VwGH 2000/13/0043

VwGH2000/13/004321.10.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Fuchs, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Seidl LL.M., über die Beschwerden des K als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des U in W, vertreten durch Mag. Erich Hochauer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Fütterergasse 1, 1) gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland, Berufungssenat Ia, vom 21. Dezember 1999, Zlen. RV/212-15/13/98 und RV/213-15/13/98, betreffend Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1991 bis 1993 sowie Verspätungszuschläge betreffend Umsatzsteuer 1991 bis 1993 sowie Einkommen- und Gewerbesteuer 1993 (2000/13/0043), und 2) gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 3. Mai 2000, Zl. RV/286-15/18/99, betreffend Haftung für Lohnsteuer sowie Festsetzung von Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag und Vorschreibung eines Säumniszuschlages für den Zeitraum der Jahre 1990 bis 1994 und der Monate Jänner bis August 1995 (2000/13/0106), zu Recht erkannt:

Normen

BAO §184 Abs1;
BAO §184 Abs3;
BAO §184 Abs1;
BAO §184 Abs3;

 

Spruch:

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 763,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen des in der Folge als "Gemeinschuldner" bezeichneten Walter U.

Die zu 2000/13/0043 protokollierte Beschwerde bekämpft einen Bescheid der belangten Behörde, mit welchem diese die Berufung des Gemeinschuldners gegen Bescheide des Finanzamtes über Umsatz-, Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1991 bis 1993 sowie über Verspätungszuschläge betreffend Umsatzsteuer für die Jahre 1991 bis 1993 sowie Einkommen- und Gewerbesteuer 1993 abgewiesen hat; der in diesen Bescheid auch aufgenommene Abspruch der belangten Behörde über die Zurückweisung eines Antrages auf Entscheidung über Berufungen des Gemeinschuldners gegen Bescheide über Verspätungszuschläge betreffend Einkommen- und Gewerbesteuer für die Jahre 1991 und 1992 durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz als unzulässig wird in der Beschwerde unbekämpft belassen.

Die zu 2000/13/0106 protokollierte Beschwerde richtet sich gegen einen Bescheid der belangten Behörde, mit welchem die Berufung des Gemeinschuldners gegen einen Haftungs- und Abgabenbescheid des Finanzamtes betreffend Lohnsteuer, Dienstgeberbeitrag zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag sowie Säumniszuschlag für den Zeitraum der Jahre 1990 bis 1994 und der Kalendermonate Jänner bis August 1995 abgewiesen worden ist.

Die zu 2000/13/0043 bekämpfte Entscheidung begründete die belangte Behörde mit folgenden Ausführungen:

Der Gemeinschuldner sei in den Berufungsjahren als Innenarchitekt tätig gewesen und habe sich mit Planungen, Einrichtungen und Baumeisterarbeiten befasst. Bei einer die Jahre 1991 bis 1993 umfassenden abgabenbehördlichen Prüfung seines Unternehmens sei Folgendes hervorgekommen:

Die vorgelegte Bilanz für das Jahr 1991 habe lediglich die Summe des Kapitalkontos, nicht jedoch Entnahmen und Einlagen aufgewiesen. Für die Jahre 1992 und 1993 seien zu Prüfungsbeginn weder Bilanzen noch Gewinn- und Verlustrechnungen vorgelegen, im Prüfungsverlauf seien Rohfassungen der Gewinnermittlungen für die Jahre 1992 und 1993 und der Bilanz für das Jahr 1993 vorgelegt worden. Die Verbuchung der einzelnen Geschäftsfälle sei nicht zeitgerecht erfolgt, der Steuerpflichtige habe in einem Anbringen für das Jahr 1991 selbst von größeren "Bearbeitungslücken" gesprochen. Die Buchhaltungskraft habe niederschriftlich angegeben, dass in den Jahren 1990 bis 1993 von einer laufend geführten Buchhaltung nicht habe gesprochen werden können. Manche Bankein- und -ausgänge hätten nicht zugeordnet werden können, weil keine Aufzeichnung derartiger Entnahmen und Einlagen erfolgt sei. Die meisten der an eine S. GmbH ausgestellten Rechnungen (1991- 1993: S 8,915.373,--) seien nicht verbucht und damit weder der Umsatz- noch der Gewinnbesteuerung zugeführt worden; die mit diesen Erlösen im Zusammenhang stehenden Personalkosten hätten ins betriebliche Rechenwerk keinen Eingang gefunden. Da all diese Buchungsmängel die lückenlose Erfassung der laufenden Geschäftsvorfälle nicht gewährleistet hätten, seien für diese Zeiträume Schätzungen durchzuführen gewesen, denen die vorgelegten Unterlagen sowie die Buchhaltungsunterlagen von Leistungsempfängern als Grundlage gedient hätten. Um die steuerliche Berücksichtigung nicht erfasster Geschäftsvorgänge zu gewährleisten, seien Sicherheitszuschläge zu verhängen gewesen. Zufolge der Mangelhaftigkeit der Rohfassungen der vorgelegten Jahresabschlüsse hätten vom Prüfer keine Prüferbilanzen erstellt werden können.

Die Beträge aus Durchschriften von Ausgangsrechnungen des Gemeinschuldners und aus dem Lieferantenkonto der S. GmbH seien in den einzelnen Prüfungsjahren den vereinbarten, bisher erklärten Umsätzen hinzuzurechnen und sowohl der Umsatzbesteuerung zu unterziehen als auch bei der Gewinnermittlung zu berücksichtigen gewesen. Hieraus hätten Zurechnungen zu den erklärten vereinbarten Entgelten von netto S 2,921.020,-- für das Jahr 1991, von netto S 3,912.953,-- für das Jahr 1992 und von netto S 1,734.500,-- für das Jahr 1993 erfolgen müssen. Da die Leistungen an die S. GmbH mit "Schwarzarbeitern" erbracht worden seien, Umsätze und Ausgaben nicht in den Büchern aufschienen und nicht ausgeschlossen werden könne, dass weitere gleichartige Leistungen getätigt worden seien, müsse schätzungsweise ein Sicherheitszuschlag in Höhe von 20 % der nicht erklärten Rechnungsbeträge dem jeweiligen Umsatz und Gewinn hinzugerechnet werden.

Eine Forderungsabschreibung für das Jahr 1993 könne nicht anerkannt werden. Die für den Kunden H. in den Vorjahren getätigten Leistungen seien mit brutto S 600.000,-- als halbfertige Arbeiten bilanziert, im Jahre 1993 sei eine Rechnung über netto S 250.000,-- ausgestellt und versteuert worden. Über den Differenzbetrag gebe es keine Belege, welche eine Uneinbringlichkeit dokumentierten, auch Versuche, die Forderung einbringlich zu machen, seien nicht unternommen worden. Da der geltend gemachte Forderungsverlust demnach nicht anerkannt werden könne, sei der Umsatz für das Jahr 1993 um netto S 250.000,-- zu erhöhen und der behauptete Forderungsverlust dem Gewinn zuzurechnen.

Die Bemessungsgrundlagen für die Veranlagung des Jahres 1992 seien mangels Abgabe von Steuererklärungen im Schätzungswege zu ermitteln gewesen. Im Verlauf der Prüfung seien sowohl eine handgeschriebene Bilanz als auch eine überprüfbare V+G-Rechnung vorgelegt worden. Die darin enthaltenen Umsatzsummen und der ausgewiesene Verlust bildeten die Basis für die vom Prüfer ermittelten Bemessungsgrundlagen; der Umsatz nach eigener Erlösaufstellung des Gemeinschuldners für das Jahr 1992 betrage S 1,192.523,--. Auch für das Jahr 1993 seien die Unterlagen des Gemeinschuldners für die Abgabenbemessung herangezogen worden, die Umsätze des Gemeinschuldners nach seinen eigenen Unterlagen betrügen für dieses Jahr S 5,472.204,--. Unter Berücksichtigung der Hinzurechnungen aus den Rechnungen an die S. GmbH, der Sicherheitszuschläge und der nicht anzuerkennenden Forderungsabschreibung für das Jahr 1993 ergäben sich Entgelte von S 4,668.345,40 für das Jahr 1991, von S 5,887.476,-- für das Jahr 1992 und von S 7,802.704,-- für das Jahr 1993. Die dargelegten Hinzurechnungsgründe hätten auch ertragsteuerlich eine näher dargelegte Auswirkung nach sich zu ziehen, wobei der bei der inzwischen durchgeführten Lohnsteuerprüfung ermittelte Bruttolohnaufwand als zusätzlicher Personalaufwand bei den Betriebsausgaben der einzelnen Jahre anzusetzen sei. Mangels rechtzeitiger Abgabe der Steuererklärungen sei für die Jahre 1992 und 1993 bei allen Abgabenarten ein Verspätungszuschlag in Höhe von 10 % festzusetzen gewesen.

Gegen die den Prüferfeststellungen folgenden Abgabenbescheide habe der Gemeinschuldner Berufung erhoben und in dieser Folgendes ausgeführt:

Die Abfassung endgültiger Jahresabschlüsse und Erklärungen sei unterblieben, weil dem Gemeinschuldner Mittel für solche nicht zur Verfügung gestanden seien. Aus den Rechnungen S. seien die umsatzsteuerrechtlichen Konsequenzen deswegen nicht gezogen worden, weil S. "noch heute deutlich mehr an Entgelt schuldet als die Umsatzsteuer betragen hat". Der Gemeinschuldner sei "vom Arbeitgeber und Organisator der ausländischen Arbeitspartien jahrelang mit der Ausstellung von zumindest Quittungen" hingehalten worden. Da der Gemeinschuldner "lediglich Mittelsmann dieser Leistungen" gewesen sei, habe er über kein Druckmittel verfügt, weil die Arbeitskräfte ihre Tätigkeit bei S. eingestellt hätten und dort "Frist- und Pönalprobleme" hätten entstehen können. Der Gemeinschuldner habe auf die organisatorischen Belange keinen Einfluss nehmen können und sei auf Baustellen auch niemals anwesend gewesen. Zur "Verhängung" von Sicherheitszuschlägen bestehe kein Anlass, zumal die Angelegenheit S. von zwei Prüfungsabteilungen erhoben und hinsichtlich der Ausgangsrechnungen des Gemeinschuldners restlos erfasst worden sei. Hinweise auf weitere nicht erfasste Geschäftsfälle seien nicht hervorgekommen. Ein Forderungsverlust gegenüber dem Kunden H. im Jahr 1993 sei weder eingetreten noch verbucht worden. Die Forderung von S 250.000,-- sei ebenso korrekt gebucht wie ihre Bezahlung. Zu den Betriebsausgaben sei anzuführen, dass der Berufung gegen die im Gefolge des Lohnsteuerprüfungsverfahrens ergangenen Bescheide entnommen werden könne, weshalb zu den "zugewanderten Werktätigen" kein Dienstverhältnis habe bestehen können. Der gewählte Ansatz müsse schon deshalb als falsch bezeichnet werden, weil er die übrigen Lohnkosten unberücksichtigt lasse. Da der Gemeinschuldner verhalten gewesen sei, 90 % der in Rechnung gestellten Beträge weiterzuleiten, wäre ein Ansatz in dieser Höhe als gerechtfertigt anzusehen. Der Prüfer habe selbst mehrfach geäußert, dass er den "von Gläubigerschritten gepeinigten Steuerpflichtigen ehrlich bedauere". Im Zuge der neun Monate währenden intensiven Prüfungshandlungen sei nie zu Tage getreten, dass der Gemeinschuldner auch nur annähernd über jenen Vermögenszuwachs verfügen würde, der ihm durch das Finanzamt angelastet werde. Seine Lebensumstände seien als bescheiden zu bezeichnen. Die "amtlich festgestellte Forderung" gegen S. in Höhe von S 4,463.716,25, welche der Gemeinschuldner in seiner Berufung durch Auflistung der einzelnen Zahlungsbelege und der ihnen gegenüberstehenden Zahlungen dargestellt habe, möge zur Abdeckung der Abgabenverpflichtungen herangezogen werden.

Der Prüfer sei den Ausführungen der Berufung des Gemeinschuldners mit dem Hinweis darauf entgegengetreten, dass die Verweigerung einer Erfüllung abgabenrechtlicher Pflichten zur Buchführung mit dem Fehlen von Mitteln nicht rechtens begründet werden könne. Die an die G. GmbH (S.) ausgestellten Rechnungen seien auf Grund einer Stellung von Arbeitskräften erfolgt, was der Gemeinschuldner in einem Schreiben vom 10. Oktober 1995 dargelegt und eigenhändig bestätigt habe. Das Unterlassen einer Erfüllung der umsatzsteuerrechtlichen Verpflichtungen könne mit Zahlungsdifferenzen und organisatorischen Problemen nicht gerechtfertigt werden. Die "Verhängung" eines Sicherheitszuschlages sei Bestandteil der Schätzung und dann angebracht, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass weitere Umsätze in den Aufzeichnungen nicht aufschienen. Im vorliegenden Fall seien in den Jahren 1991 bis 1993 Umsätze in Millionenhöhe nicht erklärt worden. Der Ausdruck "Forderungsabschreibung" für die restliche Kundenforderung des Jahres 1993 stamme vom Gemeinschuldner, welcher erklärt habe, dass der Kunde die ausstehende Summe nicht anerkenne. Da eine Uneinbringlichkeit des Restbetrages von S 250.000,-- durch geeignete Belege nicht nachgewiesen worden sei, sei die Buchung als "halbfertige Arbeit" vom Prüfer aufzulösen gewesen, weil die Leistung seit langem erbracht gewesen sei. Die Behauptung des Gemeinschuldners zu den Betriebsausgaben entspreche nicht den Tatsachen, weil der Gemeinschuldner in einem Gespräch mit den Prüfungsorganen am 6. Oktober 1995 angegeben habe, dass er die Leistungen mit nicht angemeldeten Ausländern erbracht habe, denen er brutto S 120,-- /Stunde bezahlt habe, was ein Betrag sei, der in Anbetracht der "Schwarzarbeit" als viel zu hoch erscheine. Dem Leistungsabnehmer seien S 250,--/Stunde in Rechnung gestellt worden. Sonstige übliche Lohnnebenkosten wie Lohnsteuer und Sozialversicherungsbeiträge oder freiwillige Sozialleistungen seien bei diesen Arbeitern nicht angefallen. Wenngleich die sichtbaren Lebensumstände des Gemeinschuldners im Zuge der Prüfung bescheiden erschienen seien, könne dies über den tatsächlichen Geldfluss nichts Wesentliches aussagen. Der Gemeinschuldner habe mit Gläubigern Differenzen gehabt und sei darüber hinaus auch gezwungen gewesen, hohe Anwaltskosten für die Eintreibung von Außenständen zu tragen. Eine Trennung der betrieblichen und privaten Gelder habe sich nicht feststellen lassen.

Der Gemeinschuldner habe zur Stellungnahme des Prüfers geäußert, dass er das Ausmaß des Sicherheitszuschlages nicht nachvollziehen könne und dass die halbfertigen Arbeiten bezüglich der Forderungsabschreibung im Jahr 1993 "hoffnungsfroh überbewertet" gewesen seien. Ein Rechtsgeschäft "über mehr als S 250.000,--", sei nicht zu Stande gekommen; hinsichtlich einer Mehrleistung lägen auch keine Prüferfeststellungen vor. An ein Gespräch mit dem Prüfer vom 6. Oktober 1995 könne sich niemand erinnern, die Sachverhaltsdarstellung des Gemeinschuldners vom 10. Oktober 1995 sei dem Prüfer überreicht worden. Zum Sachverhalt sei anzumerken, dass der polnische Partieführer, der die Arbeiter gestellt habe, "den Differenzbetrag auf 90 % sichtlich für sich behalten hat". An der Beweisaufnahme sei zu bemängeln, dass diese ausschließlich auf Gesprächen mit dem Gemeinschuldner und seiner Buchhalterin sowie einer Kontrollmitteilung eines anderen Finanzamtes zu beruhen scheine.

Das Finanzamt habe in seiner abweisenden Berufungsvorentscheidung dem Gemeinschuldner die rechtlichen Voraussetzungen einer Schätzungsbefugnis der Abgabenbehörde einschließlich der "Verhängung" eines Sicherheitszuschlages vor Augen geführt. Inwieweit der Gemeinschuldner die halbfertigen Arbeiten gegenüber dem Kunden H. überbewertet habe, sei von ihm nicht nachvollziehbar dargelegt worden. Zur Behauptung des Gemeinschuldners, die an die S. vermittelten Arbeitskräfte seien nicht Dienstnehmer des Gemeinschuldners gewesen, werde auf die Ausführungen der Berufungsvorentscheidung im Lohnsteuerverfahren verwiesen. Dass der Beschwerdeführer 90 % der von ihm in Rechnung gestellten Beträge weitergeleitet habe, habe er nicht nachweisen können.

Im Antrag auf Entscheidung über seine Berufungen durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz habe der Gemeinschuldner auf die Begründungspflicht der Behörde für ihr Schätzungsergebnis hingewiesen, welche von der Behörde verlangt hätte, die Zuschätzung eines Millioneneinkommens angesichts der bescheidenen Verhältnisse des Gemeinschuldners zu erläutern. Dass keine Aufzeichnungen über Entnahmen und Einlagen vorgelegen wären, treffe nicht zu, und auch die Bankauszüge seien vollständig vorhanden gewesen. Eine Forderungsabschreibung im Jahr 1993 habe es nie gegeben, es seien lediglich seinerzeit die halbfertigen Arbeiten überbewertet gewesen.

In einer Vorhaltsbeantwortung im Rahmen des Lohnsteuerverfahrens habe der Gemeinschuldner ausgeführt, dass die Zahlungen an die Schwarzarbeiter von S. geleistet worden seien und er anlässlich so genannter "Abrechnungstreffen" nur noch die angefallenen Stunden mitgeteilt erhalten und dabei den Erhalt gerundeter Gesamtbeträge durch Ausstellung von Quittungen bestätigt habe, welche sowohl die ausbezahlten Arbeitslöhne als auch seine 10 %ige "Provision" enthalten hätten.

Für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit der unterschiedlichen Darstellungen des Gemeinschuldners sei auch dessen bisheriges steuerliches Verhalten darzustellen. Schon bei einer im Jahre 1985 nach § 99 Abs. 2 FinStrG durchgeführten Prüfung für die Jahre 1977 bis 1982 sei festgestellt worden, dass der Gemeinschuldner keine oder nur völlig unvollständige Aufzeichnungen geführt gehabt habe. Schon damals sei die Kassenführung mangelhaft gewesen, ein Wareneingangsbuch nicht geführt und seien auch die über Bankkonten abgewickelten Geschäfte nicht erfasst worden. Schon damals seien ausgestellte Fakturen nicht in das Rechenwerk aufgenommen, halbfertige Leistungen nicht ordnungsgemäß abgerechnet und Schwarzarbeiter in beträchtlichem Umfang beschäftigt worden. Abgabenerklärungen seien seit dem Jahr 1988 entweder verspätet oder überhaupt nicht erstattet worden, sodass die Besteuerungsgrundlagen im Schätzungswege zu ermitteln gewesen seien. Trotz dieses jahrelang andauernden pflichtwidrigen Verhaltens des Gemeinschuldners habe er im Jahre 1992 eine Nachsicht insbesondere auch jener Abgabenbeträge begehrt, die sich aus seinen Abgabenverkürzungen für die Jahre 1977 bis 1982 ergeben hätten. Im Jahre 1993 sei aus "nicht restlos einsichtigen Gründen" im Zuge eines außergerichtlichen Ausgleichs eine Löschung der Abgabenschulden des Gemeinschuldners in Höhe von S 3,492.792,07 erfolgt und das Abgabenkonto "glattgestellt" worden. Obwohl der dem Gemeinschuldner derart auf Null reduzierte Abgabenrückstand einen Neustart hätte ermöglichen sollen, sei er auch weiterhin seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen. Da der Gemeinschuldner seit dem Jahre 1989 keine Abgabenerklärungen vorgelegt und nur solche Umsatzsteuervoranmeldungen erstattet habe, die Vorsteuerguthaben, aber so gut wie keine Umsätze ausgewiesen hätten, sei schließlich die abgabenbehördliche Prüfung seines Unternehmens für die Jahre 1991 bis 1993 veranlasst worden.

Im Erwägungsteil dieses angefochtenen Bescheides trat die belangte Behörde zunächst den Ausführungen der Berufungsvorentscheidung bei. Befugnis und Obliegenheit zur Schätzung beruhe allein auf der objektiven Voraussetzung einer Unmöglichkeit zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen, ohne dass es hiefür auf ein Verschulden des Abgabenpflichtigen ankomme. Die finanziell angespannte Lage des Gemeinschuldners könne seine Vorgangsweise, über Jahre, wenn nicht sogar über Jahrzehnte, keine ordnungsgemäßen Aufzeichnungen zu führen, keine Abgabenerklärungen zu erstatten und in Umsatzsteuervoranmeldungen nur auf geringfügige Restbeträge verkürzte Umsätze anzugeben und beträchtliche Teile der in Rechnung gestellten Leistungen überhaupt nicht ins Rechenwerk aufzunehmen, in keiner Weise rechtfertigen. Habe die Behauptung des Beschwerdeführers, einen Großteil der Rechnungsbeträge nicht erhalten zu haben, eine Unterlassung der Berücksichtigung solcher Beträge in der Erstattung von Abgabenerklärungen nicht gerechtfertigt, so erweise sich die diesbezügliche Behauptung des Gemeinschuldners auch als unwahr. Wie sich aus den vorliegenden Kasseneigenbelegen des Gemeinschuldners und Eigenbelegen und Bankbelegen der S. entnehmen lasse, seien dem Gemeinschuldner die für die Jahre 1991 bis 1993 zugerechneten Beträge nämlich nachweislich zugeflossen. Dass der Gemeinschuldner nur Beträge quittiert und lediglich 10 % Provision erhalten habe, sei nachweislich unrichtig. Auch bei Heranziehung der vom Gemeinschuldner für die Jahre 1991 bis 1995 selbst erstellten Aufstellung ergebe sich, dass ihm von in Rechnung gestellten S 22 Mio. allein von der S. der weit überwiegende Teil von S 17,5 Mio. zugeflossen sei, ohne dass sich der Gemeinschuldner veranlasst gesehen habe, die dafür fällige Umsatzsteuer zu entrichten. Bemerkenswert sei, dass der Gemeinschuldner seine Aufstellung nicht auf Grund eigener Unterlagen, sondern erst auf Grund der ihm vom Prüfer übermittelten Unterlagen erstellt habe, sodass es durchaus möglich sei, dass ihm weitere Unterlagen über Zuflüsse und zusätzliche Leistungen zur Verfügung stünden, die gegenüber der Abgabenbehörde nicht offen gelegt worden seien. Ein Vergleich der sich aus dem unvollständigen Rechenwerk des Gemeinschuldners ergebenden Beträge mit den vom Prüfer unstrittig festgestellten vereinnahmten Beträgen zeige, dass der Gemeinschuldner allein in den Jahren 1991 bis 1993 "seine Umsätze um mehr als das 2,3-fache verkürzt" habe. Die Auffassung des Gemeinschuldners, es dürften ihm gegenüber keine Sicherheitszuschläge "verhängt" werden, weil ohnehin alle Verkürzungen zugerechnet und keine anderen Verkürzungen festgestellt worden seien, sei geradezu absurd. Seien doch die bei der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen verbliebenen Unsicherheiten im vorliegenden Fall als beträchtlich anzusehen, weil die vorgelegten Aufzeichnungen dem Prüfer nicht einmal die Erstellung eines Rechnungsabschlusses erlaubt hätten. Der Gemeinschuldner habe schon aus Geschäften mit einem einzigen Geschäftspartner weniger als die Hälfte der Einnahmen der Besteuerung unterzogen, was es angesichts des dargestellten Verhaltens des Gemeinschuldners als nahe liegend zeige, dass auch noch andere Geschäfte in beträchtlichem Ausmaß keinen Niederschlag im Rechenwerk des Gemeinschuldners gefunden hätten. Betrügen die unbestritten festgestellten Verkürzungen mehr als 100 % der im Rechenwerk des Gemeinschuldners unstrittig fehlenden Beträge, dann erscheine ein Sicherheitszuschlag von lediglich 20 % der nachgewiesenen Verkürzungen ungewöhnlich moderat; die belangte Behörde verzichte bei dieser Sachlage lediglich aus praktischen Gründen infolge Konkurseröffnung über das Vermögen des Gemeinschuldners auf eine ansonsten durchaus angebrachte Erhöhung des "verhängten" Sicherheitszuschlags. Der Hinweis des Gemeinschuldners auf seine bescheidenen Lebensverhältnisse erlaube nur die Frage nach dem Verbleib der ihm nachweislich zugeflossenen Millionenbeträge; selbst die von ihm bezahlten Schwarzlöhne könnten deren Verwendung nämlich nur zu einem geringen Teil erklären. Wollte man der im Zuge der Berufung geänderten Darstellung des Gemeinschuldners glauben, wonach er dazu verhalten gewesen sei, 90 % der in Rechnung gestellten Beträge weiterzuleiten, dann hätte er von S. nicht nur nachweislich Beträge in mehrstelliger Millionenhöhe erhalten, sondern hätte diese auch an Personen weitergegeben, die nicht bei ihm, sondern bei S. angestellt gewesen wären. Arbeitslöhne für nicht bei ihm beschäftigte Personen wären an einen anonym gebliebenen polnischen Parteiführer erfolgt, der nicht nur 90 % der von S. an den Beschwerdeführer gezahlten Beträge kassiert, sondern sich auch noch über Jahre geweigert haben sollte, den Erhalt dieser Beträge zu quittieren. Derlei sei dem erkennenden Senat nicht vorstellbar. Nach der davon wiederum abweichenden weiteren Sachverhaltsvariante des Gemeinschuldners im Lohnsteuerverfahren habe er überhaupt nur 10 % der Rechnungsbeträge als Provision erhalten und die von S. und nicht von ihm ausbezahlten und abgerechneten Arbeitslöhne der Schwarzarbeiter quittiert. Diesfalls hätte der Gemeinschuldner zu 90 % Leistungen in Rechnung gestellt, die nicht von ihm zu fakturieren gewesen wären, und betrügen seine offenen Forderungen gegenüber S. lediglich ein Zehntel der behaupteten Forderungen. Unverständlich wäre es dann auch, aus welchen Gründen der Gemeinschuldner neben den angeblich bei S. ausgestellten Quittungen in seinem eigenen Rechenwerk Kassaeigenbelege über den jeweiligen Eingang der vollen Beträge angefertigt hätte und weshalb dann Bankbelege über den Zufluss von über S 2 Mio. an den Gemeinschuldner existierten. Es widersprächen die mehrfach geänderten Sachverhaltsdarstellungen des Gemeinschuldners nicht nur eklatant seiner ursprünglichen Darstellung, sie seien auch nachweislich unwahr und nicht logisch. Der vom Prüfer angesetzte Stundenlohn als Aufwand des Gemeinschuldners stelle eine äußerst großzügige Art der Schätzung dar, zumal mangels Empfängerbenennung aus dem Grund des § 162 BAO die Anerkennung jeglichen Aufwands hätte verweigert werden können. Es sei als erwiesen anzunehmen, dass der Beschwerdeführer Schwarzarbeiterpartien an Baufirmen vermittelt habe und diesen die geleisteten Arbeitsstunden in Rechnung gestellt habe, während er die Schwarzarbeiter mit einem wesentlich geringeren Stundensatz, maximal mit den von ihm selbst angegebenen Betrag von S 120,-- pro Stunde entlohnt habe. Auch die Schätzung des dem Gemeinschuldner erwachsenen Schwarzlohnaufwandes erscheine als zu großzügig; vom Ansatz eines entsprechend geringeren Aufwandes nehme die belangte Behörde nur aus praktischen Überlegungen Abstand. Dass dem Beweisverfahren Mängel anhaften sollten, sei der belangten Behörde nicht einsichtig. Der Gemeinschuldner habe keinerlei Beweise beigebracht, keine Beweisanträge gestellt, keine Namen genannt und es bleibe völlig unklar, was überhaupt zusätzlich hätte bewiesen werden sollen. Der Mangel an Aufzeichnungen über Entnahmen und Einlagen habe ohnehin nicht zu einer zusätzlichen Erhöhung der Schätzung und des Sicherheitszuschlages geführt. Die Ausführungen des Gemeinschuldners zu den "abgeschriebenen" halbfertigen Arbeiten seien nicht nachvollziehbar. Wenn der Gemeinschuldner für erbrachte Leistungen einen vorab vereinbarten Stundensatz verrechne, dann sei nicht einsichtig, weshalb er die erbrachten Leistungen überbewertet haben sollte. Weder die Behauptung der Überbewertung noch der Umstand, für die bereits endgültig erbrachten und abzurechnenden Leistungen das geschuldete Entgelt nicht im vollen Umfang erhalten zu haben, könne als bewiesen angesehen werden. Dass es bei einem angeblich strittigen Betrag von S 250.000,-- keinerlei Belege oder Unterlagen über einen bestehenden Streit geben sollte, erscheine nicht glaubhaft. Die Verspätungszuschläge fänden ihre gesetzliche Begründung in der Bestimmung des § 135 BAO; was der Gemeinschuldner diesen Zuschlägen entgegenzusetzen hätte, habe er nicht dargestellt. Angesichts des jahrelangen steuerlichen Fehlverhaltens des Gemeinschuldners erschienen die verhängten Verspätungszuschläge gerechtfertigt und angemessen.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen, zu 2000/13/0043 protokollierten Beschwerde macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des Bescheides mit der Begründung geltend, die behördliche Annahme, der Gemeinschuldner habe laufend Arbeitnehmer beschäftigt, sei unrichtig. Schon auf Grund der ihr durch den Gemeinschuldner zur Verfügung gestellten "Information bzw. Beweise" hätte die belangte Behörde erkennen müssen, dass der Gemeinschuldner ausländische Arbeitkräfte über einen polnischen Partieführer beigeschafft und an die Unternehmensgruppe G. bzw. S. vermittelt habe. All diese Arbeitskräfte seien nicht für den Gemeinschuldner, sondern nur für die genannte Unternehmensgruppe tätig gewesen. Dies sei durch die alleinige Weisungslegitimation der genannten Unternehmensgruppe "unzweifelhaft dokumentiert". Der Gemeinschuldner sei nicht auf den Baustellen zugegen und der Sprache der Arbeitnehmer auch nicht mächtig gewesen, einen "bauund/oder werkleistungsvertraglichen oder tatsächlich gepflogenen Konnex" zwischen dem Gemeinschuldner und der genannten Unternehmensgruppe habe es nicht gegeben. Für das Ausmaß des vorgeschriebenen Sicherheitszuschlages sei die belangte Behörde jede Begründung schuldig geblieben. Die hiezu erstatteten Ausführungen des angefochtenen Bescheides seien als "unzulässige und noch dazu unrichtige Scheinbegründungen" zu qualifizieren. Die Aufstellungen für den Berechnungszeitraum 1991 bis 1995 seien nicht vom Gemeinschuldner, sondern vom Prüfer erstellt worden. Verkannt habe die Behörde, dass es sich bei den zum Ansatz gebrachten Beträgen nicht um Zahlungseingänge, sondern um unbefriedigte Forderungen des Gemeinschuldners gehandelt habe.

Zum Aufhebungsgrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften trägt der Beschwerdeführer vor, dass es aktenwidrig sei, dass die "verfahrensgegenständliche Betriebsprüfung" auf vorschriftswidrigen Verhaltensweisen des Gemeinschuldners beruhe, das Verfahren habe vielmehr eine Kontrollmitteilung eines anderen Finanzamtes zur Ursache gehabt. Das erstinstanzliche Finanzamt sei zur Durchführung der abgabenbehördlichen Prüfung gar nicht zuständig gewesen, die Würdigung seiner Ergebnisse seien von ein und demselben Beamten durchgeführt worden. Der Gemeinschuldner habe ohnehin bereitwillig alle für eine ordnungsgemäße Berechnung einer "etwaigen Abgaben- bzw. Steuerverpflichtung" erforderlichen Informationen angeboten und zur Verfügung gestellt, weshalb anstatt einer "Grundlagenschätzung im Sinne des § 184 BAO eine ordnungsgemäße Berechnung durchzuführen gewesen" wäre. Wären die Buchhaltungsunterlagen des Gemeinschuldners so ordnungswidrig gewesen, wie die belangte Behörde fälschlicherweise behaupte, dann hätte sie nicht bloß eine Zurechnung von Kontrollmitteilungsergebnissen zu den Daten des Gemeinschuldners vornehmen, sondern vielmehr eine "Gesamtschätzung" durchführen müssen. "Unter Missachtung zahlreicher Bezug habender Anträge" des Gemeinschuldners hätten es die Abgabenbehörden beider Instanzen rechtswidrigerweise unterlassen, den entscheidungsrelevanten Sachverhalt "beispielsweise durch zeugenschaftliche Vernehmung des Geschäftsführers der Firmengruppe G. bzw. S., deren Angestellter, diverser Bauherren, etc. der, für eine rechtskonforme Entscheidung unerlässlichen Sicherung zuzuführen". Der angefochtene Bescheid basiere lediglich auf unzulässigen und noch dazu unrichtigen Vermutungen. Er sei mangels objektivierter Fakten etwa in bestimmten Passagen lediglich im Konjunktiv gefasst. Soweit die belangte Behörde den Bescheid auf die Prüfung von Unterlagen gestützt habe, welche einer behördlichen Überprüfung unterzogen hätten werden können, seien solche Erhebungsergebnisse dem Gemeinschuldner nicht zur Kenntnis gebracht worden, wodurch er seines Rechtes auf Gehör beraubt worden sei.

Die zu 2000/13/0106 bekämpfte Entscheidung begründete die belangte Behörde mit folgenden Ausführungen:

Im Verlaufe eines am 6. Oktober 1995 mit zwei Bediensteten des Finanzamtes im Zuge einer abgabenbehördlichen Prüfung des Unternehmens des Gemeinschuldners geführten Gespräches, über dessen Inhalt die Bediensteten einen Aktenvermerk angefertigt hätten, habe der Gemeinschuldner angegeben, für die S. GmbH gearbeitet zu haben. Die Leistungen seien mit nicht angemeldeten Ausländern erbracht worden, denen er S 120,-- je Stunde bezahlt habe. Zusätzlich habe er auch noch die Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt. Am 10. Oktober 1995 habe der Gemeinschuldner folgende schriftliche Stellungnahme abgegeben:

"SACHVERHALTSDARSTELLUNG

Als der mir geschäftlich seit längerer Zeit bekannte Herr S. Probleme mit der Gestellung von Arbeitskräften bekommen hat, habe ich es übernommen, für die Bereitstellung solcher zu sorgen. Aus dieser meiner Tätigkeit entstammen, bis auf eine, die mir vorgelegten Rechnungen. Die mir vorgelegten Zahlungsbelege sind dagegen aufzurechnen. Mit Fortdauer der Geschäftsbeziehung kam es zu Verrechnungsproblemen mit meinem Geschäftspartner, sodass eine endgültige Abrechnung meiner Dienstleistungen noch immer nicht durchgeführt werden konnte.

Die von mir immer kurzfristig eingesetzten Arbeiter habe ich mit durchschnittlich S 120,--/h entlohnt. Nur selten ist es mir gelungen, über diese Zahlungen Quittungen zu erhalten.

In Anbetracht des offenen Saldos und mangelnder Liquidität habe ich die USt.-rechtlichen Konsequenzen aus diesem Geschäft noch nicht gezogen."

Da weder die Erlöse noch die diesbezüglichen Lohnaufwendungen in den Rechenwerken erfasst worden seien, sei im Hinblick auf die Auswirkungen auf das Betriebsprüfungsergebnis das zuständige Finanzamt der Betriebsstätte um lohnsteuerrechtliche Würdigung ersucht worden. Mangels Vorlage von Unterlagen oder zweckdienlicher Versuche zur Aufklärung des Sachverhaltes durch den Steuerpflichtigen habe das Finanzamt sowohl die Höhe der Arbeitslöhne als auch die darauf entfallenden lohnabhängigen Abgaben - gestützt auf die Aussage des Gemeinschuldners vom 6. Oktober 1995 und seine Sachverhaltsdarstellung vom 10. Oktober 1995 - im Schätzungswege nach § 184 BAO ermittelt und die so ermittelten Abgabenbeträge zur Abstattung vorgeschrieben.

Abweichend von der seinerzeitigen Sachverhaltsdarstellung werde die Berufung des Gemeinschuldners im Wesentlichen damit begründet, dass er Arbeitskräfte von einem polnischen Partieführer besorgt und an die Unternehmensgruppe S. weitervermittelt habe, wobei für die Annahme eines Dienstverhältnisses zwischen dem Gemeinschuldner und den ausländischen Arbeitskräften jeglicher Anknüpfungspunkt fehle.

Nach einem weiteren ergebnislosen Versuch zur Erlangung von Unterlagen, welche die Angaben des Gemeinschuldners stützen könnten, habe das Finanzamt die Berufung mit Berufungsvorentscheidung abgewiesen. Im Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz werde ausgeführt, dass sich die Feststellungen des Finanzamtes über die Überlassung von Arbeitskleidung nicht verifizieren ließen, weil sich niemand an ein am 6. Oktober 1995 stattgefundenes Gespräch erinnern könne. Die Feststellungen des Finanzamtes in der Berufungsvorentscheidung seien ansonsten nicht bestritten worden. Zur Vermeidung von Wiederholungen werde auf die Ausführungen des mit der zu 2000/13/0043 protokollierten Beschwerde angefochtenen Bescheides verwiesen.

Im Erwägungsteil des hier angefochtenen Bescheides führte die belangte Behörde aus, dass das Finanzamt in seiner Berufungsvorentscheidung die zutreffenden rechtlichen Schlüsse aus dem vorliegenden Sachverhalt gezogen habe, weshalb auch auf die Ausführungen dieser Berufungsvorentscheidung verwiesen werden könne. Die amtswegige Ermittlungspflicht und die Offenlegungspflicht des Abgabepflichtigen hätten einander zu ergänzen. Hinsichtlich unüblicher und nicht zu vermutender Sachverhalte bestünde eine erhöhte Mitwirkungspflicht. Im vorliegenden Fall bestreite der Gemeinschuldner in seinem Antrag auf Entscheidung über seine Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz indirekt, dass er am 6. Oktober 1995 gegenüber Organen der Finanzverwaltung die im Aktenvermerk festgehaltenen Aussagen getätigt habe. Dies würde bedeuten, dass die Bediensteten des Finanzamtes den Sachverhalt konstruiert hätten, was mangels persönlichen Interesses der betroffenen Bediensteten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei. Es gehe die belangte Behörde somit und nicht zuletzt auch deshalb, weil einerseits der Inhalt des Aktenvermerkes mit der Sachverhaltsdarstellung des Gemeinschuldners in weiten Bereichen übereinstimme und der Gemeinschuldner andererseits im weiteren Verfahren nichts zur Aufklärung des Sachverhaltes beigetragen habe, davon aus, dass der Inhalt des Aktenvermerks "authentisch" sei. Unter Berücksichtigung auch der Ausführungen im zu 2000/13/0043 bekämpften Bescheid stehe für die belangte Behörde fest, dass die ausländischen Arbeiter vom Gemeinschuldner eingesetzt und entlohnt worden seien, wie er dies ursprünglich selbst angegeben habe. Die hieraus gezogenen steuerrechtlichen Folgen entsprächen der Rechtslage.

In der gegen diesen Bescheid erhobenen, zu 2000/13/0106 protokollierten Beschwerde macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit dieses angefochtenen Bescheides mit der Begründung geltend, dass die der behördlichen Entscheidung zu Grunde liegende Annahme der Beschäftigung und Entlohnung von Arbeitnehmern durch den Gemeinschuldner aktenwidrig und unrichtig sei. Er trägt vor wie in seiner zu 2000/13/0043 protokollierten Beschwerde und führt aus, dass "nach den vorliegenden Ergebnissen und Feststellungen" sich die Arbeitskräfte an die Unternehmensgruppe S. bzw. G. zu wenden gehabt hätten, welche über die Höhe der ausbezahlten Beträge entschieden hätten und Arbeitnehmer hätten aufnehmen oder dies auch unterlassen können. Der Gemeinschuldner habe keinerlei Weisungsrecht gehabt, sei nicht als Arbeitgeber aufgetreten, habe keine betriebliche Organisation gehabt, in welcher die Arbeitnehmer eingegliedert gewesen wären, und habe auch kein Interesse daran gehabt, die Arbeitnehmer über die Dauer der Verleihung hinaus zu behalten, während die Produktivität der Arbeitnehmer allein das Problem der genannten Unternehmensgruppen dargestellt habe. Falls ein Arbeitskräfteüberlasser wie im vorliegenden Fall auch bei Unproduktivität der Arbeitnehmer die Löhne vom Beschäftiger ersetzt bekomme, werde er zu einer bloßen Zahlstelle und der Beschäftiger damit zum Arbeitgeber, zumal auch das Weisungsrecht bei ihm liege.

Zum Aufhebungsgrund der Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften wird vom Beschwerdeführer gerügt, dass die belangte Behörde auch zur Sachverhaltsdarstellung wiederholt auf die Ausführungen des zu 2000/13/0043 bekämpften Bescheides verwiesen habe, was nicht angehe, weil es bei den betroffenen Verfahren um unterschiedliche Fragestellungen gegangen sei. Bei "eigenständiger und gesetzeskonformer Begründung" hätte die belangte Behörde zur Ansicht gelangen können, dass der Gemeinschuldner nicht Arbeitgeber gewesen sei. Die Abgabenbehörden beider Instanzen hätten "unter Beachtung der diesbezüglichen Anträge" des Gemeinschuldners oder von Amts wegen Erhebungen darüber pflegen müssen, in welchem Verhältnis "Arbeitnehmer, Vermittler und Beschäftiger" zueinander gestanden seien. Der Gemeinschuldner sei bemüht gewesen, eine Aussage des polnischen Partieführers zu erlangen. Es hätte die belangte Behörde jedoch alle entscheidungsrelevanten Sachverhaltselemente "unter Aufnahme von weiteren Beweismitteln" erheben müssen. Unumgänglich wäre aber jedenfalls "die Einvernahme des Geschäftsführers der Firmengruppe G. bzw. S. bzw. deren Angestellter, der Bauherren etc. gewesen, um einerseits die Grundlagen für die rechtliche Beurteilung, wer Arbeitgeber ist, zu finden und andererseits - wenn sie dann noch immer zu demselben Schluss wie im angefochtenen Bescheid gekommen wäre - zur Ermittlung der tatsächlich erbrachten und bezahlten Arbeitsleistung Beweise aufnehmen" und die Angaben des Gemeinschuldners, dass die Bezug habenden Aufzeichnungen bei den Beschäftigern vorlägen, prüfen müssen. Auch bei Einhaltung dieser Verfahrensvorschriften wäre die Behörde zum Schluss gekommen, dass der Gemeinschuldner nicht Arbeitgeber gewesen sei. Anstatt einer "Grundlagenschätzung" im Sinne des § 184 BAO wäre "eine ordnungsgemäße Berechnung" durchzuführen gewesen. Die belangte Behörde habe ohne stichhaltige Argumente "die Beweismittel" des Gemeinschuldners als falsch oder unzureichend qualifiziert und weder Beweise zum Thema Arbeitgebereigenschaft selbständig erhoben noch die Schätzungsgrundlagen nachvollziehbar dargetan. Auf den Standpunkt, der Gemeinschuldner sei seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen, ziehe sich die belangte Behörde ohne Berechtigung zurück. Trage doch die Abgabenbehörde die Feststellungslast für alle Tatsachen, die zur Geltendmachung eines Abgabenanspruches vorliegen müssten. Da der Gemeinschuldner davon ausgegangen sei, dass er weder Arbeitgeber im Sinne des § 47 EStG 1988 sei noch über die Arbeitszeiten der Vermittelten Aufzeichnungen führen müsse, könne ihm das Fehlen von Unterlagen jetzt nicht zum Vorwurf gemacht werden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat die beiden Beschwerden ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges wegen zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbunden und über sie nach Vorlage der Verwaltungsakten und Erstattung von Gegenschriften durch die belangte Behörde erwogen:

Gemäß § 184 Abs. 1 BAO hat die Abgabenbehörde die Grundlagen für die Abgabenerhebung, soweit sie diese nicht ermitteln oder berechnen kann, zu schätzen, wobei alle Umstände zu berücksichtigen sind, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

Nach § 184 Abs. 3 BAO ist zu schätzen, wenn der Abgabepflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Abgabenvorschriften zu führen hat, nicht vorlegt oder wenn die Bücher oder Aufzeichnungen sachlich unrichtig sind oder solche formelle Mängel aufweisen, die geeignet sind, die sachliche Richtigkeit der Bücher oder Aufzeichnungen in Zweifel zu ziehen.

Nach § 167 Abs. 2 BAO hat die Abgabenbehörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Abgabenverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

Ziel einer Schätzung ist es, den wahren Besteuerungsgrundlagen möglichst nahe zu kommen, wobei jeder Schätzung eine gewisse Ungenauigkeit immanent ist und, wer zur Schätzung Anlass gibt, die mit jeder Schätzung verbundene Ungewissheit hinnehmen muss. Die Anwendung eines Sicherheitszuschlages ist eine Schätzungsmethode, die davon ausgeht, dass es bei mangelhaften Aufzeichnungen wahrscheinlich ist, dass nicht nur nachgewiesenermaßen nicht verbuchte Vorgänge, sondern auch weitere, nicht entdeckte Vorgänge nicht aufgezeichnet wurden. Die Beweiswürdigung ist der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle insofern zugänglich, als es sich um die Beurteilung handelt, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und die Erwägungen der Beweiswürdigung den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut nicht widersprechen (siehe jeweils die bei Ritz, Bundesabgabenordnung, Kommentar2, § 184 Tz 3 und 18, § 167 Tz 10, wiedergegebenen Nachweise).

Was vom Beschwerdeführer in den beiden Beschwerden zur Bekämpfung der damit angefochtenen Bescheide vorgetragen wird, ist weit von jeder Eignung entfernt, die Beschwerden zu einem Erfolg zu führen.

Das zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit der angefochtenen Bescheide erstattete Vorbringen stellt den geltend gemachten Aufhebungsgrund nicht dar, weil es von einem anderen als dem von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt ausgeht. Der Ausführung der Rechtsrügen nicht den von der belangten Behörde - im Einklang mit der vom Gemeinschuldner selbst unterschriebenen Sachverhaltsdarstellung vom 10. Oktober 1995 - festgestellten, sondern einen von diesem völlig verschiedenen, gänzlich unbewiesen gebliebenen Sachverhalt zu Grunde zu legen, muss von vornherein scheitern.

Das Vorbringen seiner Verfahrensrügen liegt im Grenzbereich zur Mutwilligkeit. Schätzungsgrund und Schätzungsmethode wurden dem Gemeinschuldner im Verwaltungsverfahren zu wiederholten Malen vor Augen geführt und erläutert. Beweisanträge hat er im gesamten Verwaltungsverfahren nie gestellt; die Behauptung einer "Missachtung zahlreicher Bezug habender Anträge" erweist sich nach Ausweis der Verwaltungsakten als grobe Aktenwidrigkeit. Welchen Inhalt die vom Beschwerdeführer anstatt der "Grundlagenschätzung" gewünschte "ordnungsgemäße Berechnung" hätte haben sollen, vermag er nicht darzustellen. Dass die jeder Schätzung innewohnende Unschärfe im Beschwerdefall ertragsteuerlich unter mehrfachen Gesichtspunkten zu Lasten des Abgabengläubigers und nicht des Gemeinschuldners ausgefallen war, wird im zu 2000/13/0043 angefochtenen Bescheid nachvollziehbar dargelegt. Der vom Beschwerdeführer in dieser Beschwerde gerügte Gebrauch des Konjunktivs durch die belangte Behörde findet sich in der Erörterung der hypothetischen Konsequenzen aus den vom Gemeinschuldner in mehrfacher Abweichung von seinem ursprünglichen Eingeständnis gelieferten Sachverhaltsvarianten und wurde von der belangten Behörde zur sprachlichen Kennzeichnung der Irrealität solcher Sachverhalte passend eingesetzt. Zu welchen Sachverhaltselementen dem Beschwerdeführer das Parteiengehör versagt geblieben wäre, stellt er nicht dar. Für eine Verletzung von Parteienrechten des Gemeinschuldners findet sich in den Verwaltungsakten nicht der geringste Hinweis. Das Beschwerdevorbringen, bei den vom Prüfer in Ansatz gebrachten Beträgen habe es sich nicht um Zahlungseingänge, sondern um "unbefriedigte Forderungen" des Gemeinschuldners gehandelt, setzt sich über die im Verwaltungsverfahren unwidersprochen dokumentierten Bankeingänge hinweg. Dass die belangte Behörde in dem zu 2000/13/0106 angefochtenen Bescheid verschiedentlich auf den zu 2000/13/0043 angefochtenen Bescheid verwiesen hat, war in keiner Weise geeignet, den Beschwerdeführer an der Rechtsverfolgung oder den Verwaltungsgerichtshof an der Überprüfung dieses Bescheides zu hindern, was für die Begründung der angefochtenen Bescheide insgesamt zutrifft. Dass die belangte Behörde den Sachverhalt als erwiesen angenommen hat, welcher den Angaben des Gemeinschuldners vom 6. Oktober 1995 und seiner damit im Wesentlichen übereinstimmenden Sachverhaltsdarstellung vom 10. Oktober 1995 entsprochen hatte, und den später angebotenen Sachverhaltsdarstellungen des Gemeinschuldners Glaubwürdigkeit versagt hat, war ein Akt der behördlichen Beweiswürdigung, der von der belangten Behörde überzeugend begründet wurde und dem kein, geschweige denn ein vom Verwaltungsgerichtshof aufgreifbarer Fehler anhaftet.

Die Beschwerden erwiesen sich somit als unbegründet und waren deshalb gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 21. Oktober 2004

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