Normen
EStG 1988 §15 Abs2;
EStG 1988 Bewertung bestimmter Sachbezüge 1992 1993 §4 Abs1;
EStG 1988 §15 Abs2;
EStG 1988 Bewertung bestimmter Sachbezüge 1992 1993 §4 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aus Anlass einer die Jahre 1996 bis 2000 umfassenden Lohnsteuerprüfung wurde festgestellt, dass den beiden Geschäftsführern der beschwerdeführenden GmbH jeweils ein Firmenfahrzeug der Marke Honda Accord bzw. Chrysler Voyager zur Nutzung zur Verfügung stehe. "Kilometeraufzeichnungen (Fahrtenbücher), durch welche die private Nutzung ausgeschlossen hätte werden können", seien nicht geführt worden. Es liege somit ein Vorteil aus dem Dienstverhältnis im Sinne des § 15 Abs. 2 EStG 1988 vor, wobei dieser Sachbezug mit monatlich 1,5 % des Neupreises der Fahrzeuge (somit mit jährlich jeweils 48.600 S bzw. 72.000 S) anzusetzen sei.
Gegen die auf Grund des Lohnsteuerprüfungsberichtes ergangenen Nachforderungsbescheide an lohnabhängigen Abgaben erhob die Beschwerdeführerin Berufung. Darin brachte sie vor, dass auch das Führen von Kilometeraufzeichnungen eine Privatnutzung eines betrieblich verwendeten Kraftfahrzeuges keineswegs ausschließe, sondern nur ein Mittel der Beweisführung darstelle. Wesentlich sei, ob die private Nutzung durch entsprechende Vereinbarungen ausgeschlossen sei und auch durch faktische Handlungen gesichert werde. Dies sei gegenständlich der Fall. Bis Dezember 1993 sei bei beiden Geschäftsführern ein Sachbezug angesetzt worden. Anlässlich der Neuanschaffung von Fahrzeugen habe man im Jänner 1994 folgende dem Finanzamt vorliegende Vereinbarung getroffen:
"Den Geschäftsführern der (Beschwerdeführerin) stand bisher die private Mitbenutzung der betrieblichen Kraftfahrzeuge zu.
Durch die im Dezember 1993 erfolgte Anschaffung bzw Anleasing würde durch die private Mitbenutzung ein ungleich verteilter Vorteil entstehen.
Es wird daher vereinbart, dass die betrieblichen Fahrzeuge künftig nicht mehr privat genutzt werden.
Schlüssel und Fahrzeugpapiere sind von der kassenführenden Mitarbeiterin zu verwahren und über Nacht mit dem Kassengeld zu versperren.
Bei einer gelegentlichen Privatnutzung durch einen Geschäftsführer wird von der kassenführenden Mitarbeiterin eine Belastungsnote im Ausmaß des amtlichen Kilometergeldes geschrieben, die vom Geschäftsführer bei Rückstellung des Fahrzeuges bar zu begleichen ist.
Zum Ausgleich der Nutzung des betrieblichen Fahrzeuges durch Herrn S. (einen der Geschäftsführer) im Weihnachtsurlaub darf Herr B. (der andere Geschäftsführer) noch bis incl. Februar das betriebliche Fahrzeug Honda privat benutzen.
Wien, am 07.01.1994
(Unterschriften)"
Weiters wurden mit der Berufung die Zulassungsscheine der von den Geschäftsführern derzeit für private Fahrten verwendeten Kraftfahrzeuge vorgelegt.
In ihrer Entgegnung auf eine Stellungnahme der Prüferin zur Berufung erklärte die Beschwerdeführerin, auch die übrigen Mitarbeiter könnten bestätigen, dass Schlüssel und Fahrzeugpapiere in ihren Geschäftsräumlichkeiten verblieben, wenn die Fahrzeuge nicht betrieblich eingesetzt seien. Schlüssel und Papiere würden der kassenführenden Mitarbeiterin nicht nur bei Büroschluss, sondern auch während des Tages übergeben, sobald ein Geschäftsführer von einer (betrieblichen) Fahrt zurückkehre. Dies habe auch den praktischen Grund, dass bei Warenanlieferungen und Warenabholungen durch Lastkraftwagen der Hof vor den Lagerräumlichkeiten frei gehalten werden müsse und die dort abgestellten Fahrzeuge auf die öffentliche Straße gefahren werden müssten, auch wenn der jeweilige Geschäftsführer nicht im Betrieb sei. Die Mitarbeiterin müsse daher nicht, was von der Prüferin in ihrer Stellungnahme zur Berufung als unwahrscheinlich beurteilt worden sei, die Schlüssel und Papiere von den Geschäftsführern "täglich abverlangen", weil die Verwahrung der Schlüssel und Papiere durch eine Mitarbeiterin zum ständigen Usus im Unternehmen der Beschwerdeführerin zähle. Auch würden die Geschäftsführer keine Überstunden machen, sondern - wie aus der Gehaltsverrechnung hervorgehe - nur zur "Normalarbeitszeit" im Betrieb tätig sein, sodass es auch nicht zuträfe, dass die Fahrzeuge erst nach Dienstschluss der Mitarbeiter (für diese nicht wahrnehmbar) zurückgestellt würden. Belastungsnoten seien nicht erstellt worden, weil sich kein privater Bedarf ergeben habe. Zur "weiteren Untermauerung" des Berufungsvorbringens werde ersucht, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen.
Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge. Nach Wiedergabe des § 15 EStG 1988 und der dazu ergangenen Sachbezugsverordnung BGBl. Nr. 642/1992 sowie einem Hinweis auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22. März 2000, 99/13/0164, führte die belangte Behörde aus, die im Jahr 1994 zwischen den Geschäftsführern getroffene Vereinbarung beinhalte kein ernst gemeintes Verbot einer privaten Nutzung der Fahrzeuge, weil die "Kontrolle des Verbotes" ausschließlich in die Hände der den Geschäftsführern dienstmäßig unterstellten Personen gelegt worden sei. Die Tatsache, dass während des fünf Jahre umfassenden Prüfungszeitraums keine einzige Belastungsnote ausgestellt worden sei, spräche "nicht gerade für eine Übereinstimmung mit den Erfahrungen des täglichen Lebens", sondern stelle "der daraus zu ziehende Umkehrschluss der ausschließlichen betrieblichen Nutzung der Fahrzeuge durch beide Geschäftsführer einen ungewöhnlichen und daher von der Bw. zu beweisenden Umstand dar". In Ermangelung der Führung tauglicher, die Einhaltung des Verbotes der Privatnutzung der Fahrzeuge dartuender Aufzeichnungen habe die Beschwerdeführerin den Nachweis für die Behauptung, dass die Firmenfahrzeuge ausschließlich für betriebsbedingte Fahrten verwendet worden seien, nicht erbracht. Für die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung fehle es im Beschwerdefall an einer entsprechenden rechtlichen Grundlage.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die im Beschwerdefall strittige Frage der Privatnutzung von zum Betriebsvermögen der Beschwerdeführerin gehörenden Pkws hatte die belangte Behörde in einem Akt ihrer Beweiswürdigung zu lösen, welche der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nur dahin unterliegt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, indem sie den Denkgesetzen und dem menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Mai 1995, 92/13/0200, vom 3. Mai 2000, 99/13/0186, und vom 26. Februar 2003, 99/13/0157).
In den Erkenntnissen vom 30. Mai 1995, 92/13/0200, und vom 11. Dezember 1996, 95/13/0262, hat der Verwaltungsgerichtshof dem Bestehen einer Beweislastregel derart, dass ein Dienstnehmerbezug durch private Nutzung eines Arbeitgeberfahrzeuges nur dann nicht anzunehmen wäre, wenn durch ein lückenlos geführtes Fahrtenbuch das Vorliegen privater Fahrten ausgeschlossen werden könne, eine Absage erteilt und eine behördliche Beweiswürdigung als unschlüssig beurteilt, die aus dem Unterbleiben der Führung eines Fahrtenbuches allein auf das Vorliegen einer Überlassung des dem Arbeitgeber gehörenden Fahrzeuges auch zur Privatnutzung geschlossen hatte.
Die belangte Behörde stützt die Annahme von Privatfahrten darauf, dass in der zwischen den beiden Geschäftsführern getroffenen Vereinbarung, grundsätzlich auf Privatfahrten zu verzichten bzw. für allenfalls doch notwendige Privatfahrten Kosten in Höhe der amtlichen Kilometergelder selbst zu tragen, kein ernsthaftes Verbot der Vornahme von Privatfahrten zu erblicken sei. Damit verkennt sie, dass das Bestehen eines solchen Verbotes auch gar nicht behauptet wurde. In der zwischen den beiden Geschäftsführern getroffenen Vereinbarung kam von vornherein nichts anderes als eine freiwillige Selbstbeschränkung der Geschäftsführer zum Ausdruck.
Die bloße, vom Arbeitnehmer tatsächlich aber nicht in Anspruch genommene, "Möglichkeit" der Privatnutzung führt allerdings - wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom 7. August 2001, 97/14/0175, ausgeführt hat - nicht zu einem Sachbezug, der gemäß § 15 EStG 1988 zu versteuern ist. Wenn in der genannten VO von der "Möglichkeit ein arbeitgebereigenes Kraftfahrzeug für nicht beruflich veranlasste Fahrten zu benützen" gesprochen wird, kann dies, soll die VO in § 15 Abs. 2 EStG 1988 Deckung finden, nur so verstanden werden, dass nach der Lebenserfahrung auf Grund des Gesamtbildes der Verhältnisse anzunehmen ist, dass der Arbeitnehmer die eingeräumte Möglichkeit - wenn auch nur fallweise - nützt. Ob im Einzelfall eine derartige Sachverhaltskonstellation vorliegt, ist eine Tatfrage.
Die belangte Behörde hat sich im angefochtenen Bescheid ausschließlich auf "Erfahrungen des täglichen Lebens" gestützt und sich nicht mit dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auseinandergesetzt, dass die Fahrzeuge außerhalb von betrieblichen Fahrten auf dem Firmengelände abgestellt seien und die Schlüssel sowie die Fahrzeugpapiere in den Geschäftsräumlichkeiten verwahrt würden, was auch von ihren Mitarbeitern bestätigt werden könne, weil die Geschäftsführer jeweils innerhalb der Normalarbeitszeit an den Betriebsort zurückkehrten und die Kraftfahrzeuge der Beschwerdeführerin zurückstellten. Dass es im Beschwerdefall nicht um die Kontrolle eines Verbotes durch die den Geschäftsführern unterstellten Mitarbeiter ging, wurde bereits ausgeführt. Über den im Betrieb bestehenden Usus Auskunft zu geben, ist aber auch den Geschäftsführern "dienstmäßig" unterstellten Arbeitnehmern der Beschwerdeführerin möglich, sodass nicht gesagt werden kann, dass die belangte Behörde nach Ausschöpfung aller tauglichen Beweismittel zu ihrer Entscheidung gelangt ist.
Der angefochtene Bescheid enthält aber auch keinerlei Sachverhaltsfeststellungen, die es nahe legen könnten, dass die Geschäftsführer gelegentlich, etwa für Fahrten zwischen Wohnung und Betriebsort, auf die betrieblich genutzten Fahrzeuge zurückgegriffen haben. Auch fehlt es an Feststellungen, ob der in der Vereinbarung vom 7. Jänner 1994 zum Ausdruck gebrachte Interessengegensatz zwischen den Geschäftsführern tatsächlich bestanden hat und daher insoweit von einer "Ernsthaftigkeit" des bekundeten Willens der Geschäftsführer auszugehen war.
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am 15. November 2005
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