Normen
BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
BAO §115 Abs1;
BAO §119 Abs1;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von 12.740 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Aufgrund einer bei der Beschwerdeführerin, einer GmbH, durchgeführten Lohnsteuerprüfung vertrat das Finanzamt die Auffassung, die private Nutzung eines "arbeitgebereigenen Pkw" durch den Geschäftsführer JB sei als Dienstnehmer-Sachbezug zu erfassen, erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid betreffend Lohnsteuer und setzte bescheidmäßig Dienstgeberbeitrag und den Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag fest.
In der Berufung gegen diese Bescheide brachte die Beschwerdeführerin vor, der "arbeitgebereigene Pkw" sei ausschließlich für betriebliche Fahrten verwendet worden. Für Privatfahrten sei stets ein Pkw des Privatvermögens eingesetzt worden. Aufgrund dieser bewußten Trennung habe für den "arbeitgebereigenen Pkw" kein Fahrtenbuch geführt werden müssen.
Die Berufung gegen diese Bescheide wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Der Lohnsteuerprüfer habe festgestellt, daß JB ab Februar 1989 die Benützung des "firmeneigenen Pkw" Audi 90 Quattro für private Fahrten ermöglicht worden sei. In der Berufung sei eingewendet worden, daß JB ein privates Fahrzeug (VW 135 Cabrio) zur Verfügung stehe. Ein Sachbezug komme nur dann nicht zum Ansatz, wenn aufgrund von einwandfrei und fortlaufend geführten Aufzeichnungen der zweifelsfreie Nachweis erbracht werden könne, daß nur eine betriebliche Verwendung eines Fahrzeuges erfolgt sei. Dieser Umstand könne nur durch exakte Fahrtenbuchführung bewiesen werden. Eine teilweise Privatnutzung eines betrieblich genutzten Pkw entspreche den Erfahrungen des täglichen Lebens. Der Umstand ausschließlicher betrieblicher Nutzung sei so unwahrscheinlich, daß dem Abgabepflichtigen ein Nachweis durch Führung eines Fahrtenbuches obliege. Im gegenständlichen Fall sei ein Fahrtenbuch nicht geführt worden. Im Berufungsverfahren sei JB zur Vorlage des Zulassungsscheines für seinen privaten Pkw ersucht worden. Aus diesem ergebe sich, daß das Auto erst am 7. November 1990 zugelassen worden sei. Ein Beweismittel für die Nichtbenützung des Firmen-Pkw für private Fahrten könne daher in diesem Umstand nicht gesehen werden. Aus dem Gesamtbild müsse abgeleitet werden, daß der Beschwerdeführerin der Beweis, daß das Finanzamt zu Unrecht einen Sachbezug angesetzt habe, nicht gelungen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte Teile des Verwaltungsaktes vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Die Beschwerde wendet sich gegen die Sachverhaltsfeststellung, dem Dienstnehmer JB sei von der Beschwerdeführerin ein Pkw (auch) für Privatfahrten zur Verfügung gestellt worden.
Die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde unterliegt der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle dahingehend, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, das heißt den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut entsprechen (vgl. hg. Erkenntnis vom 6. April 1995, 93/15/0077).
Rechtsirrig ist im gegenständlichen Fall die belangte Behörde davon ausgegangen, ein Dienstnehmerbezug (Sachbezug) wäre in sachverhaltsmäßiger Hinsicht nur dann nicht anzunehmen, wenn durch Arbeitgeber bzw. Arbeitnehmer "aufgrund von einwandfreien und fortlaufend geführten Aufzeichnungen der zweifelsfrei geführte Nachweis" seines Nichtvorliegens erbracht wird. Eine derartige Beweislastverteilung ist dem Gesetz nicht zu entnehmen.
Im angefochtenen Bescheid führt die belangte Behörde aus, die behauptete ausschließliche betriebliche Nutzung eines Fahrzeuges sei so unwahrscheinlich, daß ein diesbezüglicher Beweis durch die Führung eines Fahrtenbuches dem Abgabepflichtigen obliege. Zu Unrecht stützt sie sich dabei auf die Ausführungen im hg. Erkenntnis vom 25. April 1972, 2228/71, weil dieses nicht die private Verwendung eines Arbeitgeber-Pkw durch den Arbeitnehmer betraf. Es trifft zwar zu, daß nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1992, 90/13/0200) besonders ungewöhnliche Umstände eine erhöhte Mitwirkungspflicht des Abgabepflichtigen hervorrufen können. Der angefochtene Bescheid enthält aber keine Feststellungen darüber, ob JB etwa in seinem Anstellungsvertrag oder in einer anderen ausdrücklichen Vereinbarung die private Pkw-Nutzung zugestanden worden ist. Er enthält auch keine Feststellungen darüber, ob JB ein privates Fahrzeug für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zur Verfügung gestanden ist. Er enthält nicht einmal Feststellungen über die Beteiligung von JB oder seiner Familienangehörigen an der Beschwerdeführerin, welcher Umstand allenfalls in Zusammenhang mit sonstigen Verhältnissen ein Indiz für die Einräumung der Möglichkeit privater Verwendung des Pkw der Beschwerdeführerin darstellen könnte. Bei dieser Sachlage zeigt das im Verwaltungsverfahren erstattete Vorbringen der Beschwerdeführerin, ihr Fahrzeug sei von JB nicht für seine privaten Fahrten verwendet worden, nicht von vornherein als ungewöhnlich zu beurteilende Verhältnisse auf.
Aus dem Vorstehenden ergibt sich, daß die Beweiswürdigung der belangten Behörde, soweit sie sich darauf beschränkt, die Beschwerdeführerin habe entsprechende Nachweise nicht erbracht, nicht als schlüssig erkannt werden kann.
Die belangte Behörde führt im angefochtenen Bescheid im Rahmen ihrer Beweiswürdigung auch aus, die Behauptung, der Pkw der Beschwerdeführerin sei ausschließlich für ihre betrieblichen Zwecke verwendet worden, weil JB über einen privaten Pkw für Privatfahrten verfüge, sei deshalb nicht überzeugend, weil der private Pkw (VW 135 Cabrio) nach den Erhebungen der Behörde erst am 7. November 1990 zugelassen worden sei. In der Beschwerde wird hiezu ausgeführt, die Zulassung des VW 135 im November 1990 sei deshalb ohne Bedeutung, weil JB vor diesem Stichtag ein anderer Pkw für seine Privatfahrten zur Verfügung gestanden sei.
Nach der Aktenlage hat sich die Beschwerdeführerin in ihrer Berufung darauf gestützt, daß für Privatfahrten ein Pkw des Privatvermögens des JB verwendet worden sei; von einem bestimmten Pkw (VW 135 Cabrio) ist nicht die Rede. Der Verwaltungsakt enthält zwar ein Schreiben des Finanzamtes an die belangte Behörde, in welchem berichtet wird, die Beschwerdeführerin habe in einer Vorhaltsbeantwortung vom 7. Mai 1991 angegeben, daß sich im Privatvermögen des JB ein VW 135 Cabrio befinde. Der Verwaltungsakt enthält aber diese Vorhaltsbeantwortung nicht. Das Sachverhaltsvorbringen der Beschwerde ist nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes auch dahingehend zu verstehen, daß die Beschwerdeführerin im Verwaltungsverfahren keine Stellungnahme des Inhaltes abgegeben habe, die Ausführungen zu den Privatfahrten des JB wären ausschließlich auf den VW 135 Cabrio bezogen. Dieses legt der Verwaltungsgerichtshof, weil ihm die belangte Behörde die Vorhaltsbeantwortung vom 7. Mai 1991 nicht vorgelegt hat, gemäß § 38 Abs. 2 VwGG seiner Entscheidung zugrunde. Solcherart kann aber auch der Umstand, daß der genannte Pkw VW erst am 7. November 1990 zugelassen worden ist, die Beweiswürdigung der belangten Behörde betreffend die private Nutzung des Arbeitgeberfahrzeuges nicht stützen.
Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Bescheid und dem Akteninhalt geht aus der Sachverhaltsdarstellung der Beschwerde hervor, daß der strittige Pkw gar nicht "arbeitgebereigen" gewesen sei, sondern dem Betriebsvermögen einer KG, deren Komplementär die Beschwerdeführerin sei, angehöre. Die belangte Behörde tritt diesen Ausführungen in der Gegenschrift nicht entgegen. Aus verwaltungsökonomischen Gründen verweist der Verwaltungsgerichtshof für den Fall des Zutreffens dieser Sachverhaltskonstellation darauf, daß im fortgesetzten Verfahren Feststellungen darüber zu treffen wären, ob das Fahrzeug JB in seiner Stellung als Geschäftsführer der GmbH zur (auch privaten) Nutzung überlassen worden ist und diesfalls die GmbH die weitergeleitete Nutzungsmöglichkeit von der KG eingeräumt erhalten hat oder ob JB allenfalls in seiner Stellung als Kommanditist das Fahrzeug genutzt hat (vgl. hg. Erkenntnisse vom 10. März 1994, 93/15/0146, und vom 6. Oktober 1992, 88/14/0045).
Der angefochtene Bescheid war somit gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben. Von der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung konnte aus den Gründen des § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.
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