Normen
AVG §59 Abs1;
AVG §74 Abs2;
BVergG 2002 §177 Abs1;
BVergG 2002 §177 Abs5;
VwGG §47;
AVG §59 Abs1;
AVG §74 Abs2;
BVergG 2002 §177 Abs1;
BVergG 2002 §177 Abs5;
VwGG §47;
Spruch:
Die angefochtenen Bescheide werden jeweils in ihrem Spruchpunkt III. wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 je Beschwerde, insgesamt also EUR 2.342,40, binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit den angefochtenen Bescheiden vom 13. und 15. April 2004 hat das Bundesvergabeamt in den Vergabeverfahren der Mitbeteiligten betreffend Baggerungen in zwei bestimmten Abschnitten der Donau jeweils (u.a.)
über Antrag der Beschwerdeführerin die Zuschlagsentscheidung für nichtig erklärt (Spruchpunkt I.),
den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen (Spruchpunkt II.) und den Antrag der Beschwerdeführerin auf Ersatz der für den Nachprüfungsantrag und den Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung entrichteten Pauschalgebühr von je EUR 2.500,-- zurückgewiesen (Spruchpunkt III.).
Die Zurückweisung des Antrags auf Gebührenersatz gemäß Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide hat die belangte Behörde jeweils damit begründet, dass das Bundesvergabeamt nach den Materialien zum Bundesvergabegesetz 2002 - BVergG, BGBl. I Nr. 99/2002, und nach ständiger Rechtsprechung der belangten Behörde für einen derartigen Antrag nicht zuständig sei. Ein Kostenersatz zwischen den Parteien des Nachprüfungsverfahrens sei vielmehr bei den ordentlichen Gerichten geltend zu machen.
Jeweils nur gegen Spruchpunkt III. der angefochtenen Bescheide richten sich die vorliegenden (inhaltsgleichen) Beschwerden je mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid im Spruchpunkt III. wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerden als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat - nach Verbindung der beiden Verfahren zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung - erwogen:
Die Beschwerdeführerin macht im Wesentlichen geltend, dass es sich bei dem in § 177 Abs. 5 BVergG normierten Kostenersatzanspruch um einen solchen im Sinn des § 74 AVG handle, für dessen Bemessung die in der Hauptsache zuständige Behörde, somit vorliegend die belangte Behörde, zuständig sei. Im Hinblick auf diese eindeutige Regelung müssten die anders lautenden Erläuterungen zur Regierungsvorlage außer Betracht bleiben. Eine vom AVG abweichende Regelung der Kompetenz für die Entscheidung über diesen Gebührenersatzanspruch würde im Übrigen nicht gemäß Art. 11 Abs. 2 letzter Halbsatz B-VG erforderlich sein.
Gemäß § 177 Abs. 1 BVergG hat der Antragsteller für Anträge gemäß den §§ 163 Abs. 1, 164 Abs. 1, 171 Abs. 1 und 175 Abs. 1 eine Pauschalgebühr zu entrichten, deren Höhe sich gemäß Abs. 2 dieser Bestimmung abhängig von der Art des Vergabeverfahrens aus dem Anhang X ergibt.
Gemäß § 177 Abs. 5 BVergG hat der vor dem Bundesvergabeamt, wenn auch nur teilweise obsiegende Antragsteller Anspruch auf Ersatz seiner gemäß Abs. 1 oder 3 entrichteten Gebühren durch den Antragsgegner.
Zur letztgenannten Bestimmung halten die Materialien (1087 (RV) und 1118 (AB) BlgNR, XXI. GP) Folgendes fest:
"Der in Abs. 5 vorgesehene Gebührenersatz ist ein zivilrechtlicher Ersatzanspruch und kann mit Mahnklage bei den ordentlichen Gerichten geltend gemacht werden. Wer Antragsgegner ist, ergibt sich aus dem Antrag bzw. Teilnahmeantrag."
Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung der Zuständigkeit zur Entscheidung über den in § 177 Abs. 5 BVergG normierten Gebührenersatzanspruch besteht nicht. § 177 befindet sich im zweiten Hauptstück ("Das Verfahren vor der Bundes-Vergabekontrollkommission und dem Bundesvergabeamt"), somit in einer Verwaltungsvorschrift, und nicht etwa im vierten Hauptstück ("Zivilrechtliche Bestimmungen") des BVergG. Gemäß § 74 Abs. 2 erster Satz AVG bestimmen die Verwaltungsvorschriften, inwiefern einem Beteiligten - abweichend von der allgemeinen Regelung des Abs. 1, wonach jeder Beteiligte seine Kosten selbst zu tragen hat -
ein Kostenersatzanspruch gegen einen anderen Beteiligten zusteht. Bei § 177 Abs. 5 BVergG handelt es sich wie dargestellt um eine Verwaltungsvorschrift im Sinn des § 74 Abs. 2 AVG, nach der einem Beteiligten (dem auch nur teilweise obsiegenden Antragsteller in einem Nachprüfungsverfahrens) ein Kostenersatzanspruch (Anspruch auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühren) gegen einen anderen Beteiligten (den Antragsgegner, das ist regelmäßig der Auftraggeber) zusteht.
Gemäß § 74 Abs. 2 zweiter und dritter Satz AVG ist der Kostenersatzanspruch so zeitgerecht zu stellen, dass der Ausspruch über die Kosten in den Bescheid aufgenommen werden kann. Die Höhe der zu ersetzenden Kosten wird von der Behörde bestimmt und kann von dieser auch in einem Bauschbetrag festgesetzt werden. Nach § 59 Abs. 1 AVG hat der Spruch eines Bescheides u.a. "die allfällige Kostenfrage" zu erledigen.
Aus diesen Bestimmungen ergibt sich, dass die für die Hauptsache zuständige Behörde - in der Regel in dem die Hauptsache erledigenden Bescheid - auch über den gemäß § 74 Abs. 2 AVG in den Verwaltungsvorschriften normierten Kostenersatzanspruch eines Beteiligten gegen einen anderen zu entscheiden hat, ohne dass es dazu einer ausdrücklichen Normierung der Kompetenz für diese Kostenentscheidung im jeweiligen Materiengesetz bedarf. Die in den zitierten Materialien zum BVergG - ohne nähere Begründung - festgehaltene Meinung, dass für die Entscheidung über den Kostenersatzanspruch gemäß § 177 Abs. 5 BVergG nicht das Bundesvergabeamt, sondern die Zivilgerichte zuständig seien, hat daher im Gesetz keinen Niederschlag gefunden und ist somit unbeachtlich (vgl. zum Ganzen Thienel/Bratrschovsky, Gebührenersatz nach § 177 Abs. 5 BVerG - wirklich bei Gericht einzuklagen?, ZVB 2004/33 mwN).
Dem Argument der belangten Behörde in der Gegenschrift, die §§ 47 ff VwGG über den Kostenersatz seien - entgegen sonstiger Gepflogenheit - nicht in das BVergG integriert worden, ist entgegen zu halten, dass das Fehlen derartiger Detailregelungen nicht zu einem Wegfall der dargestellten behördlichen Zuständigkeit führen kann, sind doch die wesentlichen Voraussetzungen für diesen Ersatz (Anspruch des auch nur teilweise obsiegenden Antragstellers auf Ersatz der entrichteten Pauschalgebühr gegen den Antragsgegner) im BVergG geregelt.
Da die Zurückweisung der Anträge auf Gebührenersatz mit den Spruchpunkten III. der angefochtenen Bescheide somit auf einer Verkennung der Rechtslage beruht, waren diese Spruchpunkte der angefochtenen Bescheide jeweils gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufzuheben.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 6. April 2005
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