Normen
ABGB §1002;
AVG §13 Abs3;
AVG §37;
BVergG 2002 §163 Abs1;
BVergG 2002 §163 Abs2;
BVergG 2002 §166 Abs1 Z2;
BVergG 2002 §166 Abs1;
BVergG 2002 §166 Abs2 Z3;
BVergG 2002 §170 Abs2;
BVergG 2002 §20 Z36;
BVergG 2002 §20 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
ABGB §1002;
AVG §13 Abs3;
AVG §37;
BVergG 2002 §163 Abs1;
BVergG 2002 §163 Abs2;
BVergG 2002 §166 Abs1 Z2;
BVergG 2002 §166 Abs1;
BVergG 2002 §166 Abs2 Z3;
BVergG 2002 §170 Abs2;
BVergG 2002 §20 Z36;
BVergG 2002 §20 Z4;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Spruchpunkt I. des vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheides wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, "die Zuschlagsentscheidung der Antragsgegnerin vom 23.05.2003, ST7- A1-000/238-03 wegen Rechtswidrigkeit für nichtig zu erklären und den Zuschlag an die Antragstellerin als Bestbieterin zu erteilen" gemäß § 13 Abs. 3 AVG als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die erstmitbeteiligte Partei sei öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 7 Abs. 1 Z 2 Bundesvergabegesetz 2002, BGBl. I Nr. 99 (BVergG 2002). Das vorliegende Vergabeverfahren "Straßenmeisterei Haag, Generalinstandsetzung der Dächer" sei als Bauauftrag im Unterschwellenbereich des BVergG 2002 zu qualifizieren. Dieser Auftrag sei vom Amt der NÖ Landesregierung im Namen und Auftrag der erstmitbeteiligten Partei im offenen Verfahren ausgeschrieben worden. Die Beschwerdeführerin habe sich durch Abgabe eines Angebotes am Vergabeverfahren beteiligt. Die Mitteilung der im Auftrag der erstmitbeteiligten Partei zugunsten der zweitmitbeteiligten Partei getroffenen Zuschlagsentscheidung an die Beschwerdeführerin sei mit Telefax vom 23. Mai 2003 erfolgt.
Mit Schriftsatz vom 6. Juni 2003 habe die Beschwerdeführerin bei der belangten Behörde u.a. den oben wiedergegebenen Antrag gestellt. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 10. Juni 2003 sei die Beschwerdeführerin gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert worden, einen Nachweis über die gemäß § 177 Abs. 1 BVergG 2002 zu entrichtende Pauschalgebühr sowie das Schreiben, in welchem der Auftraggeber von der beabsichtigten Einleitung des Nachprüfungsverfahrens verständigt worden sei (inklusive Faxprotokoll bzw. Zustellverfügung), vorzulegen. Im verbesserten Schriftsatz vom 13. Juni 2003 habe die Beschwerdeführerin angegeben, die Verständigungen nach § 163 BVergG 2002 seien erfolgt. Sohin erschöpfe sich die "Mängelbehebung" in der bloßen, nicht belegten Behauptung, dass die Beschwerdeführerin ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur nachweislichen Verständigung des Auftraggebers von der beabsichtigten Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nachgekommen sei. Der im Mängelbehebungsauftrag der belangten Behörde ausdrücklich geforderte Nachweis sei jedoch nicht erbracht worden. Schon aus diesem Grund sei das Anbringen zurückzuweisen gewesen.
Darüber hinaus sei der Nachprüfungsantrag als unzulässig zurückzuweisen gewesen, da er nicht gegen den Auftraggeber gerichtet gewesen sei. Als Antragsgegnerin werde im vorliegenden Fall durch die Beschwerdeführerin jeweils das Amt der NÖ Landesregierung bezeichnet, lediglich im verbesserten Antrag vom 13. Juni 2002 sei auf Seite 1 der Zusatz "im Auftrag der ASFINAG" ersichtlich. Im vorliegenden Fall sei das Amt der NÖ Landesregierung jedoch lediglich als vergebende Stelle für die erstmitbeteiligte Partei als Auftraggeberin tätig geworden.
Schließlich sei der Nachprüfungsantrag, insofern er auf die Erteilung des Zuschlages an die Beschwerdeführerin als Bestbieterin gerichtet sei, unzulässig, da ein solches Begehren der gesetzlichen Grundlage entbehre.
Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides im Recht auf Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens gemäß § 163 BVergG 2002 verletzt. Sie bringt im Wesentlichen vor, der Auftraggeber sei rechtzeitig mittels Telefax, welchem eine Kopie des Nachprüfungsantrages angeschlossen gewesen sei, von der beabsichtigten Einleitung des Nachprüfungsverfahrens verständigt worden. Im verbesserten Schriftsatz sei der Nachweis dieser Verständigung erbracht worden, da das Faxprotokoll vorgelegt worden sei, welches die Benachrichtigung des Auftraggebers vollinhaltlich wiedergegeben und den Hinweis enthalten habe, dass der Verständigung die Kopie eines Nachprüfungsantrages beigeschlossen war.
Entgegen der Auffassung der belangten Behörde sei im vorliegenden Fall Auftraggeber das "Amt der NÖ Landesregierung im Auftrag der erstmitbeteiligten Partei" und nicht - wie im Kopf des angefochtenen Bescheides unrichtig angegeben - die "erstmitbeteiligte Partei vertreten durch das Amt der NÖ Landesregierung". Nach den Ausschreibungsunterlagen sei ausschreibende Dienststelle ausdrücklich das Amt der NÖ Landesregierung, auch die gesamte Korrespondenz in dieser Angelegenheit sei mit dem Amt der NÖ Landesregierung erfolgt. Schließlich habe auch das Amt der NÖ Landesregierung die Mitteilung der Zuschlagsentscheidung vorgenommen. Somit sei das Amt der Landesregierung und nicht die erstmitbeteiligte Partei als Auftraggeber anzusehen.
Im Hinblick auf die Unzulässigkeit des auf die Erteilung des Zuschlages an die Beschwerdeführerin als Bestbieterin gerichteten Begehrens wäre die belangte Behörde verpflichtet gewesen, den Antrag in zwei (Teil)Anträge zu trennen, um zu verhindern, dass der gesamte Antrag zurückgewiesen werden müsse.
2. Die belangte Behörde hat die im angefochtenen Bescheid erfolgte Zurückweisung gemäß § 13 Abs. 3 AVG unter anderem darauf gestützt, die Beschwerdeführerin habe den Auftraggeber nicht genau bezeichnet.
Gemäß § 166 Abs. 1 Z 2 BVergG 2002 hat ein Antrag auf Einleitung des Nachprüfungsverfahrens gemäß § 163 Abs. 1 BVergG 2002 jedenfalls die genaue Bezeichnung des Auftraggebers zu enthalten.
Gemäß § 20 Z 4 BVergG 2002 ist Auftraggeber jede natürliche oder juristische Person, die vertraglich an einen Auftragnehmer einen Auftrag zur Erbringung von Leistungen gegen Entgelt erteilt oder zu erteilen beabsichtigt.
Gemäß § 20 Z 36 BVergG 2002 ist vergebende Stelle jene Organisationseinheit oder jener Bevollmächtigter des Auftraggebers, die bzw. der das Vergabeverfahren durchführt.
Die Auftraggebereigenschaft richtet sich alleine danach, wer zivilrechtlicher Vertragspartner werden soll. Tritt daher eine vergebende Stelle "namens und auftrags" bzw. "in Vertretung" eines anderen Rechtsträgers und nicht in eigenem Namen auf, so treffen die zivilrechtlichen Folgen dieses Auftretens unmittelbar den vertretenen Rechtsträger. Die Tätigkeit der vergebenden Stelle für den "dahinter stehenden" Rechtsträger ist als rechtsgeschäftliche Stellvertretung zu qualifizieren und eben dieser Rechtsträger ist daher als Auftraggeber anzusehen (vgl. hiezu die Erläuterungen zu § 20 Z 4 BVergG 2002 in AB 1118 BlgNR XXI. GP, Seite 23).
Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde - was im Übrigen von der Beschwerde nicht bestritten wird - festgestellt, dass die von der Beschwerdeführerin angefochtene Zuschlagsentscheidung vom Amt der NÖ Landesregierung im Auftrag der erstmitbeteiligten Partei und nicht im eigenen Namen getroffen wurde. Auftraggeberin war somit alleine die erstmitbeteiligte Partei, das Amt der NÖ Landesregierung war lediglich als vergebende Stelle tätig.
Damit unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von dem von der Beschwerdeführerin angeführten, dem (im Übrigen zu der Rechtslage nach dem Burgenländischen Vergabegesetz ergangenen) hg. Erkenntnis vom 25. Februar 2002, Zl. 2001/04/0215, zu Grunde liegenden Beschwerdefall, in welchem der Zuschlag von der dort mitbeteiligten Partei nicht etwa für den Bund, sondern im eigenen Namen erteilt worden ist.
Da die Beschwerdeführerin in ihrem Nachprüfungsantrag auf dem Deckblatt (Seite 1) das Amt der NÖ Landesregierung als Antragsgegnerin bezeichnete, im Text (auf Seite 2) hingegen ausführte, dass die Vergabe auftrags der erstmitbeteiligten Partei erfolgt sei, wurde sie mit Verbesserungsauftrag vom 10. Juni 2003 durch die belangte Behörde aufgefordert, gemäß § 166 Abs. 1 BVergG 2002 den Auftraggeber genau zu bezeichnen.
Die Beschwerdeführerin hat in ihrem verbesserten Schriftsatz als Antragsgegnerin das Amt der NÖ Landesregierung im Auftrag der erstmitbeteiligten Partei bezeichnet und damit nach der oben angeführten Rechtslage klargestellt, dass sich ihr Antrag gegen die erstmitbeteiligte Partei als Auftraggeber richtet.
3. Die belangte Behörde hat die Zurückweisung des Antrages der Beschwerdeführerin auch darauf gestützt, diese habe den von der belangten Behörde im Mängelbehebungsauftrag geforderten Nachweis gemäß § 163 Abs. 2 BVergG 2002 nicht erbracht.
Gemäß § 163 Abs. 2 BVergG 2002 hat ein Unternehmer, der der Ansicht ist, dass eine vom Auftraggeber getroffene Entscheidung gegen die Bestimmungen dieses Gesetzes verstößt, den Auftraggeber unverzüglich elektronisch oder mittels Telefax von der beabsichtigten Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens nachweislich zu verständigen. In dieser Verständigung ist die geltend gemachte Rechtswidrigkeit zu bezeichnen. Die Verständigung hat spätestens gleichzeitig mit der Einbringung des Nachprüfungsantrages gemäß § 163 Abs. 1 leg. cit. zu erfolgen.
Gemäß § 166 Abs. 1 BVergG 2002 hat ein Antrag (auf Nachprüfung) gemäß § 163 Abs. 1 jedenfalls zu enthalten:
1. die genaue Bezeichnung des betreffenden Vergabeverfahrens sowie der angefochtenen Entscheidung,
- 2. die genaue Bezeichnung des Auftraggebers,
- 3. eine Darstellung des maßgeblichen Sachverhaltes einschließlich des Interesses am Vertragsabschluss,
4. Angaben über den behaupteten drohenden oder bereits eingetretenen Schaden für den Antragsteller,
5. die bestimmte Bezeichnung des Rechts, in dem sich der Antragsteller als verletzt erachtet,
6. die Gründe, auf die sich die Behauptung der Rechtswidrigkeit stützt,
- 7. ein bestimmtes Begehren und
- 8. die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob der Antrag rechtzeitig eingebracht wurde.
Gemäß § 166 Abs. 2 Z 3 BVergG 2002 ist der Antrag unzulässig, wenn keine Verständigung gemäß § 163 Abs. 2 erfolgt ist.
Gemäß § 170 Abs. 1 BVergG 2002 sind Anträge, deren Inhalt bereits erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung oder der behauptete Schaden offensichtlich nicht vorliegt oder die behauptete Rechtswidrigkeit offensichtlich keinen Einfluss auf das weitere Vergabeverfahren hatte oder hat, ohne weiteres Verfahren abzuweisen.
Gemäß § 170 Abs. 2 BVergG 2002 ist in allen übrigen Fällen, in denen sich der Antrag zur weiteren Behandlung als geeignet erweist, das Nachprüfungs- oder Feststellungsverfahren einzuleiten.
In der Aufzählung des § 166 Abs. 1 BVergG 2002 ist der Nachweis der Verständigung nach § 163 Abs. 2 BVergG 2002 nicht enthalten; jedoch handelt es sich bei dieser Aufzählung - wie bereits das Wort "jedenfalls" im Einleitungssatz zeigt - um keine abschließende. Entscheidend ist vielmehr, dass gemäß § 166 Abs. 2 Z 3 BVergG 2002 ein Nachprüfungsantrag unzulässig ist, wenn keine Verständigung erfolgt ist und gemäß § 170 Abs. 2 BVergG 2002 das Nachprüfungsverfahren nur einzuleiten ist, wenn sich der Antrag solcherart zur weiteren Behandlung als geeignet erweist. Das Fehlen dieses Nachweises stellt nach dieser Rechtslage einen Mangel gemäß § 13 Abs. 3 AVG dar; die belangte Behörde hat diesbezüglich zu Recht ein Verbesserungsverfahren durchgeführt.
Jedoch erweisen sich die Feststellungen der belangten Behörde, die Mängelbehebung der Beschwerdeführerin erschöpfe sich in der bloßen, nicht belegten Behauptung, dass diese ihrer gesetzlichen Verpflichtung zur nachweislichen Verständigung des Auftraggebers nachgekommen sei, als aktenwidrig. Aus den dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich nämlich, dass die Beschwerdeführerin mit dem verbesserten Schriftsatz auch einen Sendebericht vorgelegt hat, aus dem ersichtlich ist, dass zu dem dort bezeichneten Zeitpunkt 6 Seiten an die vergebende Stelle gesendet worden sind. Dieser Sendebericht trägt weiters die Angaben "SENDUNG OK" sowie "ERGEBNIS OK" und zeigt als erste Seite der gesendeten Schriftstücke eine Kurzmitteilung, in der als Betreff das gegenständliche Vergabeverfahren mit dem Zusatz "Nachprüfungsverfahren" angeführt und angegeben ist, dass die übermittelten Seiten zur Kenntnisnahme übermittelt werden.
Gemäß § 163 Abs. 2 BVergG 2002 ist es zulässig, den Auftraggeber durch Übersenden einer Kopie des Nachprüfungsantrages zu verständigen (vgl. AB 1118 BlgNR XXI. GP, 64). Diese Bestimmung verlangt vom Antragsteller, die Verständigung einschließlich ihres Zeitpunktes nachzuweisen (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes (VfGH) vom 6. Juni 2005, Zl. B 1376/03); ihn trifft also die Pflicht, die Verständigung zu belegen. Dieser Pflicht ist die Beschwerdeführerin im vorliegenden Fall durch die Vorlage eines Sendeberichtes (Faxprotokolles) mit den oben angeführten Angaben nachgekommen.
4. Da die Beschwerdeführerin somit ihren Antrag rechtzeitig verbessert hat, erweist sich die im angefochtenen Bescheid erfolgte Zurückweisung gemäß § 13 Abs. 3 AVG als rechtswidrig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
5. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da Anspruch auf Ersatz des Schriftsatzaufwandes nur in der Höhe des in der zitierten Verordnung festgesetzten Pauschbetrages besteht und in diesem bereits die Umsatzsteuer enthalten ist.
Wien, am 20. Dezember 2005
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