Normen
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs1;
AVG §69 Abs1 Z2;
AVG §69 Abs1;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Aus der Beschwerde und den ihr angeschlossenen Beilagen ergibt sich nachstehender entscheidungsrelevanter Sachverhalt:
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19. Jänner 1994 wurde der Stadt Linz die abfallrechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Kompostierungsanlage auf Grundstück Nr. n1, KG St.P., nach dem oberösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetz, LGBl. Nr. 28/1991, erteilt. Bei der dieser Bewilligung vorangegangenen mündlichen Verhandlung vom 6. Februar 1993 waren auch Vertreter der Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Partei im Eigentum des der Kompostierungsanlage benachbarten Grundstückes Nr. n2 anwesend. Sie erklärten in ihrer Stellungnahme, bei Einhaltung aller Auflagen bestehe gegen das Projekt kein Einwand.
Mit Eingabe vom 4. Oktober 1994 beantragte die beschwerdeführende Partei beim Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz die Wiederaufnahme des mit Bescheid vom 19. Jänner 1994 abgeschlossenen Verfahrens. Sie begründete diesen Antrag damit, die abfallrechtliche Bewilligung beruhe auf einem fundamentalen Irrtum des immissionstechnischen Amtssachverständigen. Dieser sei in seinem Befund von falschen Voraussetzungen ausgegangen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 24. Jänner 1995 wurde der Wiederaufnahmeantrag abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei berief.
Mit Bescheid vom 24. Mai 1995 wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. In der Begründung führte sie im wesentlichen aus, die Wiederaufnahmegründe des § 69 AVG seien taxativ; es liege keiner dieser Wiederaufnahmegründe vor.
Gegen diesen Bescheid richet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, der die Wiederaufnahme in erster Instanz ablehnende Bescheid sei von einer unzuständigen Behörde erlassen worden. Zuständig zur Entscheidung über die Wiederaufnahme sei in erster Instanz der Bürgermeister gewesen; der Bescheid sei aber vom Magistrat erlassen worden.
Der erstinstanzliche Bescheid weist die Unterschriftsklausel "für den Bürgermeister" auf. Er wurde daher von der zuständigen Behörde erlassen. Daß der Bescheid namens des Bürgermeisters von einem Organ des Magistrates unterfertigt wurde, entspricht dem Statut für die Landeshauptstadt Linz, LGBl. Nr. 7/1992, da nach § 51 Abs. 1 dieses Statuts die Geschäfte der Stadt durch den Magistrat zu besorgen sind.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, die Wiederaufnahmegründe des § 69 AVG seien nicht taxativ. Als Wiederaufnahmegründe kämen auch solche in Betracht, die in dieser Bestimmung nicht angeführt, den dort angeführten Fällen jedoch qualitativ gleichzusetzen seien. Insbesondere Irrtümer und Fehler eines Amtssachverständigen, die zu einem unrichtigen Bescheid führten, seien Wiederaufnahmegründe. Ein solcher Fall liege hier vor. Der immissionstechnische Amtssachverständige sei ausdrücklich davon ausgegangen, daß die der Kompostierungsanlage nächstgelegenen Nachbarn sich in ca. 200 m Entfernung in südwestlicher Richtung befänden, daß dort Überschreitungen der Geruchsschwelle von 8 bis 22 GE/m3 auftreten, daß jedoch zu berücksichtigen sei, daß der Wind in die Richtung dieser Nachbarn nur in etwa 10 % der Zeit des Jahres wehe, weshalb angenommen werden könne, daß die Häufigkeit von 5 % Geruchsstunden nicht erreicht würde und diese Geruchsimmissionen nicht als unzumutbare Belästigung im Sinn des § 8 des Oberösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes zu werten seien. Nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei im Verwaltungsverfahren sowie den vorgelegten Urkunden sei jedoch klar, daß dies grob unrichtig sei. Tatsächlich sei der nächstgelegene Nachbar, die beschwerdeführende Partei, deren Büro- und Betriebsgebäude auf Grundstück Nr. n2, KG St.P., von der verfahrensgegenständlichen Anlage nur 65 m bzw. 120 m entfernt sei, weshalb feststehe, daß unter Berücksichtigung der im Bereich der verfahrensgegenständlichen Anlage tatsächlich auftretenden Windrichtungen sowie der durchschnittlichen Häufigkeit dieser Windrichtungen im Bereich der Büro- und Betriebsgebäude der beschwerdeführenden Partei auf Grund der von der Komposatierungsanlage ausgehenden Geruchsimmissionen Überschreitungen der Geruchsschwelle mit einer Häufigkeit von mindestens 30 Geruchsstunden pro Jahr auftreten, was zweifelsfrei als unzumutbare Belästigung im Sinne des § 8 des Oberösterreichischen Abfallwirtschaftsgesetzes zu werten sei.
Nach § 69 Abs. 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.
Die im § 69 Abs. 1 AVG angeführten Wiederaufnahmegründe sind taxativ.
Im Beschwerdefall käme allenfalls Ziffer 2 in Betracht. Die Anwendung dieses Wiederaufnahmegrundes setzt aber voraus, daß die neu hervorgekommenen Tatsachen oder Beweismittel im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten.
Die Tatsache, daß das Grundstück Nr. n2 von der geplanten Kompostierungsanlage nicht 200 m, sondern nur 65 m (Kompostlager und Grünabfallzwischenlager) bzw. 120 m (Anlieferungs- und Aufbereitungshalle, Rottehalle, Konfektionierung) entfernt sein soll, mußte der Rechtsvorgängerin der beschwerdeführenden Partei bewußt gewesen sein, war sie doch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung Eigentümerin dieses Grundstückes und es mußte ihr daher auch auffallen, daß der Amtssachverständige, der in seinem in der Verhandlungsschrift festgehaltenen Befund ausdrücklich von 200 m Entfernung spricht, von falschen Voraussetzungen ausging. Konnte aber eine Tatsache bei gehöriger Aufmerksamkeit und gebotener Gelegenheit schon im Verwaltungsverfahren geltend gemacht werden, unterließ die Partei dies aber, dann liegt ein der Partei zuzurechnendes Verschulden vor, das eine Wiederaufnahme des Verfahrens ausschließt (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Juni 1993, Zl. 91/10/0107, und die dort angeführte Vorjudikatur). Dieses Verschulden ihrer Rechtsvorgängerin muß sich die beschwerdeführende Partei zurechnen lassen, da sie in die von ihrer Rechtsvorgängerin geschaffene verfahrensrechtliche Position eintritt.
Da bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen ließ, daß die von der beschwerdeführenden Partei behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde ohne weiteres Verfahren gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
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