Normen
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
StudFG 1992 §13 Abs2;
StudFG 1992 §19 Abs2 Z1;
StudFG 1992 §19 Abs2 Z3;
StudFG 1992 §19 Abs6 idF 1994/619;
StudFG 1992 §19 Abs6 Z2 idF 1994/619;
StudFG 1992 §20 Abs2;
StudFG 1992 §6 Z3 idF 1996/201;
VwGG §46 Abs1 impl;
VwRallg;
AVG §37;
AVG §39 Abs2;
AVG §71 Abs1 Z1 impl;
StudFG 1992 §13 Abs2;
StudFG 1992 §19 Abs2 Z1;
StudFG 1992 §19 Abs2 Z3;
StudFG 1992 §19 Abs6 idF 1994/619;
StudFG 1992 §19 Abs6 Z2 idF 1994/619;
StudFG 1992 §20 Abs2;
StudFG 1992 §6 Z3 idF 1996/201;
VwGG §46 Abs1 impl;
VwRallg;
Spruch:
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 332,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer studiert seit dem Wintersemester 1990/91 an der Universität für Bodenkultur Wien die Studienrichtung Landwirtschaft. Nach Ablegung der ersten Diplomprüfung stellte er am 18. Dezember 1995 den Antrag auf Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit (§ 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG) und begründete dies damit, dass er wegen der Krankheit seiner Eltern die kommissionelle Prüfung aus Anatomie nicht habe ablegen können.
Der Senat der Studienbeihilfenbehörde befürwortete in seiner Sitzung vom 18. März 1996 das Ansuchen des Beschwerdeführers nicht.
Mit Schreiben vom 4. Juni 1996 forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, bis längstens 25. Juni 1996 Unterlagen über den Studienfortgang nachzureichen und zu erläutern, wie die Aufteilung der Pflege seiner Eltern in seiner Familie bzw. mit anderen Personen (Pflegepersonal) geregelt worden sei, seit wann und in welchem Ausmaß (Zeitraum/Zeitaufwand) er seine Eltern pflege und zu welchen Zeiten er sich an welchen Orten (Studienort, Wohnort der Eltern) aufgehalten habe.
Am 24. Juni 1996 gab der Beschwerdeführer hiezu eine Stellungnahme ab, ohne jedoch die von der belangten Behörde für erforderlich erachteten Angaben zur Pflege seiner Eltern zu präzisieren.
Am 8. Juli 1996 teilte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Ermittlungsergebnisse mit und stellte fest, dass nach seinen Angaben die massiven gesundheitlichen Probleme seiner Mutter seit 1987 und seines Vaters seit 1988 bestünden und vor allem bei seinem Vater laufend Komplikationen aufträten. Bis vor einem Jahr habe sein Vater dreimal wöchentlich zum Arzt gebracht werden müssen, zweimal jährlich sei eine Nachuntersuchung im Spital erforderlich gewesen. Da seine Mutter keinen Führerschein besitze und seine Schwester, die in der Nähe der Eltern wohne, auch nicht immer zur Verfügung stehen könne, müsse der Beschwerdeführer diverse Fahrten mit seinen Eltern durchführen und auch Besorgungen (medizinische Pflegemittel, Medikamente, Nahrungsmittel) erledigen. Er werde je nach Bedarf zwei Tage pro Woche zu Hause benötigt (Wochenende?). Auch sei er für die Instandhaltung des Hauses (ein Umbau sei unbedingt erforderlich gewesen) zuständig.
Darüber hinaus habe er selbst Probleme mit der Wirbelsäule, weswegen er auch immer wieder in ärztlicher Behandlung stehe (genauere Angaben seien nicht vorhanden). Studienverzögernd habe sich auch eine aufgetretene Prüfungsangst (Fach Anatomie) ergeben (der Zeitraum sei nicht genau bekannt). Nach dem Abschluss dieses Faches sei er wieder in die Lage gekommen, Prüfungen zügig zu absolvieren.
Auf Grund der unzureichenden zeitlichen Angaben und noch fehlender Unterlagen sei es derzeit nicht möglich, das Ausmaß der Studienbehinderung zu beurteilen. Der Beschwerdeführer wurde ersucht, zu diesem Sachverhalt Stellung zu nehmen und folgende noch ausständige Nachweise nachzureichen: die Bestätigung über die kommissionelle Prüfung vom 24. Juni 1995 und eine fachärztliche Bestätigung (Befunde) über seine gesundheitlichen Probleme, die Angaben über den Beginn der Erkrankung, die Zeiträume der erforderlichen Therapien und das Ausmaß der durch die Beschwerden aufgetretenen Studienbehinderung enthalte. Zum Beweis der behaupteten Prüfungsangst ersuchte die belangte Behörde den Beschwerdeführer entsprechende Nachweise nachzureichen, falls er deswegen fachliche Hilfe (z.B. seitens der psychologischen Studentenberatung) in Anspruch genommen habe. Weiters möge der Beschwerdeführer Angaben über die Aufteilung der Pflege seiner Eltern zwischen ihm und seinen Geschwistern bzw. anderen Personen (z.B. Pflegepersonal) machen und eine chronologische Darstellung seiner Pflegetätigkeit in Gegenüberstellung zum Studienverlauf und zum Krankheitsverlauf seiner Eltern sowie Aufenthaltsbestätigungen über etwaige Krankenhausaufenthalte seiner Eltern seit Beginn seines Studiums übermitteln.
Die belangte Behörde teilte dem Beschwerdeführer gleichzeitig mit, dass davon ausgegangen werde, dass keine Ergänzungen zum ermittelten Sachverhalt vorzunehmen seien, falls bis zum 25. Juli 1996 keine Stellungnahme einlange.
Am 17. Juli 1996 sprach der Beschwerdeführer bei der belangten Behörde vor, legte ärztliche Befunde vor und gab bekannt, dass er keine fachliche Hilfe zur Überwindung der Prüfungsangst in Anspruch genommen habe.
Die belangte Behörde teilte dem Beschwerdeführer sodann mit Schreiben vom 2. August 1996 mit, dass nach dem bisherigen Stand des Ermittlungsverfahrens die für die Gewährung der Nachsicht von der Studienzeitüberschreitung erforderlichen Sachverhaltselemente nicht erwiesen seien. Dem Beschwerdeführer wurde zur Stellungnahme sowie zur Nachreichung weiterer Unterlagen neuerlich eine Frist bis 31. August 1996 gesetzt.
In einem Schreiben vom 12. August 1996 wiederholte der Beschwerdeführer im Wesentlichen seine Angaben und teilte der belangten Behörde anlässlich einer persönlichen Vorsprache am 19. September 1996 mit, dass er beabsichtige weitere Unterlagen vorzulegen. Am 2. Oktober 1996 richtete der Beschwerdeführer neuerlich ein Schreiben an die belangte Behörde, in dem er die Gründe für seine Studienverzögerung darstellte. Am 8. Oktober 1996 erschien er vor der belangten Behörde und teilte mit, dass er weitere Unterlagen in Kürze vorlegen werde. Dafür wurde ihm bis 21. Oktober 1996 eine letzte Frist gesetzt.
Nachdem der Beschwerdeführer die von der belangten Behörde gesetzte Frist ungenutzt verstreichen hatte lassen, wies diese ohne Durchführung eines weiteren Ermittlungsverfahrens mit dem angefochtenen Bescheid vom 13. November 1996 seinen Antrag auf Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit gemäß § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG ab.
Nach Darlegung der Rechtslage führte die belangte Behörde in der Begründung aus, dass der Beschwerdeführer im Wintersemester 1990/91 mit dem Studium der Landwirtschaft an der Universität für Bodenkultur begonnen habe. Die erste Diplomprüfung habe er am 6. Dezember 1995, im elften Semester des ersten Studienabschnittes, abgelegt. Daher habe er gemäß § 15 Abs. 2 StudFG die Studienzeit überschritten (Studienzeitüberschreitung rund sieben Semester).
Der Studienverlauf des Beschwerdeführers stelle sich wie folgt dar:
A1
WS 90/91
Beginn Studium Landwirtschaft an der BOKU 3 Prüfungen (=Prfg.) über insg. 7 Semesterwochenstunden (SWS)
A2
SS 91
4 Prfg. über 8 SWS positiv, 2 Prfg. über insg. 4 SWS
negativ
A3
WS 91/92
6 Prfg. über insg. 18 SWS positiv
A4
SS 92
2 Prfg. über insg. 4 SWS positiv, 1 Prfg. über 2 SWS
negativ
A5/1
WS 92/93
1 Prfg. über 4 SWS positiv, 1 Prfg. über 4 SWS
negativ (selbe Prfg.)
A 6/2
SS 93
2 Prfg. über insg. 4 SWS positiv; 3 Prfg. über insg. 6 SWS negativ (Anatomie: 19. Mai 1993 negativ)
A 7/3
WS 93/94
3 Prfg. über insg. 15 SWS
A 8/4
SS 94
2 Prfg. über insg. 8 SWS positiv, 2 Prfg. über insg. 7 SWS negativ
A 9/5
WS 94/95
1 Prfg. über 3 SWS positiv, 3 Prfg. über insg. 6 SWS negativ (Anatomie: 17. Oktober 1994 und am 27. Jänner 1995 negativ)
A 10/6
SS 95
5 Prfg. über insg. 14 SWS (2. Abschnitt) (Anatomie: komm. Prfg. am 24. Juni 1994 von Kommission abgebrochen, ungültig)
A 11/7 = B1
WS 95/96
4 Prfg. über insg. 12 SWS (3 Prfg. für 2. Abschnitt) 6. Dez. 1995: Abschluss der ersten Diplomprüfung
B2
SS 96
4 Prfg. über insg. 15 SWS positiv, 2 Prfg. über insg. 8 SWS negativ, einige Zeugnisse noch ausständig
In rechtlicher Hinsicht sei zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer genannten Gründe das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung von rund sieben Semestern, also zumindest eine vier Semester dauernde Studienverzögerung bewirkt hätten und ob es sich hiebei um wichtige Gründe im Sinne des Studienförderungsgesetzes gehandelt habe. Weiters sei es erforderlich festzustellen, inwieweit die Betreuung der Eltern des Beschwerdeführers ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis dargestellt habe. Bezüglich der Unabwendbarkeit der Betreuung sei zu prüfen, ob den Beschwerdeführer hiezu physischer Zwang oder eine rechtliche Verpflichtung getroffen habe. Da physischer Zwang auszuschließen sei, sei das Bestehen einer Rechtspflicht zu prüfen. Eine solche Rechtspflicht ergebe sich aus § 143 Abs. 1 ABGB, wonach ein Kind seinen Eltern unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse den Unterhalt schulde, soweit der Unterhaltsberechtigte nicht imstande sei, sich selbst zu erhalten, und sofern er seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind nicht gröblich vernachlässigt habe. Die Pflege eines Angehörigen könne jedoch nur für jene Zeiträume geltend gemacht werden, in denen sich die zu pflegende Person in häuslicher Pflege befände. Eine Pflegebedürftigkeit durch Angehörige für die Zeiträume, in denen die zu pflegenden Personen in Spitalspflege gestanden seien, sei somit nicht gegeben. Die Unterhaltsverpflichtung der Kinder gegenüber den Eltern umfasse auch nicht die Mithilfe beim Hausumbau. Vielmehr sei festzuhalten, dass derartige Tätigkeiten einer zielorientierten Gestaltung des Studienverlaufs (Studienabschluss in kürzestmöglicher Zeit) nachzureihen seien. Die vom Beschwerdeführer vorgelegten Unterlagen gäben vor allem Aufschluss über die gesundheitlichen Probleme seiner Eltern, seien aber nicht geeignet, den zeitlichen Aufwand der von ihm geleisteten Pflege mit dem Studienverlauf in Beziehung zu setzen. Eine Studienbehinderung wegen einer vom Beschwerdeführer seinen Eltern gegenüber geleisteten Pflege sei somit nicht nachgewiesen. Von dieser Feststellung sei der Beschwerdeführer im Rahmen des Ermittlungsverfahrens informiert worden, eine Stellungnahme hiezu oder weitere Unterlagen zum Nachweis der Pflegetätigkeit seien von ihm aber nicht übermittelt worden.
Die Erkrankung des Studierenden sei, sofern sie durch fachärztliche Bestätigungen nachgewiesen werde, einer der im Gesetz angeführten Gründe, die zur Erteilung der Nachsicht führen könnten. Im Rahmen des Verfahrens habe der Beschwerdeführer zu seinen gesundheitlichen Problemen während des ersten Studienabschnitts angegeben, er leide an Prüfungsangst und habe Probleme wegen chronischer Schmerzen auf Grund von Wirbelsäulenbeschwerden; ferner hätten ein Motorradunfall im Sommer 1990 (Rippenprellungen und Leberquetschung), ein Schiunfall im Wintersemester 1992/93 und Bandscheibenprobleme zu einer Studienverzögerung geführt, weil der Beschwerdeführer wegen der Schmerzen Lehrveranstaltungen und Prüfungen nicht oder nur mit negativem Erfolg habe abschließen können.
An Nachweisen für seine Erkrankungen habe der Beschwerdeführer die Bestätigung eines praktischen Arztes vom 16. Juli 1996, dass er wegen chronischer Schmerzen auf Grund einer Fehlstellung der Wirbelsäule in ständiger ärztlicher Betreuung stehe, zwei fachärztliche Befunde (Röntgenbefund vom 9. Jänner 1996, CT-Befund vom 10. Juli 1996) über den Zustand der Wirbelsäule, eine Bestätigung über eine ambulante physikalische Therapie (vom 22. Jänner 1996 bis 22. März 1996) und einen Röntgenbefund vom 10. Juli 1990 als Nachweis für den Motorradunfall vorgelegt. Nachweise über den Schiunfall im Wintersemester 1992/93 habe der Beschwerdeführer nicht vorgelegt.
Es stehe fest, dass der Beschwerdeführer während des ersten Studienabschnittes medizinische Probleme gehabt habe. Auf Grund der vorgelegten Unterlagen und der Ergebnisse des durchgeführten Ermittlungsverfahrens sei es aber nicht möglich, das Ausmaß der dadurch eingetretenen Studienbehinderung zu ermitteln, weil die Unterlagen außer den festgestellten medizinischen Fakten keine Informationen enthielten, die eine Bemessung einer Studienbehinderung zuließen. Entsprechende Unterlagen, die eine Bemessung der Studienbehinderung ermöglicht hätten, habe der Beschwerdeführer trotz mehrmaliger Aufforderung nicht übermittelt.
Hinsichtlich der durch Prüfungsangst ab dem Sommersemester 1993 verursachten Probleme des Beschwerdeführers bei der Ablegung der Prüfung aus Anatomie sei festzustellen, dass der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben keine fachliche Hilfe zur Bewältigung seiner Prüfungsangst in Anspruch genommen habe. Da als bekannt vorausgesetzt werden könne, dass seit mehreren Jahren psychotherapeutische Behandlungen auch von Krankenkassen finanziell unterstützt würden und überdies in Wien seit mehr als zwanzig Jahren eine psychologische Beratungsstelle für Studierende eingerichtet sei, an der spezifische Prüfungsängste kostenlos behandelt werden könnten, treffe den Beschwerdeführer an der Unterlassung einer sinnvollen Behandlung seiner Prüfungsangst ein Verschulden.
Weiters sei unter Berücksichtigung des Studienverlaufes eine gewisse Studienverzögerung im Fach Anatomie wegen der Prüfungsangst entstanden; eine wesentliche Ursache für die Studienverzögerung im ersten Abschnitt sei jedoch auf die häufig negativ abgelegten Prüfungen zurückzuführen: von den vierzehn Prüfungsgegenständen (insgesamt seien 25 Prüfungen abzulegen gewesen) seien nur sieben ohne Wiederholungen von Prüfungen für diese Fächer abgeschlossen worden. Insgesamt habe der Beschwerdeführer zwölfmal eine Prüfung mit negativem Erfolg abgeschlossen. Ein Zusammenhang der negativ abgelegten Prüfungen mit den gesundheitlichen Problemen könne mangels entsprechender Unterlagen nicht festgestellt werden.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Im Beschwerdefall ist auf Grund der zeitlichen Lagerung das Studienförderungsgesetz 1992 (StudFG), BGBl. Nr. 305, in der bei den einzelnen Bestimmungen jeweils angemerkten Fassung anzuwenden.
Gemäß § 6 Z. 3 StudFG (in der Fassung BGBl. Nr. 201/1996) ist Voraussetzung für die Gewährung einer Studienbeihilfe, dass der Studierende einen günstigen Studienerfolg nachweist (§§ 16 bis 25).
Nach § 20 Abs. 2 StudFG (Stammfassung) liegt ein günstiger Studienerfolg nicht vor, wenn ein Studierender die erste Diplomprüfung (das erste Rigorosum) des Studiums, für das Studienbeihilfe beantragt wird, oder eines Vorstudiums, nicht innerhalb der zweifachen vorgesehenen Studienzeit zuzüglich eines weiteren Semesters absolviert hat.
§ 19 StudFG (Stammfassung, Abs. 6 in der Fassung BGBl. Nr. 619/1994) lautet (auszugsweise - die Hervorhebungen erfolgten durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Verlängerung der Anspruchsdauer aus wichtigen Gründen
(1) Die Anspruchsdauer ist zu verlängern, wenn der Studierende nachweist, dass die Studienzeitüberschreitung durch einen wichtigen Grund verursacht wurde.
(2) Wichtige Gründe im Sinne des Abs. 1 sind:
1. Krankheit des Studierenden, wenn sie durch fachärztliche Bestätigung nachgewiesen wird,
- 2. ...
- 3. jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
....
(6) Der zuständige Bundesminister hat auf Antrag des Studierenden und nach Anhörung des zuständigen Senates der Studienbeihilfenbehörde
- 1. ....... oder
- 2. bei Vorliegen wichtiger Gründe im Sinne der Z 1 oder der Abs. 2, 3 und 4 die Überschreitung der zweifachen Studienzeit des ersten Studienabschnittes zuzüglich eines Semesters (§§ 20 Abs. 2 und 21 Abs. 2) oder die Überschreitung der Studienzeit des zweiten und dritten Studienabschnittes um mehr als zwei Semester (§ 15 Abs. 2) nachzusehen,
wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf die genannten Gründe zurückzuführen und auf Grund der bisherigen Studienleistungen zu erwarten ist, dass der Studierende die Diplomprüfung (das Rigorosum) innerhalb der Anspruchsdauer ablegen wird."
Gemäß § 2 Abs. 1 letzter Satz der Studienordnung Landwirtschaft, BGBl. Nr. 231/1992, beträgt die Studienzeit für den ersten Studienabschnitt der Studienrichtung Landwirtschaft vier Semester.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in seinem Recht auf Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit verletzt.
Zur Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften führt der Beschwerdeführer nach Auflistung der von ihm im Verwaltungsverfahren vorgelegten Urkunden unter Berufung auf die §§ 37, 39 Abs. 2 und 45 Abs. 2 AVG aus, dass die belangte Behörde sich der Verpflichtung zur Ermittlung der materiellen Wahrheit dadurch zu entledigen versucht habe, dass sie vom Beschwerdeführer zusätzlich zu dem vorgelegten, reichen Belegmaterial immer weitere Befunde bzw. ärztliche Bestätigungen verlangt habe, obwohl der Beschwerdeführer seine Antragslegitimation durch die vorgelegten Unterlagen hinlänglich bescheinigt habe. Die belangte Behörde habe die Grenzen der Mitwirkungspflicht des Beschwerdeführers über Gebühr strapaziert. Wenn sie mit dem ihr vorliegenden umfassenden Belegmaterial nicht das Auslangen gefunden habe, wäre es ihr zu allen Punkten des angefochtenen Bescheides möglich gewesen, ihrerseits geeignete Nachforschungen anzustellen, um das Vorbringen des Beschwerdeführers zu prüfen.
Die belangte Behörde habe zwar weitere Unterlagen gewünscht, die eine Bemessung der Studienbehinderung ermöglicht hätten. Welcher Art diese Unterlagen aber sein sollten, habe sie nicht angegeben. Es könne nicht angehen, dass sich die Behörde ihrer Verpflichtung, ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchzuführen dadurch zu entziehen versuche, dass sie dem Beschwerdeführer das Vorlegen solcher Unterlagen auftrage, die eine sofortige Subsumption unter den Gesetzeswortlaut ermöglichten. Im vorliegenden Fall habe die Behörde Unterlagen gewünscht, die eine Bemessung der Studienbehinderung zugelassen hätten. Dies habe allenfalls bedeuten können, dass eine stundenmäßige Aufstellung vorgelegt hätte werden sollen, zu welchen Zeiten im Detail der Beschwerdeführer nicht lernen habe können. Dass der Beschwerdeführer derartige Unterlagen nicht leicht habe beschaffen können, läge auf der Hand. Es sei keineswegs klar, welche Art von Unterlagen die Behörde gemeint habe; sie habe daher zumindest die Verpflichtung gehabt, konkret anzugeben, welche Unterlagen sie wünsche. So hätte sie etwa dem Beschwerdeführer mitteilen müssen, dass sie vom behandelnden Arzt eine genauere Schilderung des Krankheitsverlaufes mit einer Angabe darüber, zu welchen Zeiten der Beschwerdeführer beim Studieren beeinträchtigt gewesen sei, wünsche. Ähnliches treffe auf den für die Angehörigen des Beschwerdeführers erforderlichen Pflegeaufwand zu. Die belangte Behörde mache es ihm zum Vorwurf, dass die Unterlagen über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen seiner Eltern keine Beurteilung über den für die Pflege nötigen Zeitaufwand ermöglicht hätten. Auch diesbezüglich habe die belangte Behörde nicht angegeben, welche Art von Unterlagen sie gewünscht habe. Möglicherweise sei die Behörde der Ansicht, dass der Beschwerdeführer minutiös Buch führen hätte müssen, wie viele Stunden er für verschiedene Transportfahrten mit seinen Eltern, wie viele Stunden er für Einkäufe oder für die Wohnungsreinigung aufgewendet habe. Es stehe jedenfalls fest, dass der Beschwerdeführer, indem er die genannten Unterlagen vorgelegt habe, seiner Mitwirkungspflicht im Rahmen des Ermittlungsverfahrens zweifelsohne nachgekommen sei. Diese Unterlagen seien durchaus dazu geeignet gewesen, Feststellungen über die gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers zu treffen. Hätte die Behörde ein ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt, wäre sie zur Ansicht gelangt, dass unter Berücksichtigung des Studienverlaufs die Überschreitung der Studienzeit im Sinne des § 19 Abs. 6 Z. 2 StudFG gerechtfertigt gewesen sei, weil das überwiegende Ausmaß (mehr als die Hälfte) der Studienverzögerung auf gravierende gesundheitliche Beeinträchtigungen des Beschwerdeführers einerseits, sowie andererseits auf ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis (Pflegebedürftigkeit der erkrankten Eltern) zurückzuführen gewesen sei.
Dem ist Folgendes entgegenzuhalten:
Es ist unbestritten, dass sowohl die Krankheit(en) des Beschwerdeführers (§ 19 Abs. 2 Z. 1) als auch die Pflege seiner Eltern (§ 19 Abs. 2 Z. 3) als wichtige Gründe im Sinne des § 19 Abs. 6 StudFG anzusehen sind und daher bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen abstrakt geeignet wären, dem Antrag des Beschwerdeführers auf Nachsicht von der Überschreitung der Studienzeit zum Erfolg zu verhelfen.
Nach § 19 Abs. 6 Z. 2 kann das Vorliegen wichtiger Gründe jedoch nur dann die Überschreitung der Studienzeit rechtfertigen, wenn das überwiegende Ausmaß der Studienzeitüberschreitung auf diese Gründe zurückzuführen ist.
Mit Studienzeitüberschreitung ist in § 19 Abs. 6 StudFG die Überschreitung der gesetzlichen Studienzeit im Sinne des § 13 Abs. 2 StudFG gemeint, das heißt der in den jeweiligen Studienvorschriften für die Absolvierung eines Studienabschnitts oder eines Studiums festgelegten Zeit (vgl. dazu z.B. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 19. Juli 2001, Zl. 2000/12/0066, mwN). Festzustellen ist daher die Kausalität für die Überschreitung dieser Mindeststudienzeit (im Beschwerdefall: vier Semester) und nicht für die Überschreitung der Anspruchsdauer oder der Zeit gemäß § 20 Abs. 2 StudFG.
Bezüglich der behaupteten Studienverzögerungsgründe (diverse Krankheiten des Beschwerdeführers und Pflege seiner Eltern) hat die belangte Behörde die Frage, ob die geltend gemachten und abstrakt für eine Nachsicht geeigneten Gründe auch im konkreten Fall vorgelegen seien und bejahendenfalls, ob auf diese auch in concreto die Studienverzögerung im überwiegenden Ausmaß zurückzuführen sei, als entscheidungswesentlich erkannt.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann der nach § 19 Abs. 2 Z. 1 StudFG vorgesehene Nachweis der Krankheit des Studierenden in Verbindung mit § 6 Z. 3, der durch seinen Verweis auf § 19 diese Bestimmung mitumfasst, nur bedeuten, dass den Studierenden abweichend von § 39 AVG die Beweislast trifft. Die Anordnung des § 19 Abs. 2 Z. 1 legt dabei die Art des Beweismittels (fachärztliche Bestätigung) fest (vgl. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 11. November 1998, Zl. 93/12/0267, und vom 19. Dezember 2000, Zl. 95/12/0198).
Der vorgelegte Röntgen- und CT-Befund gestattet jedoch nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes keine Rückschlüsse auf eine mindestens vier Semester dauernde Studienbehinderung des Beschwerdeführers durch die von ihm geltend gemachten Krankheiten. Die Bestätigung des praktischen Arztes enthält ebenfalls keine für die positive Erledigung des Antrages ausreichenden Aussagen und kann - auch weil sie der gesetzlich vorgeschriebenen "fachärztlichen" Bestätigung im Sinne des § 19 Abs. 2 Z. 1 StudFG nicht entspricht - im Beschwerdefall als Beweismittel nicht herangezogen werden.
Wenn die Beschwerde darüber hinaus (erkennbar) vorbringt, die Behörde habe gegenüber dem Beschwerdeführer ihre Manuduktionspflicht im Sinne des § 13a AVG zur Ergänzung seines Vorbringens verletzt, so ist dem entgegenzuhalten, dass die Beratung von Verfahrensparteien oder anderen Beteiligten in materiell-rechtlicher Sicht nicht zu den Pflichten der Behörde zählt (vgl. die bei Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Aufl., zu § 13a AVG angegebene hg. Rechtsprechung). Nur der Vollständigkeit halber sei jedoch darauf hingewiesen, dass nach dem Inhalt der Verwaltungsakten die belangte Behörde den Beschwerdeführer mehrmals - so z.B. im ihrem Schreiben vom 8. Juli 1996, in dem sie ihn ersuchte, eine fachärztliche Bestätigung über seine gesundheitlichen Probleme nachzureichen - darauf aufmerksam gemacht hat, welche Unterlagen und welche Art von Bestätigungen noch ausständig waren und somit den ihr aus § 13a AVG erwachsenden Verpflichtungen ohne jeden Zweifel nachgekommen ist.
Die belangte Behörde ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass die Tatbestandsvoraussetzungen des § 19 Abs. 2 Z. 1 StudFG nicht vorliegen.
Hinsichtlich der Pflege der Eltern war von der belangten Behörde zu prüfen, ob die vom Beschwerdeführer geltend gemachte Pflege- bzw. Betreuungsverpflichtung rechtlich und tatsächlich einen wichtigen Grund für die Verlängerung der Anspruchsdauer darstellt. Einen solchen wichtigen Grund stellt nach der allein in Betracht kommenden Regelung des § 19 Abs. 2 Z. 3 StudFG jedes unvorhergesehene oder unabwendbare Ereignis dar, wenn den Studierenden daran kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft. Dass eine mit der Erkrankung seiner Eltern für den Beschwerdeführer gegebene Betreuungsverpflichtung ein Ereignis darstellt, an dem ihn kein Verschulden trifft, ist offenkundig. Ein solches Ereignis muss aber zusätzlich entweder unvorhergesehen oder unabwendbar sein. Nach der dem Gesetzeswortlaut nach vergleichbaren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu § 71 AVG ist ein Ereignis dann unvorhergesehen, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und dessen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwartet werden konnte. Unabwendbar ist ein Ereignis jedenfalls dann, wenn sein Eintritt vom Willen des Betroffenen nicht verhindert werden kann. Dem gleichzustellen sind alle jene Fälle, in denen der physisch möglichen Ausübung eines auf den Nichteintritt des Ereignisses gerichteten Willens ein Rechtsgebot entgegensteht. Diese Unabwendbarkeit ist nach der Lage des Einzelfalles und nach dem Zweck des Gesetzes, das an das Vorliegen des unabwendbaren Ereignisses eine Rechtsfolge knüpft, zu entscheiden (vgl. zum Ganzen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes 24. Jänner 1996, Zl. 94/12/0179).
Die belangte Behörde hatte daher unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sowohl die Unvorhergesehenheit als auch die Unabwendbarkeit der behaupteten Betreuungsverpflichtung, den tatsächlichen Umfang der erbrachten Pflegeleistungen und den kausalen Zusammenhang der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Studienbehinderung mit seiner Studienverzögerung zu prüfen. Die belangte Behörde forderte den Beschwerdeführer daher auf, Angaben über die Aufteilung der Pflege seiner Eltern zwischen ihm und seinen Geschwistern bzw. anderen Personen (z.B. Pflegepersonal) zu machen und eine chronologische Darstellung seiner Pflegetätigkeit in Gegenüberstellung zum Studienverlauf und zum Krankheitsverlauf seiner Eltern sowie Aufenthaltsbestätigungen über etwaige Krankenhausaufenthalte seiner Eltern seit Beginn seines Studiums zu übermitteln.
Im vorliegenden Fall war es zunächst Sache des Beschwerdeführers, Art und Ausmaß des behaupteten Pflegeaufwandes und dessen Auswirkungen auf den Fortgang seiner Studien darzulegen. Diesem Erfordernis hat der Beschwerdeführer trotz unmissverständlicher Aufforderung im Verwaltungsverfahren nicht im Entferntesten entsprochen. Da den Beschwerdeführer bezüglich des Vorliegens der anspruchsbegründenden Tatbestandselemente die Behauptungs- und Beweislast trifft, hatte die belangte Behörde mangels Mitwirkung des Beschwerdeführers schon deshalb bei ihrer Entscheidung die unsubstantiiert gebliebene Behauptung eines wichtigen Grundes nach § 19 Abs. 2 Z. 3 StudFG nicht zu berücksichtigen.
Die belangte Behörde hat daher den beschwerdegegenständlichen Antrag zu Recht abgewiesen, sodass die vorliegende Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung BGBl. II Nr. 501/2001.
Wien, am 24. April 2002
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)