Normen
AsylG 1997 §8;
AVG §67d idF 2001/I/137;
EGVG 1991 Anlage Art2 Abs2 Z43a;
AsylG 1997 §8;
AVG §67d idF 2001/I/137;
EGVG 1991 Anlage Art2 Abs2 Z43a;
Spruch:
Der angefochtene Bescheid wird hinsichtlich seines Ausspruchs nach § 8 AsylG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 908,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der (ehemaligen) Bundesrepublik Jugoslawien, stammt aus dem Kosovo und gehört der albanischen Volksgruppe an. Er reiste am 10. September 2002 in das Bundesgebiet ein und beantragte in der Folge die Gewährung von Asyl. Im Zuge seiner Einvernahme durch das Bundesasylamt gab er im Wesentlichen an, bereits 1992 einen - erfolglosen - Asylantrag gestellt zu haben; er sei bis 1997 in Österreich geblieben, dann nach Deutschland gereist und schließlich 2000 freiwillig in den Kosovo zurückgekehrt. Der Hauptgrund für seine neuerliche Flucht sei die schlechte wirtschaftliche Lage. Man könne keine Arbeit finden, er (der Beschwerdeführer) könne nicht einmal für sich selbst den Unterhalt bezahlen.
Das Bundesasylamt wies den Asylantrag des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 20. September 2002 gemäß § 7 AsylG ab und sprach weiter aus, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in die Bundesrepublik Jugoslawien, Provinz Kosovo, gemäß § 8 AsylG zulässig sei. Es stellte fest, dass der Beschwerdeführer sein Heimatland wegen der schlechten Wirtschaftslage verlassen habe, dass im Kosovo nach dem Abzug aller serbischen Truppen eine UN-Verwaltung (UNMIK) eingerichtet worden sei (weshalb keine asylrelevante Verfolgungsgefahr vorliege) und dass die wirtschaftliche Lage im Kosovo angespannt sei; mehr als jeder zweite Kosovo-Albaner sei ohne Arbeit, der Kosovo sei abhängig von humanitärer und internationaler Hilfe. Rechtlich führte das Bundesasylamt aus, dass die geltend gemachten großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten nicht zu einer Asylgewährung führen könnten. Auch eine Gefährdung im Sinne des § 57 FrG liege nicht vor.
Die gegen den Bescheid des Bundesasylamtes erhobene Berufung wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid "gemäß § 7, 8 AsylG" ab. Sie erklärte, die erstinstanzlichen Sachverhaltsfeststellungen zu übernehmen und gelangte zu dem Ergebnis, dass für den Beschwerdeführer im Fall seiner Rückkehr in den Kosovo keinerlei Verfolgungssituation gegeben sei. Der schlechten Wirtschaftslage komme keine Asylrelevanz zu, (zumal) es dem Beschwerdeführer möglich sei, auf Grund der ausländischen Hilfe im Kosovo zu leben. Für ihn bestehe im Falle seiner Rückkehr - so die Schlussfolgerung zur Entscheidung nach § 8 AsylG - "keinerlei Gefährdungssituation".
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer weist zutreffend darauf hin, dass er in seiner Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid die Durchführung einer Berufungsverhandlung beantragt hat. Dessen ungeachtet sah die belangte Behörde von der Durchführung einer Berufungsverhandlung ab, was sie damit begründete, dass der Sachverhalt aus der Aktenlage im Zusammenhalt mit der Berufung geklärt sei. Die Berufung sei lediglich allgemein gehalten, der Beschwerdeführer habe nicht einmal ansatzweise die Unrichtigkeit des erstinstanzlichen Bescheides aufgezeigt.
Gemäß § 67d Abs. 1 AVG in der im gegenständlichen Fall anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 137/2001 hat der unabhängige Verwaltungssenat (ein solcher ist die belangte Behörde gemäß Art. 129c B-VG), abgesehen von den im Beschwerdefall nicht in Betracht kommenden Ausnahmen des § 67d Abs. 2 und 4 AVG, auf Antrag oder, wenn er dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Zufolge des - von der Novelle BGBl. I Nr. 137/2001 nicht veränderten - Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG ist § 67d AVG von der belangten Behörde mit der Maßgabe anzuwenden, dass eine mündliche Verhandlung unterbleiben kann, wenn der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Berufung geklärt erscheint.
Entgegen der Ansicht der belangten Behörde war gegenständlich die Voraussetzung für ein Unterbleiben der vom Beschwerdeführer beantragten Berufungsverhandlung im Sinn des Art. II Abs. 2 Z 43a EGVG nicht gegeben. Zwar trifft es zu, dass die Berufung nur sehr allgemein gehalten war (wobei sie allerdings auch die Behauptung enthielt, im Kosovo "nicht länger überleben zu können"). Die Annahme, der Sachverhalt sei "geklärt", verbot sich jedoch deshalb, weil das Bundesasylamt keine ausreichenden Feststellungen zu seinem Ausspruch nach § 8 AsylG getroffen hatte. Insoweit wäre nämlich auch auf die humanitäre Lage Bedacht zu nehmen gewesen (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 17. September 2002, Zl. 2001/01/0597), was durch die dieses Thema berührenden erstinstanzlichen Feststellungen ("Die wirtschaftliche Lage im Kosovo ist angespannt. Mehr als jeder zweite Kosovoalbaner ist ohne Arbeit. Der Kosovo ist abhängig von humanitärer und internationaler Hilfe.") in nicht ausreichender Weise erfolgte. Das hat offenkundig auch die belangte Behörde erkannt, hat sie sich doch - wenn auch im Rahmen ihrer Ausführungen zu § 7 AsylG - veranlasst gesehen, ergänzend festzustellen, dass es dem Beschwerdeführer ungeachtet dessen auf Grund ausländischer Hilfe möglich sei, im Kosovo zu leben. Auch infolge dieser ergänzenden (wenngleich sehr allgemein gehaltenen) Feststellung hätte es im vorliegenden Fall der Abhaltung einer mündlichen Berufungsverhandlung bedurft (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom 22. Dezember 1999, Zl. 98/01/0622; zur Verhandlungspflicht bei mangelhaften Ermittlungen des Bundesasylamtes vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. Juni 2000, Zl. 98/20/0489; zusammenfassend zur Verhandlungspflicht nach der hier anzuwendenden Rechtslage siehe im Übrigen das hg. Erkenntnis vom 23. Jänner 2003, Zl. 2002/20/0533), zumal die grundsätzliche Pflicht der belangten Behörde zur Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung auch dann besteht, wenn die Voraussetzungen für ein Absehen von einer Verhandlung nur in Bezug auf die zu treffende Entscheidung über den Abschiebungsschutz nicht gegeben sind (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 21. August 2001, Zl. 98/01/0526).
Der vorliegende Verfahrensmangel führt nicht zur Aufhebung des asylrechtlichen Teils des bekämpften Bescheides. Einerseits erweisen sich die geltend gemachten unzureichenden Lebensbedingungen im Kosovo als solche nicht als asylrelevant (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl. 2003/01/0059), andererseits handelt es sich bei der erstmals in der Beschwerde geäußerten Vermutung, es sei "sehr wahrscheinlich", dass man den Beschwerdeführer beschuldigen werde, für die UCK gekämpft zu haben, weshalb er mit einer strengen Strafe (erkennbar gemeint: durch Behörden des nunmehrigen Staates Serbien und Montenegro) zu rechnen habe, um eine reine Spekulation, ohne dass auf die behördlichen Feststellungen über die institutionalisierte UN-Verwaltung eingegangen werden würde. Insoweit ermangelt es dem dargestellten Verfahrensmangel daher an der Relevanz. Was indes den Ausspruch nach § 8 AsylG anlangt, so kann angesichts des Vorbringens im Verwaltungsverfahren und in der Beschwerde nicht ausgeschlossen werden, dass die belangte Behörde bei Durchführung einer mündlichen Verhandlung und nach Auseinandersetzung mit der konkreten Situation des Beschwerdeführers - für die ua. charakteristisch ist, dass er sich gemäß seinem Vorbringen von 1992 bis 2000 nicht im Kosovo befunden hat - zu einem anderen Ergebnis hätte gelangen können. Insoweit war der angefochtene Bescheid daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, während die Beschwerde im Hinblick auf das Vorgesagte im Übrigen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2001.
Wien, am 16. Juli 2003
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