VwGH 99/18/0462

VwGH99/18/046231.3.2004

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des S, geboren 1951, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 11. November 1999, Zl. SD 447/99, betreffend Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes, zu Recht erkannt:

Normen

FrG 1993 §20 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1 Z2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z3;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
FrG 1997 §38 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1;
StGB;
FrG 1993 §20 Abs2;
FrG 1997 §36 Abs1 Z1;
FrG 1997 §36 Abs1 Z2;
FrG 1997 §36 Abs1;
FrG 1997 §36 Abs2 Z1;
FrG 1997 §37 Abs1;
FrG 1997 §37 Abs2;
FrG 1997 §38 Abs1 Z3;
FrG 1997 §38 Abs1 Z4;
FrG 1997 §38 Abs2;
StbG 1985 §10 Abs1 Z1;
StbG 1985 §10 Abs1 Z6;
StbG 1985 §10 Abs1;
StGB;

 

Spruch:

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer den Aufwand von EUR 1.172,80 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 11. November 1999 wurde gegen den Beschwerdeführer, einen jugoslawischen Staatsangehörigen, gemäß § 36 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z. 1 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen.

Die Gründe des erstinstanzlichen Bescheides seien auch für die Berufungsentscheidung maßgebend. Der Beschwerdeführer befinde sich seit 1971 im Bundesgebiet und sei bisher elfmal rechtskräftig verurteilt worden. In den Jahren 1975, 1980, 1984 und 1989 sei der Beschwerdeführer wegen der Vergehen der vorsätzlichen Körperverletzung rechtskräftig verurteilt worden. Zwei weitere Verurteilungen, jeweils aus dem Jahr 1985 und 1992, seien wegen fahrlässiger Körperverletzung erfolgt. Am 21. Februar 1994 sei der Beschwerdeführer vom Bezirksgericht Donaustadt wegen des Vergehens des versuchten Diebstahles rechtskräftig zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Noch im selben Jahr sei abermals wegen des Vergehens des versuchten Diebstahles eine Verurteilung durch das Bezirksgericht Liesing zu einer bedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Wochen erfolgt. Am 28. April 1997 sei der Beschwerdeführer vom Landesgericht für Strafsachen Wien wegen versuchten Einbruchdiebstahles zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten rechtskräftig verurteilt worden. Zuletzt sei er vom Landesgericht für Strafsachen Wien am 28. September 1998 wegen des Verbrechens des teils vollendeten und teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahles zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres rechtskräftig verurteilt worden. Der Beschwerdeführer sei der Kopf einer organisierten Diebesbande gewesen, die sich darauf spezialisiert gehabt habe, Paletten und Holzkisten zu stehlen, um diese dann weiterzuverkaufen. Zu diesem Zweck sei eigens ein LKW angemietet worden, wobei auch Einbruchswerkzeug mitgeführt worden sei. Der Beschwerdeführer sei bereits wiederholt wegen derselben Vorgangsweise, nämlich Palettendiebstahls mit Hilfe eines LKW's, rechtskräftig verurteilt worden.

Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei in mehrfacher Hinsicht erfüllt, weil der Beschwerdeführer nicht nur mehr als einmal wegen einer auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlung (Körperverletzung, Vermögensdelikte) verurteilt worden sei, sondern weil bei seiner zuletzt erfolgten Verurteilung auch das in der genannten Gesetzesstelle normierte Strafausmaß beträchtlich überschritten worden sei.

Bei der Beurteilung des Gesamtfehlverhaltens des Beschwerdeführers falle zu seinen Ungunsten ins Gewicht, dass ihn auch bereits erfolgte rechtskräftige Verurteilungen nicht davon abgehalten hätten, neuerlich - und noch dazu einschlägig - straffällig zu werden. Der Beschwerdeführer habe auch mehrmals gegen verwaltungsrechtliche Vorschriften verstoßen. Er sei mit Straferkenntnis vom 18. Juli 1996 und mit Straferkenntnis vom 10. September 1998 wegen Übertretung des § 4 Abs. 5 StVO rechtskräftig bestraft worden. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer seit Mai 1997 unrechtmäßig in Österreich aufhältig sei. Der letzte Aufenthaltstitel zum Zweck der unselbständigen Erwerbstätigkeit sei bis zum 11. Mai 1996 gültig gewesen. Der Verlängerungsantrag des Beschwerdeführers sei vom Bundesminister für Inneres auf Grund der bereits zahlreich vorliegenden rechtskräftigen Verurteilungen abgewiesen worden.

Das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers beeinträchtige die öffentliche Ordnung und Sicherheit in erheblichem Ausmaß, sodass sich die Erlassung des Aufenthaltsverbotes - vorbehaltlich der Bestimmungen der §§ 37 und 38 FrG - im Grund des § 36 Abs. 1 leg. cit. als gerechtfertigt erweise.

Der Beschwerdeführer lebe mit seiner Ehegattin im gemeinsamen Haushalt und sei für vier minderjährige Kinder sorgepflichtig. Er sei beschäftigungslos, verfüge weder über ein Einkommen noch über ein Vermögen und habe angegeben, nach seiner Entlassung aus der Strafhaft wieder bei der Firma H. in Wien arbeiten zu können. Es sei ohne Zweifel von einem mit dem Aufenthaltsverbot verbundenen Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers auszugehen. Dieser Eingriff sei jedoch gerechtfertigt, da er zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten sei. Das bisherige Verhalten des Beschwerdeführers habe verdeutlicht, dass er nicht in der Lage bzw. nicht gewillt sei, die zum Schutz fremden Vermögens aufgestellten strafrechtlichen Normen einzuhalten und die körperliche Integrität anderer Personen zu achten. Er sei bereits vier Jahre nach seiner Einreise erstmals straffällig geworden und habe sich auch durch zahlreiche Verurteilungen nicht von der Begehung weiterer, noch schwererer Straftaten abhalten lassen. Eine Zukunftsprognose könne allein schon auf Grund der zuletzt erfolgten Verurteilung nicht positiv ausfallen. Die Verhängung eines Aufenthaltsverbotes sei insbesondere zum Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit dringend geboten und daher im Grund des § 37 Abs. 1 leg. cit. zulässig. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG sei auf den langjährigen inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers Bedacht zu nehmen. Der daraus ableitbaren Integration komme aber kein entscheidendes Gewicht zu, weil die dafür erforderliche soziale Komponente durch das permanente strafbare Verhalten des Beschwerdeführers erheblich beeinträchtigt sei. Dazu komme, dass der Beschwerdeführer allfälligen Unterhaltsverpflichtungen gegenüber seinen Familienangehörigen vom Ausland aus nachkommen könne und ein gewisser Mindestkontakt zu seiner Familie dadurch aufrecht erhalten werden könne, dass er von dieser im Ausland besucht werde. Diesen privaten und familiären Interessen des Beschwerdeführers stünden die hoch zu veranschlagenden öffentlichen Interessen, insbesondere jenes an der Verhinderung der Eigentumskriminalität gegenüber. Die Abwägung dieser Interessenlagen falle zu Ungunsten des Beschwerdeführers aus.

Mit Blick auf § 38 FrG sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer nicht von klein auf im Inland aufgewachsen sei. Auch hätte ihm vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes nicht die Staatsbürgerschaft im Sinn des § 10 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 verliehen werden können.

§ 35 Abs. 3 Z. 2 FrG stehe dem Aufenthaltsverbot ebenfalls nicht entgegen.

Vor diesem Hintergrund und im Hinblick darauf, dass keine besonderen, zu Gunsten des Beschwerdeführers sprechenden Umstände vorlägen, sei kein Grund gegeben, von der Erlassung des Aufenthaltsverbotes im Rahmen des der belangten Behörde zustehenden Ermessens Abstand zu nehmen.

Das Aufenthaltsverbot sei unbefristet auszusprechen gewesen, weil nicht vorhergesehen werden könne, wann die vom Beschwerdeführer ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit weggefallen sein werde.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. In der Beschwerde bleibt die Auffassung der belangten Behörde, dass vorliegend der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG (in mehrfacher Hinsicht) verwirklicht sei, unbekämpft. Im Hinblick auf die unbestrittenen rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers begegnet diese Beurteilung keinen Bedenken.

2. Auf Grund des Umstandes, dass sich der Beschwerdeführer trotz wiederholter strafrechtlicher Verurteilungen nicht davon abhalten ließ, immer wieder straffällig zu werden, wobei er die Schwere seiner strafbaren Handlungen zuletzt noch steigerte, begegnet auch die Ansicht der belangten Behörde, dass die im § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme gerechtfertigt sei, keinem Einwand.

3.1. Rechtswidrig soll der angefochtene Bescheid nach Ansicht des Beschwerdeführers sein, weil die belangte Behörde längst getilgte Verurteilungen in die Beurteilung des Sachverhaltes einbezogen habe. Sie hätte nicht auf das Gesamtfehlverhalten des Beschwerdeführers abstellen und nur die zwei zuletzt genannten Verurteilungen aus den Jahren 1997 und 1998 berücksichtigen dürfen. Sie hätte diese beiden strafrechtlichen Verurteilungen dem langen Zeitraum des Aufenthaltes des Beschwerdeführers im österreichischen Bundesgebiet, seinen familiären Bindungen und seiner sozialen Integration gegenüber stellen müssen.

3.2. Dem ist zu erwidern, dass die Tilgung von Verurteilungen einer Berücksichtigung der zu Grunde liegenden Taten im Rahmen der nach § 36 Abs. 1 FrG vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtfehlverhaltens des Fremden nicht entgegenstünde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 18. März 2003, Zl. 2002/18/0198). Es kann daher dahinstehen, ob vorliegend die Verurteilungen des Beschwerdeführers getilgt sind oder nicht.

4. Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 4 iVm Abs. 2 FrG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn der Fremde von klein auf im Inland aufgewachsen und hier langjährig rechtmäßig niedergelassen ist. Fremde sind jedenfalls langjährig im Bundesgebiet niedergelassen, wenn sie die Hälfte ihres Lebens im Bundesgebiet verbracht haben und zuletzt seit mindestens drei Jahren hier niedergelassen sind. Dem Beschwerdeführer ist einzuräumen, dass er die im § 38 Abs. 2 FrG genannten Kriterien für das Tatbestandselement "langjährig rechtmäßig niedergelassen" erfüllt. Aus diesem Umstand kann aber nicht darauf geschlossen werden, dass er auch das weitere Tatbestandselement "von klein auf im Inland aufgewachsen" erfüllt. Für das Vorliegen des Aufenthaltsverbot-Verbotes gemäß § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG ist nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut die kumulative Erfüllung der beiden genannten Elemente erforderlich (vgl. das hg. Erkenntnis vom 19. Oktober 1999, Zl. 99/18/0309). Der im Februar 1951 in Rumänien geborene Beschwerdeführer kam erst 1971, somit im Alter von 20 Jahren, nach Österreich. Damit kann für ihn die Wendung "von klein auf im Inland aufgewachsen" in § 38 Abs. 1 Z. 4 FrG nicht zum Tragen kommen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 30. November 1999, Zl. 99/18/0112).

5.1. Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn dem Fremden vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 des Staatsbürgerschaftsgesetzes 1985 hätte verliehen werden können, es sei denn, der Fremde wäre wegen einer gerichtlich strafbaren Handlung rechtskräftig zu mehr als zwei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt worden.

5.2. Unter dem Zeitpunkt "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" ist der Zeitpunkt vor Eintritt des ersten der in ihrer Gesamtheit für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblichen Umstände zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 17. September 1998, Zl. 98/18/0170). Im Fall eines auf strafbaren Handlungen gegründeten Aufenthaltsverbotes handelt es sich beim "maßgeblichen Sachverhalt" nicht um die jeweilige Verurteilung bzw. Bestrafung, sondern um das einer Verurteilung bzw. Bestrafung zu Grunde liegende Fehlverhalten, weil nur dieses die im § 36 Abs. 1 Z. 1 bzw. § 36 Abs. 1 Z. 2 FrG umschriebene, für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes notwendige Annahme rechtfertigen kann. Der "maßgebliche Sachverhalt" umfasst alle Umstände, die die Behörde zulässigerweise zur Begründung des im konkreten Fall in der festgesetzten Dauer (bzw. auf unbestimmte Zeit) verhängten Aufenthaltsverbotes herangezogen hat. Unzulässig wäre es, auch ein solches Fehlverhalten dem Aufenthaltsverbot zu Grunde zu legen und nach dem Gesagten in den "maßgeblichen Sachverhalt" iSd § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG einzubeziehen, das unter Berücksichtigung des seither verstrichenen Zeitraumes nicht (mehr) geeignet ist, eine relevante Vergrößerung der von dem Fremden ausgehenden Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen herbeizuführen, weil es die Behörde dadurch in der Hand hätte, den für die Beurteilung der Zulässigkeit des Aufenthaltsverbotes gemäß § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG maßgeblichen Zeitpunkt so weit nach vorne zu verschieben, dass der Fremde "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" die zehnjährige Wohnsitzfrist des § 10 Abs. 1 Z. 1 StbG nicht erfüllt. (Vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 98/18/0170.) Die belangte Behörde ist aber nicht verpflichtet, die Gesamtheit der Umstände, die demnach noch geeignet erscheinen, eine relevante Vergrößerung der von dem Fremden ausgehenden Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen herbeizuführen, als für die Verhängung des Aufenthaltsverbotes maßgeblich anzusehen, wenn schon in der jüngeren Vergangenheit liegende Umstände allein ausreichen, die Verhängung des Aufenthaltsverbotes zu rechtfertigen (vgl. das hg. Erkenntnis vom 20. Februar 2001, Zl. 2000/18/0003). Hat die belangte Behörde den Zeitpunkt "vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes" nach diesen Grundsätzen ermittelt, so liegt der Aufenthaltsverbot-Verbotsgrund nach § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG vor, wenn dem Fremden in diesem Zeitpunkt die Staatsbürgerschaft gemäß § 10 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 hätte verliehen werden können. Eine Verleihungsmöglichkeit in anderen Zeitpunkten vermag diesen Aufenthaltsverbot-Verbotsgrund nicht zu verwirklichen (vgl. das zu § 20 Abs. 2 FrG aus 1992 ergangene, bereits auf das genannte Erkenntnis vom 17. September 1998, Zl. 98/18/0170, verweisende und insoweit auch für die Rechtslage nach dem FrG aussagekräftige hg. Erkenntnis vom 15. Oktober 1998, Zl. 95/18/1391). Bei der Beurteilung, ob die Staatsbürgerschaft hätte verliehen werden können, ist die Erfüllung sämtlicher Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Staatsbürgerschaftsgesetz 1985 zu prüfen. Dabei können die vor dem genannten Zeitpunkt liegenden Verhaltensweisen des Fremden einen Umstand darstellen, der der Verleihung der Staatsbürgerschaft zu diesem Zeitpunkt gemäß § 10 Abs. 1 Z. 6 leg. cit. entgegengestanden wäre (vgl. nochmals das Erkenntnis Zl. 2000/18/0003). Diesfalls würde § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG die Verhängung eines - ausschließlich auf nach diesem Zeitpunkt eingetretene Umstände gestützten - Aufenthaltsverbotes nicht hindern.

5.3. Im vorliegenden Fall ist der Beschwerdeführer 1975 - sohin vier Jahre nach seiner Einreise nach Österreich - das erste Mal wegen vorsätzlicher Körperverletzung verurteilt worden. Es folgten in den Jahren 1980 bis 1992 zwei weitere Verurteilungen wegen vorsätzlicher Körperverletzung, eine Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung, eine Verurteilung wiederum wegen vorsätzlicher Körperverletzung und eine nochmalige Verurteilung wegen fahrlässiger Körperverletzung. Der Beschwerdeführer wurde jedes Mal zu einer Geldstrafe verurteilt. Nach diesem Zeitpunkt hat sich der Beschwerdeführer nie wieder einer strafbaren Handlung gegen die körperliche Sicherheit schuldig gemacht. Unter Berücksichtigung des relativ geringen Gewichts der strafbaren Handlungen und des seit der letzten derartigen Straftat, einer fahrlässigen Körperverletzung, verstrichenen Zeitraumes von mehr als sieben Jahren, sind diese nicht (mehr) geeignet, eine relevante Vergrößerung der von dem Fremden ausgehenden Gefährdung der maßgeblichen öffentlichen Interessen herbeizuführen. Insofern hat die belangte Behörde die Rechtslage verkannt.

Was indes die seit dem Jahr 1994 erfolgten Verurteilungen wegen Diebstahles, Einbruchsdiebstahles und gewerbsmäßigen Diebstahles, zuletzt am 28. September 1998 zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer eines Jahres, anlangt, so belegen diese ein kontinuierliches, auf gleichen schädlichen Neigungen beruhendes strafbares Verhalten und zeigen, dass eine vom Beschwerdeführer für die öffentliche Ordnung und Sicherheit ausgehende Gefahr besteht, ja sich zuletzt noch gesteigert hat.

6. Im Übrigen hat die belangte Behörde außer zur letzten Verurteilung vom 28. September 1998 keine näheren Feststellungen über die den strafgerichtlichen Verurteilungen zu Grunde liegenden strafbaren Handlungen getroffen. Diese Feststellungen sind nach dem Gesagten (5.2.) zur Bestimmung des "maßgeblichen Sachverhaltes" iSd § 38 Abs. 1 Z. 3 FrG wesentlich.

7. Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung nach § 37 Abs. 1 und 2 FrG wird die belangte Behörde in Anbetracht der langen Aufenthaltsdauer des Beschwerdeführers in Österreich seit 1971, sohin seit 28 Jahren, detailliertere Feststellungen sowohl zum Fehlverhalten des Beschwerdeführers (siehe 5.3.) als auch zu seiner privaten und familiären Situation zu treffen haben.

Was letztere anlangt, so ist dem angefochtenen Bescheid nicht zu entnehmen, in welchem Verwandtschaftsverhältnis der Beschwerdeführer zu den vier Kindern steht, für die er sorgepflichtig ist, und mit welchen Familienangehörigen er im gemeinsamen Haushalt lebt.

8. Der angefochtene Bescheid war wegen der prävalierenden Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Die Umrechnung der entrichteten Stempelgebühren gründet sich auf § 3 Abs. 2 Z. 2 Euro-Gesetz, BGBl. I Nr. 72/2000.

Wien, am 31. März 2004

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