VwGH 2000/17/0047

VwGH2000/17/004716.11.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Puck und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Schiffkorn, in der Beschwerdesache des Österreichischen Rundfunks in Wien, vertreten durch Arnold, Rechtsanwalts-Partnerschaft in 1010 Wien, Wipplingerstraße 10, gegen den Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht in einer Angelegenheit der Anzeigenabgabe (Ankündigungsabgabe) betreffend die Monate Juli 1997 bis März 1998, den Beschluss gefasst:

Normen

B-VG Art132;
GebG 1957 §2 Z3;
VwGG §27 idF 1998/I/158;
VwGG §33 Abs1;
B-VG Art132;
GebG 1957 §2 Z3;
VwGG §27 idF 1998/I/158;
VwGG §33 Abs1;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Die Landeshauptstadt Linz hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 495,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

1.1. Zur Vorgeschichte kann auf das hg. Erkenntnis vom 20. Dezember 1999, Zl. 99/17/0422, verwiesen werden. Mit Bescheid des Magistrates der Landeshauptstadt Linz vom 15. Oktober 1998 war der beschwerdeführenden Partei für den Zeitraum vom 1. Juli 1997 bis 31. März 1998 eine Anzeigenabgabennachforderung in Anrechnung der erklärten Bemessungsgrundlage mit S 0,-- festgesetzt und waren die in diesem Zusammenhang gestellten Rückerstattungsanträge als unbegründet abgewiesen worden.

Der Stadtsenat der Landeshauptstadt Linz hatte der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung mit Bescheid vom 18. März 1999 keine Folge gegeben, welcher Bescheid mit dem Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung als Vorstellungsbehörde vom 9. September 1999 aufgehoben worden war.

Mit dem erwähnten Erkenntnis vom 20. Dezember 1999, Zl. 99/17/0422, hat der Verwaltungsgerichtshof die dagegen erhobene Beschwerde der Landeshauptstadt Linz als unbegründet abgewiesen.

1.2. Mit der vorliegenden, zur hg. Zl. 2000/17/0047 protokollierten Beschwerde machte die beschwerdeführende Partei die Verletzung der Entscheidungspflicht der belangten Behörde über die Berufung vom 4. November 1998 gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 15. Oktober 1998 geltend.

1.3. Der Verwaltungsgerichtshof leitete hierauf mit Verfügung vom 3. April 2000 das Vorverfahren gemäß § 36 Abs. 2 VwGG ein; er forderte die belangte Behörde auf, binnen drei Monaten den versäumten Bescheid zu erlassen und eine Abschrift des Bescheides dem Verwaltungsgerichtshof vorzulegen oder anzugeben, warum eine Verletzung der Entscheidungspflicht nicht vorliege, und dazu gemäß § 36 Abs. 1 VwGG die Akten des Verwaltungsverfahrens vorzulegen.

1.4. In der Folge brachte die belangte Behörde (der Stadtsenat) unter Hinweis auf ihre zur hg. Zl. 99/17/0422 erhobene Beschwerde vor, Säumnis sei noch nicht eingetreten; sie sei nicht in der Lage gewesen, eine zweitinstanzliche Entscheidung zu treffen.

1.5. Schließlich legte die belangte Behörde die Kopie eines Bescheides vom 29. September 2004 vor, mit dem über die Berufung der beschwerdeführenden Partei vom 4. November 1998 gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 15. Oktober 1998 entschieden wird.

1.6. Über Aufforderung durch den Verwaltungsgerichtshof erklärte die beschwerdeführende Partei, sie sei durch den erwähnten Bescheid vom 29. September 2004 im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach auch die Sachentscheidung einer unzuständig gewordenen Behörde eine Klaglosstellung des Beschwerdeführers bedeute, klaglos gestellt. Unter einem hielt sie ihr Kostenersatzbegehren aufrecht.

2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

2.1. Gemäß Art. 132 B-VG kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht durch Verwaltungsbehörden einschließlich der Unabhängigen Verwaltungssenate erheben, wer im Verwaltungsverfahren als Partei zur Geltendmachung der Entscheidungspflicht berechtigt war. Gemäß § 27 VwGG in der Fassung BGBl. I Nr. 158/1998 kann Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht (Säumnisbeschwerde) nach Art. 132 B-VG erst erhoben werden, wenn die oberste Behörde, die im Verwaltungsverfahren, sei es im Instanzenzug, sei es im Weg eines Antrages auf Übergang der Entscheidungspflicht ..., angerufen werden konnte, von einer Partei angerufen worden ist und nicht binnen sechs Monaten in der Sache entschieden hat, wenn aber das das einzelne Gebiet der Verwaltung regelnde Gesetz für den Übergang der Entscheidungspflicht eine kürzere oder längere Frist vorsieht, nicht binnen dieser entschieden hat. Die Frist läuft von dem Tag, an dem der Antrag auf Sachentscheidung bei der Stelle eingelangt ist, bei der er einzubringen war.

2.2. Die beschwerdeführende Partei behauptet die Verletzung der Pflicht der belangten Behörde zur Entscheidung über ihre Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid vom 15. Oktober 1998.

Vor Prüfung der Frage, ob die beschwerdeführende Partei im vorliegenden Verfahren durch den bereits erwähnten Bescheid der belangten Behörde vom 29. September 2004 klaglos gestellt wurde oder ob dadurch sonst Gegenstandslosigkeit des Säumnisbeschwerdeverfahrens eingetreten ist, ist zunächst die Zulässigkeit der Beschwerde zu untersuchen. Die allfällige Einstellung des Verfahrens wegen Klaglosstellung oder sonstiger Gegenstandslosigkeit setzt nämlich die Zulässigkeit der Verwaltungsgerichtshofbeschwerde voraus (vgl. den hg. Beschluss vom 29. März 2004, Zl. 2003/17/0338, mwN).

In diesem Zusammenhang hat der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem Erkenntnis vom 7. November 1995, Zlen. 95/05/0072, 0073 und 0074, wie folgt ausgeführt:

"Wird - wie in den vorliegenden Beschwerdesachen - der im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde ergangene Bescheid eines Gemeinderates von der Gemeindeaufsichtsbehörde aufgehoben, so beginnt die Frist für die Erlassung des Ersatzbescheides durch den Gemeinderat mit dem Tag der Zustellung des aufhebenden gemeindeaufsichtsbehördlichen Bescheides an die Gemeinde zu laufen. Dass die sechsmonatige Entscheidungsfrist nach Zustellung der Vorstellungsbescheide vom 19. Juli 1994 in den Beschwerdefällen überschritten wurde, ist offenkundig. Auch die übrigen Voraussetzungen für die Erhebung einer Säumnisbeschwerde liegen vor, insbesondere kommt es - anders als gemäß § 73 Abs. 2 AVG - nach § 27 VwGG nicht auf ein Verschulden der säumigen Behörde an der Verzögerung an ... Es ist daher auch nicht ausschlaggebend, welche Gründe - hier die Erhebung einer Beschwerde durch die Gemeinde an den Verwaltungsgerichtshof - die Behörde bewogen haben, über die nunmehr offenen Berufungen des Beschwerdeführers gegen die die Bauansuchen abweisenden Bescheide des Bürgermeisters nicht zu entscheiden. Die Beschwerden sind daher zulässig."

Ausgehend von dieser Rechtsprechung erweist sich sohin die belangte Behörde - trotz der von der Landeshauptstadt Linz gegen den erwähnten, kassatorischen Vorstellungsbescheid erhobenen Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof - mit der Entscheidung über die Berufung der beschwerdeführenden Partei als säumig, die von der beschwerdeführenden Partei erhobene Beschwerde wegen Verletzung der Entscheidungspflicht - bei unbestrittenem Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen (deren Fehlen auch nicht ersichtlich ist) - daher als zulässig.

2.3. Im vorliegenden Beschwerdefall hat die belangte Behörde über die Berufung der beschwerdeführenden Partei mit Bescheid vom 29. September 2004 entschieden.

Das Säumnisbeschwerdeverfahren war daher gemäß § 36 Abs. 2 VwGG in der Fassung der Novelle BGBl. I Nr. 88/1997 als gegenstandslos geworden zu erklären und einzustellen.

2.4. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich im Beschwerdefall auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auf § 55 Abs. 1 zweiter Satz und § 48 Abs. 1 Z 2 VwGG, in Verbindung mit § 1 Z 1 lit. a zweiter Fall und § 3 Abs. 2 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333. Das Mehrbegehren betreffend Stempelgebühren war abzuweisen, weil die beschwerdeführende Partei jedenfalls zum Zeitpunkt der Beschwerdeerhebung infolge der Gebührenbefreiung des § 2 Z 3 Gebührengesetz von der Entrichtung der Stempelgebühren befreit war (vgl. das hg. Erkenntnis vom 31. März 2004, Zl. 2001/17/0152).

2.5. Soweit Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zitiert wurden, die in der Amtlichen Sammlung der Erkenntnisse und Beschlüsse dieses Gerichtshofes nicht veröffentlicht sind, wird auf Art. 14 Abs. 4 und 7 der Geschäftsordnung des Verwaltungsgerichtshofes, BGBl. Nr. 45/1965, hingewiesen.

Wien, am 16. November 2004

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