Normen
BVergG 2002 §20 Abs1;
BVergG 2002 §20 Z1;
BVergG 2002 §20 Z41;
BVergG 2002 §20 Z42;
BVergG 2002 §39;
BVergG 2002 §61 Abs1;
BVergG 2002 §69 Abs1;
BVergG 2002 §69 Abs2;
BVergG 2002 §98 Z3;
BVergG 2002 §98 Z8;
BVergG 2002 §99;
VVG §4 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
BVergG 2002 §20 Abs1;
BVergG 2002 §20 Z1;
BVergG 2002 §20 Z41;
BVergG 2002 §20 Z42;
BVergG 2002 §39;
BVergG 2002 §61 Abs1;
BVergG 2002 §69 Abs1;
BVergG 2002 §69 Abs2;
BVergG 2002 §98 Z3;
BVergG 2002 §98 Z8;
BVergG 2002 §99;
VVG §4 Abs1;
VwGG §34 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt I. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Zweitbeschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Aufwandersatzbegehren des Erstbeschwerdeführers und das Mehrbegehren der Zweitbeschwerdeführerin werden abgewiesen.
Begründung
Mit Spruchpunkt I. des Bescheides vom 24. November 2004 hat das Bundesvergabeamt die Entscheidung des Erstbeschwerdeführers im Vergabeverfahren "Räumung des 'Recycling Point B' - Leistungen für Transport und Entsorgung" den Zuschlag der Zweitbeschwerdeführerin erteilen zu wollen, für nichtig erklärt.
Diesen Bescheid hat die belangte Behörde im Wesentlichen wie folgt begründet:
Der Auftraggeber habe mit Bekanntmachung vom 3. Juni 2004 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften zur Teilnahme am gegenständlichen Vergabeverfahren eingeladen. Das Verfahren sei als nicht offenes Verfahren mit vorheriger Bekanntmachung für eine prioritäre Dienstleistung im Oberschwellenbereich ausgeschrieben worden.
Die mitbeteiligte Partei habe ihren Nachprüfungsantrag damit begründet, dass das für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommene Angebot der Zweitbeschwerdeführerin hätte ausgeschieden werden müssen. Die Zweitbeschwerdeführerin hätte zwei nach der Ausschreibung nicht zulässige wirtschaftlich-rechtliche Alternativangebote abgegeben. Die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten des Alternativangebots B. wäre daher rechtswidrig. Im Übrigen hätten die Ausschreibungsunterlagen keine Mindestanforderungen für Alternativangebote festgelegt. Das Alternativangebot B. enthielte eine spekulative Preisgestaltung. Eine vertiefte Angebotsprüfung wäre nicht durchgeführt worden.
Weiters habe die Mitbeteiligte im Verfahren vorgebracht, dass sie entgegen dem Vorbringen der Zweitbeschwerdeführerin über die technische Leistungsfähigkeit für die Behandlung der gegenständlichen Abfälle verfügen würde. Überdies könnte sie über alle Ressourcen der L AG verfügen.
Der Erstbeschwerdeführer (Auftraggeber) habe vorgebracht, dass es sich beim Alternativangebot B. der Zweitbeschwerdeführerin nicht um ein Alternativangebot im eigentlichen Sinn gehandelt hätte, weil keine abweichende Leistung angeboten worden sei, sondern nur (durch das Angebot eines Pauschalpreises) das Mengenrisiko anders verteilt worden wäre.
Weiters habe der Erstbeschwerdeführer die Antragslegitimation der Mitbeteiligten bestritten, weil eine der in deren Entsorgungskonzept vorgesehene Anlage über keinen behördlichen Konsens für die Behandlung von Abfällen der Schlüsselnummer 91103 verfügen würde und die spätestens im Zeitpunkt der Angebotsabgabe erforderlich gewesenen Notifizierungen nicht vorgelegt worden wären. Weiters sei offenkundig, dass die Abfälle mit der Schlüsselnummer 91103 einer thermischen Behandlung bedürften; die Mitbeteiligte würde jedoch über keine Anlage zur thermischen Behandlung von Abfällen verfügen.
Die Zweitbeschwerdeführerin habe vorgebracht, dass bei richtiger Interpretation sämtlicher Ausschreibungsunterlagen hervorgehe, dass auch nicht-technische Alternativangebote zulässig gewesen wären. Im Übrigen wäre der Antrag der Mitbeteiligten unzulässig, weil diese nicht über die erforderlichen Behandlungskapazitäten verfügen würde.
Folgender Sachverhalt werde festgestellt:
In der Vergabebekanntmachung sei im Abschnitt VI. "Andere Informationen" im Unterpunkt 4. "Sonstige Informationen" vorgesehen gewesen, dass technische, nicht aber kaufmännischrechtliche Alternativangebote zugelassen würden, weil es sich um eine Ersatzvornahme im Sinn des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes 1991 - VVG handle.
In den Unterlagen zum Teilnahmeantrag in der ersten Stufe des Vergabeverfahrens sei u.a. Folgendes festgehalten worden:
"A.2 Leistungsumfang
Die durchzuführenden Leistungen umfassen die
- Räumung bzw. Verladung der am gegenständlichen Areal gelagerten Abfälle
- den Transport zu den vom Bieter vorgesehenen Behandlungsanlagen
- sowie die ordnungsgemäße Behandlung der einzelnen Abfallstoffe in den vom Bieter vorgesehenen Behandlungsanlagen
...
A.3 Entsorgungskonzept
Von den Bietern ist ein Entsorgungskonzept zu entwickeln und
vorzulegen. ...
- für die Behandlungsanlagen sind Nachweise über den ordnungsgemäßen Betrieb durch die zuständige Bewilligungsbehörde ... vorzulegen.
...
B.2 Abfallarten und -mengen
Betreffend des Gesamtvolumens der zu transportierenden und zu entsorgenden Abfallmengen bzw. des Mengengerüsts wird, um für den Auftraggeber und Auftragnehmer das Mengenrisiko und damit mögliche Nachtragssituationen bzw. Auftragssummenüberschreitungen zu vermeiden, ein 'Garantiertes Maximalpreisangebot' (GMP-Angebot) gewählt.
...
B.4 Behandlung der Abfälle
Die zu behandelnden Abfälle müssen in geeigneten
Behandlungsanlagen behandelt bzw. entsorgt werden.
Diese können sein
- Bodenaushub-, Baurestmassen-, Massenabfall- oder Reststoffdeponien gemäß Deponieverordnung ... für die entsprechenden Abfälle
- Behandlungsanlagen (thermische, mechanisch biologische sowie sonstige Behandlung)
...
C.4 Zulässigkeit von Alternativangeboten Alternativangebote sind unter Einhaltung der Musskriterien
gemäß B.5 zulässig."
Die zu beseitigenden Abfälle seien mit insgesamt 117.300 m3 geschätzt worden, davon 65.000 m3 Haus-/Gewerbe und Sperrmüll (Schlüsselnummer 91103).
Weiters sei festgehalten worden, dass im Falle der Verbringung des Abfalls zu nicht in Österreich gelegenen Anlagen spätestens zum Tag der Angebotsabgabe eine Exportgenehmigung vorgelegt werden müsse. Diese Angaben würden sich jedoch nach dem Wortlaut des Ausschreibung nur auf die anzugebenden Referenzen beziehen.
Der Teilnahmeantrag der Mitbeteiligten habe eine Zuordnung der verschiedenen Abfallarten zu einzelnen Anlagen enthalten. Nach einem internen Aktenvermerk des Erstbeschwerdeführers sei die Mitbeteiligte als geeignet anzusehen gewesen. Sie sei schließlich auch zur Angebotsabgabe eingeladen worden.
Die Ausschreibungsunterlagen der zweiten Stufe für die Legung der Angebote hätten ähnliche Angaben enthalten, die einzelnen Abfallarten seien jedoch detaillierter umschrieben worden. Angaben darüber, welche Arten von Behandlungs- und Entsorgungsanlagen für welche Abfallgruppen vorgesehen werden müssten, seien auch darin nicht enthalten gewesen.
In ihrem Angebot habe die Mitbeteiligte die Abfallarten jeweils bestimmten Anlagen zugeordnet. Auch die Abfallart mit der Schlüsselnummer 91103 (Gewerbeabfälle, Sperrmüll mit mehr oder weniger fehlenden organisch abbaubaren Feinfraktionen) sei verschiedenen, teilweise im Ausland gelegenen Anlagen zugeordnet worden. Dazu sei jeweils lediglich festgehalten worden:
"Notifizierung erforderlich".
Die Zweitbeschwerdeführerin habe - nach ihrer Diktion - ein Hauptangebot und zwei Alternativangebote gelegt. Das Hauptangebot entspreche dem Amtsentwurf und verfüge dementsprechend über ein vollständig ausgepreistes Leistungsverzeichnis. Zu beiden Alternativangeboten habe die Zweitbeschwerdeführerin zunächst festgehalten, dass die Durchführung der Räumung auf Basis sämtlicher Vertragsbestimmungen der Ausschreibungsunterlagen erfolge und dadurch "sämtliche rechtliche und technische Anforderungen wie im Hauptangebot erfüllt und alle Leistungen wie im Hauptangebot (Räumungskonzept) beschrieben erbracht" würden.
Der Erstbeschwerdeführer habe zur Auspreisung der Angebote eine komplexe Methode vorgesehen. Neben einigen Leistungspositionen, wofür Pauschalpreise anzugeben gewesen seien (z.B. für Baustelleneinrichtung), seien für die verschiedenen Abfallarten Einheitspreise für jede Tonne anzugeben gewesen. Für die einzelnen Abfallarten seien jedoch im vorhinein nicht mit entgültiger Sicherheit genaue Mengen festzulegen gewesen, weshalb auf eine Schätzung zurückgegriffen worden sei. Ausgehend von dieser Schätzung habe der Erstbeschwerdeführer zunächst die wahrscheinlichste Menge definiert und festgelegt, dass dabei für jede Tonne ein Einheitspreis anzugeben sei. Eine Abweichung der tatsächlich zu entsorgenden Menge nach oben und nach unten von jeweils 10 % habe dabei für die Preisberechnung je Tonne außer Betracht zu bleiben gehabt. Um für das Über- oder Unterschreiten dieser Abweichungstoleranz eine Regelung zu treffen, habe der Erstbeschwerdeführer neben dieser "Grundmengenstaffel" drei weitere Mengenstaffeln gebildet. Für jede dieser Mengenstaffeln sei ein Einheitspreis pro Tonne anzugeben gewesen. Für die Gesamtpreisbewertung sei der mit der Basismenge der jeweiligen Mengenstaffel multiplizierte Einheitswert mit der Eintrittswahrscheinlichkeit dieser Staffel gewichtet worden (Grundmengenstaffel: 60 %, Mindermengenstaffel: 10 %, geringere Mehrmengenstaffel: 20 % und höhere Mehrmengenstaffel: 10 %). Für die Bewertung seien schließlich sämtliche multiplizierten und gewichteten Einheitspreise (also aus allen Mengenstaffeln =Szenarien) herangezogen worden.
Das Alternativangebot A der Zweitbeschwerdeführerin habe sich vom Hauptangebot nur in der Weise unterschieden, dass bei vier Leistungspositionen jeweils für die vorgesehenen beiden Mehrmengenstaffeln ein Einheitspreis von lediglich EUR 1,-- angeboten worden sei. Im Übrigen habe dieses Alternativangebot vollständig dem Hauptangebot entsprochen.
Das Alternativangebot B der Zweitbeschwerdeführerin habe grundsätzlich ebenfalls vollständig dem Hauptangebot entsprochen, es habe jedoch kein umfangreiches Leistungsverzeichnis, sondern für alle zu erbringenden Leistungen einen "Fixpauschalpreis" enthalten.
Bei der Angebotsöffnung am 30. August 2004 sei das Alternativangebot A der Zweitbeschwerdeführerin mit einen Nettoangebotspreis von EUR 6,285.000,-- an erster Stelle, das Alternativangebot B der Zweitbeschwerdeführerin mit EUR 7,400.000,-
- an zweiter Stelle, das Angebot einer weiteren Bietergemeinschaft mit EUR 7,486.000,-- an dritter Stelle und schließlich das Angebot der Mitbeteiligten mit EUR 8,761.000,-- an vierter Stelle gereiht worden. Die vom Erstbeschwerdeführer daraufhin durchgeführte Angebotsprüfung habe ergeben, dass das Alternativangebot B der Zweitbeschwerdeführerin mit 95 Punkten erstgereiht, das Angebot der Mitbeteiligten mit 82,52 Punkten zweitgereiht und das Hauptangebot der Zweitbeschwerdeführerin mit 76,45 Punkten an dritter Stelle gereiht worden sei. Das Alternativangebot A der Zweitbeschwerdeführerin sei wegen spekulativer Preisgestaltung ausgeschieden worden.
Am 15. September 2004 sei den Bietern mitgeteilt worden, dass die Zuschlagserteilung an die Zweitbeschwerdeführerin beabsichtigt sei; für welches Angebot der Zweitbeschwerdeführerin dies gelte, sei jedoch nicht angeführt worden.
Zur Antragslegitimation der Mitbeteiligten führte die belangte Behörde aus, dass einem Bieter, dessen Angebot auszuscheiden sei, grundsätzlich keine Antragslegitimation zukomme. Sei der Antragsteller allerdings vom Auftraggeber nicht ausgeschieden worden, so dürfe die Behörde nur evidente, aus den Vergabeunterlagen klar erkennbare Ausscheidenstatbestände für die Zurückweisung des Antrages heranziehen.
Im vorliegenden Verfahren seien zwei Gründe für die Unzulässigkeit des Antrages der Mitbeteiligten geltend gemacht worden. Einerseits hätte die Mitbeteiligte die auf Grund der Abfallzusammensetzung notorisch erforderliche thermische Behandlung in ihrem Konzept nicht vorgesehen und keine Anlagen für eine derartige Behandlung genannt. Andererseits stünden der Mitbeteiligten für die Entsorgung von Abfällen der Schlüsselnummer 91103 nicht in ausreichendem Ausmaß geeignete und genehmigte Anlagen zur Verfügung.
Aus den Ausschreibungsunterlagen gehe nicht eindeutig hervor, dass für bestimmte Abfallarten eine thermische Behandlung erforderlich sei. Thermische Behandlungsanlagen würden vielmehr nur beispielsweise neben anderen Behandlungsanlagen aufgezählt. Zur Beantwortung der Frage nach der Notwendigkeit thermischer Behandlungskapazitäten wäre daher ein Sachverständiger beizuziehen gewesen. Eine derartige "Feinprüfung" habe jedoch im Rahmen der Überprüfung der Antragslegitimation eines Antragstellers, der vom Auftraggeber nicht ausgeschieden worden sei, nicht zu erfolgen.
Das vorgebrachte Fehlen von notwendigen Genehmigungen bzw. Notifizierungen für die von der Mitbeteiligten genannten Anlagen stelle einen behebbaren Mangel dar. Das Erfordernis der Vorlage von Exportgenehmigungen spätestens bei Angebotsabgabe gelte dem Wortlaut nach nur für bestimmte Referenzen. Selbst bei interpretativer Übernahme dieser Bestimmung auf die ausgeschriebene Leistung stelle das Fehlen derartiger Exportgenehmigungen ebenfalls einen behebbaren Mangel dar. Der Erstbeschwerdeführer habe kein Mängelbehebungsverfahren eingeleitet. Im Hinblick darauf sei nicht evident, dass die Zweitbeschwerdeführerin hätte ausgeschieden werden müssen.
Die Eignung der von der Zweitbeschwerdeführerin genannten Behandlungsanlagen für die ihnen zugeordneten Abfallarten könne nicht einfach aus den Genehmigungsbescheiden abgeleitet werden. Auch für die Beurteilung dieser Frage sei somit Sachverstand erforderlich, weshalb auch diesbezüglich kein evidenter Ausscheidensgrund vorliege.
Die Antragslegitimation der Zweitbeschwerdeführerin sei daher gegeben.
Die Zuschlagsentscheidung zu Gunsten des Alternativangebotes B der Zweitbeschwerdeführerin sei jedenfalls rechtswidrig. In der europaweiten Bekanntmachung der Ausschreibung seien wirtschaftliche und rechtliche Alternativangebote ausdrücklich ausgeschlossen worden. Die Vergabebekanntmachung sei das wesentlichste Instrument zur gewünschten Öffnung der Märkte für den Wettbewerb und resultiere aus dem primärrechtlichen Transparenzgebot. Sie bilde mit den Ausschreibungsunterlagen eine Einheit und sei mit diesen einer einheitlichen Auslegung zuzuführen. In den Teilnahme- und in den Ausschreibungsunterlagen sei jeweils festgehalten, dass Alternativangebote unter Einhaltung bestimmter Mindestkriterien zulässig seien. Dies sei nicht als Änderung der Bekanntmachung zu werten, sondern dahin auszulegen, dass entsprechend dem Inhalt der Bekanntmachung nur technische Alternativangebote zulässig seien und in den Ausschreibungsunterlagen hiefür Mindestkriterien genannt würden.
Das Alternativangebot B der Zweitbeschwerdeführerin enthalte anstelle eines umfangreichen Leistungsverzeichnisses einen Pauschalpreis. Damit würden die Rahmenbedingungen der Ausschreibung für die Abrechnung geändert. Dabei handle es sich um ein wirtschaftlich-rechtliches Alternativangebot, das nach den obigen Ausführungen unzulässig sei.
Darüber hinaus unterscheide sich das Alternativangebot A der Zweitbeschwerdeführerin vom Hauptangebot dieser Bieterin nur durch einen anderen (geringeren) Preis in mehreren Positionen. Damit liege in Wahrheit ein zweites Hauptangebot vor. Lege ein Bieter zwei Hauptangebote, die sich nur im Preis unterscheiden, liege ein Verstoß gegen das Wettbewerbsprinzip vor, der dazu führen müsse, dass beide Hauptangebote auszuscheiden seien. Aus diesem Grund wäre das Hauptangebot der Zweitbeschwerdeführerin auszuscheiden gewesen. Dies gelte unabhängig davon, dass das Alternativangebot A der Zweitbeschwerdeführerin vom Erstbeschwerdeführer - wegen spekulativer Preisgestaltung - tatsächlich ausgeschieden worden sei. Da die Zweitbeschwerdeführerin somit kein zulässiges Hauptangebot abgegeben habe, sei auch das Alternativangebot B gemäß § 69 Abs. 1 Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG unzulässig.
Gegen Spruchpunkt I. dieses Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde des Erstbeschwerdeführers mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Der Erstbeschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid im Recht auf Unterbleiben der Nichtigerklärung seiner Zuschlagsentscheidung verletzt.
Er führt dazu aus, dass die belangte Behörde entsprechend der Offizialmaxime verpflichtet gewesen wäre, die Zulässigkeit des Antrages der Mitbeteiligten von Amts wegen zu prüfen, wobei es unerheblich sei, ob das Angebot der Mitbeteiligten tatsächlich ausgeschieden worden sei oder nicht. Bei Durchführung der von der belangten Behörde verweigerten "Feinprüfung" wäre jedenfalls hervorgekommen, dass das Angebot der Mitbeteiligten auszuscheiden gewesen wäre und der Mitbeteiligten daher keine Antragslegitimation zukomme. Dazu hätte die belangte Behörde insbesondere auch einen Sachverständigen zur Klärung der Frage, ob eine thermische Behandlung der Abfälle erforderlich sei, beiziehen müssen. Darüber hinaus sei für jeden Fachkundigen offensichtlich gewesen, dass die gegenständlichen Abfälle der Schlüsselnummer 91103 nur thermisch behandelt werden könnten. Weiters sei bereits aus den vorliegenden Nachweisen eindeutig ersichtlich, dass eine von der Mitbeteiligten für die Behandlung von 18.000 t Abfällen der Schlüsselnummer 91103 vorgesehene Anlage nicht über den erforderlichen anlagenrechtlichen Konsens verfüge. Zur Beurteilung dieser Frage wäre keine besondere Sachkunde erforderlich gewesen. Überdies hätten nach den Ausschreibungsunterlagen dem Angebot zwingend Exportbewilligungen beigelegt werden müssen, welche von der Mitbeteiligten nicht vorgelegt worden seien.
Eine gesetzliche Bestimmung, wonach mehrere Hauptangebote eines Bieters, die sich nur im Preis unterscheiden, nicht zulässig seien, existiere nicht. Bei Einreichung mehrerer Hauptangebote durch einen Bieter sei keine Beschränkung des Wettbewerbs gegeben.
Das Alternativangebot B der Zweitbeschwerdeführerin verändere bloß die Verteilung betreffend Massen- und Preisrisken zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer, ändere die Leistung aber sonst nicht ab.
Selbst wenn das Alternativangebot B der Zweitbeschwerdeführerin jedoch nicht als Hauptangebot gewertet werden sollte, sei es zulässig. In der Ausschreibungsbekanntmachung seien kaufmännisch-rechtliche Alternativen ausgeschlossen worden, weil es sich um eine Ersatzvornahme im Sinn des VVG handle. Demgemäß sei in den Ausschreibungsunterlagen bestimmt worden, dass Alternativangebote unter Einhaltung von bestimmten Mindestkriterien zulässig seien. Diese Mindestkriterien bezögen sich im Wesentlichen auf die Umsetzung der Exekution. Daraus ergebe sich, dass Alternativangebote bei Einhaltung der Bedingungen der Exekutionsbescheide jedenfalls zulässig seien.
Die Beschwerde der Zweitbeschwerdeführerin wendet sich ebenfalls nur gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides mit dem Antrag, diesen Bescheid insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Zweitbeschwerdeführerin erachtet sich u.a. im Recht auf gesetzmäßige Zuschlagsentscheidung und auf Erteilung des Zuschlages verletzt.
Sie bringt dazu vor, dass die Festlegung, ob Alternativangebote zulässig seien, grundsätzlich in den Ausschreibungsunterlagen zu erfolgen habe. Die Ausschreibungsunterlagen hätten diesbezüglich Vorrang gegenüber der zeitlich davor liegenden Ausschreibungsbekanntmachung. Überdies sei der Hinweis in der Bekanntmachung, dass kaufmännischrechtliche Alternativen nicht zulässig seien, weil es sich um eine Ersatzvornahme handle, undeutlich bzw. missverständlich. Aus dem Hinweis auf die Ersatzvornahme lasse sich ableiten, dass der Auftraggeber damit nur solche Alternativangebote habe ausschließen wollen, die mit den Zielsetzungen der behördlich vorgeschriebenen Ersatzvornahmen nicht vereinbar seien. Mit diesen Zielsetzungen sei aber das Alternativangebot B der Zweitbeschwerdeführerin jedenfalls vereinbar. Im Übrigen handle es sich beim Alternativangebot A entgegen der Meinung der belangten Behörde nicht um ein Hauptangebot. Dieses Alternativangebot führe wirtschaftlich dazu, dass das Risiko von Mehrmengen im Wesentlichen durch den Auftragnehmer übernommen werde, weil bei Überschreitung einer gewissen Menge der Auftraggeber lediglich ein Entgelt von EUR 1,-- pro Tonne zu bezahlen habe. Dies sei im Begleitschreiben zu diesem Alternativangebot näher erläutert worden. Selbst wenn man das Alternativangebot A jedoch als zweites Hauptangebot beurteilte, würde dies nicht zur Unzulässigkeit führen. Die Grundsätze des freien und lauteren Wettbewerbs würden durch die Legung von zwei Hauptangeboten durch einen Bieter keinesfalls beeinträchtigt.
Weiters hätte die belangte Behörde zur Prüfung der Frage der Antragslegitimation der Mitbeteiligten entgegen ihrer Ansicht einen Sachverständigen beizuziehen gehabt. Die von der belangten Behörde getroffene Unterscheidung zwischen einer "Grobprüfung" durch die Vergabekontrollbehörde und einer "Feinprüfung", die nicht Aufgabe der Vergabekontrollbehörde sei, habe keine gesetzliche Grundlage.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Zunächst ist auszuführen, dass die Zweitbeschwerdeführerin als in Aussicht genommene Zuschlagsempfängerin - entgegen der Meinung der belangten Behörde in der Gegenschrift - durch den angefochtenen Bescheid im geltend gemachten Recht auf gesetzmäßige Zuschlagsentscheidung und Erteilung des Zuschlags verletzt sein kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom 1. März 2005, Zl. 2003/04/0199).
Gemäß § 20 Z. 1 BVergG ist ein Alternativangebot ein Angebot über einen alternativen Leistungsvorschlag des Bieters.
Ein Alternativangebot bedeutet ein Abweichen des Bieters von den Vorgaben in der Ausschreibung in technischer, wirtschaftlicher oder rechtlicher Hinsicht. Die Abweichungen zur Ausschreibung können etwa alternative Leistungen, Zahlungsmodalitäten oder sonstige Konditionen betreffen (vgl. Schramm/Öhler in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum BVergG 2002 (2005) S. 364 Rz 2 zu § 20).
Die Zweitbeschwerdeführerin hat ein Hauptangebot und zwei - von ihr so bezeichnete - Alternativangebote gelegt. Im Hauptangebot hat sie entsprechend der Ausschreibung für die vom Erstbeschwerdeführer als für am wahrscheinlichsten gehaltenen Abfallmengen (Grundmengenstaffel) bestimmte Preise je Tonne für die einzelnen Abfallarten geboten. Ebenso für die Mindermengenstaffel und für die beiden Mehrmengenstaffeln. Dabei handelt es sich um einen Einheitspreis gemäß § 61 Abs. 1 BVergG.
Das Alternativangebot B der Zweitbeschwerdeführerin enthält demgegenüber einen Pauschalpreis, also eine andere der in § 61 Abs. 1 BVergG genannten Preisarten. Beim Angebot eines Pauschalpreises anstelle des ausgeschriebenen Einheitspreises handelt es sich - wie die belangte Behörde richtig erkannt hat - um ein Alternativangebot (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2002, Zl. 2001/04/0041, wonach die Ausschreibung mehrerer Preisarten - darunter ein Pauschalpreis - als Varianten zulässig ist).
Das - von der belangten Behörde als zweites Hauptangebot qualifizierte - Alternativangebot A der Zweitbeschwerdeführerin unterscheidet sich dadurch vom Hauptangebot, dass für die Mehrmengenstaffeln jeweils ein Preis von nur EUR 1,-- pro Tonne angeboten wurde. Damit hat die Zweitbeschwerdeführerin für den Fall, dass eine höhere als die vom Erstbeschwerdeführer als wahrscheinlich angesehene Abfallmenge zu entsorgen ist, einen - offensichtlich nicht kostendeckenden - niedrigen Preis angeboten. Die Zweitbeschwerdeführerin hat also damit spekuliert, dass die tatsächlich zu entsorgenden Abfallmengen nicht höher sein werden als die vom Erstbeschwerdeführer ermittelte Grundmengenstaffel. Dieses Angebot wurde vom Erstbeschwerdeführer daher zu Recht wegen spekulativer Preisgestaltung ausgeschieden. Der Verwaltungsgerichtshof kann nicht finden, dass in einem derartigen Fall die Nicht-Ausscheidung des von der belangten Behörde als ausschreibungskonform beurteilten Hauptangebotes der Zweitbeschwerdeführerin - und damit gemäß § 69 Abs. 1 zweiter Satz BVergG auch des für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommene Alternativangebotes B - gegen das Wettbewerbsprinzip verstoßen würde.
Zur Frage der Zulässigkeit von Alternativangeboten ergibt sich aus den insofern unstrittigen Feststellungen im angefochtenen Bescheid in Verbindung mit dem Akteninhalt Folgendes:
In der Bekanntmachung der gegenständlichen Vergabe ist unter Punkt II.1.10 zunächst festgehalten:
"Nebenangebote/Alternativvorschläge werden berücksichtigt: Ja."
Die Unterlagen zum Teilnahmeantrag (erste Stufe des Vergabeverfahrens) und die Ausschreibungsunterlagen (zweite Stufe des Vergabeverfahrens) halten jeweils unter Punkt C.4 fest:
"Zulässigkeit von Alternativangeboten: Alternativangebote sind unter Einhaltung der Musskriterien gemäß B.5 zulässig". Der Punkt B.5 lautet jeweils:
"B.5 Musskriterien
Die 'Musskriterien' enthalten jene Leistungsfunktionen, welche in jedem Fall einzuhalten sind (auch bei etwaigen Alternativangeboten). Diese sind:
- Rechtliche Rahmenbedingungen gemäß den Bescheiden
Begründung: Umsetzung der Exekution
- Bereitstellung und Betrieb eines EDV-gestützten Datenverwaltungs- und Überwachungssystems ...
- Die Räumung der Abfälle hat bis spätestens Ende 2004 zu erfolgen ..."
Der Auftraggeber hat somit zunächst in der Bekanntmachung die Zulässigkeit von "kaufmännisch-rechtlichen" Alternativangeboten ausgeschlossen und dies damit begründet, dass es sich um eine Ersatzvornahme nach dem VVG handelt. In den Unterlagen sowohl für den Teilnahmenantrag als auch für die Anbotslegung hat er das dahin konkretisiert, dass Alternativangebote bestimmte Mindestkriterien erfüllen müssen, wobei an erster Stelle die rechtlichen Rahmenbedingungen der Exekutionsbescheide genannt werden.
Bei einer Interpretation dieser Bestimmungen in ihrem Zusammenhang ergibt sich, dass der Auftraggeber nur solche "kaufmännisch-rechtlichen" Alternativangebote ausschließen wollte, die den rechtlichen Rahmenbedingungen der Exekutionsbescheide widersprechen. Da es sich beim Anbot eines Pauschalpreises, bei dem der Bieter das Risiko der nicht genauen Abschätzbarkeit des Auftragsumfanges übernimmt, nicht um eine Änderung der rechtlichen Rahmenbedingungen der die Ersatzvornahme anordnenden Exekutionsbescheide handelt, war das Alternativangebot B der Zweitbeschwerdeführerin entgegen der Ansicht der belangten Behörde nicht auf Grund der Bestimmungen der Vergabebekanntmachung im Zusammenhang mit den Ausschreibungsunterlagen unzulässig.
Die Vergabebekanntmachung hat den Sinn, jedem Unternehmer die Beurteilung zu ermöglichen, ob eine Teilnahme am konkreten Vergabeverfahren möglich und sinnvoll ist (vgl. etwa Pachner in Schramm/Aicher/Fruhmann/Thienel, Kommentar zum BVergG (2005) S. 679 Rz 4 zu § 39). Diese Funktion wird im konkreten Fall durch die hier vertretene Auslegung der Bekanntmachung im Gesamtzusammenhang mit den Ausschreibungsunterlagen schon deshalb nicht beeinträchtigt, weil sich in der Bekanntmachung kein Hinweis auf die anzubietende Preisart findet.
Das für die Zuschlagserteilung in Aussicht genommene Alternativangebot B der Zweitbeschwerdeführerin wäre daher nicht aus den von der belangten Behörde herangezogenen Gründen auszuscheiden gewesen.
Hinzugefügt sei, dass die belangte Behörde nicht die Meinung vertreten hat, das Alternativangebot B der Zweitbeschwerdeführerin wäre wegen spekulativer Preisgestaltung (§ 98 Z. 3 BVergG), oder mangels Vergleichbarkeit (vgl. § 69 Abs. 2 leg. cit.) auszuscheiden gewesen, und dazu keine Feststellungen getroffen hat.
Schon auf Grund der dargestellten Verkennung der Rechtslage durch die belangte Behörde war der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Das Aufwandersatzbegehren des Erstbeschwerdeführers war wegen Identität dieses Beschwerdeführers mit dem Rechtsträger der belangten Behörde abzuweisen. Das Mehrbegehren der Zweitbeschwerdeführerin war abzuweisen, weil in der Pauschalgebühr für den Schriftsatzaufwand die Umsatzsteuer bereits enthalten ist.
Wien, am 13. Juni 2005
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