VwGH 2003/13/0159

VwGH2003/13/015925.2.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerde des Vereins A in I, vertreten durch Dr. Bernhard Heitzmann, Rechtsanwalt in 6010 Innsbruck, Müllerstraße 3, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Tirol (Berufungssenat I) vom 1. März 1999, Zl. RV-090.97/1-T7/97 , betreffend Umsatzsteuer 1989 bis 1995, zu Recht erkannt:

Normen

UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §4 Abs1;
UStG 1972 §4 Abs2;
UStG 1994 §1 Abs1 Z1;
UStG 1994 §4 Abs1;
UStG 1994 §4 Abs2;
UStG 1972 §1 Abs1 Z1;
UStG 1972 §4 Abs1;
UStG 1972 §4 Abs2;
UStG 1994 §1 Abs1 Z1;
UStG 1994 §4 Abs1;
UStG 1994 §4 Abs2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der beschwerdeführende Verein ist ein auf dem Gebiet der Vorsorgemedizin tätiger gemeinnütziger Verein im Sinne des § 35 BAO. Im Streitzeitraum erhielt der beschwerdeführende Verein u. a. Zahlungen des Landes Tirol in Höhe von 2,182.925,70 S (1989), 2,427.154,58 S (1990), 4,994.053,97 S (1991), 12,204.929 S (1992), 16,000.000 S (1993), 20,000.000 S (1994) und 16,130.000 S (1995). Strittig ist im Beschwerdefall, ob es sich bei den erwähnten Zahlungen um so genannte echte Subventionen des Landes Tirol oder um Entgelte für vom beschwerdeführenden Verein erbrachte umsatzsteuerbare Leistungen handelt.

Im Instanzenzug setzte die belangte Behörde (hinsichtlich der Jahre 1989 und 1990 nach Wiederaufnahme der Verfahren) die Umsatzsteuer - für 1995 gemäß § 200 Abs. 1 BAO vorläufig - fest und behandelte u.a. die erwähnten Zahlungen des Landes Tirol sowie weitere Zahlungen der Stadt Innsbruck als umsatzsteuerpflichtiges Entgelt. Der beschwerdeführende Verein verfolge vorwiegend wissenschaftliche und humanitäre Zwecke in Bezug auf die Vorbereitung, Unterstützung, Förderung und Durchführung der Krankheitsvorsorge. Zum Gesundheits- und Sozialreferat der Tiroler Landesregierung und zur Ärztekammer bestehe ein personelles, organisatorisches und finanzielles Naheverhältnis. Das Gesamtbudget des Vereins werde zumindest zu 90 % aus Budgetmitteln des Gesundheits- und Sozialreferates der Tiroler Landesregierung finanziert, bis zu 10 % würden von den Tiroler Sozialversicherungsträgern zweckgebunden zur Verfügung gestellt und kleinere Beträge stammten aus Mitgliedsbeiträgen und von privaten Sponsoren. Dem Land Tirol würden vom Verein (unter Mitwirkung des Sanitätsdirektors des Landes Tirol und des jeweiligen Sekretärs des Gesundheits- und Sozialreferenten der Tiroler Landesregierung als Mitglieder des Vorstandes) jedes Jahr Kostenvoranschläge über ausgearbeitete Projekte des Folgejahres vorgelegt, welche zunächst vom zuständigen Landesrat für Gesundheit und Soziales begutachtet und in der Folge zumeist in verringerter Form durch Regierungsbeschluss finanziert und vom Verein zur Ausführung gebracht würden. Darüber hinaus seien in einzelnen Jahren bestimmte Projekte von der Tiroler Gebietskrankenkasse oder der Stadt Innsbruck (deren eigenen Wirkungskreis betreffend) bezahlt worden. Die finanzielle Gebarung des Vereins werde über Antrag des Landessanitätsdirektors vom Landeskontrollamt überprüft. Das Land Tirol nehme nicht lediglich eine Abgangsdeckung vor, vielmehr würden die ausgeführten Projekte - soweit sie das Land Tirol betreffen - zur Gänze vom Land vorher "abgesegnet" und finanziert. Die Annahme, dass der beschwerdeführende Verein die Projekte bei Streichung der Zuwendungen durch die Landesregierung auf Grundlage einer anderen Finanzierung durchführe und er in der Abwicklung der Projekte völlig selbständig sei, sei unzutreffend. Bei der Durchleuchtung der vom Verein angebotenen und durchgeführten Projekte, wie zB Gesundheitsunterricht an Tiroler Volks- und Hauptschulen durch Lehrer und Ärzte, Haltungsturnen an Tiroler Pflichtschulen, Fortbildungsveranstaltungen für die Bevölkerung, Kariesprophylaxe in Kindergärten, Volks- und Hauptschulen, Masern-Mumps-Impfungen, Haemophilus-Influenzae B-Impfungen, Ernährungs- und Diätberatung, gynäkologische und urologische Krebsvorsorge, SIDS-Vorsorge, handle es sich nach Auffassung der belangten Behörde um Tätigkeiten, welche das Land Tirol nach den Bestimmungen des Tiroler Sozialhilfegesetzes durchzuführen hätte. Die in Rede stehenden Zahlungen des Landes Tirol stünden nicht nur in einem unmittelbaren wirtschaftlichen Zusammenhang mit dem Leistungsaustausch, der zwischen dem leistenden Verein und den Leistungsempfängern (der Bevölkerung von Tirol) stattfinde, sondern seien auch deshalb gewährt worden, weil der Verein in einem Auftragsverhältnis vorsorgemedizinische Aufgaben wahrnehme, die nicht nur im öffentlichen Interesse des Landes Tirol lägen. Dies zeige sich vor allem auch darin, dass der Verein die ausgearbeiteten Projekte nicht beliebig ausführen könne, sondern nur die vom Land genehmigten und finanzierten Projekte ausführe.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 1 Abs. 1 Z 1 UStG 1972 (für die Streitjahre 1989 bis 1994) und UStG 1994 (für das Streitjahr 1995) unterliegen die Lieferungen und sonstigen Leistungen, die ein Unternehmer im Inland gegen Entgelt im Rahmen seines Unternehmens ausführt, der Umsatzsteuer. § 4 Abs. 1 leg. cit. bestimmt, dass der Umsatz für Lieferungen und sonstige Leistungen nach dem Entgelt bemessen wird. Entgelt ist nach dieser Bestimmung alles, was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung aufzuwenden hat, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten. Zum Entgelt gehört nach § 4 Abs. 2 auch

1. was der Empfänger einer Lieferung oder sonstigen Leistung freiwillig aufwendet, um die Lieferung oder sonstige Leistung zu erhalten,

2. was ein anderer als der Empfänger dem Unternehmer für die Lieferung oder sonstige Leistung gewährt.

Zum Entgelt zählen Beträge, die in wirtschaftlicher Beziehung zu einer Lieferung oder sonstigen Leistung stehen. Ob die Gegenleistung auf einem Vertrag oder einem einseitigen Rechtsgeschäft beruht oder ohne rechtsgeschäftliche Grundlage erbracht wird, ist gleichgültig. In Fällen, in denen ein Leistungsaustausch nicht unmittelbar erkennbar ist (wie z.B. bei Schenkungen, Subventionen, Spenden) ist zu prüfen, ob die Zuwendungen nicht doch in Wechselbeziehung zu einer Gegenleistung stehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 25. Jänner 2001, 95/15/0172, mwN). Zuwendungen, die ohne jeden Zusammenhang mit einem Leistungsaustausch gegeben werden, wie eben Schenkungen, echte Spenden und Subventionen, zählen nicht zum Entgelt. Erscheint es zweifelhaft, ob eine Zuwendung als Leistungsentgelt oder als eine echte Subvention anzusehen ist, kommt es darauf an, ob die Zuwendung auch ohne eine Gegenleistung des Zuwendungsempfängers gegeben worden wäre (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 14. April 1986, 84/15/0209, VwSlg 6.105/F, vom 17. September 1990, 89/14/0071, VwSlg 6.529/F, und vom 16. Dezember 1997, 97/14/0100, VwSlg 7.242/F). Im Allgemeinen ist es nicht üblich, Zuwendungen unentgeltlich zu gewähren. Nur dann, wenn weder ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einem Leistungsaustausch zwischen fremden Personen noch eine Lieferung oder sonstige Leistung des Unternehmers an den Zuwendenden vorliegt, kann davon ausgegangen werden, dass die Zuwendung dem Unternehmer gegeben worden ist, um ihn zu einem im öffentlichen Interesse gelegenen Handeln anzuregen, und kann die Zuwendung als öffentliche Subvention und nicht als Entgelt für empfangene Güter oder Leistungen angesehen werden (vgl. das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 1996, 95/14/0084, VwSlg 7.067/F).

Der beschwerdeführende Verein trägt vor, dass aus den Landesvoranschlägen ersichtlich sei, dass die Zuwendung an den Verein nicht für differenzierte Projekte oder Aktionen gegeben worden sei, sondern dass ein Gesamtbetrag pauschal und ohne Widmung an den Verein im Rahmen der medizinischen Bereichsversorgung zugewandt worden sei. Den Feststellungen der belangten Behörde, dass die vom Verein beabsichtigten und ausgearbeiteten Projekte vom zuständigen Landesrat für Gesundheit und Soziales begutachtet und "abgesegnet" werden, tritt der beschwerdeführende Verein nicht entgegen.

Aus dem Umstand, dass im Landesvoranschlag eine Aufteilung nach einzelnen Projekten nicht erfolgt, ist noch nicht darauf zu schließen, dass die in Rede stehenden Zuwendungen nicht auf die von der belangten Behörde beschriebene Art zustande gekommen wären. Es mag zwar sein, dass im Beschwerdefall keine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Zuwendungsgeber und dem die Zuwendungen empfangenden beschwerdeführenden Verein vorgelegen ist, wie es etwa bei den den erwähnten hg. Erkenntnissen vom 16. Dezember 1997 und vom 23. Jänner 1996 zu Grunde liegenden Sachverhalten der Fall gewesen ist, doch durfte die belangte Behörde die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Annahme eines Leistungsaustausches zwischen dem Land und dem beschwerdeführenden Verein darauf stützen, dass die Umsetzung gerade der dem Land eingereichten und von ihm "abgesegneten" Projekte im Interesse dieser Gebietskörperschaft gelegen ist, weshalb diese die in Rede stehende Zuwendung gewährt hat.

Der beschwerdeführende Verein hat im Verwaltungsverfahren (in der Berufung vom 6. Oktober 1994 gegen den später durch die Veranlagung 1994 keine weitere Wirkungen mehr entfaltenden Bescheid betreffend Umsatzsteuer Mai 1994) selbst vorgebracht, dass die vom Verein als realisierungswürdig befundenen Projekte an das Land Tirol im Rahmen von Voranschlägen oder Subventionsansuchen mit der Bitte um Finanzierung herangetragen worden sind. Die belangte Behörde stützt sich im angefochtenen Bescheid auf die "einzelnen Protokolle" (der Vorstandssitzungen und der Mitgliederversammlungen), wonach die Kostenvoranschläge für ausgearbeitete Projekte dem Land vorgelegt und vom zuständigen Landesrat begutachtet und sodann finanziert würden. Dies steht mit der Aktenlage im Einklang. Den in den vorgelegten Verwaltungsakten enthaltenen Protokollen ist etwa zu entnehmen, dass bei der ersten ordentlichen Vorstandssitzung der Funktionsperiode 1992 bis 1996 am 10. März 1993 unter Punkt 7. geäußert wurde, dass zum Gesundheitsunterricht an Pflichtschulen die Kostenaufstellung für 1993 weitergeleitet worden sei und eine mündliche Zusage des Landessanitätsdirektors vorliege, die Kosten zu übernehmen, dass bei der zweiten ordentlichen Vorstandssitzung am 9. Juni 1993 unter Punkt 4.3. geäußert wurde, die Kosten für die Vorsorgeuntersuchung für angehende Friseurlehrlinge würden zu je einem Drittel vom Land Tirol, von der AUVA und von der Arbeiterkammer getragen, eine mündliche Zusage des Landes liege vor, dass bei der dritten ordentlichen Vorstandssitzung am 8. September 1993 unter Punkt 4.a. geäußert wurde, das Projekt "präventive Intervention zur Beeinflussung der Sozialprognose bei Volksschülern" sei an Landesrat X weitergeleitet worden, und unter Punkt 5., dass die Kostentragung für den 4-fach Impfstoff zur Diphterie-Pertussis-Tetanus-Haemophilus Influenzae B - Impfung anteilig auf die Tiroler Gebietskrankenkasse (Diphterie-Pertussis-Tetanus) und auf das Land Tirol (Haemophilus Influenzae B) aufgeteilt würden, dass bei der fünften ordentlichen Vorstandssitzung am 9. März 1994 unter Punkt 8.b geäußert wurde, ein Kostenaufteilungsmodell sei zwischen der Tiroler Gebietskrankenkasse und dem Land Tirol vereinbart worden, und dass bei der Mitgliederversammlung am 14. Dezember 1994 unter Punkt 2 der Vorsitzende berichtet habe, der Verein sei vom zuständigen Gesundheitsreferenten der Landesregierung stets ermuntert worden, die laufenden Programme auszubauen, weshalb die Budgetkürzung durch die Landesregierung nicht vorhersehbar gewesen wäre, und dass der Vorsitzende die Notwendigkeit betont habe, die Projekte mit der Landesregierung vertraglich abzusichern, sowie dass nach dem Bericht des Rechnungsprüfers vom 2. Dezember 1994 die Abrechnung der Subventionsmittel gegenüber dem Subventionsgeber gemäß den vom Landessanitätsdirektor vorgegebenen und kontrollierten Richtlinien erfolgt sei. Es kann der belangten Behörde daher nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie in der Durchführung der vom Land Tirol - wenn auch im Rahmen einer im Landesvoranschlag mit einem Gesamtbetrag ausgeworfenen Zuwendung - finanzierten Projekte vom beschwerdeführenden Verein dem Land Tirol gegenüber erbrachte Leistungen gesehen hat, welche in Wechselwirkung zu den gewährten Zuwendungen gestanden sind. Dass das Land Tirol dem beschwerdeführenden Verein die den Streitgegenstand bildenden Geldmittel nicht hätte zukommen lassen, wenn der Verein diese Projekte nicht abgewickelt hätte, durfte die belangte Behörde auch daraus schließen, dass das Landeskontrollamt mit der Prüfung der Gebarung betraut worden ist.

Ob das Interesse des Landes Tirol an der Durchführung der vom beschwerdeführenden Verein verwirklichten Projekte deshalb bestanden hat, weil es auf Grund des Tiroler Sozialhilfegesetzes solche Tätigkeiten selbst durchzuführen gehabt hätte, ist dabei nicht ausschlaggebend, weshalb es sich erübrigt, auf die diesbezüglichen Ausführungen im angefochtenen Bescheid und in der Beschwerde näher einzugehen.

Gleichfalls ist es nicht von Bedeutung, ob ein personelles Naheverhältnis dadurch bestand, dass der Landessanitätsdirektor und der Sekretär des zuständigen Landesrates dem Vorstand des Vereines - wie von der belangten Behörde angenommen und vom beschwerdeführenden Verein in Abrede gestellt - kraft ihrer Funktion, oder ob diese Personen dem Verein als "private und persönlich zahlende Mitglieder" angehörten.

Soweit der beschwerdeführende Verein in Ausführung der Verfahrensrüge vorbringt, die belangte Behörde habe zu Unrecht seine im Verwaltungsverfahren aufgestellte Behauptung als tatsachenwidrig bezeichnet, dass er Projekte auch bei Streichung von Zuwendungen des Landes auf Grundlage anderer Finanzierungen durchführe, unterlässt er es darzulegen, welches Projekt er trotz Ablehnung der Finanzierung durch das Land auf Grundlage anderer Finanzmittel durchgeführt habe. Der Umstand, dass er zwei näher angeführte Projekte auch im Geschäftsjahr 1996 weitergeführt habe, obwohl in diesem Jahr die Subventionsleistungen des Landes erheblich eingeschränkt worden seien, betrifft zum einen einen außerhalb des Streitzeitraums gelegenen Sachverhalt und bietet zum anderen keinen Hinweis darauf, dass das Land Tirol seine Zuwendungen auch gewährt hätte, wenn der Verein diese Projekte nicht abgewickelt hätte. Damit kann der beschwerdeführende Verein den von der belangten Behörde angenommenen Charakter der Zuwendung als Entgelt für das Projekt nicht entkräften.

Hinsichtlich der Zuwendungen durch die Landeshauptstadt Innsbruck enthält die Beschwerde kein gesondertes Vorbringen.

Da sich die Beschwerde sohin insgesamt als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. Februar 2004

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