Normen
ABGB §696;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §8;
BauO Tir 2001 §53;
BauRallg;
EO §156;
EO §183 Abs1;
EO §237 Abs1;
GVG Tir 1996 §19 Abs1;
GVG Tir 1996 §19 Abs2;
GVG Tir 1996 §2 Abs1;
GVG Tir 1996 §24 Abs1;
GVG Tir 1996 §25 Abs1;
GVG Tir 1996 §25a Abs1;
GVG Tir 1996 §25a Abs2;
VwRallg;
ABGB §696;
AVG §56;
AVG §68 Abs1;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §8;
BauO Tir 2001 §53;
BauRallg;
EO §156;
EO §183 Abs1;
EO §237 Abs1;
GVG Tir 1996 §19 Abs1;
GVG Tir 1996 §19 Abs2;
GVG Tir 1996 §2 Abs1;
GVG Tir 1996 §24 Abs1;
GVG Tir 1996 §25 Abs1;
GVG Tir 1996 §25a Abs1;
GVG Tir 1996 §25a Abs2;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Eingabe vom 19. März 1999 beantragten die beiden Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin im Eigentum an dem verfahrensgegenständlichen Grundstück Nr. 469/3, KG R, H.D. und C.D. (im Folgenden: die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin), die Erlassung eines Feststellungsbescheides hinsichtlich des auf dem Grundstück bestehenden Bergrestaurants mit Inhaber- oder Betreiberwohnung samt Holzterrasse, Garage und Schupfen gemäß dem beiliegendem Plan.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 17. April 2001 wurde in Spruchpunkt 1. festgestellt, dass für das bestehende Bergrestaurant mit Inhaber- oder Betriebswohnung samt Holzterrasse, Garagen, Schupfen, auf dem verfahrensgegenständlichen Grundstück gemäß dem der Eingabe beigelegten Plan vom 19. März 1999 von den Antragstellern eine Baubewilligung nicht vorgewiesen worden und das Vorliegen der Baubewilligung auch nicht zu vermuten sei.
In Spruchpunkt 2. dieses Bescheides wurde ausgesprochen, dass nach Rechtskraft dieses Bescheides gemäß den Vorschriften des § 44 Abs. 5 Tir. BauO nach dem Ablauf der Bewilligung der Inhaber der Bewilligung die bauliche Anlage zu beseitigen und der Bauplatz wieder in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen sei.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. September 2001 wurde die dagegen erhobene Berufung der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin "als rechtswidrig" abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.
Im exekutionsgerichtlichen Verfahren des Bezirksgerichtes I erfolgte - wie dies dem Versteigerungsprotokoll zu entnehmen ist - bei der Versteigerung betreffend das verfahrensgegenständliche Grundstück am 19. September 2001 der Zuschlag an die Beschwerdeführerin unter dem Vorbehalt des Vorliegens einer der Voraussetzungen gemäß § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1 oder § 25a Abs. 1 und Abs. 2 Tir GVG.
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I vom 12. Oktober 2001 stellte die Bezirks-Grundverkehrskommission gemäß § 24 Abs. 2 Tir. GrundverkehrsG, LGBl. Nr. 61/1996 i.d.F. LGBl. Nr. 75/1999 (im Folgenden: Tir. GVG) fest, dass es sich bei dem verfahrensgegenständlichen Grundstück um kein land- und forstwirtschaftliches Grundstück im Sinne des § 2 Abs. 1 Tir GVG handelt.
Mit Erledigung der Bezirkshauptmannschaft I vom 5. November 2001 wurde in der Folge die Erstattung der Anzeige des Rechtsgeschäftes betreffend die verfahrensgegenständliche Liegenschaft, die Gegenstand der Versteigerung am 19. September 2001 war, gemäß § 25a Abs. 2 Tir GVG bestätigt.
Gegen den Berufungsbescheid vom 11. September 2001 erhoben beide Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin und die Beschwerdeführerin selbst die Vorstellung vom 3. Oktober 2001. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. November 2001 wurde in Spruchpunkt 1. die Vorstellung der beiden Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen bzw. in Spruchpunkt 2. die Vorstellung der Beschwerdeführerin als unzulässig zurückgewiesen. Dieser Bescheid wurde den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerin und der Beschwerdeführerin am 11. Dezember 2001 zugestellt.
Spruchpunkt 1. dieses Bescheides wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die von den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerin erhobene Berufung nach Ablauf der Frist von 2 Wochen nach Zustellung des erstinstanzlichen Bescheides vom 17. April 2001 und somit verspätet erhoben worden sei. Die Berufungsbehörde habe die Berufung mit Bescheid vom 19. September 2001 als unbegründet abgewiesen und damit eine formale Fehlentscheidung getroffen. Die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin seien dadurch nicht in Rechten verletzt, dass die Berufung abgewiesen worden sei, da sie selbst bei einer formal richtigen Entscheidung der Berufungsbehörde hinsichtlich ihrer subjektiven Rechtsposition nicht besser gestellt worden wären als durch den tatsächlich erlassenen Bescheid.
Spruchpunkt 2. wurde in Bezug auf die Vorstellung der Beschwerdeführerin im Wesentlichen damit begründet, dass der der Beschwerdeführerin anlässlich der Versteigerung vom 19. September 2001 erteilte Zuschlag der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft vorbehaltlich der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung erfolgt sei. Die aufschiebende Bedingung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung sei erst mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I vom 5. November 2001 erfüllt worden. Erst mit diesem Bescheid sei der Zuschlag rechtswirksam geworden. Zur Zeit der Rechtswirksamkeit des Zuschlages sei die Vorstellungsfrist gegen den Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde bereits abgelaufen gewesen, weshalb die Vorstellung mangels Parteistellung zurückzuweisen gewesen sei.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes I vom 12. Dezember 2001 wurde die Erteilung des Zuschlages betreffend die verfahrensgegenständliche Liegenschaft als wirksam erklärt.
Mit dem an die mitbeteiligte Gemeinde gerichteten Schriftsatz vom 23. Jänner 2002 (eingelangt beim Gemeindeamt der mitbeteiligten Gemeinde am 25. Jänner 2002) beantragte die Beschwerdeführerin die Zuerkennung der Parteistellung "im Verfahren, das mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 28.11.2001, GZ. ..., abgeschlossen wurde und die Zustellung des Bescheides der Gemeinde R... vom 17.4.2001, GZ. ...", in eventu die Wiederaufnahme des mit Bescheid der Tiroler Landesregierung vom 28. November 2001 abgeschlossenen Verfahrens gemäß "§ 69 Abs. 1 Z. 1 AVG".
Den Wiederaufnahmeantrag begründete die Beschwerdeführerin damit, dass zwischenzeitlich neue Tatsachen bzw. Beweismittel hervorgekommen seien, die ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht hätten werden können. Konkret handle es sich um die Ergebnisse der Recherchen des allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen Mag. H.P., der zum Zweck der Ermittlung des Verkehrswertes der Liegenschaft (im exekutionsgerichtlichen Verfahren betreffend das verfahrensgegenständliche Grundstück) vom Bezirksgericht I bestellt worden sei. Im Zuge der Gutachtenserstellung (Gutachten vom 25. Mai 2001) habe dieser Sachverständige u.a. folgende Bescheide ausgehoben:
"Zahl: I-1666/3 vom 9.4.1948; bau- und gewerberechtliche Genehmigung für die Errichtung einer Schihütte mit Gastwirtschaftsbetrieb - Behelfsbau befristet auf 2 Jahre ab Rechtskraft des Bescheides.
Zahl: I-116/9 vom 28.5.1949; Erteilung der nachträglichen bau- und gewerbepolizeilichen Genehmigung für einen Zubau (Personalschlafraum) und Benützungsbewilligung für den Gesamtbau.
Zahl: I-3842/21 vom 10.9.1951; Benützungsbewilligung."
Die Recherchen des Sachverständigen im Landesarchiv hätten weiters ergeben, dass sich für die Jahre 1952 bis 1958 laufend Hinweise über die Ausstellung von Bescheiden fänden. Diesbezüglich existierten jedoch keine Akten mehr. Diese Bescheide seien mit näher bezeichneten Geschäftszahlen versehen gewesen (in der Folge werden 10 Geschäftszahlen angeführt).
Infolge dieser Recherchen im Landesarchiv habe der Sachverständige festgestellt, dass eine nachträgliche bau- und gewerbepolizeiliche Bewilligung vom 28. Mai 1959 zur Durchführung des Anbaues nach Maßgabe der vorgelegten Pläne und die Erteilung der Benützungsbewilligung für den Gesamtbau vorliege. Die Benützungsbewilligung sei mit Bescheid vom 10. September 1951 erteilt worden. Der Sachverständige gehe mit Sicherheit davon aus, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung der Benützungsbewilligung die Baulichkeit im Wesentlichen nach den vorliegenden Plänen errichtet gewesen sei. Dies gehe aus der vorliegenden Baubeschreibung in dem Schreiben des A.Z. an die Bezirkshauptmannschaft I vom 3. Februar 1951 sowie aus Aktennotizen des Baubezirksamtes an die Bezirkshauptmannschaft I hervor.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Gemeinde vom 13. Mai 2002 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der Parteistellung in dem mit Bescheid vom 28. November 2001 abgeschlossenen Verfahren als unzulässig zurückgewiesen. Dies wurde damit begründet, dass - wie sich dies aus der Begründung des Vorstellungsbescheides vom 28. November 2001 ergebe - die Beschwerdeführerin am 5. November 2001 Eigentümerin des verfahrengegenständlichen Grundstückes geworden sei. Auf Grund der dinglichen Wirkung von Bescheiden nach der Tir. BauO trete sie hinsichtlich der baurechtlichen Rechte und Pflichten in die Rechtsposition ihrer Rechtsvorgänger ein. Die dingliche Wirkung von Bescheiden habe jedoch nicht die Bedeutung, dass ihr Bescheide neuerlich zuzustellen seien, um neuerlich Rechtsmittelmöglichkeiten zu eröffnen. Dingliche Wirkung bedeute, die Rechtsposition des Rechtsvorgängers im Eigentum so zu übernehmen, wie sie sich im Zeitpunkt des Eigentumserwerbes darstelle. Deshalb komme eine Zuerkennung der Parteistellung in einem bereits abgeschlossenen Verfahren nicht in Betracht.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 24. Juni 2002 wurde die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin als unbegründet abgewiesen.
Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. Juni 2002 wurde dem Antrag der Beschwerdeführerin auf Wiederaufnahme des angeführten Verfahrens keine Folge gegeben. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen damit begründet, dass auf Grund der dinglichen Wirkung von baurechtlichen Bescheiden eine Rechtsnachfolge der nunmehrigen Antragstellerin, der Beschwerdeführerin, anzunehmen sei. Die Beschwerdeführerin müsse auf Grund der Rechtsnachfolge aber auch alle Handlungen und Unterlassungen ihrer Rechtsvorgänger so gelten lassen, wie sie gesetzt worden seien. Wenn die Rechtsvorgänger aber seinerzeit bereits vorhandene Bescheide nicht als Beweismittel vorgebracht hätten, obwohl sie von einem beigezogenen Sachverständigen ohne größere Mühen aufgefunden worden seien, so müsse davon ausgegangen werden, dass ein dem Verschulden der nunmehrigen Beschwerdeführerin gleich zu haltendes Verschulden der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin gegeben sei. Es sei im Antrag nicht einmal behauptet worden, das es den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerin nicht möglich gewesen sei, diese Unterlagen vorzulegen.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die Vorstellungen der Beschwerdeführerin einerseits gegen den Berufungsbescheid vom 24. Juni 2002 betreffend die Zuerkennung der Parteistellung bzw. den Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 25. Juni 2002 betreffend die Abweisung des Antrages auf Wiederaufnahme des bezogenen Verfahrens als unbegründet abgewiesen.
Zum Verfahren betreffend den Antrag auf Zuerkennung der Parteistellung und Zustellung des Bescheides vom 17. April 2001 führte die belangte Behörde aus, dass der Zuschlag vom 19. September 2001 betreffend das verfahrensgegenständliche Grundstück unter der aufschiebenden Bedingung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung erteilt worden sei, die erst mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I vom 5. November 2001 erfolgt sei. Erst mit diesem Bescheid sei der Zuschlag rechtswirksam geworden. Die Ansicht der Beschwerdeführerin, sie sei bereits mit Erteilung des Zuschlages am 19. September 2001 Eigentümerin der Liegenschaft geworden, könne die belangte Behörde nicht teilen. Richtig sei, dass mit 19. September 2001 der Zuschlag erteilt worden sei. Dies sei zudem protokolliert worden. Der Beschluss sei allerdings erst mit der Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung ausgefertigt worden. Grundsätzlich habe das Exekutionsgericht nämlich bei Liegenschaften, die einem Landesgrundverkehrsgesetz unterlägen, vor Ausfertigung des Beschlusses über die Zuschlagserteilung und vor Verlautbarung des Zuschlages die Entscheidung der Grundverkehrskommission einzuholen (Hinweis auf Holzhammer, Österreichisches Zwangsvollstreckungsrecht3, S 170). Die Erteilung des Zuschlages sei vom Exekutionsgericht von der aufschiebenden Bedingung der Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung abhängig gemacht worden. Die aufschiebende Bedingung mache den Eintritt der Rechtswirkungen des Hauptinhaltes eines Bescheides vom Eintritt eines künftigen ungewissen Ereignisses abhängig. Der Eintritt der Rechtswirkung des Eigentumsüberganges sei sohin nach Ansicht der belangten Behörde erst mit dem Eintritt des ungewissen Ereignisses, nämlich der Erteilung der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, am 5. November 2001, erfolgt.
Zudem werde angemerkt, dass besondere Vorschriften über eine nachfolgende Parteistellung im AVG nicht bestünden. Die Judikatur gehe davon aus, dass bei "persönlichen" Verwaltungssachen eine Rechtsnachfolge im Allgemeinen nicht in Betracht komme, während in Fällen, in denen die zu erlassenden Bescheide "dingliche Wirkung" hätten, auch bei einem Rechtsnachfolger die Parteistellung angenommen werde. Insgesamt sei daher nach Ansicht der belangten Behörde auf Grund der dinglichen Wirkung des Berufungsbescheides des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. September 2001 bzw. des mit Bescheid der belangten Behörde vom 28. November 2001 abgeschlossenen Verfahrens, von einer Rechtsnachfolge in die Parteistellung auf Grund der dinglichen Wirkung auszugehen. Die Beschwerdeführerin müsse daher die in Rechtskraft erwachsenen Bescheide für und gegen sich wirken lassen.
Zum Verfahren betreffend den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens wurde ausgeführt, dass Grundvoraussetzung der Bewilligung einer Wiederaufnahme des Verfahrens u.a. die Rechtskraft desjenigen Bescheides sei, der das Verfahren abgeschlossen habe, dessen Wiederaufnahme begehrt werde. Gegenständlich liege unbestrittenermaßen ein rechtskräftiger Bescheid vor, der das Verfahren abgeschlossen habe. Tatsachen und Beweismittel könnten nur dann einen Grund für die Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens darstellen, wenn sie bei Abschluss des seinerzeitigen Verfahrens schon vorhanden gewesen seien und deren Verwertung der Partei aber ohne ihr Verschulden erst nachträglich möglich geworden sei ("nova reperta"). Bei den im § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG bezeichneten Tatsachen und Beweismitteln müsse es sich um neu hervorgekommene, d.h. um solche handeln, die bereits zur Zeit des Verfahrens bestanden hätten, aber erst später nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens bekannt geworden seien. Mit Tatsachen seien Geschehnisse im "Sinnbereich" gemeint; Beweismittel seien Mittel zur Herbeiführung eines Urteils über Tatsachen. Bei dem Verschulden im Sinne des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG handle es sich um ein Verschulden im Sinne des § 1294 ABGB. Verschulden bedeute hier (abgesehen vom Vorsatz) die Verletzung "eines solchen Grades des Fleißes und der Aufmerksamkeit ... welcher bei gewöhnlichen Fähigkeiten angewendet werden könne" (Hinweis u.a. auf das hg. Erkenntnis vom 7. November 1995, Zl. 93/05/0134).
Daraus ergebe sich, dass von den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerin die vorgebrachten Tatsachen bzw. Beweismittel bei gehöriger Aufmerksamkeit schon im Verwaltungsverfahren geltend gemacht hätten werden können, dies jedoch unterlassen worden sei, weshalb ein der Beschwerdeführerin bzw. ihren Rechtsvorgängern zuzurechnendes Verschulden vorliege, das eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließe (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 21. September 1995, Zl. 95/07/0117). Die Möglichkeit, das verwiesene Gutachten des Mag. P. einzuholen, sei bereits im rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren vorhanden gewesen. Ein später eingeholtes Gutachten könne mangels des Tatbestandsmerkmales "ohne Verschulden der Partei" keinen Wiederaufnahmegrund bilden. Es könne dem Gemeindevorstand der mitbeteiligten Partei somit nicht entgegengetreten werden, wenn er den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens abgewiesen habe.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Zum Verfahren betreffend die Zuerkennung der Parteistellung:
Die Beschwerdeführerin macht in diesem Zusammenhang geltend, es sei ihr im Rahmen der Versteigerung vom 19. September 2001 die verfahrensgegenständliche Liegenschaft zugeschlagen worden. Die grundverkehrsbehördliche Genehmigung sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft I vom 5. November 2001 erteilt worden. Die Beschwerdeführerin sei schon am 19. September 2001 Eigentümerin der angeführten Liegenschaft geworden. Der Zuschlag sei vorbehaltlich der grundverkehrsrechtlichen Genehmigung erteilt worden. Sobald diese Genehmigung vorgelegen sei, sei der Zuschlag rückwirkend rechtswirksam geworden und habe die Beschwerdeführerin damit Parteistellung im bezogenen Bauverfahren erhalten. Bei richtiger rechtlicher Beurteilung wäre ihr der Bescheid vom 17. April 2002 zuzustellen gewesen.
Dieser Ansicht der Beschwerdeführerin kann nicht gefolgt werden.
Aus § 237 Abs. 1 EO ergibt sich, dass das Eigentum an einer versteigerten Liegenschaft mit dem Zuschlag erworben wird.
In § 183 Abs. 1 EO ist allerdings für den Fall, dass die Übertragung des Eigentums landesgesetzlichen Grundverkehrsgesetzen unterliegt, vorgesehen, dass der Zuschlag unter Vorbehalt zu erteilen ist und bei Vorliegen der von dem jeweiligen Grundverkehrsgesetz festgelegten Voraussetzung für rechtswirksam zu erklären ist.
Gemäß § 19 Abs. 1 Tir. Grundverkehrsgesetz 1996, LGBl. Nr. 61 i. d.F. LGBl. Nr. 75/1999 (im Folgenden: Tir. GVG), ist betreffend das Verfahren bei der Zuschlagserteilung geregelt, dass das Exekutionsgericht den Zuschlag unter dem Vorbehalt zu erteilen hat, dass er erst nach Vorliegen des entsprechenden Bescheides nach § 24 Abs. 1 oder § 27 Abs. 1 oder der entsprechenden Bestätigung nach § 25a Abs. 1 oder 2 rechtswirksam wird. Der Meistbietende ist sodann aufzufordern, binnen einer angemessen festzusetzenden Frist den Rechtserwerb nach § 23 der Grundverkehrsbehörde anzuzeigen.
Gemäß § 19 Abs. 2 Tir. GVG ist, wenn der entsprechende Bescheid oder die entsprechende Bestätigung vorliegt oder dem Exekutionsgericht binnen vier Monaten nach dem Einlangen der Anzeige nach § 23 bei der Grundverkehrsbehörde keine Erledigung dieser Behörde zukommt, der Beschluss über die Erteilung des Zuschlages für wirksam zu erklären, auszufertigen und zu verlautbaren.
Insbesondere aus § 183 Abs. 1 EO ergibt sich, dass der Zuschlag in dem Falle, dass er unter dem Vorbehalt des Vorliegens der jeweiligen Voraussetzung nach dem Grundverkehrsgesetz erteilt wurde, aufschiebend bedingt ist und bei ihrem Vorliegen für rechtswirksam zu erklären ist.
Der verfahrensgegenständliche Zuschlag vom 19. September 2001 erfolgte gemäß dem Versteigerungsprotokoll unter dem Vorbehalt des Vorliegens einer der Voraussetzungen gemäß § 24 Abs. 1, § 25 Abs. 1 bzw. § 25a Abs. 1 und Abs. 2 Tir. GVG. Die Grundverkehrsbehörde stellte in der Folge mit Bescheid vom 12. Oktober 2001 fest, dass kein land- und fortwirtschaftliches Grundstück gemäß § 2 Abs. 1 Tir. GVG vorliege. Die Grundverkehrsbehörde bestätigte in der Folge mit Erledigung vom 5. November 2001 die Anzeige des vorliegenden im Versteigerungsprotokoll vom 19. September 2001 festgehaltenen Rechtsgeschäftes betreffend die verfahrensgegenständliche Liegenschaft gemäß § 25a Abs. 2 Tir. GVG.
Mit Beschluss des Bezirksgerichtes I vom 12. Dezember 2001 wurde die Erteilung des Zuschlages betreffend das verfahrengegenständliche Grundstück an die Beschwerdeführerin für wirksam erklärt. Erst die Zustellung dieses Beschlusses an den Meistbietenden hat für den Erwerb des Eigentums die Rechtsfolgen, die außerhalb des Anwendungsbereiches der Grundverkehrsgesetze mit der Erteilung des Zuschlages verbunden sind. Das bedeutet, dass das zunächst aufschiebend bedingt erworbene Eigentum mit dem Zeitpunkt der Zustellung dieses Beschlusses in ein auflösend bedingtes übergeht. Der Eigentumserwerb ist deshalb ein auflösend bedingter, weil das Eigentumsrecht erlischt, wenn der Zuschlag später infolge einer Wiederversteigerung oder eines Überbots seine Wirksamkeit verliert (vgl. dazu Angst, Kommentar zur Exekutionsordnung, 2000, Rz 4 zu § 156 EO und Rz 16 zu § 183 EO).
Im vorliegenden Fall ist weiters beachtlich, dass gemäß § 53 Tir. BauO 2001, LGBl. Nr. 94, Rechte und Pflichten, die sich aus Bescheiden nach diesem Gesetz mit Ausnahme von Strafbescheiden ergeben, auf dem Grundstück haften und auf den Rechtsnachfolger im Grundeigentum oder Baurecht übergehen. In dieser Bestimmung der Tir. BauO 2001 kommt die sogenannte dingliche Wirkung von Bescheiden nach diesem Gesetz (mit Ausnahme von Strafbescheiden) zum Ausdruck. Daraus ergibt sich, dass ein solcher Bescheid jedem gegenüber wirkt, der entsprechende Rechte an dem betroffenen Grundstück hat. Auf Grund der dinglichen Wirkung eines Bescheides werden die Bescheidwirkungen auf die Rechtsnachfolger der Partei erstreckt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 27. Oktober 1997, Zl. 96/10/0255, und die in diesem dazu angeführte hg. Vorjudikatur).
Den im bezogenen Feststellungsverfahren ergangenen Bescheiden kommt eine solche dingliche Wirkung zu. Der in diesem bezogenen Feststellungsverfahren ergangene Vorstellungsbescheid der belangten Behörde vom 28. November 2001 wurde den Rechtsvorgängern und der Beschwerdeführerin am 11. Dezember 2001 zugestellt. Ab der Zustellung der angeführten Wirksamerklärung der Erteilung des Zuschlages vom 12. Dezember 2001 wirkten sämtliche in diesem Verfahren an die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin ergangenen Bescheide auf Grund ihrer dinglichen Wirkung gegenüber der Beschwerdeführerin als nunmehriger Eigentümerin. Der Beschwerdeführerin kam in dem in ihrem Antrag bezogenen Feststellungsverfahren, das sich zur Gänze vor diesem Eigentumsübergang abgespielt hat, keine Parteistellung zu. Der diesbezügliche Antrag der Beschwerdeführerin wurde von den Behörden daher zu Recht zurückgewiesen.
2. Zum Verfahren betreffend den Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens:
Gemäß § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG i.d.F. BGBl. I Nr. 158/1998 ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und
"2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten."
Gemäß § 69 Abs. 2 AVG in der angeführten Fassung ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, wenn dies jedoch nach der Verkündung des mündlichen Bescheides und vor Zustellung der schriftlichen Ausfertigung geschehen ist, erst mit diesem Zeitpunkt.
Die Beschwerdeführerin führt in der Beschwerde - wie in ihrem Antrag - aus, dass der im Zuge des Versteigerungsverfahrens betreffend die vorliegende Liegenschaft bestellte Sachverständige Mag. P. auch einen Bescheid vom 28. Mai 1949 betreffend die nachträgliche bau- und gewerbepolizeiliche Genehmigung für einen Zubau und die Benützungsbewilligung für den Gesamtbau und eine Benützungsbewilligung vom 10. September 1951 gefunden habe. Weiters habe er Hinweise auf die Ausstellung von Bescheiden in den Jahren 1952 bis 1958 gefunden. Der Sachverständige gehe mit Sicherheit davon aus, dass zum Zeitpunkt der Ausstellung der Benützungsbewilligung vom 10. September 1951 die Baulichkeiten im Wesentlichen nach den vorliegenden Plänen errichtet worden seien. Dies sei aus der vorliegenden Baubeschreibung im Schreiben des A.Z. an die Bezirkshauptmannschaft I vom 3. Februar 1951 sowie aus Aktennotizen des Baubezirksamtes an die Bezirkshauptmannschaft I hervorgegangen. Die vom Sachverständigen zu Tage gebrachten Neuerungen stünden den Feststellungen des erstinstanzlichen Bescheides vom 17. April 2001 diametral entgegen. Wären die durch den Sachverständigen erforschten Neuerungen bereits im Ausgangsverfahren bekannt gewesen, so hätte dies voraussichtlich zu einem anders lautenden Spruch in der Hauptsache geführt. Es wäre nämlich festzustellen gewesen, dass das Vorliegen einer Baubewilligung zu vermuten sei. Die Beschwerdeführerin und ihre Rechtsvorgänger treffe an der unterlassenen Geltendmachung der nunmehr hervorgetretenen Neuerungen kein Verschulden im Sinne des § 1297 ABGB.
Dem ist entgegenzuhalten, dass eine Voraussetzung des Wiederaufnahmegrundes des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG ist, dass die Tatsachen und Beweismittel, auf die sich der Antragsteller stützt, nach rechtskräftigem Abschluss des bezogenen Verwaltungsverfahrens hervorgekommen sein müssen. Schon diese Voraussetzung ist im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Das Gutachten des allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen Mag. H.P. stammt vom 25. Mai 2001 und ist im exekutionsgerichtlichen Verfahren des Bezirksgerichtes I betreffend das verfahrensgegenständliche Grundstück erstattet worden, in dem am 19. September 2001 die Versteigerung stattgefunden hat. Es wurde mit Erledigung vom 5. Juni 2001 u. a. den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerin als Verpflichteten dieses exekutionsgerichtlichen Verfahrens der Schätzwert des Grundstückes mit dem Hinweis mitgeteilt, dass dieses Gutachten beim Bezirksgericht I zur Einsichtnahme aufliegt. Der Berufungsbescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Gemeinde vom 11. September 2001 im bezogenen Feststellungsverfahren ist am 19. September 2001 durch Zustellung an die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin erlassen worden. Es ist den Rechtsvorgängern der Beschwerdeführerin somit während des noch anhängigen Feststellungsverfahrens mitgeteilt worden, dass dieses Gutachten beim Bezirksgericht I zur Einsichtnahme aufliegt. Auf Grund der bereits dargelegten dinglichen Wirkung der in diesem Feststellungsverfahren ergangenen Bescheide ist der Beschwerdeführerin als nunmehriger Eigentümerin und Bescheidadressatin dieser Bescheide das Verhalten der Rechtsvorgänger im Eigentum an dem verfahrensgegenständlichen Grundstück, die Parteien des bezogenen Feststellungsverfahrens waren, zuzurechnen. Es kann daher schon keine Rede davon sein, dass die ins Treffen geführten Tatsachen und Beweismittel erst nach rechtskräftigem Abschluss des Feststellungsverfahrens hervorgekommen sind. Schon aus diesem Grund war der vorliegende Wiederaufnahmeantrag abzuweisen.
Abgesehen davon hätten - was die Behörden zu Recht angenommen haben - die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin die vorgebrachten Tatsachen bzw. Beweismittel bei gehöriger Aufmerksamkeit schon im bezogenen Feststellungsverfahren geltend machen können. Wie dargelegt wurde den Rechtsvorgängern im Juni 2001 mitgeteilt, dass dieses Gutachten betreffend den Schätzwert des Grundstückes beim Bezirksgericht I zur Einsicht aufliegt. Die Rechtsvorgänger wären bei der zumutbaren und - hier im Hinblick darauf, dass das Vorliegen einer Baubewilligung strittig war - gebotenen Aufmerksamkeit verhalten gewesen, in das Gutachten Einschau zu nehmen. Es trifft daher auch die weitere Voraussetzung des § 69 Abs. 1 Z. 2 AVG nicht zu, dass diese Tatsachen und Beweismittel ohne Verschulden der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin nicht geltend gemacht werden konnten. Dass die Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin aus besonderen Gründen an der Geltendmachung dieser Tatsachen und Beweismittel im Feststellungsverfahren gehindert gewesen wären, wurde weder im Wiederaufnahmeverfahren noch auch in der Beschwerde ins Treffen geführt. Auch dieses Verschulden der Rechtsvorgänger der Beschwerdeführerin ist der Beschwerdeführerin als Rechtsnachfolgerin zuzurechnen, das gleichfalls einer Bewilligung der Wiederaufnahme des Verfahrens im vorliegenden Fall entgegenstand, wie dies von den Behörden zutreffend angenommen wurde.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG i.V.m. der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 22. Februar 2005
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