VwGH 2005/18/0176

VwGH2005/18/017630.6.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des E, geboren 1978, vertreten durch Mag. DI Markus Petrowsky, Rechtsanwalt in 1040 Wien, Rainergasse 3, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 21. Dezember 2004, Zl. SD 705/04, betreffend Erlassung eines befristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

ABGB §8;
AsylG 1997 §1 Z3;
AsylG 1997 §45;
AsylGNov 2003;
BBetrG 1991 §1 Abs3 idF 2003/I/101;
BBetrG 1991 §1 idF 2003/I/101;
BBetrG 1991 §13a idF 2003/I/101;
BBetrG 1991 §2 Abs1 idF 2003/I/101;
BBetrG 1991 §2 idF 2003/I/101;
BBetrG 1991 §2a idF 2003/I/101;
BBetrG 1991 idF 2003/I/101;
BBetrGNov 2004;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
GrundversorgungsG Wr 2004 §1 Abs1;
GrundversorgungsG Wr 2004 §1 Abs3 Z4;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;
ABGB §8;
AsylG 1997 §1 Z3;
AsylG 1997 §45;
AsylGNov 2003;
BBetrG 1991 §1 Abs3 idF 2003/I/101;
BBetrG 1991 §1 idF 2003/I/101;
BBetrG 1991 §13a idF 2003/I/101;
BBetrG 1991 §2 Abs1 idF 2003/I/101;
BBetrG 1991 §2 idF 2003/I/101;
BBetrG 1991 §2a idF 2003/I/101;
BBetrG 1991 idF 2003/I/101;
BBetrGNov 2004;
B-VG Art130 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z7;
GrundversorgungsG Wr 2004 §1 Abs1;
GrundversorgungsG Wr 2004 §1 Abs3 Z4;
VwGG §34 Abs1 impl;
VwGG §34 Abs1;
VwRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 21. Dezember 2004 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen nigerianischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 7 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von fünf Jahren erlassen.

Der Beschwerdeführer sei am 12. August 2002 unter Umgehung der Grenzkontrolle in das Bundesgebiet gelangt und habe einen Asylantrag gestellt, der am 25. Februar 2004 rechtskräftig abgewiesen worden sei. Einer dagegen eingebrachten "höchstgerichtlichen" Beschwerde sei zunächst die aufschiebende Wirkung zuerkannt worden. Die Behandlung dieser Beschwerde sei jedoch vom "Höchstgericht" abgelehnt worden. Seit dem 24. November 2004 sei der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich unrechtmäßig.

Mit Schreiben der Erstbehörde vom 26. Februar 2004 sei der Beschwerdeführer aufgefordert worden, unter anderem die ihm zur Verfügung stehenden Mittel zu seinem Unterhalt bekannt zu geben. In seiner Stellungnahme habe der Beschwerdeführer angegeben, seinen Lebensunterhalt durch Mithilfe beim Verkauf von Zeitschriften zu bestreiten. Beweise dafür habe er nicht vorgelegt. Weiters habe der Beschwerdeführer angegeben, Unterstützung von einem Freund in Italien zu erhalten; dafür habe er den Beleg einer Bank vorgelegt.

Der Beschwerdeführer sei seiner erhöhten Mitwirkungspflicht nicht gerecht geworden. Dass er auf die Unterstützungen des angeblichen Freundes aus Italien einen Rechtsanspruch hätte, sei nicht dargelegt worden. In der Berufung werde unbescheinigt behauptet, er lebe von Zuwendungen seiner Familie und seiner Bekannten. Daher seien die Voraussetzungen zur Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. gegeben.

Der Beschwerdeführer sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Im Bundesgebiet bestünden keine familiären Bindungen. Zwar stelle das Aufenthaltsverbot angesichts der bisherigen Aufenthaltsdauer einen Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers dar, der jedoch der Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele diene (hier: der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung auf dem Gebiet des Fremdenwesens) und daher zulässig sei. Angesichts des Mangels jeglicher familiärer Bindungen in Österreich sei das dem Beschwerdeführer insgesamt zuzuschreibende Interesse an einem Weiterverbleib im Bundesgebiet keinesfalls schwerer wiegend als das maßgebliche große öffentliche Interesse an der Wahrung eines geordneten Fremdenwesens. Die Erlassung des Aufenthaltsverbotes sei daher auch gemäß § 37 Abs. 2 leg. cit. zulässig. Vor Ablauf der für das Aufenthaltsverbot festgesetzten Frist könne nicht erwartet werden, dass die für das Aufenthaltsverbot maßgeblichen Gründe weggefallen sein würden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1.1. Gemäß § 36 Abs. 1 FrG kann gegen einen Fremden ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit gefährdet (Z. 1) oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft (Z. 2). Als bestimmte Tatsache i.S.d. Abs. 1 hat gemäß § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG - von einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme abgesehen - zu gelten, wenn ein Fremder den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag.

1.2. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das Erkenntnis vom 3. Mai 2005, Zl. 2005/18/0104, mwN) hat der Fremde initiativ, untermauert durch Vorlage entsprechender Bescheinigungsmittel nachzuweisen, dass er nicht nur über Mittel zur kurzfristigen Bestreitung seines Unterhalts verfügt, sondern dass sein Unterhalt für die beabsichtigte Dauer seines Aufenthaltes gesichert erscheint. Die Verpflichtung, die Herkunft der für den Unterhalt zur Verfügung stehenden Mittel nachzuweisen, besteht insoweit, als für die Behörde ersichtlich sein muss, dass der Fremde einen Rechtsanspruch darauf hat und die Mittel nicht aus illegalen Quellen stammen.

1.3. Der Beschwerdeführer hat es trotz der behördlichen Aufforderung vom 26. Februar 2004 unterlassen, ausreichende Mittel für seinen Unterhalt nachzuweisen. Die (bloße) Behauptung des Fremden, dass für seinen Lebensunterhalt von privaten Einrichtungen gesorgt werde, ist als Nachweis der Mittel zu seinem Unterhalt schon deshalb nicht geeignet, weil sich daraus nicht ergibt, dass er einen Rechtsanspruch auf diese Unterstützungsleistungen habe (vgl. das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 2001, Zl. 2000/18/0181).

Die Ansicht der belangten Behörde, dass der Beschwerdeführer seiner Verpflichtung zum initiativen Nachweis eigener Unterhaltsmittel nicht nachgekommen und der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG erfüllt sei, ist daher unbedenklich. Der in diesem Zusammenhang erhobene Einwand, der Beschwerdeführer sei Asylwerber gewesen und habe so lange einen durchsetzbaren Anspruch auf Betreuung durch den Bund, bis er das Bundesgebiet verlassen würde, kann die behördliche Annahme der Mittellosigkeit im Sinn des § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG nicht entkräften. Es kann nämlich im vorliegenden Fall weder aus dem Bundesbetreuungsgesetz in der bis zum 31. Dezember 2004 anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 101/2003 noch aus dem ab 1. Jänner 2005 in Kraft getretenen Art. II des Bundesgesetzes, mit dem das Bundesbetreuungsgesetz geändert wird, BGBl. I Nr. 32/2004, noch aus dem Wiener Grundversorgungsgesetz - WGVG, LGBl. Nr. 46/2004, ein solcher Anspruch abgeleitet werden. Aber auch wenn dem Beschwerdeführer ein Anspruch auf Grundversorgung zustünde (etwa nach § 1 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z. 4 WGVG für den Fall, dass er aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht abschiebbar wäre), würde dem Einwand keine Berechtigung zukommen, denn der Umstand, dass einem Fremden Bundesbetreuung gewährt wird, bestätigt geradezu die Beurteilung, der genannte Tatbestand sei erfüllt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 21. Dezember 2004, Zl. 2004/21/0083, mwN). Umso mehr muss das gelten, wenn ein Fremder - wie hier der Beschwerdeführer - gar nicht behauptet, sich in Bundesbetreuung zu befinden, sondern lediglich einen Anspruch darauf ins Treffen führt.

1.4. Auf Grund der mit der Mittellosigkeit des Beschwerdeführers verbundenen Gefahr der illegalen Mittelbeschaffung bzw. - im Fall einer Grundversorgung - der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft kann auch die Ansicht der belangten Behörde, dass die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, nicht als rechtswidrig erkannt werden.

2.1. Im bereits zitierten Erkenntnis Zl. 2004/21/0083 hat der Verwaltungsgerichthof ausgeführt, es sei für den Fall der Gewährung von Bundesbetreuung an einen Asylwerber zu beachten, dass § 36 Abs. 1 FrG der Behörde insofern Ermessen einräume, als diese ermächtigt werde, von der Erlassung eines Aufenthaltsverbotes trotz Vorliegens der in den §§ 36 bis 38 leg. cit. normierten Tatbestandsvoraussetzungen abzusehen. Es könne nicht als rechtmäßig angesehen werden, wenn die Fremdenpolizeibehörde von ihrer Ermächtigung zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 36 Abs. 1 und Abs. 2 Z. 7 FrG gegen einen Asylwerber Gebrauch mache, dem andererseits mit Hilfe der Bundesbetreuung eine Grundversorgung in Österreich ermöglicht werde. In diesem Fall sei - so nicht andere Gründe als die Mittellosigkeit des Asylwerbers für die aufenthaltsbeendende Maßnahme sprechen würden - die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht als im Sinn des Gesetzes gelegen zu werten. Dabei sei ein Asylwerber, dem ein (durchsetzbarer) Anspruch auf Aufnahme in die Bundesbetreuung zustehe, nicht anders zu behandeln als ein bereits in Bundesbetreuung befindlicher Asylwerber. Ein (allein) auf seine Mittellosigkeit gestütztes Aufenthaltsverbot nach § 36 Abs. 2 Z. 7 FrG widerspreche der bei dieser Sachlage nach den gesetzlichen Wertungen gebotenen Ermessensübung.

2.2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass sein Asylverfahren im Jahr 2004 rechtskräftig negativ abgeschlossen worden ist. Er ist daher anders als im oben 2.1. dargestellten Fall nicht mehr Asylwerber iSd § 1 Z. 3 AsylG. Er kann dadurch, dass die belangte Behörde von dem ihr im Rahmen des § 36 Abs. 1 FrG durch die Wortfolge "kann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden" eingeräumten Ermessen, von dem Aufenthaltsverbot abzusehen, nicht Gebrauch gemacht hat, selbst dann nicht in Rechten verletzt worden sein, wenn ihm trotz der negativen Beendigung seines Asylverfahrens ein Anspruch auf Grundversorgung zustehen sollte. Einem solchen Fremden fehlte nämlich die besondere Unterstützungswürdigkeit in einem Asylverfahren, die die Beendigung von dessen Aufenthalt als nicht im Sinn des Gesetzes gelegen erscheinen ließe.

3. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht die Feststellungen des angefochtenen Bescheides, wonach er ledig sei, keine Sorgepflichten habe, in Österreich keine familiären Bindungen bestünden und er mittellos sei. Von daher geht die Verfahrensrüge, der Beschwerdeführer sei "im gesamten Verwaltungsverfahren nicht einmal einvernommen" worden, die belangte Behörde habe "über die sonstigen Bindungen des Beschwerdeführers und deren Intensität" keinerlei Beweise aufgenommen und die Aufforderung der belangten Behörde vom 26. Februar 2004 an den Beschwerdeführer, Stellung zu nehmen, könne eine mündliche Einvernahme des Beschwerdeführers nicht ersetzen, ins Leere.

Gegen das - vom Beschwerdeführer im Übrigen nicht bestrittene - Ergebnis der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und 2 FrG bestehen ebenso wenig Bedenken wie gegen die von der belangten Behörde festgesetzte Dauer des Aufenthaltsverbotes.

4. Da somit schon der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die vom Beschwerdeführer behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

5. Angesichts der Erledigung der Beschwerde erübrigt sich eine Entscheidung über den Antrag, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 30. Juni 2005

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