VwGH 2003/10/0055

VwGH2003/10/005522.12.2003

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Novak und Dr. Mizner als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Zavadil, über die Beschwerde des Albert T in F, vertreten durch Czernich Hofstädter Guggenberger & Partner, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Bozner Platz 4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 5. Dezember 2002, Zl. uvs-2001/K8/094-9, betreffend Übertretung des Tiroler Naturschutzgesetzes 1997, zu Recht erkannt:

Normen

NatSchG Tir 1997 §2 Abs2;
NatSchG Tir 1997 §3 Abs2;
NatSchG Tir 1997 §7 Abs1 lita;
NatSchG Tir 1997 §2 Abs2;
NatSchG Tir 1997 §3 Abs2;
NatSchG Tir 1997 §7 Abs1 lita;

 

Spruch:

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Tirol und (unter Bedachtnahme auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. November 2003, Zl. 2003/07/0034) dem Bund Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 190,95 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Über den Beschwerdeführer wurde mit dem im Instanzenzug erlassenen angefochtenen Bescheid wegen der Übertretungen nach § 137 Abs. 3 Z. 5 iVm § 38 Abs. 1 Wasserrechtsgesetz 1959 und § 43 Abs. 1 lit. a iVm § 7 Abs. 1 lit. b Tiroler Naturschutzgesetz 1997 Geldstrafen von EUR 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe fünf Tage) und EUR 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) verhängt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 6. November 2003, Zl. 2003/07/0034, wurde die Beschwerde, soweit sie die Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Übertretung des WRG 1959 betrifft, als unbegründet abgewiesen; die Kostenentscheidung wurde vorbehalten.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Nach dem Spruch des angefochtenen Bescheides hat der Beschwerdeführer im Mai 2001 einen ca. 125 m langen, für die Benützung durch LKW geeigneten Weg durch Abgraben oder Aufschütten auf den Grundstücken 1672 (Wald) und 1799/2 (Rosanna), Gb. F, am orographisch rechten Ufer der Rosanna um ca. 15 m verlängert, wobei dieses Wegstück außerhalb einer geschlossenen Ortschaft liegt, unter Inanspruchnahme (Einengung) des Bachbettes der Rosanna, sohin innerhalb der Grenzen des Hochwasserabflusses, ohne Vorliegen einer naturschutzrechtlichen Bewilligung errichtet. Er habe hiedurch unter anderem die Übertretung nach § 43 Abs. 1 lit. a iVm § 7 Abs. 1 lit. b Tiroler Naturschutzgesetz 1997 begangen; es wurde eine Geldstrafe von EUR 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe zwei Tage) verhängt.

Die Beschwerde bringt vor, dem Beschwerdeführer werde die Errichtung des Wegstückes außerhalb geschlossener Ortschaft vorgeworfen. Eine geschlossene Ortschaft liege jedoch schon dann vor, wenn sich eine Ansammlung von zumindest fünf Gebäuden in unmittelbarer Nähe des Errichtungsortes einer in § 7 Abs. 1 lit. b Tiroler Naturschutzgesetz 1997 genannten Anlage befinde. Eine solche Ansammlung von Gebäuden befinde sich tatsächlich auf der im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Liegenschaft in unmittelbarer Nähe des inkriminierten Wegstückes. Die Errichtung des Weges bedürfe keiner naturschutzbehördlichen Bewilligung, weil es sich dabei um eine Maßnahme der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung im Sinne von § 2 Tiroler Naturschutzgesetz 1997 handle. Bei dem Wegestück handle es sich einerseits um einen zur forstwirtschaftlichen Bringung bereits Anfang der 80er-Jahre in Stand gesetzten, seit 1924 bestehenden Weg, der darüber hinaus zur Erhaltung und Wartung der Anlagen des im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Kleinkraftwerkes diene.

Über diese Umstände habe die belangte Behörde keine Feststellungen getroffen. Sie habe weiters außer acht gelassen, dass der Beschwerdeführer anlässlich seiner Einvernahme angegeben habe, er habe auf dem Wegestück den Abraum einer über das steil abfallende angrenzende Gelände abgerutschten Mure vorgenommen, hiebei das Murenmaterial anplaniert und - nicht im inkriminierten Zeitraum - kurzzeitig Material auf der gegenständlichen Fläche gelagert und wieder abtransportiert.

Gemäß § 43 Abs. 1 lit. a Tir NatSchG 1997 begeht eine Verwaltungsübertretung wer ein nach den §§ 6, 7 Abs. 1 und 2, 8, 9, 25 Abs. 3 und 26 Abs. 3 bewilligungspflichtiges Vorhaben ohne naturschutzrechtliche Bewilligung ausführt.

Gemäß § 7 Abs. 1 lit. b Tir NatSchG 1997 bedarf die Errichtung, Aufstellung und Anbringung von Anlagen außerhalb geschlossener Ortschaften im Bereich von fließenden natürlichen Gewässern und von stehenden Gewässern mit einer Wasserfläche von mehr als 2.000 m2 einer naturschutzrechtlichen Bewilligung.

Gemäß § 3 Abs. 1 Tir NatSchG 1997 ist Maßnahme der üblichen land- und forstwirtschaftlichen Nutzung jede Tätigkeit zur Hervorbringung und Gewinnung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse mit Hilfe der Naturkräfte unter Anwendung der nach dem jeweiligen Stand der Technik, der Betriebswirtschaft und der Biologie gebräuchlichen Verfahren.

Nach § 3 Abs. 2 leg. cit. ist geschlossene Ortschaft ein Gebiet, das mit mindestens fünf Wohn- oder Betriebsgebäuden zusammenhängend bebaut ist, wobei der Zusammenhang bei einem Abstand von höchstens 50 m zwischen zwei Gebäuden noch nicht als unterbrochen gilt. Zur geschlossenen Ortschaft gehören auch Parkanlagen, Sportanlagen und vergleichbare andere weitgehend unbebaute Grundstücke, die überwiegend von einem solchen Gebiet umgeben sind. Land- und forstwirtschaftliche Gebäude, die nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften im Freiland errichtet werden dürfen, gelten nicht als Betriebsgebäude.

Soweit die Beschwerde (erstmals) das Vorliegen des Tatbildmerkmales "außerhalb geschlossener Ortschaft" (vgl. hiezu z. B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 25. April 2001, Zl. 99/10/0185, und vom 18. Februar 2002, Zl. 2000/10/0190) bestreitet, ist darauf hinzuweisen, dass weder nach der Aktenlage (insbesondere den Lichtbildern und Lageplänen) noch nach dem Vorbringen des Beschwerdeführers im Verwaltungsstrafverfahren irgendwelche Anhaltspunkte für die Lage der in Rede stehenden Wegfläche innerhalb geschlossener Ortschaft vorlagen. Ohne Rechtswidrigkeit durfte daher die belangte Behörde vom Vorliegen des Tatbildmerkmales "außerhalb geschlossener Ortschaft" ausgehen. Im übrigen ist der Hinweis der Beschwerde, dass "in unmittelbarer Nähe des Errichtungsortes" sich eine "solche" (gemeint offenbar: die Anzahl von fünf erreichende) Ansammlung von Gebäuden befinde, schon deshalb nicht zielführend, weil das in Rede stehende Tatbildmerkmal "außerhalb" geschlossener Ortschaft auch dann verwirklicht ist, wenn das in Rede stehende Vorhaben, wie die Beschwerde nunmehr behauptet, "in unmittelbarer Nähe einer geschlossenen Ortschaft" liegt; negatives Tatbildmerkmal ist vielmehr die Lage "innerhalb" der geschlossenen Ortschaft, die auch von der Beschwerde nicht behauptet wird.

Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, dass die Anlage von Wegen selbst dann nicht als Maßnahme der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung anzusehen ist, wenn sie für die land- und forstwirtschaftliche Nutzung bestimmter Liegenschaften notwendig wäre (vgl. z.B. das Erkenntnis vom 13. November 2000, Zl. 2000/10/0156, und die dort zitierte Vorjudikatur). Auch mit dem in Richtung des erwähnten Ausnahmetatbestandes gehenden Vorbringen zeigt die Beschwerde somit keine Rechtswidrigkeit auf.

Insoweit das weitere, oben wiedergegebene Vorbringen der Beschwerde in die Richtung geht, dass für die Maßnahmen des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt der "Instandhaltung" eines seit langem bestehenden Weges eine naturschutzbehördliche Bewilligung nicht erforderlich gewesen wäre, wird auf das - den gegenüber dem Beschwerdeführer erlassenen naturschutzbehördlichen Auftrag betreffende - Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 24. November 2003, Zl. 2002/10/0049, verwiesen.

Die geltend gemachte Rechtswidrigkeit liegt somit nicht vor; die Beschwerde war als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am 22. Dezember 2003

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte