VwGH 2002/05/0009

VwGH2002/05/00099.11.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail und Dr. Moritz als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. König, über die Beschwerde des Adolf Steiner in Kremsbrücke, vertreten durch Mag. Rolf Gabron, Rechtsanwalt in 9800 Spittal/Drau, Peter-Wunderlichstraße 17, gegen den Bescheid der Kärntner Landesregierung vom 19. November 2001, Zl. 7-B-BRM-455/1/2001, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Marion Kabusch, 2. Günther Kabusch, beide in Kremsbrücke, beide vertreten durch Dr. Werner Mosing, Rechtsanwalt in 9560 Feldkirchen, Heftgasse 2, und 3. Gemeinde Krems in Kärnten), zu Recht erkannt:

Normen

BauO Krnt 1996 §17;
BauRallg;
BauO Krnt 1996 §17;
BauRallg;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Kärnten Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90, sowie der erst- und der zweitmitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren der erst- und der zweitmitbeteiligten Partei wird abgewiesen.

Begründung

Nach dem Vorbringen in der Beschwerde wurde den Erst- und Zweitmitbeteiligten mit Bescheid vom 7. Juni 1990 die Baubewilligung für die Errichtung eines Wohnhauses auf den Grundstücken Nr 576/3 und 576/4 (Kremsbrücke 21) erteilt. Der Beschwerdeführer ist Eigentümer der unmittelbar an die Baugrundstücke angrenzenden Grundstücke Nr 576/1 und 576/2.

Die Erst- und der Zweitmitbeteiligte beantragten am 26. Februar 2001 die Erteilung einer Baubewilligung für die Änderung des gegenständlichen Gebäudes durch a) Ausbau des Dachgeschosses, b) Errichtung von Dachflächenfenstern gemäß dem Einreichplan vom 19. Februar 2001 und c) Einbau eines Fensters im Giebelbereich gemäß dem Einreichplan vom 19. Februar 2001 (Westansicht).

In der Verhandlung vom 3. Mai 2001 wendete der Beschwerdeführer ein:

"1. An der Südostseite sind die Errichtung der vier Dachflächenfenster nicht notwendig, da in diesem Bereich bereits weitere vier Fenster an der gegenüberliegenden Dachseite vorgesehen sind.

2. Durch die zusätzlichen Dachflächenfenster ist die Gefahr von abrutschendem Eis gegeben.

3. Durch die Errichtung von zwei Fenstern oberhalb des Altbestandes des Wohnhauses ergibt die Sicht zu meinem Wohnhaus, wodurch ich mich belastet fühle.

4. Ich bin daher mit der Errichtung der oben angeführten Fenster nicht einverstanden.

5. Ich stelle auch fest, dass im Erdgeschoß des Altbaues an der Südostseite zwei Fenster eingebaut wurden. Dies sollte wegen des Gefahrenbereiches (rote und gelbe Gefahrenzone) nicht sein.

6. Die Heizlüftung wurde umgebaut und stelle ich in Frage, ob dies den Vorschriften der Wildbach- und Lawinenverbauung entspricht.

7. Dem nahen Heranbau zu meiner Grundstücksgrenze an der Südostseite des Wohnhauses ist von mir nicht zugestimmt worden. (Neubau) Das gilt auch für die überbaute Dachrinne. Für beide Fälle soll eine Lösung herbeigeführt werden. Dies soll auf privatrechtlicher Basis erfolgen.

8. Prinzipiell gilt das unter Punkt 7 Genannte auch für den Altbau."

Nach der Bauverhandlung erklärte der Beschwerdeführer gegenüber der Behörde, seine Ausführung in Punkt 7, die Lösung des zu nahen Heranbauens des Neubaues zu seiner Grundstücksgrenze (ca. 20 cm) solle auf privatrechtlicher Basis erfolgen, bleibe nicht aufrecht. Die Regelung solle durch die Baubehörde vorgenommen werden.

Mit Bescheid des Bürgermeisters der drittmitbeteiligten Partei vom 30. Mai 2001 wurde der Erst- und dem Zweitmitbeteiligten antragsgemäß die Baubewilligung für das angesuchte Bauvorhaben (Ausbau des Dachgeschoßes) unter Vorschreibung von Auflagen und Bedingungen erteilt. Die Einwendungen des Beschwerdeführers seien nicht zu berücksichtigen, da durch das Vorhaben keine subjektiv-öffentlichen Rechte verletzt würden. Privatrechtliche Einwendungen hätten keinen Einfluss auf die Entscheidung der Behörde, da sie dem Rechtsweg vorbehalten seien.

Dagegen erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Berufung, aus deren Inhalt sich ergibt, dass das Dach des Zubaues sehr steil sei, die Dachrinne über die Grundgrenze rage, Eiszapfen über der Dachrinne, Gegenstände beim Bau oder durch Fenster auf das Grundstück des Beschwerdeführers fallen und so jemanden gefährden könnten. Die Notwendigkeit dieser Räumlichkeit sei nicht gegeben, auch auf der gegenüberliegenden Dachseite seien Fenster geplant. Wegen des nahen Heranbauens und Überbaues der beiden Bauten über die Grundstücksgrenze des Beschwerdeführers habe es nie eine Zusage durch ihn gegeben.

Mit Bescheid vom 28. August 2001 wurde der Berufung des Beschwerdeführers insofern stattgegeben, als der Baubewilligungsbescheid um einen Auflagepunkt erweitert wurde, wonach an der Ostseite des Objektes im Bereich der Dachflächenfenster eine wirksame Schneefangvorrichtung anzubringen ist, die das Abrutschen von Schnee und Eis auf das Nachbargrundstück verhindert. Der übrige (erstinstanzliche) Bescheid blieb vollinhaltlich aufrecht. In der Begründung wurde ausgeführt, durch den zusätzlichen Auflagepunkt vermindere sich die Gefahr, dass Schnee und Eis auf das Nachbargrundstück gelange. Es werde jedoch bemerkt, dass es sich bei dem angrenzenden Grundstück des Beschwerdeführers um keine allgemein zugängliche Verkehrsfläche oder einen solchen Hauszugang handle. Die übrigen Einwendungen des Beschwerdeführers seien zurückzuweisen gewesen, da sie keine subjektiv-öffentlichen Nachbarrechte beträfen.

Der Beschwerdeführer stützte sich in seiner dagegen erhobenen Vorstellung auf den Baubewilligungsbescheid vom 7. Juni 1990, wonach Abweichungen nicht zulässig seien. Die Dachabwässer seien rechtswidrig auf den Grund des Beschwerdeführers abgeleitet worden. Durch den Umbau werde vermutlich wieder eine andere Stelle seine Grundes betroffen. Bei starkem Regen fließe das Dachwasser bei Alt- und Neubau durch eine fehlerhafte Konstruktion über die Dachrinne auf seinen Grund. Bei der Dachrinne und den Entlüftungsrohren komme es zu Eisbildung, diese Belastung auf seinem Grund wolle der Beschwerdeführer nicht hinnehmen.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Vorstellung als unbegründet ab. Das Vorbringen des Beschwerdeführers, die Dachabwässer würden auf seinen Grund abgeleitet werden, sei präkludiert, weshalb darauf nicht einzugehen sei. Auch aus der Einwendung, die Dachrinnen ragten auf sein Grundstück, sei nichts zu gewinnen, da dies aus den Projektsunterlagen nicht erkennbar sei und somit auch von der Baubewilligung nicht erfasst sein könne. Abgesehen davon dürfte diese Dachrinne zum Altbestand gehören und so nicht einmal Gegenstand des Verfahrens sein. Durch die Eisbildung an den Entlüftungsrohren und die Anbringung von Dachfenstern werde der Beschwerdeführer in keinem subjektiv-öffentlichen Nachbarrecht verletzt. Der Beschwerdeführer sei daher durch den angefochtenen Bescheid in keinem subjektiven öffentlichen Recht verletzt worden.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Er erachtet sich in seinem Recht auf Erhebung und Berücksichtigung von Einwendungen und auf Versagung der Baubewilligung verletzt.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

Auch die erst- und zweitmitbeteiligten Parteien erstatteten eine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Mitspracherecht des Nachbarn im Baubewilligungsverfahren in zweifacher Weise beschränkt: Es besteht einerseits nur insoweit, als dem Nachbarn nach den in Betracht kommenden baurechtlichen Vorschriften subjektiv-öffentliche Rechte zukommen, und andererseits nur in jenem Umfang, in dem der Nachbar solche Rechte im Verfahren durch die rechtzeitige Erhebung entsprechender Einwendungen wirksam geltend gemacht hat (s. beispielsweise das hg. Erkenntnis vom 18. Mai 2004, Zl 2003/05/0159).

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde vor, nach dem Bauantrag werde die Änderung von in der Natur bereits bestehenden Gebäuden begehrt, weshalb der vom Abänderungsantrag betroffene, in der Natur bereits bestehende, sohin das projektierte Gelände darstellende tatsächliche Zustand nicht unbeachtlich bleiben könne. Es sei daher zu prüfen gewesen, ob der Baubestand entsprechend den zu Grunde liegenden Baubewilligungen ausgeführt sei bzw ob die beantragte Änderung auf Basis der ursprünglichen Baubewilligung erfolgen könne. Es sei unzweifelhaft erkennbar, dass er Einwände gegen die Situierung des vorhandenen Baubestandes erhoben und das zu nahe Heranbauen an die Grundstücksgrenze bemängelt habe. Eine Ermittlung über die konsensgemäße Errichtung des vorhandenen Baubestandes sei nicht durchgeführt worden. Durch den vorhandenen Baubestand würden die vorgeschriebenen Abstandsflächen nicht gewahrt. Aus dem Einbau der Dachflächenfenster und der geänderten Nutzung des Dachbodens ergebe sich eine geänderte Situation bezüglich der Ableitung von Niederschlagswässern, insbesondere Schmelzwässern. Der Beschwerdeführer halte seine Einwendungen gegen die vom Plan abweichende, tatsächlich aber bestehende Situierung des Altbestandes weiterhin aufrecht. Insoweit nicht erkennbar gewesen sei, dass die Dachrinne die Grundstücksgrenze überrage, hätte die Behörde erster Instanz im Rahmen der Ermittlungspflicht auf eine Vervollständigung der Unterlagen dringen müssen.

Diesem Vorbringen des Beschwerdeführers ist entgegenzuhalten, dass es sich beim Baubewilligungsverfahren um ein Projektgenehmigungsverfahren handelt, bei dem die Zulässigkeit des Bauvorhabens auf Grund der eingereichten Pläne zu beurteilen ist (Hauer-Pallitsch, Kärntner Baurecht4, E 21ff. zu § 17 K-BO). Die Behörde hat lediglich die Zulässigkeit des planmäßig belegten Vorhabens zu überprüfen und nicht die in der Natur hergestellten Ausführungen (hg. Erkenntnis vom 27. Februar 2002, Zl. 2001/05/1066). Gegenstand dieses Verfahrens ist die Änderung des Gebäudes durch a) Ausbau des Dachgeschoßes und b) Errichtung von Dachflächenfenstern und c) Einbau eines Fensters im Giebelbereich gemäß dem Einreichplan vom 19. Februar 2001. Bei derartigen Baumaßnahmen, die auf den äußeren Umfang des Gebäudes keinen Einfluss haben, kommt es entgegen den Beschwerdebehauptungen auf eine allenfalls bereits bestehende konsenswidrige Ausführung des Bestandes - der Altbestand halte die Abstandsflächen nicht ein - nicht an (vgl. das hg Erkenntnis vom 3. April 2003, Zl 2001/05/0024). Zu beurteilen ist lediglich, ob und inwieweit der Beschwerdeführer durch die beantragten Änderungen in seinen subjektiv öffentlichen Rechten verletzt wird. Durch das geplante Bauvorhaben wird das Äußere des Gebäudes lediglich durch den Einbau der Fenster verändert. Dass auch hinsichtlich der Ausführung und Errichtung von Dachrinnen eine Änderung, insbesondere eine Grenzüberschreitung, eintritt, lässt sich dem Antrag, der Baubeschreibung und den vorgelegten Plänen nicht entnehmen. Dachrinnen, die über die Grundstücksgrenzen auf die Liegenschaften des Beschwerdeführers ragen, sind daher nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Dies gilt auch für den Einwand des Beschwerdeführers, durch den vorhandenen Baubestand würden die vorgeschriebenen Abstandsflächen nicht gewahrt. Auch eine "geänderte Situation" hinsichtlich der Ableitung von Niederschlagswasser ergibt sich nicht aus dem beantragten Bauvorhaben. Insbesondere ist keine Änderung der Situierung der Dachrinnen oder Wasserableitung beantragt und aus den vorgelegten Unterlagen erkennbar. Der Beschwerdeführer führt auch nicht näher aus, worin die Änderung bestehe.

Die vom Beschwerdeführer behaupteten Rechtsverletzungen liegen somit nicht vor. Die Beschwerde war daher in einem in Anwendung des § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, insbesondere deren § 3 Abs 2. Die in dieser Verordnung festgesetzten Pauschbeträge enthalten bereits die Umsatzsteuer. Das Kostenmehrbegehren der erst- und zweitmitbeteiligten Partei war daher abzuweisen.

Wien, am 9. November 2004

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