VwGH 2002/11/0171

VwGH2002/11/01716.7.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldner und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Pallitsch, Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des R in H, vertreten durch Winkler-Heinzle, Rechtsanwaltspartnerschaft, 6900 Bregenz, Gerberstraße 4, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Vorarlberg vom 25. Juli 2002, Zl. Ib-277- 108/2002, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:

Normen

FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4 Z5;
SMG 1997 §11 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs1;
SMG 1997 §28 Abs2;
SMG 1997 §39 Abs1;
SMG 1997 §39;
StVG §6 Abs1;
FSG 1997 §24 Abs1 Z1;
FSG 1997 §7 Abs2;
FSG 1997 §7 Abs4 Z5;
SMG 1997 §11 Abs2;
SMG 1997 §28 Abs1;
SMG 1997 §28 Abs2;
SMG 1997 §39 Abs1;
SMG 1997 §39;
StVG §6 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer ist schuldig, dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 und § 25 Abs. 1 FSG die Lenkberechtigung für die Klassen A, B, C, E, F und G für die Dauer von 30 Monaten, gerechnet ab der am 31. August 2001 erfolgten Zustellung des (erstbehördlichen) Mandatsbescheides, entzogen. Damit wurde die von der Erstbehörde ausgesprochene Entziehungsdauer von 36 Monaten herabgesetzt und der Ausspruch hinsichtlich Ausschluss einer aufschiebenden Wirkung der Berufung inhaltlich bestätigt.

In der Begründung dieses Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Beschwerdeführer sei mit Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck vom 25. April 2002 für schuldig befunden worden, er habe den bestehenden Vorschriften zuwider I) ein Suchtgift, dessen Menge zumindest das 25-fache der Grenzmenge (Abs 6) ausmacht, aus- und eingeführt sowie in Verkehr gesetzt und zwar 1. im Zeitraum Ende 1998 bis März 2001 im Zuge regelmäßiger Fahrten insgesamt 14,4 Kilogramm Marihuana von der Schweiz nach Vorarlberg geschmuggelt; 2. im Zeitraum Ende 1998 bis April 2001 in Vorarlberg von der in Punkt I) 1. angeführten Menge insgesamt ca 12 kg Marihuana an verschiedene Drogenkonsumenten verkauft; II) ein Suchtgift erworben und besessen und zwar 1. im Sommer 1998 im Raume Bregenz geringe Mengen Marihuana (aus Inlandsbezügen) konsumiert; 2. im Jahre 1998 in Zürich eine Ecstasy-Tablette sowie geringe Mengen Speed konsumiert; 3. im Herbst 1999 in Zürich und in Vorarlberg unbestimmte Mengen Psilocybin-Pilze konsumiert. Der Beschwerdeführer habe hiedurch zu I) das Verbrechen nach § 28 Abs. 2, zweiter, dritter und vierter Fall, und Abs. 4 Z. 3 SMG; zu II) das Vergehen nach § 27 Abs. 1, erster und zweiter Fall, SMG begangen und er sei hiefür in Anwendung der §§ 28 und 43a Abs. 3 StGB nach § 28 Abs. 4 SMG zu einer Freiheitsstrafe von 24 Monaten - unbedingt - verurteilt worden. Besonders verwerflich an den Taten des Beschwerdeführers sei, dass die Suchtmittel in einem die Grenzmenge vielfach überschreitenden Ausmaß geschmuggelt und an Drogenkonsumenten weiter veräußert worden seien und der Beschwerdeführer aus Gewinnsucht gehandelt habe. Er habe sich durch seine Taten einen erheblichen Gewinn und damit ein regelmäßiges Einkommen verschafft. Der Beschwerdeführer habe mit seinen Taten eine schwere Gefahr für die Gesundheit von Menschen in Kauf genommen. Im Hinblick auf die außerordentlich große Menge Suchtgift und das lang andauernde strafbare Verhalten des Beschwerdeführers bedürfe es auf Grund der Wertung der strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers nach § 7 Abs. 5 FSG des von der belangten Behörde festgesetzten Zeitraumes, um wieder die Verkehrszuverlässigkeit des Beschwerdeführers annehmen zu können.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof und an den Verwaltungsgerichtshof. Mit Beschluss vom 11. Oktober 2003, B 1328/02, lehnte der Verfassungsgerichtshof die an ihn gerichtete Beschwerde - wie der Beschwerdeführer selbst vorbringt - unter Hinweis auf das Erkenntnis vom selben Tag, B 1031/02, ab. Mit Erkenntnis vom 11. Oktober 2003, B 1031/02, hat der Verfassungsgerichtshof ausgesprochen, dass der (dort auftretende) Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid weder in einem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht noch wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm in seinen Rechten verletzt worden sei, und wies die Beschwerde ab. In der Begründung dieses Erkenntnisses führte der Verfassungsgerichtshof aus, der Beschwerdeführer sei in dem von ihm geltend gemachten Recht nach Art. 4 des 7. ZPEMRK nicht verletzt, weil die Entziehung der Lenkberechtigung gemäß § 24 in Verbindung mit § 7 Abs. 2 und 4 FSG typischerweise einen Sicherungszweck im Sinne polizeilicher Gefahrenabwehr verfolge. Solche Maßnahmen seien dann zu verhängen, wenn die Annahme gerechtfertigt sei, dass sich der Betreffende künftig - unter Gebrauchnahme seiner Lenkberechtigung - weiterer strafbarer Handlungen schuldig machen werde, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden. Die Entziehung der Lenkberechtigung sei in diesem Fall keine Strafe, sondern eine Sicherungsmaßnahme, die nicht den Strafzweck des "Tadels" verfolge, sondern der die Prognose zukünftigen Missbrauchs der Lenkberechtigung zugrunde liege (siehe das hg. Erkenntnis vom 25. November 2003, Zl. 2002/11/0124).

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde. Dagegen hat sich der Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom 2. Jänner 2004 geäußert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Für den Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des Führerscheingesetzes - FSG (in der Fassung vor der 5. Führerscheingesetz-Novelle) maßgebend:

"Allgemeine Voraussetzungen für die Erteilung einer Lenkberechtigung

§ 3. (1) Eine Lenkberechtigung darf nur Personen erteilt werden, die:

...

2. verkehrszuverlässig sind (§ 7),

...

Verkehrszuverlässigkeit

§ 7 ...

(2) Als nicht verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 4) und ihrer Wertung (Abs. 5) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart sich weiterer schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird, die durch das Lenken von Kraftfahrzeugen erleichtert werden.

...

(4) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 2 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand

...

5. eine strafbare Handlung gemäß § 12 Suchtgiftgesetz 1951, BGBl. Nr. 160/1952, begangen hat.

Entziehung, Einschränkung und Erlöschen der Lenkberechtigung Allgemeines

§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit

1. die Lenkberechtigung zu entziehen oder

...

Dauer der Entziehung

§ 25. (1) Bei der Entziehung ist auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

...

(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. ...

..."

Soweit der Beschwerdeführer in der vorliegenden Beschwerde einen Verstoß gegen Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPEMRK geltend macht, ist er auf das zuvor genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes hinzuweisen. In Ansehung der behaupteten Verletzung dieses verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes ist der Verwaltungsgerichtshof zufolge Art. 133 Z. 1 B-VG unzuständig. Zu einer Antragstellung an den Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG sieht sich der Verwaltungsgerichtshof im Hinblick auf die Begründung des genannten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes nicht veranlasst.

Die bedingte Nachsicht einer Freiheitsstrafe gemäß § 43 StGB ist im vorliegenden Fall nicht zu beurteilen, weil mit dem oben erwähnte Urteil des OLG Innsbruck die - vom Landesgericht Feldkirch in seinem Urteil vom 18. September 2001 ausgesprochen gewesene - bedingte Nachsicht eines Teiles der Strafe gemäß § 43a Abs. 3 StGB über Berufung der Staatsanwaltschaft Feldkirch aus dem Ersturteil ausgeschieden wurde.

In seiner Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof stützt sich der Beschwerdeführer im Wesentlichen auf das Argument, die Entziehung der Lenkberechtigung stelle eine Strafe dar und bewirke somit eine unzulässige Doppelbestrafung des Beschwerdeführers. Dazu genügt es, auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 11. Oktober 2003, B 1031/02, hinzuweisen. In Ansehung des von der Beschwerde (erkennbar) behaupteten Verstoßes gegen Art. 4 Abs. 1 des 7. ZPMRK und somit der Verletzung dieses verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts ist der Verwaltungsgerichtshof zufolge Art. 133 Z. 1 B-VG unzuständig (vgl. zum Ganzen auch die hg. Erkenntnisse jeweils vom 25. November 2003, Zl. 2002/11/0124, Zl. 2002/11/0165, und Zl. 2002/11/0223).

Mit dem weiteren Beschwerdevorbringen führt der Beschwerdeführer ins Treffen, die belangte Behörde habe es insbesondere bei der Prognose nach § 7 Abs. 1 Z. 2 (gemeint offensichtlich Abs. 2) FSG unterlassen, den dem Beschwerdeführer gerichtlich bewilligten Aufschub des Strafvollzuges nach § 39 Abs. 1 SMG ins Kalkül zu ziehen. Zu diesem Einwand ist der Beschwerdeführer auf die Rechtsprechung es Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, nach der aus dem Aufschub des Strafvollzuges gemäß § 39 SMG für die Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit nichts zu gewinnen ist, weil der Entscheidung nach § 39 Abs. 1 SMG nicht die begründete Annahme zu Grunde liegen muss, der Betreffende werde keine strafbaren Handlungen begehen. Die im § 39 Abs. 1 SMG vorausgesetzte Bereitschaft des Betreffenden, sich einer gesundheitsbezogenen Maßnahme gemäß § 11 Abs. 2 SMG zu unterziehen, rechtfertigt eine solche Annahme ebenso wenig wie das im § 39 Abs. 1 SMG geforderte Vorliegen der allgemeinen Voraussetzungen und Bedingungen des § 6 Abs. 1 Strafvollzugsgesetz (vgl. die hg. Erkenntnisse vom 23. März 2004, Zl. 2002/11/0121, und vom 20. April 2004, Zl. 2003/11/0311).

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid im Rahmen der Wertung nach § 7 Abs. 5 FSG angestellten Überlegungen sind in Anbetracht der Verwerflichkeit der dargestellten strafbaren Handlungen des Beschwerdeführers nachvollziehbar. Die von der belangten Behörde festgesetzte Zeit, während der eine Verkehrsunzuverlässigkeit des Beschwerdeführers angenommen werden muss, begegnet daher keinen Bedenken.

Insoweit der Beschwerdeführer rügt, dass die belangte Behörde den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung durch die Erstbehörde billigte, ist er im Hinblick auf die vollständige Erledigung seiner Berufung durch den angefochtenen Bescheid nicht in seinen subjektiven Rechten verletzt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG Abstand genommen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Wien, am 6. Juli 2004

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