Normen
ABGB §6;
ABGB §7;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §111 Abs12;
FrG 1997 §12 Abs2a;
FrG 1997 §12 Abs2b idF 2002/I/126;
FrG 1997 §7 Abs3;
FrG 1997 §7 Abs4 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §7 Abs4 Z1 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §7 Abs4 Z1;
FrG 1997 §8 Abs1;
FrG 1997 §8 Abs3 Z2;
UniStG 1997;
UniversitätsG 2002 §143 Abs9;
UniversitätsG 2002 §51 Abs2 Z20;
UniversitätsG 2002 §51 Abs2 Z21;
UniversitätsG 2002 §51 Abs2 Z22;
UniversitätsG 2002 §56;
VwRallg impl;
VwRallg;
ABGB §6;
ABGB §7;
FrG 1997 §10 Abs2 Z3;
FrG 1997 §111 Abs12;
FrG 1997 §12 Abs2a;
FrG 1997 §12 Abs2b idF 2002/I/126;
FrG 1997 §7 Abs3;
FrG 1997 §7 Abs4 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §7 Abs4 Z1 idF 2002/I/126;
FrG 1997 §7 Abs4 Z1;
FrG 1997 §8 Abs1;
FrG 1997 §8 Abs3 Z2;
UniStG 1997;
UniversitätsG 2002 §143 Abs9;
UniversitätsG 2002 §51 Abs2 Z20;
UniversitätsG 2002 §51 Abs2 Z21;
UniversitätsG 2002 §51 Abs2 Z22;
UniversitätsG 2002 §56;
VwRallg impl;
VwRallg;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Salzburg (der belangten Behörde) vom 27. Mai 2003 wurde der Antrag der Beschwerdeführerin, einer jugoslawischen Staatsangehörigen, vom 19. Mai 2003 auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Zweck "Ausbildung, § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG" gemäß § 10 Abs. 2 des Fremdengesetzes 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, idgF abgewiesen.
Dieser Erstantrag sei durch den Rechtsvertreter der Beschwerdeführerin am 19. Mai 2003 bei der belangten Behörde eingebracht worden. Bei der Bearbeitung dieses Antrages sei festgestellt worden, dass sich die Beschwerdeführerin im Sprachenzentrum der Universität Salzburg für die "3std. Übung mit Tutorium Russisch Grundkurs II" angemeldet habe.
Nach Zitierung des § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG führte die belangte Behörde aus, dass Antragstellern, die in Österreich an einem Universitätslehrgang teilnehmen wollten, der ausschließlich der Vermittlung der deutschen Sprache diene, keine Aufenthaltserlaubnis für den vorgenannten Aufenthaltszweck zu erteilen sei. Nach Ansicht des Bundesministers für Inneres betreffe diese (in dieser Gesetzesbestimmung normierte) Ausnahme nicht nur Deutschkurse, sondern alle Sprachkurse für Ausländer an einer Hochschule, die den Deutschkursen hinsichtlich Niveau und Aufnahmevoraussetzungen gleichzusetzen seien. Alle diese Sprachkurse seien nicht unter § 7 Abs. 1 Z. 1 FrG subsumierbar, und es liege hier eine planwidrige Gesetzeslücke vor, die durch Analogie geschlossen werden könne. Derartige Sprachkurse seien von der genannten Bestimmung ausgeschlossen. Drittstaatsangehörige, die einen derartigen Sprachkurs besuchen wollten, benötigten daher ein Aufenthaltsvisum oder eine quotenpflichtige Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Privatquotenpflichtig, § 18 Abs. 4 FrG".
Nach Wiedergabe des § 8 Abs. 1 und des § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG führte die belangte Behörde weiter aus, dass die Entscheidung keinen unzulässigen Eingriff in das Privatleben der Beschwerdeführerin darstelle, weil keine familiären Bindungen zum Bundesgebiet bestünden und solche auch nicht behauptet worden seien. Die belangte Behörde habe daher das ihr in § 8 Abs. 1 und § 10 Abs. 2 FrG eingeräumte Ermessen unter Bedachtnahme auf die persönlichen Verhältnisse der Beschwerdeführerin und das öffentliche Interesse an einem geordnetem Fremdenwesen zu deren Nachteil ausüben müssen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes oder Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. § 7 Abs. 3 FrG und § 7 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. in der bei Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblichen Fassung der FrG-Novelle 2002, BGBl. I Nr. 126, sowie § 8 Abs. 1 erster Satz und Abs. 3 Z. 2 und § 10 Abs. 2 Z. 3 FrG haben folgenden Wortlaut:
"§ 7. ...
(3) Auf Dauer niedergelassene Drittstaatsangehörige, das sind jene, die
1. in Österreich einen Mittelpunkt ihrer Lebensinteressen haben oder
2. in Österreich zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit an einem Wohnsitz niedergelassen sind,
brauchen außer in den in Abs. 4 genannten Fällen eine Niederlassungsbewilligung.
(4) Drittstaatsangehörige brauchen eine Aufenthaltserlaubnis, wenn
1. ihr Aufenthalt ausschließlich dem Zweck einer Schulausbildung oder eines ordentlichen oder außerordentlichen Studiums (Ausbildung) dient und der Besuch von Universitätslehrgängen nicht ausschließlich der Vermittlung der deutschen Sprache dient;
...
§ 8. (1) Einreise- und Aufenthaltstitel können Fremden auf Antrag erteilt werden, sofern diese ein gültiges Reisedokument besitzen und kein Versagungsgrund wirksam wird (§§ 10 bis 12). ...
...
(3) Die Behörde hat bei der Ausübung des in Abs. 1 eingeräumten Ermessens jeweils vom Zweck sowie von der Dauer des geplanten Aufenthaltes des Fremden ausgehend
...
2. auf öffentliche Interessen, insbesondere die sicherheitspolizeilichen und wirtschaftlichen Belange, die Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und die Volksgesundheit und
...
Bedacht zu nehmen.
§ 10. ...
(2) Die Erteilung eines Einreise- oder Aufenthaltstitels kann wegen Gefährdung öffentlicher Interessen (§ 8 Abs. 3 Z. 2) insbesondere versagt werden, wenn
...
3. der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gefährden würde;
..."
2. Die Beschwerde wendet sich gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die Tatbestandsvoraussetzung des § 7 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nicht erfüllt sei, und bringt vor, dass der von der Beschwerdeführerin inskribierte Universitätslehrgang "Tutorium für Russisch II", der Grundkenntnisse der russischen und der deutschen Sprache voraussetze, einem Deutschkurs im Sinn der taxativen Aufzählung dieser Gesetzesbestimmung nicht gleichzuhalten sei. Mangels Vorliegens einer planwidrigen Gesetzeslücke sei die Analogie nicht zulässig, und es sei die Auffassung der belangten Behörde, dass eine Drittstaatsangehörige, die einen Sprachkurs, welcher Art auch immer, besuche, ein Aufenthaltsvisum oder eine quotenpflichtige Niederlassungsbewilligung benötige, unrichtig.
3. Die Auffassung der belangten Behörde, die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. sei im Weg einer Analogie auf alle Sprachkurse für Ausländer an einer Hochschule zu erstrecken, steht mit dem Gesetz nicht in Einklang.
Dem klaren Wortlaut des § 7 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. zufolge kommt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis an einen Fremden, der einen Universitätslehrgang besucht, lediglich dann in Betracht, wenn der Besuch dieses Universitätslehrganges nicht ausschließlich der Vermittlung der deutschen Sprache dient. Ein Abweichen von diesem klaren Gesetzeswortlaut wäre nach der hg. Judikatur nur dann zulässig, wenn eindeutig feststünde, dass der Gesetzgeber etwas anderes gewollt habe, als er zum Ausdruck gebracht habe, so wenn den Gesetzesmaterialien mit eindeutiger Sicherheit entnommen werden könnte, dass der Wille des Gesetzesgebers tatsächlich in eine andere Richtung gegangen sei, als sie in der getroffenen Regelung zum Ausdruck kommt (vgl. etwa die in Antoniolli-Koja, Allgemeines Verwaltungsrecht3, 102, FN 35 zitierte Rechtsprechung). Eine solche (planwidrige) Gesetzeslücke ist dort anzunehmen, wo das Gesetz, gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie, unvollständig, also ergänzungsbedürftig ist und seine Ergänzung nicht etwa einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht; im Zweifel ist hiebei das Bestehen einer Rechtslücke nicht anzunehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 24. Oktober 1995, Slg. Nr. 14.353/A mwN).
Vorliegendenfalls bestehen keine ausreichenden Indizien für die Annahme des Vorliegens einer solchen planwidrigen Regelungslücke im FrG.
Nach § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG in der bis zum Inkrafttreten der vorzitierten Novelle am 1. Jänner 2003 geltenden Stammfassung (vgl. § 111 Abs. 12 FrG) brauchten Drittstaatsangehörige eine Aufenthaltserlaubnis, wenn ihr Aufenthalt ausschließlich dem Zweck eines Studiums oder einer Schulausbildung diente, ohne dass - wie nunmehr in der novellierten Gesetzesbestimmung - darauf abgestellt wurde, ob der Besuch eines Universitätslehrganges durch den Fremden ausschließlich der Vermittlung der deutschen Sprache diente. Den Materialien zur FrG-Novelle 2002 zufolge (vgl. RV 1172 BlgNR 21.GP, 26/27: "Zu Z 4 und 5 (§ 7)") solle die in § 7 Abs. 4 FrG vorgesehene Änderung dem Phänomen entgegenwirken, dass "Drittstaatsangehörige, die einen Universitätslehrgang, dessen Inhalt ausschließlich auf die Vermittlung der deutschen Sprache abstellt," (offensichtlich zu ergänzen: "besuchen,") "auf Grund einer Zulassungsbestätigung der Universität eine Aufenthaltserlaubnis zum ausschließlichen Zwecke des Studiums erhalten". Die vorgeschlagene Änderung werde weder die Mobilität der Studierenden beschränken, noch negativen Einfluss auf den Wissenschaftsstandort Österreich haben, da die Zulassungsvoraussetzungen zu einem Studium zwar sinnvollerweise durchaus auch mit dem Erwerb der deutschen Sprache gekoppelt werden könnten, aber nicht ausschließlich darauf "fokussieren" dürften. In begründeten Ausnahmefällen könnten auch Lehrgänge, deren Inhalt als universitäre Lehrgänge angerechnet werden könnten, unter diese Bestimmung subsumierbar sein (z.B. Peace Center Burg Schlaining oder Musikkonservatorien). Die TeilnehmerInnen dieser Lehrgänge würden für die Rechtmäßigkeit ihres Aufenthaltes in Österreich ebenfalls einer Aufenthaltserlaubnis bedürfen.
Diese - zum Teil (grammatikalisch) unvollständig formulierten - Ausführungen in den Materialien zu § 7 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. lassen keineswegs eine gesetzgeberische Absicht dahin erkennen, dass von dieser novellierten Bestimmung auch Universitätslehrgänge, deren Besuch (auch) der Vermittlung einer Fremdsprache (z.B. Russisch) dient, erfasst werden sollten. Wenn die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid (wie auch in ihrer Gegenschrift) unter Hinweis auf die Mitteilung des Bundesministers für Inneres vom 13. März 2003 die Auffassung vertritt, aus der Novellierung des § 7 Abs. 4 Z. 1 leg. cit. ergebe sich die Absicht des Gesetzgebers, dass alle Sprachkurse für Ausländer an einer Hochschule, die den Deutschkursen hinsichtlich Niveau und Aufnahmevoraussetzungen gleichzusetzen seien, nicht unter diese Gesetzesbestimmung subsumierbar seien, so übersieht sie, dass eine solche Absicht weder im Gesetz noch in den Materialien ihren Ausdruck gefunden hat und eine solche Absicht daher, sollte diese tatsächlich bestanden haben, unbeachtlich wäre. Mit ihrem weiteren Hinweis in ihrer Gegenschrift auf § 12 Abs. 2a leg. cit. (Möglichkeit der Erwerbstätigkeit) und auf § 12 Abs. 2b leg. cit. (Studienerfolgsnachweis für die Erteilung einer weiteren Aufenthaltserlaubnis) zeigt die belangte Behörde nicht auf, inwieweit sich aus diesen Regelungen Anhaltspunkte für den von ihr behaupteten Willen des Gesetzgebers ergäben.
Schließlich lassen sich auch aus den sonstigen Regelungen des FrG keine Indizien für die hier von der belangten Behörde diesem Gesetz unterstellte Regelungslücke ableiten.
4. Das FrG enthält keine eigene Definition des Begriffes "Universitätslehrgang", sodass insoweit auf die einschlägigen universitätsrechtlichen Gesetzesbestimmungen zurückzugreifen ist. Dabei hat der Fremdengesetzgeber, wie aus § 12 Abs. 2b FrG idF der obzitierten Novelle hervorleuchtet, die Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002, BGBl. I Nr. 120 (im Folgenden: UG) - diese haben die mit Ablauf des 31. Dezember 2003 außer Kraft getretenen einfachgesetzlichen Bestimmungen des Universitäts-Studiengesetzes, BGBl. I Nr. 48/1997, abgelöst (vgl. § 143 Abs. 9 UG) - vor Augen gehabt. Nach den Begriffsbestimmungen des UG sind außerordentliche Studien (u.a.) die Universitätslehrgänge (§ 51 Abs. 2 Z. 20), dienen Universitätslehrgänge der Weiterbildung (§ 51 Abs. 2 Z. 21) und sind außerordentliche Studierende solche Studierende, die zu den außerordentlichen Studien zugelassen sind (§ 51 Abs. 2 Z. 22). § 56 UG bestimmt, dass Universitäten berechtigt sind, Universitätslehrgänge einzurichten.
Die belangte Behörde verwendet im angefochtenen Bescheid sowohl den Begriff "Universitätslehrgang" als auch den Begriff "Sprachkurs", ohne diese beiden Begriffe näher von einander abzugrenzen oder zum Ausdruck zu bringen, dass es sich bei der in diesem Bescheid genannten "3std. Übung mit Tutorium Russisch Grundkurs II" im Sprachenzentrum der Universität Salzburg um keinen Universitätslehrgang handle. Die Argumentation der belangten Behörde in ihrer Bescheidbegründung deutet vielmehr darauf hin, dass sie offensichtlich den Charakter eines Universitätslehrganges hinsichtlich der genannten "Übung mit Tutorium" nicht in Zweifel zieht.
5. Wie oben dargelegt, hat die belangte Behörde mit ihrer Auffassung, dass alle Sprachkurse für Ausländer an einer Hochschule (bzw. Universität), die den Deutschkursen hinsichtlich Niveau und Aufnahmevoraussetzungen glichen, im Weg einer Analogie unter § 7 Abs. 4 Z. 1 FrG subsumiert werden könnten, das Gesetz verkannt. Auf dem Boden der im angefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachten Annahme der belangten Behörde, dass es sich bei der in diesem Bescheid genannten "Übung mit Tutorium" um einen Universitätslehrgang im Sinn dieser Gesetzesbestimmung handle, belastete sie daher den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, sodass dieser gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.
6. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 7. September 2004
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