VwGH 2005/07/0075

VwGH2005/07/007515.9.2005

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Bumberger, Dr. Beck, Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Chlup, über die Beschwerde des AR in P, vertreten durch Mag. Kristina Silberbauer, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Bartensteingasse 2, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom 18. März 2005, Zl. WA1- W-40949/002-2005, betreffend einen wasserpolizeilichen Auftrag, zu Recht erkannt:

Normen

WRG 1959 §105 Abs1 litb;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §38;
WRG 1959 §105 Abs1 litb;
WRG 1959 §138 Abs1 lita;
WRG 1959 §138;
WRG 1959 §38;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird, insoweit mit ihm die Maßnahmen unter Punkt 7. und 8. des Bescheides des Bezirkshauptmannschaft W vom 22. Dezember 2004 aufrecht erhalten wurden, wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom 10. Dezember 1957 erteilte die Bezirkshauptmannschaft W (BH) den Österreichischen Bundesforsten die wasserrechtliche Bewilligung für die Errichtung eines Fischteiches im S-Bach auf Parzelle Nr. 28 der KG P.

Mit Bescheid vom 18. Oktober 2004 erteilte die BH der Österreichischen Bundesforste AG die wasserrechtliche Bewilligung für bauliche Abänderungen beim bestehenden Fischteich in P, Grundstück Nr. 28, gemäß der im Bescheid nachfolgenden Projektbeschreibung und den Projektunterlagen.

Der Beschwerdeführer ist seit 1982 Pächter der Grundstücke Nr. 28 und Nr. 46/1, KG P.

Am 16. November 2004 wurde bei der BH seitens der Stadt W, telefonisch angezeigt, dass im Bereich des oben angeführten Fischteiches Bodenschlamm in großen Mengen ausgebaggert und in den darunter liegenden S-Bach verbracht worden sei.

Eine am selben Tag durchgeführte Überprüfung durch die Technische Gewässeraufsicht ergab, dass der gegenständliche Fischteich fast zur Gänze entleert worden war. Nach dem diesbezüglichen Bericht seien dabei offensichtlich große Mengen an Schlamm in das darunter befindliche Gerinne eingeleitet bzw. mit dem Bagger direkt über den Damm gehoben und im dahinter befindlichen Gerinne gelagert worden. Es sei gerinneabwärts ca. 300 m unterhalb des Teiches immer noch eine starke Trübung des Wassers vorhanden. Ca. 400 m unterhalb des Teiches befinde sich ein Rohrdurchlass unter der Bahn, und ca. 600 m unterhalb des Teiches sei die Einmündung in den W-Fluss, der in weiterer Folge in den W-See münde.

Am 25. November 2004 gab die gewässerbiologische Amtssachverständige auf Grund der von der Gewässeraufsicht erstellten Fotodokumentation eine Stellungnahme ab, aus der sich zusammengefasst ergibt, dass der Schlamm in einer Größenordnung von mehreren 100 m3 in den S-Bach konsenslos entsorgt worden sei, was das Vorflutgewässer massiv in seiner ökologischen Funktionsfähigkeit auf mehrere 100 m Fließstrecke beeinträchtige. Auf Grund der optischen Beschaffenheit des Materiales komme es zu einem 100 %igen Lebensraumverlust für die Gewässerorganismen im betroffenen Laufabschnitt des Baches. Zudem sei auf Grund der optischen Beschaffenheit bzw. der Entstehungsart des Teichschlammes davon auszugehen, dass dieser eine massive organische Belastung aufweise, welche eine verstärkte Sauerstoffzehrung zur Folge habe. Dadurch würde es bei einer allfälligen Mobilisierung des Schlammes, z.B. bei Starkregenereignissen, zu einer weiteren Beeinträchtigung des Vorflutgerinnes kommen, welche über den derzeit bereits beeinträchtigten Gewässerabschnitt deutlich hinausgehe. Da die Einmündung des gegenständlichen Vorflutgerinnes nach ca. 500 m in den W-Fluss erfolge, könne auch eine Beeinträchtigung des W-Flusses und des in weiterer Folge im Hauptschluss befindlichen W-Sees (nach ca. 2 km) nicht ausgeschlossen werden. Aus fachlicher Sicht wäre eine Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes möglichst umgehend erforderlich.

In der am 16. Dezember 2004 zur Festlegung gewässer- und forstpolizeilicher Maßnahmen abgehaltenen mündlichen Verhandlung stellte der Amtssachverständige für Forstwesen in seinem Befund im Wesentlichen fest, es seien oberhalb des Teiches Schlamm und Aushub im Wald der Parzelle Nr. 28 und der Parzelle Nr. 46/1 abgelagert worden. Hierfür seien drei Querdämme gebaut und dahinter der Schlamm abgelagert worden. Nunmehr führe das Gerinne des S-Baches quer durch diese getätigten Ablagerungen. In der Folge komme es zu einem Wasserrückstau gerinneaufwärts, wo ein weiterer kleiner Teich entstanden sei. In diesem Bereich seien ca. 500 m3 Material abgelagert worden. Flussabwärts gesehen linksufrig seien in einem Waldstreifen zwischen dem Teich und der darüber liegenden Forststraße zwei Aushubhaufen von jeweils 25 m3 im Wald abgelagert. Die dort abgelagerte Schlammmenge betrage ca. 150 m3. Unterhalb des Dammes sei der S-Bach mit Schlamm derart angefüllt worden, dass einerseits durch den Grundablass Material in das Gerinne und den angrenzenden Wald gelangt und andererseits Schlamm durch einen Bagger über den Damm geschaufelt worden sei.

Der Amtsachverständige für Wasserbautechnik hielt in seinem Befund fest, unterhalb der Teichanlage (Parzelle Nr. 27) beginnend beim Staudamm sei der Graben des S-Baches mit Schlamm der Teichanlage aufgefüllt worden. Im oberen Bereich seien Mächtigkeiten von mehr als 1 m gegeben, die nach unten zu abnähmen. Im oberen Abschnitt mit einer Länge von ca. 70 bis 80 m seien ausgeprägte Ablagerungen vorhanden. Unterhalb dieses oberen Abschnittes seien Schlammvorkommen mit deutlich geringerer Mächtigkeit festzustellen, die sich mit abnehmendem Verlauf bis zum Bahndurchlass fortsetzten.

Oberhalb der Teichanlage seien Geländeveränderungen mit Dämmen durchgeführt worden, hinter welchen ebenfalls Schlamm aus dem Fischteich abgelagert worden sei. Diese massiven Geländeveränderungen hätten sogar zu einem Aufstau mit einem kleinen Teich geführt.

Überdies sei auch lehmiges Material vom Teich entnommen und seitlich des Teiches abgelagert worden.

In seinem Gutachten, das hier in seinen wesentlichen Teilen wiedergegeben wird, führte der Amtssachverständige für Wasserbautechnik weiter aus:

"Das Schlammvolumen im obersten Abschnitt des S-Grabens unterhalb der Teichanlage wird mit ca. 150 m3 geschätzt. Derzeit hat sich auf Grund der Entwässerung und der niederschlagsarmen letzten Wochen eine gewisse Stabilisierung ergeben. Es besteht jedoch die akute Gefahr, dass mit einem Regenereignis das Material weiter nach unten verlagert wird, wodurch sowohl hydraulische Probleme im Bezug auf die Verengung des Abflussquerschnittes, insbesondere beim Bahndurchlass, auftreten können, als auch mit einer weiteren Gewässerverunreinigung auch im W-Fluss zu rechnen ist.

Aus der Sicht des Gewässerschutzes wird das Schlammmaterial als organisch belastetes Material eingestuft. Je nach Mineralisierungsgrad ist mit einem erhöhten Gehalt der organischen Parameter, z.B. TOC, zu rechnen. Auch ist von einem erhöhten Nährstoffgehalt bezogen auf Phosphor und Stickstoff auszugehen. Die Gewässergefährdung bei der zu erwartenden Mobilisierung des Materials bei einem Regenereignis besteht somit in einer weiteren Zerstörung des Lebensraumes im Sohlsubstrat durch die Verschlammung an sich als auch durch die Gewässerbelastung durch die organischen Anteile sowie die Nährstoffe. Durch die zu erwartende Sauerstoffzehrung kann auch eine Schädigung des Fischbestandes nicht ausgeschlossen werden. Eine Gefährdung durch toxische Inhaltsstoffe oder Schwermetalle wird eher gering eingestuft, kann aber auch nicht gänzlich ausgeschlossen werden. Sowohl aus hydraulischer Sicht als auch aus der Sicht des Gewässerschutzes ist daher eine umgehende Entfernung des Schlammes aus dem Gerinne des S-Baches erforderlich.

Die Gerinneveränderungen und Schlammdeponierungen oberhalb der Teichanlage stellen zunächst keine unmittelbare Gefährdung einer Verlagerung nach unten dar, da diese in der Teichanlage aufgefangen werden. Die hier durchgeführten Maßnahmen sind unter dem Gesichtspunkt der Hochwasserabfuhr im S-Bach zu betrachten. Das Gewässer ist ein typischer Wienerwaldbach mit einem relativ schmalen Talboden im unteren Abschnitt und einem oben liegenden Einzugsgebiet mittlerer Größenordnung. Zu Trockenzeiten ist nur eine geringe Wasserführung gegeben, jedoch steigt die Wasserführung auf Grund der relativ dichten Untergrundverhältnisse rasch an. Die Einzugsflächengröße wird vom Vertreter der Wildbach- und Lawinenverbauung mit ca. 1 km2 geschätzt, woraus sich eine Größenordnung des 100-jährigen Hochwassers von 8 bis 9 m3/s ableiten lässt. Durch die Geländeveränderungen oberhalb der Teichanlage in Verbindung mit den Schlammdeponierungen besteht eine Veränderung der natürlichen Abflussverhältnisse mit einer Einengung des Abflussquerschnittes. Auch sind die Schlammablagerungen hinter den dammartigen Geländeveränderungen ein Gefährdungspotenzial bezogen auf die Standsicherheit. Vor allem bei Regenereignissen erscheint die Standsicherheit gefährdet, wodurch in Verbindung mit einer erhöhten Wasserabfuhr im S-Bach eine Materialverlagerung zum Fischteich nicht ausgeschlossen werden kann.

Sowohl die Geländeveränderungen als auch die Schlammablagerungen oberhalb entsprechen nicht der bestehenden Bewilligung für die Fischteichanlage. Auch die bewilligte Dammsanierung aus dem Jahre 2002 umfasst diese Maßnahmen nicht. Auch für diese Ablagerungen ist daher sowohl die Entfernung des Schlammes als auch die Wiederherstellung des ursprünglichen Geländes laut Bewilligung von 1957 zu fordern.

Bei der Räumung des Schlammes im Gewässer ist zu beachten, dass die Verlagerung von Schlamm und Trübstoffen nach unten verhindert wird. Gänzlich kann eine Trübung des S-Baches und unter Umständen auch des W-Flusses nicht ausgeschlossen werden."

Mit Bescheid vom 22. Dezember 2004 verpflichtete die BH den Beschwerdeführer im Zusammenhang mit den im Zuge der Räumung der Teichanlage auf Grundstück Nr. 28, KG P, vorgenommenen Ablagerungen von Schlamm und Aushub zur Durchführung folgender gewässerpolizeilicher Maßnahmen:

"1. Der im S-Bach auf Grundstück Nr. 27/1, KG P, unterhalb des Dammes der Fischteichanlage der Österreichischen Bundesforste AG abgelagerte Schlamm ist bis längstens 31. Dezember 2004 zur Gänze zu entfernen. Dies betrifft die Räumung unterhalb des Dammes auf einer Länge von ca. 80 m (ca. 150 m3) und die händische Säuberung des Gewässers bis zum ÖBB-Durchlass.

2. Nach der Schlammräumung sind Sohle und Ufer des S-Baches entsprechend dem ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Im Zuge der Schlammräumung darf die bestehende Baumausstattung und Pflanzung nicht verändert werden.

3. Vor Beginn der Räumung ist der Fischereiberechtigte zu verständigen und im Einvernehmen mit diesem sind Vorsorgemaßnahmen zum Schutz des Fischbestandes durchzuführen.

4. Ebenso sind sämtliche betroffenen Fischteichbetreiber vor Beginn der Räumung zu verständigen und allfällige Vorsorgemaßnahmen sind einvernehmlich durchzuführen.

5. Es sind Vorsorgemaßnahmen zur Verhinderung einer Schlammverlagerung und einer Trübung der unteren Gewässerabschnitte, z.B. in Form von Absetzbecken oder Absetzeinrichtungen anzuordnen.

6. Bis zum Abschluss der Räumung ist die Umleitung des S-Baches aufrecht zu erhalten.

7. Der seitlich und oberhalb der Teichanlage auf den Grundstücken Nr. 28 und 46/1, KG P, abgelagerte Schlamm und das Aushubmaterial (ca. 550 m3) ist bis 25. Februar 2005 zu entfernen.

8. Seitlich und oberhalb der Teichanlage ist nach der Räumung das ursprüngliche Gelände wieder herzustellen. Bezogen auf die Fischteichanlage ist der Zustand entsprechend dem Projekt zum Bewilligungsbescheid von 10.12.1957 wieder herzustellen.

9. Der entfernte Schlamm ist entsprechend seiner Materialbeschaffenheit einer ordnungsgemäßen Entsorgung oder Verwertung zuzuführen. Dazu ist der Schlamm auf die erforderlichen Parameter zur Einstufung auf die entsprechende Deponieklasse untersuchen zu lassen. Die ordnungsgemäße Entsorgung ist bis spätestens 15. Jänner 2005 der Behörde nachzuweisen.

Die nach der Räumung des Schlammes und des Aushubmaterials notwendigen Maßnahmen zur Herstellung des ursprünglichen Zustandes sind bis 31. Mai 2005 abzuschließen."

Der Beschwerdeführer berief und machte im Wesentlichen geltend, die massive organische Belastung könne sich erst durch eine Untersuchung bestätigen oder widerlegen lassen. Die Veränderung des Abflussprofiles könne aus wasserbautechnischer Sicht keine negativen Auswirkungen auf das Abflussgeschehen bewirken. In der Fachliteratur sei kein einziger Fall bekannt, wo es durch Feinsedimente zu Störungen mit nachfolgenden Schäden gekommen wäre. Die mögliche Schädigung des Fischbestandes werde zurückgewiesen, da es im S-Bach seit 60 Jahren keinen Fischbestand gebe. Die Ablagerungen oberhalb der Teichanlage seien so angelegt, dass auch ein Starkregenereignis keine Verlagerung in den Teich bewirken könne.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 18. März 2005 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab und setzte die Fristen zur Erfüllung der gewässerpolizeilichen Maßnahmen neu fest.

Nach der Wiedergabe des Verwaltungsgeschehens und der Zitierung der §§ 66 Abs. 4 AVG, 38 Abs. 1 und 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 führte die belangte Behörde aus, die gegenständlichen Schlammablagerungen befänden sich, wie sich aus der Aktenlage ergebe, im Hochwasserabflussbereich des S-Grabens. Die gewässerbiologische Amtssachverständige habe in ihrem Gutachten fachlich ausgeführt, dass die konsenslos gesetzten Schlammablagerungen keinesfalls bewilligungsfähig seien. Es sei daher von einer wasserrechtlich nicht bewilligungsfähigen Maßnahme auszugehen und auf Grund der Lage im Hochwasserabflussbereich der gewässerpolizeiliche Auftrag in Verbindung mit § 38 WRG 1959 zu sehen.

Dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers hielt die belangte Behörde die gewässerbiologische Stellungnahme und das wasserbautechnische Gutachten ihrer Amtsachverständigen entgegen und kam zu dem Schluss, dass schon auf Grund der bisher eingeholten Gutachten von der Wasserrechtsbehörde erster Instanz nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 vorzugehen gewesen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, mit der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer ein wasserpolizeilicher Auftrag nach § 138 Abs. 1 WRG 1959 erteilt. Gegenstand dieses wasserpolizeilichen Auftrages war die Entfernung von Ablagerungen von Schlamm an drei verschiedenen Stellen, nämlich unterhalb, seitlich und oberhalb des Fischteiches (in weiterer Folge jeweils als "untere, obere und seitliche Ablagerung" bezeichnet).

Der mit dem angefochtenen Bescheid - bei Neufestsetzung der Erfüllungsfristen - aufrecht erhaltene Bescheid der BH bezog sich in seinen Punkten 1 bis 6 auf die unteren, und mit den Punkten 7 und 8 auf die seitlichen und oberen Ablagerungen; Punkt 9 der Aufträge bezog sich auf alle Ablagerungen.

§ 138 Abs. 1 WRG 1959 lautet (auszugsweise):

"Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes

§ 138. (1) Unabhängig von Bestrafung und Schadenersatzpflicht ist derjenige, der die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes übertreten hat, wenn das öffentliche Interesse es erfordert oder der Betroffene es verlangt, von der Wasserrechtsbehörde zu verhalten, auf seine Kosten

a) eigenmächtig vorgenommene Neuerungen zu beseitigen oder die unterlassenen Arbeiten nachzuholen,"

Unter einer "eigenmächtigen Neuerung" im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 ist die Errichtung von Anlagen oder die Setzung von Maßnahmen zu verstehen, für die eine wasserrechtliche Bewilligung einzuholen gewesen wäre, eine solche aber nicht erwirkt wurde (vgl. für viele das hg. Erkenntnis vom 21. März 2002, 2000/07/0056).

Die belangte Behörde ging davon aus, dass die vom Beschwerdeführer vorgenommenen Ablagerungen einer Bewilligung nach § 38 Abs. 1 WRG 1959 bedurft hätten. § 38 Abs. 1 und 3 WRG 1959 lauten:

"Besondere bauliche Herstellungen

§ 38. (1) Zur Errichtung und Abänderung von Brücken, Stegen und von Bauten an Ufern, dann von anderen Anlagen innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses fließender Gewässer sowie von Unterführungen unter Wasserläufen, schließlich von Einbauten in stehende öffentliche Gewässer, die nicht unter die Bestimmungen des § 127 fallen, ist nebst der sonst etwa erforderlichen Genehmigung auch die wasserrechtliche Bewilligung einzuholen, wenn eine solche nicht schon nach den Bestimmungen des § 9 oder § 41 dieses Bundesgesetzes erforderlich ist. Die Bewilligung kann auch zeitlich befristet erteilt werden.

.....

(3) Als Hochwasserabflussgebiet (Abs. 1) gilt das bei 30jährlichen Hochwässern überflutete Gebiet. Die Grenzen der Hochwasserabflussgebiete sind im Wasserbuch in geeigneter Weise ersichtlich zu machen."

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist unter "Anlagen" im Sinne des WRG 1959 alles zu verstehen, was durch die Hand des Menschen angelegt, also errichtet wird (vgl. für viele das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 29. Juni 1995, 94/07/0071).

Die belangte Behörde ging davon aus, dass die gegenständlichen Ablagerungen "in den S-Bach" erfolgt seien und dass sich daher alle Ablagerungen im Hochwasserabflussbereich des S-Grabens befänden. Der Beschwerdeführer bestreitet diese Feststellung insbesondere hinsichtlich der seitlichen Ablagerungen.

Aus dem bei der mündlichen Verhandlung erstatteten forsttechnischen Befund ergibt sich zwar, dass die seitlichen Ablagerungen in einem Waldstreifen "zwischen dem Teich und der Forststraße" liegen. Genauere Feststellungen über die Lage dieser Ablagerungen in Bezug auf den Hochwasserabflussbereich des S-Grabens finden sich aber weder in den Ergebnissen des Ermittlungsverfahrens noch im angefochtenen Bescheid.

Auch die Angaben in der Gegenschrift der belangten Behörde, wonach die seitlichen Ablagerungen "im Nahebereich des Teiches" situiert seien, würden nicht ausreichen, um damit auch deren Lage im Hochwasserabflussbereich des S-Grabens einwandfrei zu bejahen. Um die seitlichen Ablagerungen als gemäß § 38 Abs. 1 WRG 1959 bewilligungspflichtig einzustufen, hätte die belangte Behörde in diesem Bereich Ermittlungen hinsichtlich des Hochwasserabflussbereiches des S-Grabens und der genauen Lage der seitlichen Ablagerungen durchführen und entsprechende Feststellungen treffen müssen. In diesem Zusammenhang liegt eine Ergänzungsbedürftigkeit des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes vor.

Hinsichtlich der seitlichen Ablagerungen reicht daher der ermittelte Sachverhalt nicht für die Annahme einer Bewilligungspflicht und damit auch nicht für einen wasserpolizeilichen Auftrag.

Laut den Befunden der forsttechnischen und wasserbautechnischen Gutachten wurde unterhalb der Teichanlage der Graben des S-Baches mit Schlamm angefüllt (untere Ablagerungen). Diese unteren Ablagerungen befinden sich also im S-Bach selbst, und somit jedenfalls in dessen Hochwasserabflussbereich.

Hinsichtlich der oberen Ablagerungen stellte der forsttechnische Amtsachverständige fest, dass diese Ablagerungen hinter drei hiefür gebauten Querdämmen vorgenommen worden seien, sodass nunmehr das Gerinne des S-Baches quer durch diese Ablagerungen führe. Folglich befinden sich auch diese Ablagerungen unmittelbar im nunmehrigen Bachbereich und damit im Hochwasserabflussbereich des S-Baches.

Die unteren und oberen Ablagerungen liegen auf Grundlage fachlicher Angaben und nach den - vom Beschwerdeführer nicht entkräfteten - Feststellungen im angefochtenen Bescheid im Hochwasserabflussbereich des S-Baches und wurden von der belangten Behörde daher zu Recht als bewilligungspflichtige Anlagen im Sinne des § 38 Abs. 1 WRG 1959 qualifiziert. Das Vorliegen einer entsprechenden wasserrechtlichen Bewilligung wurde nicht behauptet oder belegt.

Ein Auftrag nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959 setzt nun aber weiters voraus, dass das öffentliche Interesse die Beseitigung der eigenmächtig vorgenommenen Neuerung erfordert oder dass der Betroffene sie verlangt.

Ein Verlangen eines Betroffenen liegt im Beschwerdefall nicht vor.

Was unter öffentlichen Interessen zu verstehen ist, ergibt sich aus der beispielhaften Aufzählung im § 105 Abs. 1 WRG 1959.

Diese Bestimmung lautet auszugsweise:

"Öffentliche Interessen

§ 105. (1) Im öffentlichen Interesse kann ein Antrag auf Bewilligung eines Vorhabens insbesondere dann als unzulässig angesehen werden oder nur unter entsprechenden Auflagen und Nebenbestimmungen bewilligt werden, wenn:

......

b) eine erhebliche Beeinträchtigung des Ablaufes der

Hochwässer und des Eises oder der Schiff- oder Floßfahrt zu

besorgen ist;

......

e) die Beschaffenheit des Wassers nachteilig beeinflusst würde;

......

m) eine wesentliche Beeinträchtigung des ökologischen Zustandes der Gewässer zu besorgen ist."

Hinsichtlich der oberen Ablagerungen führte die belangte Behörde - gestützt auf das wasserbautechnische Gutachten - aus, diese Ablagerungen seien unter dem Gesichtspunkt der Hochwasserabfuhr im S-Bach zu betrachten. Bei dem Gewässer handle es sich um einen typischen Wienerwaldbach mit einem relativ schmalen Talboden im unteren Abschnitt und relativ dichten Untergrundverhältnissen, wodurch es zu einem raschen Ansteigen der Wasserführung komme. Der Amtsachverständige spreche ausdrücklich eine Einengung des Abflussquerschnittes an und verweise zusätzlich hinsichtlich der Schlammablagerungen hinter den dammartigen Geländeveränderungen auf ein Gefährdungspotenzial bezogen auf die Standsicherheit. Bei Regenereignissen in Verbindung mit einer erhöhten Wasserabfuhr im S-Bach könne eine Materialverlagerung zum Fischteich nicht ausgeschlossen werden.

Diese Ausführungen reichen nicht aus, um ein öffentliches Interesse an der Beseitigung der oberen Ablagerungen im Sinne des § 105 Abs. 1 lit. b WRG 1959 darzutun. Dieses öffentliche Interesse setzt die konkrete Besorgnis einer erheblichen Beeinträchtigung des Ablaufes der Hochwässer voraus (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 1992, 92/07/0019). Es ist daher nicht jede Beeinträchtigung des Hochwasserabflusses von vornherein geeignet, einen wasserpolizeilichen Auftrag zu tragen, sondern nur eine erhebliche (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Juli 2002, 2002/07/0039, mwN). Dass eine solche qualifizierte Beeinträchtigung bereits durch die Einengung des Abflussquerschnittes und die dadurch bedingte erhöhte Wasserabfuhr in den S-Bach bzw. durch die Möglichkeit der Materialverlagerung zum Fischteich eintrete, geht aus der zitierten Stellungnahme nicht mit ausreichender Deutlichkeit hervor.

Auch das nunmehr in der Gegenschrift geltend gemachte öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der ökologischen Funktionsfähigkeit der Gewässer (§ 105 Abs. 1 lit. m WRG 1959) kann den Beseitigungsauftrag bezüglich der oberen Ablagerungen nicht rechtfertigen, weil sich aus dem wasserbautechnischen Gutachten keine diesbezüglichen Anhaltspunkte ergeben.

Aber auch aus der Stellungnahme der gewässerbiologischen Amtsachverständigen ist hinsichtlich dieser Ablagerungen nichts zu gewinnen; ihre Ausführungen beziehen sich nämlich offenbar nur auf die unteren Ablagerungen. In dieser Stellungnahme ist von "konsenslos in den S-Bach entsorgtem" Schlamm die Rede. Wie sich aus den forst- und wasserbautechnischen Befunden aber ergibt, erfolgten nur die unteren - nicht aber auch die oberen - Ablagerungen in den Bach selbst, sodass die Ausführungen des Gutachtens hinsichtlich der oberen Ablagerungen unergiebig sind.

Dass öffentliche Interessen im Sinne des § 105 Abs. 1 lit. e WRG 1959 im Bereich der oberen Ablagerungen eine Rolle spielten, wurde vom wasserbautechnischen Amtsachverständigen schließlich nicht dargetan. Hinsichtlich der oberen Ablagerungen ergibt sich daher aus dem bisherigen Inhalt der vorliegenden Gutachten der Amtsachverständigen nicht, dass das öffentliche Interesse ihre Beseitigung erfordert.

Die im Verwaltungsverfahren erzielten Ermittlungsergebnisse reichten daher für die Erlassung eines wasserpolizeilichen Beseitigungsauftrags hinsichtlich der oberen und seitlichen Ablagerungen nicht aus; dieser Begründungsmangel führt zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides in diesem Umfang.

Soweit der angefochtene Bescheid durch die Aufrechterhaltung des Bescheides erster Instanz in dessen Spruchpunkt 7. die Beseitigung und in Spruchpunkt 8 die Wiederherstellung des Zustandes gemäß dem Bescheid vom 10. Dezember 1957 hinsichtlich der seitlich und oberhalb des Teiches gelegenen Ablagerungen verlangt, war er daher gemäß §§ 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Bezüglich der unteren Ablagerungen ergibt sich aus dem wasserbautechnischen Gutachten, dass bei einem Regenereignis die akute Gefahr bestehe, dass sich das dort als organisch belastet eingestufte Material weiter nach unten verlagere, wodurch sowohl hydraulische Probleme in Bezug auf die Verengung des Abflussquerschnittes auftreten könnten, als auch "mit einer weiteren Gewässerverunreinigung" im W-Fluss zu rechnen sei. Die Gewässergefährdung bei der zu erwartenden Mobilisierung des organisch belasteten Materials bei einem Regenereignis bestehe somit in einer weiteren Zerstörung des Lebensraumes im Sohlsubstrat durch die Verschlammung an sich als auch durch die Gewässerbelastung durch die organischen Anteile sowie die Nährstoffe.

Die Gewässerverunreinigung des S-Baches, aus dem auch die W-Wasserleitung gespeist wird, sowie die zu erwartende Verunreinigung des W-Flusses stellen auf Grundlage dieser fachlich fundierten Aussagen eine nachteilige Beeinflussung dieser Gewässer im Sinne des § 105 Abs. 1 lit. e WRG 1959 dar, die schon für sich allein - ohne Rücksicht auf die allfällige Beeinträchtigung der ökologischen Funktionsfähigkeit des S-Baches durch einen Lebensraumverlust - ein ausreichendes öffentliches Interesse an der Erlassung eines Beseitigungsauftrages begründet. Der Beschwerdeführer konnte mit seiner Behauptung, ein allfälliger Lebensraumverlust auf Grund der unteren Ablagerungen könne nun nicht mehr rückgängig gemacht werden, weshalb kein öffentliches Interesse an Räumung bestehe könne, daher keine Rechtswidrigkeit des Bescheides aufzeigen, weil es darauf nicht ankommt.

Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde hätte die Aussagen des wasserbautechnischen Sachverständigen als fachlich nicht fundiert deuten müssen, weil dieser keine Proben des Wassers oder des Schlammes gezogen habe und den Nährstoffgehalt des Schlammes auf Grund rein optischer Wahrnehmung beurteilt habe, ist zu entgegnen, dass sich der Sachverständige anlässlich der mündlichen Verhandlung ein Bild von der Lage vor Ort gemacht hat und er auf Grund seiner ihm als Sachverständigem zukommenden Fachkenntnisse in der Lage ist, darauf aufbauend fachliche Schlüsse hinsichtlich der organischen Belastung des Schlammmaterials zu ziehen.

Der Beschwerdeführer ist dem wasserbautechnischen Gutachten im Verwaltungsverfahren nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Die von ihm in der Beschwerde zitierten Privatgutachten und Stellungnahmen wurden erst im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgelegt und stellen daher unzulässige Neuerungen dar, auf deren Inhalt nicht weiter einzugehen war.

Soweit der Beschwerdeführer in diesem Zusammenhang vorbringt, weder die erstinstanzliche noch die belangte Behörde habe ihm eine Frist gesetzt oder zumindest faktisch eingeräumt, um die Ergebnisse seiner privat in Auftrag gegebenen Untersuchungen vorlegen zu können, ist ihm zu entgegnen, dass ihm sowohl während des Verfahrens erster Instanz - der Beschwerdeführer war nach der Aktenlage zB. bereits bei einem Lokalaugenschein am 19. November 2004 anwesend und wurde von der Notwendigkeit der Räumung in Kenntnis gesetzt - als auch während des Berufungsverfahrens genügend Zeit zur Verfügung stand, Untersuchungen durchführen zu lassen und deren Ergebnisse der belangten Behörde vorzulegen. Warum er die beiden mit 9. Februar 2005 datierten Privatgutachten nicht rechtzeitig vor der am 24. März 2005 erfolgten Erlassung des angefochtenen Bescheides vorgelegt hat, führt er in der Beschwerde nicht aus.

Den Ausführungen des Beschwerdeführers, die belangte Behörde habe nicht begründet, warum eine händische Säuberung der unteren Ablagerung bis zum ÖBB-Durchlass erforderlich sei, ist zu entgegnen, dass sich diese in Spruchpunkt 1 angeordnete Maßnahme auf den Inhalt des wasserbautechnischen Gutachtens stützt, dem der Beschwerdeführer, wie schon ausgeführt, nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegengetreten ist.

Der wasserbautechnische Sachverständige hat darin dargelegt, dass sich die gegenständlichen Ablagerungen mit einer Länge von ca. 70 bis 80 m bis zum Bahndurchlass fortsetzten, und eine umgehende Entfernung dieser Ablagerungen aus dem Gerinne des S-Baches gefordert. Bei der Räumung des Schlammes im Gewässer sei zu beachten, dass die Verlagerung von Schlamm und Trübstoffen nach unten verhindert werde. Die Forderung nach einer händischen Säuberung ist in diesem Zusammenhang durchaus nachvollziehbar.

Aus diesen Gründen war die Beschwerde, soweit sie sich gegen die Entfernung der Ablagerungen unterhalb der Teichanlage richtet, gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz stützt sich auf §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 15. September 2005

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