer sprechender Umstände könne auch im Rahmen des zustehenden Ermessens nicht von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes Abstand genommen werden. Ein Wegfall der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit könne nicht vor Verstreichen der festgesetzten Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes erwartet werden.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG verwirklicht sei, unbekämpft. Im Hinblick auf die rechtskräftige Verurteilung des Beschwerdeführers vom 27. Juni 2005 begegnet diese Beurteilung keinen Bedenken.
2. Die Beschwerde bestreitet nicht die im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen betreffend das den strafgerichtlichen Verurteilungen zu Grunde liegende Fehlverhalten des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer hat sich durch die Verurteilung vom 26. April 2004 und das in der Folge verhängte (erste) Aufenthaltsverbot der belangten Behörde vom 24. Jänner 2005 (vgl. das erwähnte hg. Erkenntnis Zl. 2005/18/0085) nicht davon abhalten lassen, neuerlich gravierende Straftaten zu begehen. Die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, ist daher nicht zu beanstanden.
3.1. Der Beschwerdeführer hat nicht bestritten, sich seit Oktober 2003 im Bundesgebiet aufzuhalten, nicht verheiratet zu sein und keine Sorgepflichten zu haben. Familiäre bzw. berufliche Bindungen im Bundesgebiet wurden nicht festgestellt.
Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG hat die belangte Behörde im Hinblick auf den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers seit ca. zwei Jahren einen mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen relevanten Eingriff in sein Privatleben im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG in Betracht gezogen. Wenn sie angesichts der Straftaten des Beschwerdeführers (vgl. I. 1.) die Erlassung dieser Maßnahme im Licht dieser Gesetzesbestimmung für zulässig, weil dringend geboten, erachtet hat, so ist dies in Ansehung des in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten maßgeblichen öffentlichen Interesses an der Verhinderung der Gewaltkriminalität, der Verhinderung strafbarer Handlungen gegen die Staatsgewalt und der Verhinderung der Drogenkriminalität nicht als rechtswidrig zu erkennen.
Die persönlichen Interessen des Beschwerdeführers an einem weiteren Aufenthalt im Bundesgebiet sind in Anbetracht der Kürze seines bisherigen Aufenthalts und des Fehlens von familiären und beruflichen Bindungen sehr schwach ausgeprägt. Unter Zugrundelegung des dargestellten großen öffentlichen Interesses an der Beendigung des Aufenthalts des Beschwerdeführers kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), nicht als rechtswidrig angesehen werden.
3.2. Als Verletzung von Verfahrensvorschriften rügt der Beschwerdeführer, ihm sei zu seinen privaten oder familiären Interessen im Bundesgebiet weder von der Behörde erster Instanz noch von der belangten Behörde Parteiengehör gewährt worden. Die belangte Behörde hätte ihm "Gelegenheit zur Vorlage von Unterlagen" geben müssen. Dieses Beschwerdevorbringen erweist sich aber schon deshalb als nicht zielführend, weil der Beschwerdeführer nicht darlegt, welches für ihn im gegebenen Zusammenhang günstige Ergebnis die "Vorlage von Unterlagen" erbracht hätte . Es ist somit nicht dargetan, welche Relevanz dem behaupteten Verfahrensmangel hätte zukommen können.
4.1. Der Beschwerdeführer wirft der belangten Behörde die unrichtige Handhabung des ihr eingeräumten Ermessens vor. Es könne im Hinblick auf seine vorläufige Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht als rechtmäßig angesehen werden, wenn die belangte Behörde ohne rechtskräftige Entscheidung darüber, dass der Asylantrag offenbar unbegründet ist, von ihrer Ermächtigung Gebrauch gemacht hat, ein Aufenthaltsverbot zu verhängen. Das Strafgericht sei davon ausgegangen, "dass keine weitere Gefährdung vom Beschwerdeführer ausgeht."
4.2. Der Fremde ist nach § 21 AsylG zwar vor Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung, nicht jedoch vor der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes geschützt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 7. Oktober 2002, Zl. 2002/18/0117). Die Fremdenpolizeibehörde hat die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes unabhängig von den Erwägungen des Strafgerichtes über eine bedingte Strafnachsicht zu beurteilen. Ferner kann die vom Beschwerdeführer behauptete "drückende Mittellosigkeit" den gewerbsmäßigen Verkauf von Suchtgift (Heroin und Kokain) und die damit verbundene große Gefährdung der Gesundheit anderer nicht rechtfertigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. Februar 2005, Zl. 2005/18/0014). Auch sonst bestand für die belangte Behörde entgegen der Beschwerde keine Veranlassung, von dem ihr gemäß § 36 Abs. 1 FrG bei der Verhängung eines Aufenthaltsverbotes zukommenden Ermessen zu Gunsten des Beschwerdeführers Gebrauch zu machen.
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
6. Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, ihr aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am 15. Dezember 2005
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