VwGH 2003/10/0118

VwGH2003/10/011811.6.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak, Dr. Mizner, Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Binder-Krieglstein, über die Beschwerde der TS in S, vertreten durch Dr. Johann Buchner und Mag. Ingeborg Haller, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Erzabt-Klotz-Straße 9, gegen den Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 31. März 2003, Zl. 54.023/8-VII/13a/2003, betreffend Studienbeihilfe, zu Recht erkannt:

Normen

AVG §37;
StudFG 1992 §19 Abs1;
StudFG 1992 §19 Abs2 Z1;
StudFG 1992 §19 Abs2 Z3;
StudFG 1992 §19 Abs3 Z2;
AVG §37;
StudFG 1992 §19 Abs1;
StudFG 1992 §19 Abs2 Z1;
StudFG 1992 §19 Abs2 Z3;
StudFG 1992 §19 Abs3 Z2;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Der vorliegenden Beschwerde und der dieser angeschlossenen Bescheidausfertigung zufolge wurde mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 31. März 2003 der Antrag der Beschwerdeführerin auf Verlängerung der Anspruchsdauer für die Studienbeihilfe um ein weiteres Semester abgewiesen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, die gesetzliche Anspruchsdauer, die für den ersten Studienabschnitt des Studiums der Beschwerdeführerin (Instrumental- und Gesangspädagogik nach alten Studienvorschriften) neun Semester umfasse, sei mit Ende des Sommersemesters 2002 abgelaufen. Dem Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe zwei Töchter, geboren 1990 und 1992, sie sei seit 1998 geschieden und seither als Alleinerzieherin verpflichtet, ihre Töchter zu pflegen und zu erziehen und sie sei durch die nachmittägliche Betreuung der beiden Töchter in ihrem Studienfortgang beeinträchtigt gewesen, sei entgegenzuhalten, dass das Studienförderungsgesetz "für Kinder unter drei Jahren" eine Verlängerung der Anspruchsdauer ohne weiteren Nachweis vorsehe. Eine darüber hinausgehende Verlängerung der Anspruchsdauer könne nur durch das Vorliegen eines wichtigen Grundes im Sinne des § 19 Abs. 1 Studienförderungsgesetz herbeigeführt werden, etwa durch eine besondere Pflegebedürftigkeit der beiden Kinder, die mittlerweile 13 bzw. 11 Jahre alt seien. Der bloße Umstand, dass die Kinder am Nachmittag betreut werden müssten, sei nichts Spezifisches. Vielmehr sei eine Nachmittagsbetreuung schulpflichtiger Kinder auch bei nicht allein erziehenden Eltern notwendig; die Betreuungsnotwendigkeit trete auch dann auf, wenn der zweite Elternteil diese Aufgabe wegen Berufstätigkeit nicht übernehmen könne. Besondere Gründe, die eine erhöhte Pflegebedürftigkeit ihrer Kinder zur Folge hätten, habe die Beschwerdeführerin weder geltend gemacht, noch bestehe auf Grund der Aktenlage ein Hinweis in diese Richtung. Soweit die Beschwerdeführerin jedoch auf eine Erkrankung hingewiesen habe (sie habe nach fachärztlicher Untersuchung physiotherapeutische Behandlungen in der Zeit vom 8. Februar bis zum 16. März 2000 nachgewiesen und eine nicht fachärztliche Bestätigung über eine lumbale Neuralgie im Juli 2000 vorgelegt), so sei das Krankheitsbild zum einen nicht so geartet, dass es Anlass zu einer gravierenden Studienbeeinträchtigung gegeben habe und es wären die dadurch bewirkten Behinderungen andererseits überwiegend in die Zeit der Semesterferien gefallen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 6 Z. 3 Studienförderungsgesetz zählt zu den Voraussetzungen für die Gewährung von Studienbeihilfe, dass der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25).

Ein günstiger Studienerfolg liegt gemäß § 16 Abs. 1 Studienförderungsgesetz vor, wenn der Studierende

  1. 1. sein Studium zielstrebig betreibt (§ 17)
  2. 2. die vorgesehene Studienzeit nicht wesentlich überschreitet (§§ 18 und 19) und

    3. Nachweise über die erfolgreiche Absolvierung von Lehrveranstaltungen und Prüfung vorlegt (§§ 20 bis 25).

    Gemäß § 18 Abs. 1 Studienförderungsgesetz umfasst die Anspruchsdauer grundsätzlich die zur Absolvierung von Diplomprüfungen, Rigorosen, Lehramtsprüfungen und anderen das Studium oder den Studienabschnitt abschließenden Prüfungen vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters. Sofern das Ausbildungsjahr nicht in Semester gegliedert ist, umfasst die Anspruchsdauer die vorgesehene Studienzeit zuzüglich eines halben Ausbildungsjahres. Wenn wichtige Gründe für die Überschreitung dieser Zeitspanne vorliegen, kann die Anspruchsdauer entsprechend verlängert werde (§ 19).

    Gemäß § 19 Abs. 1 Studienförderungsgesetz ist die Anspruchsdauer zu verlängern, wenn der Studierende nachweist, dass die Studienzeitüberschreitung durch einen wichtigen Grund verursacht wurde.

    Wichtige Gründe i.S.d. Abs. 1 sind gemäß § 19 Abs. 2 Studienförderungsgesetz

    1. Krankheit des Studierenden, wenn sie durch fachärztliche Bestätigung nachgewiesen wird,

  1. 2. Schwangerschaft der Studierenden und
  2. 3. jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.

    Die Anspruchsdauer ist gemäß § 19 Abs. 3 Studienförderungsgesetz ohne weiteren Nachweis über die Verursachung der Studienverzögerung in folgendem Ausmaß zu verlängern:

  1. 1. bei Schwangerschaft um ein Semester,
  2. 2. bei Pflege und Erziehung eines Kindes vor Vollendung des dritten Lebensjahres, zu der ein Studierender während seines Studiums gesetzlich verpflichtet ist, um insgesamt höchstens zwei Semester je Kind,

    3. bei Studierenden, deren Grad der Behinderung nach bundesgesetzlichen Vorschriften mit mindestens 50 % festgestellt ist, um ein Semester,

    4. bei Ableistung des Präsenz- oder Zivildienstes während der Anspruchsdauer um ein Semester für jeweils sechs Monate der Ableistung.

    Die Beschwerdeführerin wendet gegen die dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegende Auffassung, es liege kein die Verlängerung der Anspruchsdauer auf Studienbeihilfe rechtfertigender wichtiger Grund i.S.d. § 19 Abs. 1 Studienförderungsgesetz vor, im Wesentlichen ein, es hätte ihr eine Studienzeitüberschreitung von zumindest zwei Semestern gewährt werden müssen, weil sie sich neben dem Studium als allein erziehende Mutter von zwei Töchtern, die zu Beginn des Studiums sechs und acht Jahre alt gewesen seien, deren Pflege und Erziehung hätte widmen müssen. Die während des Studiums in Form der Scheidung eingetretene Änderung ihrer familiären Situation sowie gesundheitliche Probleme, die zu einer Einschränkung ihrer Mobilität geführt hätten, stellten in Verbindung damit, dass sie wegen ihres Wohnsitzes in Abtenau (bis 2000) nach Salzburg habe pendeln müssen, Umstände dar, die als unvorhergesehen bzw. unabwendbar anzusehen seien, an denen die Beschwerdeführerin aber kein Verschulden treffe und die es der Beschwerdeführerin unmöglich gemacht hätten, das Studium in der vorgeschriebenen Zeit zu absolvieren. Als allein erziehende Mutter liege es nicht in ihrer Dispositionsfreiheit, die Pflege und Erziehung ihrer Kinder an andere Personen zu übertragen. Wenn die belangte Behörde meine, dass die Nachmittagsbetreuung der Kinder nichts Spezifisches sei und auch dann notwendig, wenn der zweite Elternteil diese Aufgabe nicht übernehmen könne, so zeige dies, dass sie die prekäre Situation von Alleinerzieherinnen nicht erkenne. Diese hätten in der Regel nicht nur mit finanziellen Nöten zu kämpfen, sondern seien darüber hinaus auf Grund fehlender Betreuungseinrichtungen in ihrem beruflichen Werdegang schwer beeinträchtigt. Weiters könne eine Erkrankung auch während der Ferien ein den Studienfortgang behinderndes Ereignis darstellen, zumal auch während der Ferien Praktika und wissenschaftliche Arbeiten durchgeführt werden müssten. Hätte die belangte Behörde zur Familien- und Wohnsituation der Beschwerdeführerin, insbesondere zur Situation nach der Scheidung nähere Erhebungen angestellt und weitere Ermittlungen betreffend ihre Krankheit vorgenommen, so wäre sie zum Ergebnis gelangt, dass die Voraussetzungen für eine Studienzeitüberschreitung aus wichtigem Grunde vorliegen. Schließlich habe die Beschwerdeführerin auf Grund eines Hinweises in der Begründung des Bewilligungsbescheides für das Studienjahr 2001/02 darauf vertraut, jedenfalls bis Ende des Wintersemesters 2002 Anspruch auf ein Stipendium zu haben.

    § 19 Abs. 2 Studienförderungsgesetz zählt die "wichtigen Gründe", die i.S.d. § 19 Abs. 1 zu einer Verlängerung der Anspruchsdauer führen, taxativ auf, wobei nach § 19 Abs. 2 Z. 3 Studienförderungsgesetz jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis einen solchen wichtigen Grund darstellt, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. April 2002, Zl. 96/12/0377, und die dort zitierte Vorjudikatur).

    Die Betreuung eines Kindes bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres rechtfertigt gemäß § 19 Abs. 3 Z. 2 StudFG eine Verlängerung der Anspruchsdauer um höchstens zwei Semester. Diese Regelung berücksichtigt die mit der Notwendigkeit einer Kinderbetreuung im Allgemeinen verbundene Studienverzögerung. Eine über diesen Regelfall hinausgehende Studienverzögerung kann daher nicht mit der Notwendigkeit einer Kinderbetreuung für sich, sondern nur im Zusammenwirken mit einem Ereignis i.S.d. § 19 Abs. 2 Z. 3 StudFG einen wichtigen Grund für eine Verlängerung der Anspruchsdauer bilden.

    Zu Recht ist die belangte Behöre daher davon ausgegangen, dass die Notwendigkeit der Betreuung zweier bereits schulpflichtiger Kinder für sich noch keinen "wichtigen Grund" i. S.d. § 19 Abs.1 Studienförderungsgesetz darstelle; erst Umstände, die einen gegenüber der im Allgemeinen bestehenden Verpflichtung zur Kinderbetreuung erhöhten Pflege- oder Betreuungsaufwand erforderten, kämen hiefür in Betracht. Wenn die Beschwerdeführerin dem entgegenhält, es werde die schwierige Situation von allein erziehenden Müttern verkannt, so zeigt sie keine Rechtswidrigkeit dieser Auffassung auf. Vielmehr wäre es nämlich ihre Sache gewesen, darzutun, ob und gegebenenfalls welche i. S.d. § 19 Abs. 2 Z. 3 StudFG besonderen Gründe im Zusammenhang mit der Betreuung ihrer Kinder es ihr unmöglich gemacht hätten, ihr Studium in dem einen entsprechenden Fortgang gewährleistenden Ausmaß zu betreiben. Dass sie jedoch diesbezüglich ein entsprechend konkretes Vorbringen erstattet hätte, behauptet die Beschwerdeführerin, die der Behörde vielmehr eine Verletzung der amtswegigen Ermittlungspflicht vorwirft, selbst nicht. Der Hinweis auf die prekäre Situation allein erziehender Mütter bzw. darauf, dass es nicht in der Dispositionsfreiheit der Beschwerdeführerin liege, Pflege und Erziehung ihrer Kinder anderen Personen zu übertragen, reicht dafür nicht aus. Gleiches gilt für das Vorbringen der Beschwerdeführerin, sie habe sich nach ihrer Scheidung in einer besonderen Situation befunden und sie habe von Abtenau nach Salzburg pendeln müssen.

    Was die Frage der amtswegigen Ermittlungspflicht der Behörde anlangt, ist es zunächst Sache des Antragstellers, Art und Ausmaß des behaupteten Ereignisses und dessen Auswirkungen auf den Fortgang seiner Studien konkret darzulegen; ihn trifft bezüglich des Vorliegens der anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale die Behauptungs- und Beweislast. Dies gilt auch für den "wichtigen Grund" i.S.d. § 19 Abs. 2 Z. 1 Studienförderungsgesetz (Krankheit des Studierenden), wobei hier die Art des Beweismittels (fachärztliche Bestätigung) festgelegt ist (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis vom 24. April 2002, und die dort zitierte Vorjudikatur). Auch in Ansehung dieses Grundes ist die Beschwerdeführerin jedoch ein konkretes Vorbringen betreffend die Auswirkungen ihrer Erkrankung auf den Studienfortgang schuldig geblieben. Dass Studierende während der Ferien Praktika und wissenschaftliche Arbeiten durchzuführen haben, besagt weder, dass dies auch im Fall der Beschwerdeführerin so war, noch, dass und gegebenenfalls inwieweit der Studienfortgang der Beschwerdeführerin durch ihre Erkrankung in den Ferien behindert gewesen sei.

    Schließlich zeigt die Beschwerdeführerin auch mit dem Hinweis, sie habe darauf vertraut, bis zum Ende des Wintersemesters 2002 einen Anspruch auf Studienbeihilfe zu haben, nicht auf, dass die angefochtene Entscheidung betreffend die beantragte Verlängerung der Anspruchsdauer rechtswidrig sei.

    Da somit bereits der Inhalt der vorliegenden Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

    Wien, am 11. Juni 2003

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